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Latham & Watkins Global Antitrust & Competition Practice

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Die Unterzeichnung des Beitrittsvertra- ges am 16. April 2003 ist für Unterneh- men, die in den zehn neuen Mitglied- staaten1 der Europäischen Union (EU) bereits geschäftlich tätig sind oder dort künftig tätig werden wollen, eine gute Gelegenheit, sich mit den wettbewerbs- rechtlichen Auswirkungen der Erweite- rung zu befassen.

Mit dem Beitritt von zehn Staaten am 1. Mai 2004 nimmt nicht nur die Bevöl- kerungszahl der EU deutlich zu (auf über 450 Millionen), sondern auch die Komplexität der innergemeinschaftli- chen Geschäftsbeziehungen: Innerhalb der EU müssen sich Unternehmen mit 25 unterschiedlichen Rechtsordnungen auseinander setzen. Die Erweiterung bedeutet vor allem eine Ausweitung des Gemeinsamen Marktes und damit des Anwendungsbereiches der europäi- schen Rechtsvorschriften, die insbeson- dere im Bereich des Wettbewerbsrechts nicht unterschätzt werden sollte.

Im EU-Wettbewerbsrecht wirkt sich die Erweiterung vor allem auf die Kontrolle staatlicher Beihilfen aus. Die Anwen- dung der EU-Beihilfevorschriften durch die Europäische Kommission schafft eine neue Ebene der Rechtsdurchset- zung, die für Investoren erhebliche Risiken birgt und Wettbewerbern erweiterte Möglichkeiten gibt, gegen Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen.

Dieser Client Alert gibt einen Überblick über die Anwendung des EU-Beihilfe- rechts in den Beitrittsstaaten und stellt konkrete Maßnahmen zur Minimierung spezifischer Risiken und zur bestmög- lichen Nutzung der neuen Vorschrif- ten zum Vorteil Ihres Unternehmens vor. Darüber hinaus wird kurz auf die Auswirkungen der Erweiterung auf das allgemeine Kartellrecht eingegangen (Kartellabsprachen, Missbrauch markt- beherrschender Stellungen, Fusions- kontrolle).

Wesentliche Themen sind:

• Die Notwendigkeit sicherzustellen, dass in der Vergangenheit gewährte staatliche Beihilfen als „bestehende Beihilfen“ eingestuft werden können, um die begünstigten Unternehmen und ihre Erwerber vor eventuellen Rückforderungen zu schützen.

• Risiken, die sich aus vorläufigen Beihilferegelungen ergeben (wie beispielsweise steuerlichen Investiti- onsanreizen, die in den kommenden Jahren möglicherweise aufgehoben bzw. eingeschränkt werden).

• Erweiterte Möglichkeiten für Wettbe- werber, gegen in den neuen Mit- gliedstaaten gewährte, wettbewerbs- verzerrende Beihilfen vorzugehen.

• Die höhere Wahrscheinlichkeit behördlicher Untersuchungen von Kartellen und Missbräuchen markt-

Client Alert

Erweiterung der Europäischen Union und Wettbewerbsrecht –

Praktische Auswirkungen auf Geschäfts-

aktivitäten in den zehn neuen Mitgliedstaaten

Latham & Watkins Global Antitrust & Competition Practice

Die Anwendung der EU-Beihilfevorschrif- ten durch die Euro- päische Kommission schafft eine neue Ebene der Rechts- durchsetzung, die für Investoren erhebli- che Risiken birgt und Wettbewerbern erwei- terte Möglichkeiten gibt, gegen Wettbe- werbsverzerrungen vorzugehen.“

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tellrecht zunehmend auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten durchgesetzt werden wird.

Im Hinblick auf den Beitritt haben Kommissi- onsbeamte der Generaldirektion Wettbewerb mit der strikten Überwachung der Anwen- dung des Wettbewerbsrechts in den Beitritts- staaten begonnen und nehmen sie insbeson- dere im Bereich staatlicher Beihilfen bereits Beschwerden entgegen, die ab dem 1. Mai 2004 förmlich geprüft werden sollen.

EU-Erweiterung und Beihilfekontrolle

Bevor auf die mit der Erweiterung verbunde- nen spezifischen beihilferechtlichen Risiken und erweiterten Möglichkeiten eingegan- gen wird, soll zunächst kurz das Konzept der Kontrolle staatlicher Beihilfen und seine Bedeutung für Investoren und Wettbewerber erläutert werden.

1. Staatliche Beihilfe – Konzept und Re- levanz für die betroffenen Unternehmen Was ist eine „staatliche Beihilfe“?

Im Europarecht ist jeder einem Unternehmen aus öffentlichen Mitteln gewährte wirtschaft- liche Vorteil, der sich zumindest potentiell auf den Handel zwischen den Mitgliedstaa- ten auswirkt, eine staatliche Beihilfe. Staatli- che Beihilfen können in den unterschiedlichs- ten Formen gewährt werden und umfassen nicht nur direkte Subventionen. Sämtliche von einer öffentlichen Einrichtung (Bund, Land, Gemeinde, öffentliches Unternehmen etc.) ausgehende Maßnahmen können daher Beihilfeelemente enthalten, z.B. Investitions- förderungen, Ausgleichszahlungen für Sozial- versicherungsverpflichtungen, Bürgschaften/

Garantien staatlicher Einrichtungen, von staatlichen Banken eingeräumte Kreditlinien, Steuerentlastungen oder Steueranrechnungs- möglichkeiten. Staatliche Beihilfen kön- nen sich auch in einem Grundstücks- oder Immobilienverkauf durch öffentliche Stellen

„verbergen“ (insbesondere bei Verkäufen unter Marktpreis) oder in der Privatisierung eines Unternehmens (insbesondere bei Schul- denübernahme durch eine öffentliche Stelle).

