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Eine erste Bilanz der Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) und eine Positionierung zu ihrer zukünftigen Ausrichtung

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Deutscher

Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

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Öffentliche Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)

Eine erste Bilanz der Arbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) und eine

Positionierung zu ihrer zukünftigen Ausrichtung

Berlin, den 16. Juli 2009

Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin

Telefon: 030-240 60-624 Fax: 030-240 60-276

Redaktion:

Annelie Buntenbach und Vera Egenberger

DGB-Bundesvorstand

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Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

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A. Einführung

Bereits im Jahr 2000 hat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dafür einge- setzt, dass in Deutschland eine unabhängige und spezialisierte Antidiskriminierungs- stelle eingerichtet wird, die sich umfangreich, kompetent und sensibel für die Belange von Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, einsetzt und sie in der Durch- setzung ihrer Rechte unterstützt. Der DGB hat deshalb im Jahr 2006 die Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) begrüßt, jedoch bereits Zweifel am Mandat der Stelle geäußert. Dieses ist aus der Sicht des DGB nicht weitreichend ge- nug gestaltet, um eine kompetente Unterstützung von Opfern von Diskriminierung zu gewährleisten.

Der DGB hat sowohl durch die Vertretung im Beirat durch das Bundesvorstands- mitglied Annelie Buntenbach als auch durch eine direkte Zusammenarbeit versucht, die Arbeiten der ADS zu unterstützen.

Die öffentliche Kritik an der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist in den letzten Monaten nicht abgerissen. Sowohl die Beratungspraxis, die Mittelverwendung und die Schwerpunktsetzung der Stelle wurden negativ beurteilt. Der DGB teilt diese Ein- schätzung und legt konstruktive Anregungen für die zukünftige Arbeit der ADS vor.

Der ADS fällt im Diskriminierungsschutz eine zentrale Rolle zu, die sie bald möglichst in vollem Umfang übernehmen muss. Es gilt die ADS zu stabilisieren und zu profes- sionalisieren, um zu gewährleisten, dass Menschen, die Diskriminierung erfahren haben, in ihren Rechten unterstützt werden.

Der DGB unterstützt hiermit eine kritische und konstruktive Debatte bezüglich der Arbeit der ADS. Vorgelegte Empfehlungen zielen darauf ab die Qualität der Beratung und die Arbeit der ADS im Allgemeinen anzuheben.

B. Empfehlungen zur Aufnahme in den endgültigen ADS- Bericht

Die ADS legt dem Deutschen Bundestag im Bericht Empfehlungen zur Beseitigung und Vermeidung von Benachteiligungen vor. Aus der Sicht des DGB verfehlen die von der ADS bislang aufgelisteten Empfehlungen den Sinn dieser Vorgabe, da sie überwiegend Arbeitsaufträge an die ADS selbst (welche wiederum bereits zentrale Bestandteile des Mandates der ADS sind) und keine Empfehlungen an den Bundes- tag für Handlungsansätze zur Vermeidung und Verhinderung von Diskriminierung aussprechen. Der DGB erlaubt sich deshalb, hier einige exemplarische Empfehlun- gen zu formulieren.

1. Bundestag wird aufgefordert, den ADS Bericht zu debattieren

Um der ADS die angemessene Aufmerksamkeit zu geben, ist der Bundestag aufge- rufen, den vorgelegten Bericht der ADS mit gebührender Aufmerksamkeit zu debat- tieren. Dies sollte in den ersten drei Monaten des Mandates des neuen Bundestages geschehen. Hierzu sollte eine offene Anhörung durchgeführt werden, die es Organi-

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sationen der Zivilgesellschaft erlaubt, Beiträge zum Bericht und Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der ADS beizutragen.

2. Klärung des Mandates der ADS

Da das gesetzlich festgelegte Mandat der Stelle nicht ausreicht, die Arbeit gegen Diskriminierung zu profilieren, ist empfohlen, das Mandat der ADS auf die eigenstän- dige Beratung von Diskriminierungsfällen auszuweiten, ohne diese zwangsläufig an andere Beratungsstellen oder Beauftragte weiterleiten zu müssen. Die Schaffung eines regionalen Unterbaus wäre hierfür notwendig.

3. Klärung der Kooperation mit anderen Beauftragten und dem Beirat bei der Erstellung des Berichtes

Es wird dem Bundestag empfohlen § 27 Absatz 4 AGG dahingehend zu spezifizie- ren, dass Klarheit hergestellt wird, wie und unter welchen Verantwortlichkeiten der Bericht an den Bundestag erstellt wird. Sowohl die Rolle der jeweiligen Beauftragten des Bundes als auch des Beirates der ADS eröffnet Raum für Ambiguität und Un- klarheit, die es bald möglichst zu beenden gilt.

