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Entscheidungen - Verfassungsmäßigkeit der beschränkten steuerlichen Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer - Regelung im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat ordnungsgemäß zustande gekommen

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Aktie "Entscheidungen - Verfassungsmäßigkeit der beschränkten steuerlichen Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer - Regelung im Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat ordnungsgemäß zustande gekommen"

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L e i t s ä t z e

zum Urteil des Zweiten Senats vom 7. Dezember 1999 - 2 BvR 301/98 -

1. Der Vermittlungsausschuß darf eine Änderung, Ergänzung oder Strei- chung der vom Bundestag beschlossenen Vorschriften nur vorschla- gen, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des An- rufungsbegehrens und des ihm zugrundeliegenden

Gesetzgebungsverfahrens verbleibt.

2. Die beschränkte Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG ist mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar.

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- 2 BvR 301/98 -

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Michael Rosenthal, Hamburger Allee 1, Frankfurt am Main - BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

Verkündet am 7. Dezember 1999 Blödt

Regierungsobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Im Namen des Volkes In dem Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde des Herrn S...

1. unmittelbar gegen

das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. November 1997 - VI R 4/97 -,

2. mittelbar gegen § 4 Abs. 5 Nr. 6b in Verbindung mit

§ 9 Abs. 5 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11. Oktober 1995, BGBl I S. 1250

hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat - unter Mitwirkung der Richterin- nen und Richter

Präsidentin Limbach, Kirchhof,

Sommer, Jentsch, Hassemer, Broß, Osterloh

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 1999 durch Urteil

für Recht erkannt:

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3 Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

A.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG, die auf einen Höchstbetrag von 2.400 DM begrenzt worden ist.

I.

1. Nach der durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I S.

1250) eingeführten Bestimmung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten seiner Ausstattung grundsätzlich nicht mehr als Betriebsausgaben von der Bemessungsgrundlage abziehbar. Diese Regelung gilt sinngemäß auch für Werbungskosten (§ 9 Abs. 5 EStG). Nur wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 v.H. der ge- samten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sind Aufwen- dungen grundsätzlich abziehbar, jedoch auf einen Höchstbetrag von 2.400 DM jähr- lich begrenzt. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittel- punkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

2. Der Beschwerdeführer, ein Gymnasiallehrer, beantragte wegen der Nutzung ei- nes häuslichen Arbeitszimmers die Eintragung eines Freibetrages in Höhe von 3.512 DM für das Veranlagungsjahr 1996. Das Finanzamt erkannte nur Werbungskosten in Höhe von 2.400 DM an. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der Beschwerdefüh- rer machte geltend, daß der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit i.S. des § 4 Abs.

5 Nr. 6b EStG bei funktionaler Betrachtung in seinem außerschulischen Arbeitszim- mer liege. Die Höchstgrenze von 2.400 DM greife daher nicht. Im übrigen sei die Neuregelung weder formell noch materiell verfassungsmäßig. Die streitige Regelung sei erst durch den Vermittlungsausschuß in das Jahressteuergesetz 1996 einge- bracht, damit von keinem der in Art. 76 Abs. 1 GG genannten Verfassungsorgane in- itiiert und folglich auch nicht zum Gegenstand der parlamentarischen Beratung ge- macht worden. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sei auch in materieller Hinsicht verfassungswidrig, weil der Grundsatz der Besteuerung nach dem Nettoeinkommen zum Nachteil des Beschwerdeführers durchbrochen werde. Die streitige Regelung benachteilige ihn insbesondere gegenüber jener Personengruppe, die ein außer- häusliches Arbeitszimmer unterhalte und den dafür erforderlichen Aufwand in vollem Umfang steuerlich als Werbungskosten geltend machen könne. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sei auch konzeptionell verfehlt und knüpfe mit der 50 v.H.-Regelung an sach- fremde Voraussetzungen an, weil ein Arbeitszimmer ebenso wie die anwaltliche Ro- be oder der Lkw eines Bauunternehmers ein Arbeitsmittel darstelle, ohne daß es auf die Häufigkeit und Intensität der Nutzung ankomme.

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7 3. Die Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts, mit

der die Berücksichtigung der über den Betrag von 2.400 DM hinausgehenden Auf- wendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.112 DM begehrt wurde, wies der Bundesfinanzhof mit dem angefochtenen Urteil vom 21. November 1997 (BStBl II 1998 S. 351) zurück. Die angegriffenen Normen seien vom Regelungsziel des Jahressteuergesetzes 1996 gedeckt gewesen und daher nicht in verfassungs- widriger Weise zustande gekommen. Insbesondere habe sich der Vermittlungsaus- schuß kein Gesetzesinitiativrecht angemaßt, da die Norm zwar nicht Gegenstand ei- nes ausformulierten Gesetzentwurfs gewesen, die Beschränkung der Abzugsfähigkeit aber bereits im Vorfeld und auch in der parlamentarischen Öffent- lichkeit diskutiert worden sei.