Um zu prüfen, inwieweit eine Maßnahme Beihilfeelemente beinhaltet, wird häufig der

„Private-Investor-Test“ herangezogen: Dieser Test vergleicht die fragliche Maßnahme der beherrschender Stellungen (insbesondere

von Preis- und Quotenkartellen, aber auch von missbräuchlichen Preis- und Rabatt- praktiken) und Risiken für bestehende Vertriebs- und Preissysteme, die es erfor- derlich machen, interne Überprüfungs- und Fortbildungsprogramme zur Sicherstellung kartellrechtskonformen Verhaltens auch auf die Geschäftsaktivitäten in den neuen Mitgliedsstaaten auszuweiten.

Hintergrund – Die Beitrittsverhandlun- gen: Anpassung nationaler Rechtsord- nungen an EU-Standards

Um der EU beitreten zu können, mussten alle Beitrittsstaaten ihre nationalen Rechtsord- nungen dem EU-Wettbewerbsrecht anpassen und Behörden errichten, die die kartell- rechtliche Aufsicht und die Beihilfekontrolle sicherstellen. Darüber hinaus mussten die Beitrittskandidaten nachweisen, dass ihre tatsächliche Durchsetzung der Vorschriften hinsichtlich wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen, Missbräuchen marktbeherr- schender Stellungen, Fusionskontrolle und Beihilfekontrolle der europäischen Durchset- zungspraxis entspricht. Hierzu zählen auch die von der Europäischen Kommission und dem Rat verabschiedeten Entscheidungen und Richtlinien sowie die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts Erster Instanz.

Obwohl diese Änderungen bereits heu- te spürbare Auswirkungen auf die in den Beitrittsstaaten tätigen Unternehmen haben (insbesondere im Bereich der Fusionskon- trolle), werden zentrale Entwicklungen im Bereich des EU-Wettbewerbsrechts erst mit dem Inkrafttreten der Erweiterung zum 1. Mai 2004 voll zum Tragen kommen.

Die weitreichendste Änderung folgt aus der aktiveren Rolle, die die Europäische Kom- mission bei der Durchsetzung der Wettbe- werbspolitik in den neuen Mitgliedstaaten spielen wird, insbesondere im Bereich von staatlichen Beihilfen und schwerwiegenden Wettbewerbsverletzungen. Gleichzeitig mit der Erweiterung tritt außerdem die „Moder- nisierung“ des EU-Kartellrechts in Kraft. Dies führt zu einer engeren Zusammenarbeit zwi- schen Kommission und nationalen Behörden (und Gerichten) mit der Folge, dass EU-Kar-

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Warum sollten Investoren die Rechtmäßigkeit bereits gewährter oder in Aussicht gestellter Beihilfeleistungen prüfen?

Jede ohne Genehmigung der Kommission gewährte Beihilfemaßnahme kann zurück- gefordert werden, wenn sie sich als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erweist.

Die Kommission kann binnen zehn Jahren nach Gewährung der Beihilfe jederzeit ein Prüfverfahren einleiten, in dem die Verein- barkeit der Beihilfe untersucht wird. Rück- zuerstattende Beihilfeleistungen müssen zu- züglich Zinsen, berechnet vom Zeitpunkt der Beihilfegewährung, zurückgezahlt werden.

Was passiert im Zeitpunkt der Erweiterung?

Vom Zeitpunkt der EU-Erweiterung an ist allein die Kommission zuständig für die Kontrolle staatlicher Beihilfen in den neuen Mitgliedstaaten. Ab 1. Mai 2004 werden so- mit die beihilferechtlichen Kommissionsent- scheidungen auch für die und in den neuen Mitgliedstaaten verbindlich.

2. Risiken für Investoren sowie Chancen für Wettbewerber und Beihilfeempfänger Zur Beurteilung beihilferechtlicher Risiken, die sich aus der Erweiterung ergeben, sind verschiedene Konstellationen zu unterschei- den. Maßgeblich ist, ob die Beihilfe (a) vor dem Beitritt, (b) auf der Basis von Übergangs- vereinbarungen oder (c) als neue Beihilfe nach dem Beitritt gewährt wurde.

(a) Vor dem Beitritt gewährte Beihilfen Diese Kategorie umfasst sämtliche staatli- chen Beihilfen, die vor dem Beitrittsdatum gewährt wurden, einschließlich der in der Übergangsphase (zwischen Entwurf des Beitrittsvertrages und dem Beitrittsdatum 1. Mai 2004) gewährten Beihilfen. Beihilfen, die auf der Basis von Übergangsvereinba- rungen gewährt wurden, fallen nicht in diese Kategorie (siehe dazu unten). Hinsichtlich vor dem Beitritt gewährter Beihilfen kommt es darauf an, in wie weit sie als „bestehen- de Beihilfen“ angesehen werden können und folglich (i) nicht anmelde- und geneh- migungspflichtig sind und (ii) allenfalls der Überprüfung hinsichtlich ihrer zukünftigen Auswirkungen unterliegen.

öffentlichen Stelle mit dem – fiktiven – Ver- halten eines privaten Investors in vergleich- barer Situation.