4. Analyse von struktureller Diskriminierung

Nach Einschätzung des DGB ist strukturelle Diskriminierung für die Bundesrepublik Neuland. Der DGB hält es deshalb für nötig, dass der Bundestag seinen politischen Einfluss wahrnimmt, um die Untersuchung und Analyse von struktureller Diskriminie- rung voranzutreiben. Wissenschaftliche Untersuchungen hierzu sind vonnöten sowie eine öffentliche Bundestagsdebatte, die durch die ADS und relevante Organisationen der Zivilgesellschaft begleitet werden müssen.

5. Erweiterung der rechtlichen Instrumentarien gegen Diskriminierung

Aus gewerkschaftlicher Sicht erscheinen die bisherigen Beschwerde- und Klagemög- lichkeiten unzureichend, da das AGG zwar das Rechtsverhältnis von Bürger zu Bür- ger, jedoch nicht von Staat zu Bürger klärt. Deshalb wird befürwortet, bestehende Rechtsinstrumente zur Sanktionierung von struktureller Diskriminierung in den Be- reich des Verwaltungsrechtes auszuweiten. Dies müsste einhergehen mit einer Man- datserweiterung, bzw. -spezifizierung der ADS im Bereich struktureller/indirekter Dis- kriminierung.

6. Gleichbehandlung und Bildung

Die ADS erkennt, dass Antidiskriminierungspolitik stärker in die Bildung integriert werden muss. Auf dieser Grundlage hält es der DGB für unabdingbar, Diskriminie- rung nicht nur im privaten Bildungssektor sondern gleichfalls im öffentlichen Bil- dungsbereich zu sanktionieren. Dies wird bislang vom AGG nicht geleistet. Der DGB regt deshalb den Bundestag an, eine breite Debatte zur Bildungsstruktur im Bundes- tag zu veranlassen, die darauf abzielt, eine Analyse von Diskriminierung im bundes-

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deutschen Bildungssystem vorzunehmen. Diese sollte darin münden, einen gesetzli- chen Rahmen zu schaffen, der individuelle wie auch strukturelle Diskriminierung in der öffentlichen Bildung sanktioniert. Eine Zusammenarbeit mit den Bundesländern ist hierbei dringend geboten.

7. Entgeltdiskriminierung

Der DGB unterstreicht die im ADS-Bericht aufgelistete Forderung, Lösungsansätze bei der Entgeltdiskriminierung zu definieren. Wir empfehlen dem Bundestag, basie- rend auf seiner Anhörung im Januar 2009, in einer breit angelegten Kampagne zur Beendigung von Entgeltdiskriminierung die Rolle des Diskussions- und Handlungs- motors zu übernehmen und sich weiterhin klar zu einer Aufhebung dieser unhaltba- ren Diskriminierung zu positionieren. Ein sichtbares Follow-up zu dieser Anhörung unter Einbeziehung aller relevanten Akteure, wie der Wirtschaft, ist dringend empfoh- len.

8. Anhängige Vertragsverletzungsverfahren

Gegen die Bundesrepublik sind Vertragsverletzungsverfahren zu den Richtlinien 2000/43, 2000/78 und anderen gleichbehandlungsrelevanten Regelwerken anhängig.

Der Bundestag ist aufgefordert, die diesbezügliche Kommunikation nicht nur von der Verwaltung bearbeiten zu lassen, sondern sich aktiv in das Verfahren einzubringen.

Anmerkungen der Europäischen Kommission sollten wohlwollend analysiert und um- gesetzt werden, bevor es zu einem langwierigen und teuren Vertragsverletzungsver- fahren vor dem EuGH kommt. Eine Einbindung von relevanten Organisationen der Zivilgesellschaft wird außerdem als notwendig erachtet.

9. Neue Gleichbehandlungsrichtlinie 2008/426

Gleichwohl die BRD nur äußerst eingeschränkt Nachbesserungsbedarf bei der Um- setzung der Richtlinie 2008/426 hätte1, positioniert sich die Bundesregierung bei Verhandlungen zu dieser Richtlinie eindeutig gegen sie. Gleichfalls hat sich die ADS medial ablehnend der neuen Richtlinie gegenüber positioniert. Diese Haltung muss von politischer Seite überdacht und korrigiert werden. Der DGB fordert deshalb den Bundestag auf, Einfluss auf die Bundesregierung zu nehmen, um die ablehnende Haltung gegenüber der Richtlinie 2008/426 zu revidieren.

Aus der Sicht des DGB wird die Berücksichtigung dieser Empfehlungen den Diskri- minierungsschutz in der Bundesrepublik nachhaltig stärken und das Mandat der ADS weiterentwickeln.

1 Siehe Positionspapier des DGB zur Richtlinie 2008/426 vom 14.5.2009

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