Zur Frage eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verwies der Bundesfinanzhof unter Hinweis auf seine Entscheidung vom 27. Septem- ber 1996 (BStBl II 1997 S. 68) auf gesetzgeberische Überlegungen, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann steuerlich zum Abzug zuzulassen, wenn ein solches für die Erwerbstätigkeit erforderlich sei. Zwar verwende das Gesetz den Begriff der Erforderlichkeit oder der Notwendigkeit nicht, beschreibe aber in den Ab- zugsvoraussetzungen Fallgestaltungen, bei denen nach der Wertung des Gesetzge- bers ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich sei. Die Erforderlichkeit eines Auf- wands aber enthalte ein sachlich gerechtfertigtes Merkmal der Abziehbarkeit, wenn Aufwendungen eine Berührung mit der Lebensführung aufwiesen oder in einer Sphä- re anfielen, die sich einer sicheren Nachprüfung entziehe. Auch die Begrenzung auf 2.400 DM halte sich im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungs- raums für eine zulässige Typisierung.

4. Die hier streitige Vorschrift ist im Gesetzgebungsverfahren nach zweimaliger An- rufung des Vermittlungsausschusses zustande gekommen:

a) Eine Regelung zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit der Kosten für ein häusli- ches Arbeitszimmer war im Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P.

zum Jahressteuergesetz 1996 vom 27. März 1995 (BTDrucks 13/901) und im Ge- setzentwurf der Bundesregierung vom 24. April 1995 (BTDrucks 13/1173) nicht ent- halten. Mehrere Abgeordnete und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN brachten aber bereits am 28. März 1995 einen Antrag "Soziale und gerechte Einkommensteu- erreform 1996" (BTDrucks 13/936) ein, mit dem der Bundestag zu verschiedenen Feststellungen und zum Appell an die Bundesregierung aufgefordert wurde, einen Gesetzentwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes vorzulegen. Darin war u.a. ein Vorschlag zur Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Kosten für häusliche Arbeitszimmer auf höchstens 2.000 DM wegen mangelhafter Nachweis- und Prü- fungsmöglichkeiten und der Gefahr des steuerlichen Mißbrauchs enthalten (BT- Drucks 13/936, S. 17). Die beabsichtigten Neuregelungen waren im Antrag allerdings noch nicht gesetzestechnisch formuliert. Dieser Antrag wurde bei der ersten Lesung des Jahressteuergesetzes 1996 als Zusatztagesordnungspunkt mitberaten und an den Finanzausschuß mitüberwiesen (Bundestag, 32. Sitzung vom 31. März 1995,

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11 Plenarprotokoll 13/32, S. 2472, 2510). Der Finanzausschuß des Bundestages hat

den Antrag als Gegenkonzept zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 1996 verstan- den und als Änderungsantrag behandelt. Er fand dort aber keine Mehrheit (BTDrucks 13/1558, S. 10, 12). Der Finanzausschuß empfahl dem Plenum in seiner Ersten Be- schlußempfehlung vom 31. Mai 1995 (BTDrucks 13/1558), den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und F.D.P. in einem vom Ausschuß erheblich veränderten Umfang - jedoch ohne Regelung über das häusliche Arbeitszimmer - anzunehmen und den Antrag der Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab- zulehnen.

b) In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf empfahl der Finanzausschuß des Bundesrates am 23. Mai 1995 "im Sinne einer sachgerechten Abgrenzung des beruflichen und des privaten Bereichs des Steuerpflichtigen und zur Erleichterung des Verwaltungsvollzuges", die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer neu zu regeln und eine Höchstgrenze von 2.400 DM einzuführen (BRDrucks 171/2/95, S. 36). Die Empfehlung enthielt den Vorschlag, in die Regelung der nichtabziehbaren Betriebsausgaben und Werbungskosten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.

10, § 9 Abs. 5 EStG) die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aufzuneh- men:

"Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Dies gilt nicht, wenn die betriebli- che oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 25 v.H. der gesamten be- trieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt und für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; hier wird die Höhe der ab- ziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet."

Damit sollten die bisherigen Gestaltungsmöglichkeiten weitestgehend einge- schränkt und Streitigkeiten vermieden werden. Der Höchstbetrag solle sowohl der Steuervereinfachung als auch einer sachgerechten Begrenzung des Betriebsausga- benabzugs dienen (Empfehlungen BRDrucks 171/2/95, S. 36 f.).

c) Der Bundestag beriet am 2. Juni 1995 in zweiter und dritter Lesung den Gesetz- entwurf der Fraktionen über das Jahressteuergesetz 1996. Der vom Finanzausschuß geänderte Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit am 2. Juni 1995 verabschiedet (Plenarprotokoll 13/42, S. 3412). Der Bundesrat beriet ebenfalls am 2. Juni 1995 über den Regierungsentwurf. In seiner Stellungnahme verwies er auf die Erforderlichkeit einer Gegenfinanzierung und die dahingehenden Empfehlungen seines Finanzausschusses vom 18. Mai 1995, die eine begrenzte Abziehbarkeit von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer vorgesehen hatten (BRDrucks 171/