Grundlegende Verfahrensregeln im europä- ischen Recht – Anmeldepflichten und Fristen für Rückforderungsentscheidungen

Grundsätzlich fordert das Europarecht die vorherige Anmeldung und Genehmigung einer staatlichen Beihilfe durch die Kommission („Anmeldepflicht“ und „Durchführungsver- bot“). Prüft die Kommission eine staatliche Bei- hilfe, so stellt sie darauf ab, ob die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (d.h. ob sie den Wettbewerb verzerrt und dadurch den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unzuläs- sig beeinträchtigt, sie aber gleichwohl geneh- migt werden kann). Hält die Kommission die Beihilfe für unvereinbar, verpflichtet sie den gewährenden Mitgliedstaat, die Rückzahlung der Beihilfe vom begünstigten Unternehmen zu erwirken.

Beihilfen sind der rückwirkenden Kontrolle entzogen, wenn sie die Kriterien einer „be- stehenden Beihilfe“ erfüllen. Das ist der Fall, wenn die Beihilfe formell von der Kommis- sion genehmigt wurde oder ihre Gewährung mehr als zehn Jahre vor der Prüfung der Rechtmäßigkeit durch die Kommission er- folgte. Eine „bestehende“ Beihilfe kann zwar mit Wirkung für die Zukunft geprüft werden (z.B. bei einer für mehrere Jahre genehmig- ten Beihilfe); allerdings kann ihre Änderung nur hinsichtlich ihrer zukünftigen Wirkungen verlangt werden. In solchen Fällen kann die Kommission verlangen, dass die Beihilfe- regelung in einer Weise verändert wird, die die Verträglichkeit ihrer wettbewerblichen Auswirkungen sicherstellt. Eine Rückzahlung bereits gewährter Beihilfeleistungen kann jedoch nicht verlangt werden.

Ändert ein Mitgliedstaat eine „bestehende Beihilfe“ (z.B. durch eine Änderung der an die bestehende Beihilfe geknüpften Bedin- gungen), so verliert die Beihilfe ihren Status als „bestehende Beihilfe“. Sie gilt dann als eine neue Beihilfe, die wiederum angemeldet und von der Kommission genehmigt werden muss. Bis zur formellen Genehmigung gilt erneut das Durchführungsverbot.

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Die anwendbaren Verfahrensvorschriften erlauben der Kommission bei begründeten Zweifeln an der Vereinbarkeit der Beihilfe, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten.

Daraus ergibt sich das Risiko langwieriger Ungewissheit und späterer (teilweiser) Rückforderung der gewährten Beihilfe einschließlich Zinsen ab Zeitpunkt der Gewährung.

• Eine in der Vergangenheit in den neuen Mitgliedstaaten gewährte Beihilfe, die nicht auf der Liste der „bestehenden Beihil- fen“ aufgeführt ist, gilt als „neue Beihilfe“

und unterliegt der Anmeldepflicht sowie dem Durchführungsverbot. Die Kommis- sion kann einen solchen Fall jederzeit bis zum Ende einer zehnjährigen Verjährungs- frist aufgreifen. Folglich besteht für einen Zeitraum von zehn Jahren nach Gewäh- rung der Beihilfe das Risiko einer Rückfor- derung einschließlich Zinsen.

• Im Falle der Änderung einer als „beste- hend“ im Anhang des Beitrittsvertrags aufgelisteten Beihilfe durch den Mitglied- staat besteht das Risiko, dass die Beihilfe in eine „neue Beihilfe“ umgewandelt wird und somit der Anmeldepflicht sowie dem Durchführungsverbot unterliegt. In einem solchen Fall kann die Kommission das Prüfverfahren innerhalb der zehnjährigen Verjährungsfrist wieder eröffnen.

• In allen Fällen gewährter Beihilfen, die nicht als „bestehend“ anzusehen sind, kann gegen den Käufer eines Unterneh- mens oder Gesellschaftsvermögens unter bestimmten Umständen ein Rückforde- rungsbescheid erlassen werden. Gegen- stand der Rückforderung sind alle unver- einbaren Beihilfen, die dem erworbenen Unternehmen/Gesellschaftsvermögen oder seinen Rechtsvorgängern gewährt wurden und zwar selbst dann, wenn die Beihilfe einer anderen juristischen Person gewährt wurde.

Maßnahmen zur Risikominimierung:

Besondere Vorsicht ist angebracht im Um- gang mit Beihilfen, die vor dem Beitritt ge- währt wurden. Bei Investitionen in den neuen Mitgliedstaaten (z.B. durch einen Kauf eines Der Beitrittsvertrag (Annex IV, Kapitel 3)

definiert die Bedingungen, unter denen von den zukünftigen Mitgliedstaaten vor Beitritt gewährte Beihilfen als „bestehend“ ange- sehen werden können. Danach sind alle vor dem 10. Dezember 1994 gewährten Beihilfen automatisch bestehende Beihilfen. Nach dem 10. Dezember 1994 gewährte Beihilfen müs- sen (i) von den nationalen Überwachungsbe- hörden genehmigt worden sein, ohne dass (ii) die Kommission Einwände erhoben hat. Nach dem 10. Dezember 1994 gezahlte Beihilfen, die eine oder beide Voraussetzungen nicht erfüllen, gelten als „neue Beihilfen“, die der Anmeldepflicht und dem Durchführungsver- bot unterliegen.2

Beihilfen, die vor der Entwurfsphase des Beitrittsvertrages dem Zweistufentest be- reits unterlagen, sind in einem gesonderten Anhang zum Annex aufgelistet, der „beste- hende Beihilfen“ definiert. Das zweistufige Kontrollsystem war in der Vergangenheit eingeführt worden, um die effektive Anwen- dung der EU-Durchführungsstandards in den zukünftigen Mitgliedstaaten zu gewährleis- ten. Die Kommission wurde regelmäßig über in den Beitrittsstaaten gewährte Beihilfen in Kenntnis gesetzt und überprüfte sämtliche, von den nationalen Überwachungsbehörden erlassenen Entscheidungen.

Für Beihilfemaßnahmen, die in der Über- gangsphase gewährt werden (also nach dem Fertigstellen der Liste „bestehender Beihil- fen“, aber vor dem Beitritt) gilt ein separates Verfahren, um die Fortführung des Zwei- stufenkontrollsystems zu gewährleisten: Die Kommission kann dabei binnen drei Monaten nach Erhalt aller relevanten Informationen ihre Bedenken äußern.3

Risiken einer Beihilfegewährung vor dem Beitritt:

• Erhält ein Investor eine staatliche Bei- hilfe in der Übergangsphase (zwischen dem Entwurf des Beitrittsvertrags und dem Beitrittsdatum), muss diese Beihilfe von der Kommission genehmigt werden, um als „bestehende Beihilfe“ zu gelten.

2 Die „bestehende Beihilfen“ betreffenden Vorschriften gelten nicht in den Bereichen Verkehr und Landwirtschaft. Im Bereich Verkehr gelten vor Beitritt gewährte Beihilfen bis zum Ablauf des dritten Jahres nach Beitritt als „bestehende Beihilfen“ (bis 1. Mai 2007), vorausgesetzt, sie wurden der Kommission innerhalb von 4 Monaten nach Beitritt mitgeteilt.

3 Eine Kommissionsentscheidung, die gegen eine von der nationalen Überwachungsbehörde genehmigte Beihilfemaßnahme Einspruch erhebt, entspricht einer Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten. Ergeht eine solche Entscheidung vor dem Beitrittsdatum, so wird sie trotzdem erst mit dem Beitritt rechtskräftig.

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(i) Übergangsregelungen für unvereinbare Beihilfemaßnahmen

Einige der neuen Mitgliedstaaten4 unterhal- ten heute Beihilfeprogramme, die offen- sichtlich mit der Beihilfepraxis der EU un- vereinbar sind. Zweck dieser Programme ist, ausländische Investoren durch beson- dere Investitionsanreize anzulocken, sei es durch Steuersenkungen, Steuergutschriften, befristete Steuerbefreiungen oder besondere Off-Shore-Regelungen. Derartige Beihilfepro- gramme sind Übergangsregelungen unter- stellt, die strenge Voraussetzungen enthalten, um entweder deren Angleichung an die EU-Grundsätze innerhalb einer angemesse- nen Zeitspanne sicherzustellen, oder deren Auslaufen zu verlangen. Diese Übergangs- regelungen und der Schutz, die sie dem Bei- hilfeempfänger bieten, kommen jedoch nur zum Tragen, wenn alle ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Werden die Übergangsregelun- gen nicht eingehalten, gelten die auf deren Grundlage gewährten Beihilfen als neue Beihilfen und unterliegen somit der Anmel- depflicht und dem Durchführungsverbot.

(ii) Übergangsregelungen für staatliche Bei- hilfen für bestimmte, sich in Schwierigkeiten befindende Industriezweige

In drei Sonderfällen - der Restrukturie- rung der polnischen und der tschechischen Stahlindustrie sowie des Schiffbaus in Malta - hat die EU der Gewährung von Beihilfen zugestimmt unter der Bedingung, dass die Erzeuger/Hersteller ihre Kapazitäten er- heblich reduzieren. Übergangsvorschriften regeln die jeweiligen Bedingungen für die Vereinbarkeit dieser Restrukturierungsmaß- nahmen im Detail und enthalten außerdem äußerst umfangreiche und strenge Informa- tions- und Überwachungsvorschriften. Wird eine Beihilfe unter Missachtung der in den Übergangsvorschriften enthaltenen Bedin- gungen gewährt, so muss sie zurückgefordert werden.

Unternehmens oder Übernahme von Gesell- schaftsvermögen) sollte gründlich geprüft werden, (i) ob das betreffende Unternehmen in der Vergangenheit öffentliche Begüns- tigungen im weitesten Sinne erhalten hat, (ii) ob diese Begünstigungen als staatliche Beihilfe einzustufen sind und (iii) ob diese Beihilfen als „bestehende Beihilfen“ angese- hen werden können.

Bei Privatisierungen oder dem Erwerb staatlicher Unternehmen sollte immer das Procedere eines offenen, transparenten und unbedingten öffentlichen Bietungsverfah- rens eingehalten werden. Nur unter diesen Umständen kann der Käufer eine Haftung für vormals dem Unternehmen (oder einem Rechtsvorgänger) gewährte Beihilfen ver- meiden. Denn der im Rahmen des Bietungs- verfahrens ermittelte Marktwert lässt die vormals gewährte Beihilfe erlöschen.

Hat ein Unternehmen bereits in einem der neuen Mitgliedstaaten investiert und im Rahmen dieser Investition Beihilfen erhal- ten, sollte das Unternehmen prüfen, in wie weit die Beihilfe als „bestehende Beihilfe“

gesehen wird. Ist dies der Fall, ist weiterhin zu prüfen, ob die Beihilfe im Nachhinein verändert wurde, so dass sie nicht mehr als

„bestehende Beihilfe“, sondern als „neue Beihilfe“ einzustufen ist.

Soweit sich beihilferechtliche Probleme ab- zeichnen, ist eine Kontaktaufnahme mit der Kommission und den nationalen Aufsichtsbe- hörden empfehlenswert.

(b) In den Übergangsvorschriften geregelte Beihilfen

Es gibt zwei besondere Bereiche, in denen spezielle Übergangsvorschriften verhandelt und in den Beitrittsvertrag aufgenommen wurden: (i) bereits bestehende staatliche Beihilfen, die mit der EU-Anwendungspraxis nicht vereinbar sind – dies betrifft vor allem Beihilfemaßnahmen im Bereich Steuern; und (ii) staatliche Beihilfen für die Restrukturie- rung bestimmter, sich in Schwierigkeiten befindender Industriezweige.

4 Zypern, Ungarn, Malta, Polen, Slowakische Republik.

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Übergangsregelung eingegangen sind, der Kommission angezeigt und von ihr geneh- migt werden. Nicht genehmigte Ände- rungen gelten als Pflichtverletzung und können letztlich zur Rückforderung der auf der Basis von geänderten Plänen gewähr- ten Beihilfen führen.

Maßnahmen zur Risikominimierung:

Auch hier ist Vorsicht für jeden Investor die beste Schutzmaßnahme. Ein offener Dialog mit der Kommission und dem Mitgliedstaat ist unabdingbar. Der Investor sollte prüfen, in wie weit Übergangsregelungen getroffen worden sind und welche Auswirkungen darin enthaltene Bedingungen auf die Investition haben könnten. Investoren sollten sicherstel- len, dass sämtliche, in Übergangsregelungen enthaltene Bedingungen erfüllt worden sind und auch zukünftig erfüllt werden.

Beabsichtigen Investoren eine Gesellschaft in einem der zukünftigen Mitgliedstaaten zu erwerben, in dem Übergangsregelungen für Beihilfen im Bereich Steuern gelten, sollten Bilanz und Lagebericht der zu erwerbenden Gesellschaft darauf geprüft werden, ob das Unternehmen in der Vergangenheit Beihilfen im Bereich Steuern erhalten hat und wie sich eine Beendigung solcher Beihilfen auf die zukünftige Ertragskraft auswirken könnte.

(c) Neue, nach dem Beitritt gewährte Beihilfe Zu beachten ist bei „neuen Beihilfen“ vor allem, dass diese nach Beitritt allein von der Europäischen Kommission beurteilt werden und nicht mehr, wie momentan, von einer Be- hörde, die der gleichen Verwaltung angehört wie die beihilfegewährende Behörde.

Risiken im Hinblick auf neue Beihilfen:

• Für neue Mitgliedstaaten kann es aufgrund ihrer relativ begrenzten Erfahrung mit Beihilfeverfahren und der EU-Durchset- zungspraxis schwierig sein, die Interessen der Beihilfebegünstigten zu verteidigen.

Die Tatsache, dass sich Beihilfebegünstigte bis zur Eröffnung eines förmlichen Prüfver- fahrens nicht am Beihilfeverfahren beteili- gen können, verstärkt eventuelle Probleme zusätzlich.

Risiken der Übergangsregelungen:

• Die Übergangsregelungen bezüglich der Beihilfeprogramme im Bereich Steuern beinhalten strenge Bedingungen, die deren Umwandlung bzw. Auslaufen forcieren sollen. Für Investoren besteht das Risiko, nicht vollständig über die Auswirkungen der Umwandlung bzw. des Auslaufens der betroffenen Beihilfeprogramme auf ihr Un- ternehmen oder einen möglichen Kaufge- genstand informiert zu werden.

• Die Übergangsregelungen greifen nur, wenn die Gesamtheit der in ihnen enthal- tenen Bedingungen erfüllt ist. Beihilfen, die unter Missachtung der Bedingungen gewährt werden, gelten als „neue Beihil- fen“. In diesem Fall besteht ein erhebliches Risiko, dass die Beihilfe als nicht verein- bar angesehen und somit zurückgefordert wird, da ihre Grundlage offensichtlich nicht mit dem EU-Beihilferecht vereinbar ist. Für Investoren, die Beihilfeleistungen aufgrund dieser Übergangsregelungen erhalten, besteht das Risiko, dass der neue Mitgliedstaat die jeweiligen Bedingungen nicht vollständig erfüllt und dadurch den Investor der Gefahr eines Rückforderungs- bescheides aussetzt, nachdem die wegen des Subventionsanreizes getätigte Investi- tion bereits abgeschlossen ist.

• Im allgemeinen werden die Vermögens- vorteile der steuerliche Beihilfen betref- fenden Übergangsregelungen bei einem Zusammenschluss oder einer vergleichba- ren Transaktion des Beihilfeempfängers aufgehoben. Dem Käufer einer Gesellschaft in den zukünftigen Mitgliedstaaten ist ggf.

nicht bewusst, dass das zu erwerbende Unternehmen derartige Beihilfen im Be- reich Steuern in Anspruch genommen hat und in welchem Masse eine solche Beihilfe positive Auswirkungen auf die finanzielle Lage der Gesellschaft hatte. Da die Beihilfe aufgrund des Kaufs entfällt, müssen Käufer eine Bewertung des Kaufgegenstands mit großer Vorsicht vornehmen.

• Die Komplexität der Übergangsregelun- gen bez. Restrukturierungsbeihilfen und die durch diese festgesetzten, strikten Überwachungs- und Informationspflichten führen zu einem gesteigerten Risiko der Verletzung von Vereinbarkeitskriterien.

Insbesondere müssen Änderungen an den Restrukturierungsplänen, die in die

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werbern der Beihilfeempfänger betrachtet werden. Diese Wettbewerber sind ebenfalls mit der Beihilfekontrolle konfrontiert, die von verschiedenen nationalen Überwachungs- behörden ausgeübt wird. Dies kann zu verschiedenen Ebenen der Beihilfekontrolle führen, so lange die Kommission die Beihilfe noch nicht überprüft hat.

Besondere Risiken bei in der Vergangenheit gewährter Beihilfen:

Für Wettbewerber eines Empfängers von Bei- hilfen, die nicht auf der Liste „bestehender Beihilfen“ aufgeführt sind, besteht das Risiko, dass mögliche, durch unvereinbare Beihilfen entstehende Wettbewerbsverzerrungen für Jahre anhalten, ohne dass die Kommission die Beihilfemaßnahmen überprüft. Aufgrund der relativ begrenzten Erfahrung der neuen Mitgliedstaaten und der verschiedenen Ebenen der Kontrolle kann es sein, dass Maß- nahmen bislang unerkannte Beihilfeelemente enthalten und nicht überprüft wurden.

Besondere Risiken von auf der Basis von Übergangsregelungen gewährten Beihilfen:

Übergangsregelungen beinhalten auch für die Wettbewerber das Risiko, dass die zahl- reichen in ihnen enthaltenen Bedingungen nicht vollständig erfüllt werden. Die Verlet- zung dieser Bedingungen und die dennoch gezahlten Beihilfen können zu unzulässigen Wettbewerbsverzerrungen führen.

Besondere Risiken neuer Beihilfen:

Ein Wettbewerber, der am Kauf von Immobi- lien oder Unternehmen interessiert ist, wird möglicherweise in einem Bieterverfahren ausgeschlossen oder erhält im Vergleich zu anderen Kaufinteressenten weniger günsti- ge Konditionen. Wie auch im Fall der in der Vergangenheit gewährten Beihilfen kann die relativ begrenzte Erfahrung der neuen Mit- gliedstaaten zu Beihilfemaßnahmen führen, die als solche nicht erkannt und daher nicht ordnungsgemäß bei der Kommission ange- meldet werden.

Maßnahmen zur Risikominimierung:

In der Kommission befassen sich schon heute eine Reihe von Beamten mit der Anwendung

• Der Kauf von Immobilien oder ande- ren Vermögensgegenständen von einer öffentlichen Stelle kann Beihilfeelemente beinhalten, wie beispielsweise eine unter Marktwert liegende Kaufpreiszahlung. In einigen Wirtschaftsordnungen ergeben sich Probleme bei der Wertbestimmung, die nur durch prozedurale Vorkehrungen gelöst werden können. Eine staatliche Beihilfe kann auch in der Übernahme von Kosten durch eine öffentliche Behörde enthalten sein, wenn diese Kosten normalerweise von einem Käufer getragen werden (z.B. Finan- zierung von Infrastrukturmaßnahmen, die über das Maß der auf öffentlichem Eigen- tum normalerweise errichteten Infrastruk- tur hinausgehen).

• Die Privatisierung eines Unternehmens kann ebenfalls Beihilfeelemente enthal- ten, z.B. wenn die öffentlichen Behörden die Privatisierung durch eine limitierte Ausschreibung vornehmen wollen, wenn einem Käufer durch die öffentliche Behörde bestimmte Bedingungen auferlegt wer- den oder wenn die öffentliche Behörde für Schulden der zu privatisierenden Gesell- schaft aufkommt.

Maßnahmen zur Risikominimierung:

Ein offener Dialog mit dem Mitgliedstaat und der Kommission ist auch hier unabdingbar.

Um Problemen zuvorzukommen, sollten Investoren sicherstellen, dass der für Grund- stücke oder Immobilien von der öffentlichen Behörde geforderte Kaufpreis (i) entweder im Rahmen eines offenen, transparenten und unbedingten öffentlichen Bieterverfahrens ermittelt wurde, oder (ii) auf der Basis eines den Marktwert festsetzenden, unabhängigen Expertengutachtens. Im Falle der Privati- sierung eines Unternehmens ist das offene, transparente und unbedingte öffentliche Bieterverfahren immer vorzuziehen.

Ein Investor sollte auch Erkundigungen einholen, in wie weit ihm gewährte Beihilfen bei der Kommission angemeldet und von ihr genehmigt wurden.

(d) Die besondere Situation der Wettbewerber Die genannten Beihilfearten können auch umgekehrt aus der Perspektive von Wettbe-

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Vereinfacht bedeutet die Einführung eines Kartellverbots in den neuen Mitgliedstaaten, dass jede Koordinierung von Geschäfts- aktivitäten zwischen tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerbern bereits heute untersagt ist (insbesondere Preisabsprachen, Markt- oder Kundenaufteilungen, Austausch von sensiblen Geschäftsdaten). Das Gleiche gilt für Liefer- oder Dienstleistungsvereinba- rungen, die Preisbindungen beinhalten, wie beispielsweise verbindliche Preisempfehlun- gen. Im Hinblick auf die Missbrauchsaufsicht verbieten die in den neuen Mitgliedsstaaten eingeführten Regelungen, dass bereits jetzt (oder zukünftig) privatisierte Staatsbetriebe oder andere marktbeherrschende Unter- nehmen zwischen Kunden oder Lieferanten diskriminieren oder Lieferungen verweigern.

Die Verwendung von missbräuchlichen Geschäftsbedingungen (z.B. Koppelungs- bedingungen) und nicht kostenbezogene Rabattsysteme sind marktbeherrschenden Unternehmen in gleicher Weise untersagt.

Für den Fall, dass Vereinbarungen oder Verhaltensweisen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen, bedeutet die Erweiterung, dass das Kartelle bzw. miss- bräuchliche Praktiken marktbeherrschender Unternehmen betreffende EU-Recht vom 1. Mai 2004 an angewendet und von nationa- len Wettbewerbsbehörden und Europäischer Kommission gemeinsam durchgesetzt wird.

Diese Einführung und unmittelbare Anwend- barkeit des EU-Kartellrechts hat insbesonde- re Einfluss auf die Vertriebsstrategie der in den neuen Mitgliedstaaten tätigen Unterneh- men, wie im Einzelnen weiter unten erörtert werden soll.

2. Wesentliche praktische Auswirkungen Unternehmen und Investoren in den zukünf- tigen Mitgliedsstaaten sollten vor allem die folgenden Punkte beachten:

(a) Programme, die die Einhaltung der Wett- bewerbsregeln gewährleisten sollen

Unternehmen, die in den neuen Mitglieds- staaten tätig sind, sollten an ihre Aktivitäten, mit denen sie die Einhaltung der Wettbe- werbsregeln sicherstellen wollen, die glei- chen Maßstäbe anlegen wie in den übrigen Mitgliedsstaaten. Dabei sollte nicht über- sehen werden, dass kartellrechtskonformes der EU-Durchsetzungsstandards in den neu-

en Mitgliedstaaten.

Wettbewerber reichen bereits Beschwerden bei der Kommission gegen vermeintlich un- vereinbare Beihilfemaßnahmen in den neuen Mitgliedstaaten ein, um so die Eröffnung eines Prüfverfahrens zu forcieren. Derzeit betreffen diese Beschwerden vor allem in der Vergangenheit gewährte Beihilfen. Dies steigert den Schutz der Interessen des Wett- bewerbers gegenüber einer Beschwerde bei einer der nationalen Überwachungsbehör- den. Das Gleiche gilt jedoch auch im Hin- blick auf neue Beihilfen: Die Kommission hat die Aufgabe, förmliche Beschwerden gegen vermeintlich unvereinbare Beihilfemaßnah- men zu verfolgen. Die Anzahl von Beschwer- den bei der EU sind in den vergangenen Jahren gestiegen.

Darüber hinaus wird vom Beitrittsdatum an der europarechtliche Grundsatz der direkten Anwendbarkeit des EU-Rechts in den neuen Mitgliedstaaten anwendbar sein. Folglich werden Wettbewerber gegen Beihilfemaß- nahmen, die unter Verletzung der (unmit- telbar anwendbaren) Anmeldepflicht bzw.

des (unmittelbar anwendbaren) Durchfüh- rungsverbots gewährt wurden, zivil- oder verwaltungsgerichtlich vorgehen können.

Das nationale Gericht kann dann die Aus- setzung der Beihilfe bis zum Abschluss der Vereinbarkeitsprüfung durch die Kommission anordnen.

EU-Erweiterung und Kartellverbot/

Missbrauchsaufsicht

1. Der rechtliche Rahmen

Die Auswirkungen der Erweiterung auf das allgemeine Kartellrecht sind weniger kom- plex als im Bereich des Beihilferechts.

Die Beitrittsländer verfügen inzwischen über ihre eigenen Kartellgesetze, die in weiten Teilen das EU-Kartellrecht auf nationaler Ebene wiederholen. Die Einführung von Kartellverboten und Missbrauchsaufsichts- regelungen hat die rechtlichen Rahmenbe- dingungen in den neuen Mitgliedstaaten aus der Perspektive des Wettbewerbs signifikant verändert.

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(c) Die Notwendigkeit der Überprüfung der Vertriebsstrukturen

Innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EU plus Island, Norwegen und Liechtenstein - “EWR”) ist es den Anbietern von Gütern und Dienstleistungen untersagt, ihre Ver- triebshändler davon abzuhalten, Aufträge anzunehmen, die von außerhalb des exklusi- ven Vertriebsgebiets kommen (sogenannter passiver Verkauf). Dies ist ein Eckstein des Gemeinsamen Marktes. Die Beschränkung gilt allerdings nur zwischen unabhängi- gen Unternehmen und daher verfügen im Ergebnis mittlerweile viele Firmen über ein eigenes Vertriebssystem innerhalb des EWR.

Außerhalb des EWR greift das Verbot der Verhinderung passiver Verkäufe nur unter den folgenden Bedingungen ein:

• oligopolistische Markstrukturen (wenige Marktteilnehmer, wenig Wachstum, hohe Zutrittsschranken),

• deutliche Unterschiede zwischen den Preisen im betreffenden Gebiet und den EWR-Märkten (nach Abzug von Zoll- und Transportkosten) und

• tatsächliche Auswirkungen auf den Wett- bewerb im EWR.

Ab dem 1. Mai 2004 wird das ausnahmslose Verbot der Beschränkung passiver Verkäufe auch auf die neuen Mitgliedsstaaten aus- gedehnt werden. In den Fällen, in denen Unternehmen unabhängige Vertriebspartner in den neuen Mitgliedstaaten haben, werden Parallelimporte in die höherpreisigen westeu- ropäischen Märkte höchstwahrscheinlich zu einem Thema werden. Unternehmen mit ent- sprechenden Problemen sollten bereits heute darüber nachdenken, ihre Vertriebsnetze anzupassen. Lösungsmöglichkeiten sind die Übernahme von Vertriebspartnern oder der Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes.

EU-Erweiterung und Fusionskontrolle

Die neuen Mitgliedstaaten haben eigene nationale Fusionskontrollsysteme eingeführt.

Das Fehlen einer Harmonisierung der natio- nalen Fusionskontrolle bedeutet allerdings, dass die gegenwärtige Komplexität bei der Verhalten nicht nur eine Frage der Dokumen-

tation ist, sondern regelmäßiger Schulungen, interner Kontrollen und der Sicherstellung der tatsächlichen und effektiven Durchfüh- rung durch klare Zuständigkeitsregelungen und regelmäßiges Follow-up bedarf.

(b) Intensivierte Prüfungsaktivitäten der Wettbewerbsbehörden ab dem 1. Mai 2004 Mit einer verschärften Kartellrechtsdurch- setzung kann mit dem Beitrittsdatum aus zweierlei Gründen gerechnet werden:

• Viele der Wettbewerbsbehörden in den neuen Mitgliedstaaten haben bereits eine beachtliche Anzahl kartellrechtlicher Verfahren gemeldet – mit Verhängung von Bußgeldern in Ungarn, Litauen und der Slowakei. Mit dem Näherrücken des Bei- tritts kann von einer verstärkten Aktivität der nationalen Wettbewerbsbehörden aus- gegangen werden. Dies gilt noch einmal in besonderem Maße ab dem Beitrittsdatum.

• Zum Zeitpunkt des Beitritts der neuen Mitgliedstaaten wird die Kommission erhebliche Ressourcen freigesetzt haben, nachdem sie das bisherige allgemeine Anmeldesystem für wettbewerbsbeschrän- kende Vereinbarungen abgeschafft hat und zusätzlich Personal aus den neu- en Mitgliedstaaten einstellen wird. Des Weiteren fällt die Erweiterung mit einem deutlichen Kompetenzzuwachs der Kom- mission infolge der „Modernisierung“ des EU-Wettbewerbsrechts zusammen - dieser schließt die Ermächtigung zu Befragungen von Unternehmensmitarbeitern während unangemeldeter Durchsuchungen und Durchsuchungen von privaten Wohnun- gen und Kraftfahrzeugen ein. Die neuen Mitgliedstaaten treten damit einer Kartell- rechtsordnung bei, die sehr viel stärkere Durchsetzungsmöglichkeiten aufweist. Das besondere Augenmerk auf EU-Ebene wird darauf gerichtet sein, Kartellabsprachen, grob missbräuchliche Handlungsweisen von Marktbeherrschern und die Errichtung und Aufrechterhaltung künstlicher Barrie- ren innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu unterbinden.

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Schlussfolgerung

Die EU-Erweiterung bringt ernstzunehmende Risiken und Herausforderungen für jeden, der als Unternehmer oder Investor in den zehn neuen Mitgliedstaaten tätig ist. Recht- zeitige Vorbereitung und die Unterstützung durch im Wettbewerbsrecht erfahrene Bera- ter können dazu beitragen, dass Transaktio- nen und Geschäftsstrategien vorausschauend strukturiert und unangenehme Überra- schungen in der Zukunft vermieden werden.

Darüber hinaus bedeutet die Erweiterung des Gemeinsamen Marktes um zehn neue Mit- gliedstaaten, dass Wettbewerber weitere und effektivere Möglichkeiten erhalten, gegen Wettbewerbsverzerrungen vorzugehen, die gegen EU-Recht verstoßen.

Bewertung der Anmeldeverpflichtungen und die Notwendigkeit von Mehrfachanmeldun- gen weiter bestehen bleiben wird. Nationale Anmeldungen sind besonders häufig in den Ländern erforderlich, in denen die für die Anmeldung maßgeblichen Schwellenwerte auf den weltweiten Umsatz der beteiligten Unternehmen abstellen oder die Inlandsum- satzschwellen besonders niedrig sind (z.B.

Estland, Ungarn, Slowakei). Dies kann zur formalen Notwendigkeit einer Anmeldung führen, obwohl keine oder nur sehr begrenzte Auswirkungen auf den betreffenden nationa- len Markt gegeben sind.

Dieses Problem wird durch die Erweiterung nur teilweise entschärft:

• Ab dem 1. Mai 2004 gilt die EU-Fusions- kontrolle auch für die neuen Mitglied- staaten. Das bedeutet, dass das „one stop shop“-Prinzip eingreift, sobald die Schwel- lenwerte der EU-Fusionskontrolle für eine bestimmte Transaktion erreicht sind. Die Behörden der neuen Mitgliedstaaten sind dann für die Transaktion nicht mehr zu- ständig. Zumindest für größere Fusionen ist dies eine willkommene Entwicklung.

• Die Erweiterung der EU fällt (wie die oben erwähnten Änderungen in den Bereichen Dezentralisierung und Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts) mit der Reform der EU-Fusionskontrollverordnung zusammen.

Diese Reform bringt ein flexibleres System für die Verweisung von Fällen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten mit sich. Die Erweiterung um zehn neue Mitgliedstaaten erhöht die Wahrscheinlich- keit von nationalen Mehrfachanmeldun- gen. Das neue Verweisungssystem kann jedoch dazu führen, dass einige dieser Verfahren von Brüssel bearbeitet werden, da bei nunmehr 25 Mitgliedstaaten die Chancen gestiegen sind, mindestens drei Mitgliedstaaten zu überzeugen, das Ver- fahren nach Brüssel abzugeben.

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