95 <Beschluß> mit Anlage <BRDrucks 171/2/95, S. 36>). Der Finanzausschuß des Bundesrates empfahl in seiner Sitzung vom 8. Juni 1995, dem Gesetzesbeschluß des Bundestages vom 2. Juni 1995 nicht zuzustimmen (Niederschrift der 666. Sit- zung des Finanzausschusses vom 8. Juni 1995, S. 1). Die Bundesregierung gab zu

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14 15 16 17 der Stellungnahme des Bundesrates vom 2. Juni 1995 am 13. Juni 1995 eine Gegen-

äußerung (BTDrucks 13/1686) ab und wies darauf hin, daß die in den Ausschüssen des Bundesrates beschlossenen Empfehlungen der Länder bei dem am 2. Juni 1995 beschlossenen Gesetzentwurf nicht unberücksichtigt geblieben seien (BTDrucks 13/

1686, S. 75). Zugleich nahm die Bundesregierung die Empfehlungen des Finanzaus- schusses des Bundesrates zur Kenntnis (BTDrucks 13/1686, S. 75).

d) Der Bundesrat versagte am 23. Juni 1995 seine Zustimmung zum Gesetz (BRDrucks 304/95 <Beschluß>). Der Bundestag rief daraufhin am 23. Juni 1995 "zu dem vom Deutschen Bundestag am 2. Juni 1995 beschlossenen Jahressteuergesetz 1996" den Vermittlungsausschuß an (BTDrucks 13/1779; Plenarprotokoll 13/45, S.

3667); formal war Gegenstand dieser Anrufung der Beschluß eines Artikelgesetzes, das die Änderung von insgesamt 39 Gesetzen vorsah (vgl. BGBl I 1995 S. 1250). Im Vermittlungsausschuß wurde am 7. Juli 1995 ein Vorschlag beschlossen, der auch die nunmehr angegriffenen Regelungen enthielt (BTDrucks 13/1960, S. 2). Der Bun- destag erörterte in einer Sondersitzung vom 13. Juli 1995 in einer "Vereinbarten De- batte zum Jahressteuergesetz 1996" vor der Abstimmung die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses. In dieser Aussprache wurde von keinem Abgeordne- ten die Regelung kritisiert oder auch nur angesprochen (vgl. Plenarprotokoll 13/49, S.

4046 ff.). Bei der namentlichen Abstimmung wurde die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses schließlich abgelehnt (Plenarprotokoll 13/49, S. 4076).

e) Nachdem der Bundesrat am 14. Juli 1995 dem Gesetzesbeschluß vom 2. Juni 1995 erneut seine Zustimmung versagte (BRDrucks 430/95), wurde auf Verlangen der Bundesregierung vom 18. Juli 1995 "zu dem vom Deutschen Bundestag am 2.

Juni 1995 verabschiedeten Jahressteuergesetz 1996" (BTDrucks 13/2016) ein zwei- tes Vermittlungsverfahren eingeleitet. Die Beschlußempfehlung des Vermittlungs- ausschusses, in der wiederum die angegriffenen Regelungen enthalten waren, wur- de vom Bundestag am 21. September 1995 angenommen (Plenarprotokoll 13/55, S.

4581); der Bundesrat stimmte dem Gesetz am 22. September 1995 zu (BRDrucks 520/95 <Beschluß>).

§ 4 Abs. 5 EStG wurde um eine Nr. 6b ergänzt:

"(5) Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.-6.a. ...

6.b. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstat- tung. Dies gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszim- mers mehr als 50 vom Hundert der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeits- platz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwen- dungen auf 2400 Deutsche Mark begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und be- ruflichen Betätigung bildet;"

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24 II.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung sei- ner Grundrechte aus Art. 2, Art. 3, Art. 12 und Art. 14 GG.

Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor:

1. Das Gesetz sei formell verfassungswidrig und verletze ihn damit in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG sei nicht Gegenstand der Gesetzesinitiative aus der Mitte des Deutschen Bundestags gewe- sen. Erst der Vermittlungsausschuß habe als Ergebnis des zweiten Vermittlungsver- fahrens am 31. Juli 1995 die Einfügung dieser Norm empfohlen. Dadurch habe sich der Vermittlungsausschuß ein Gesetzesinitiativrecht angemaßt und seine Kompe- tenz überschritten. Zwar seien die Grenzen der Tätigkeit des Vermittlungsausschus- ses in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht abschließend gezo- gen, jedoch bedürfe es jedenfalls eines hinreichenden sachlichen Zusammenhangs mit dem Anrufungsbegehren. Der vorliegende Fall unterscheide sich von dem durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 72, 175 ff.) entschiedenen dadurch, daß hier die Norm noch nicht Gegenstand der ersten Lesung im Bundestag gewesen, sondern ausschließlich und erstmals im Vermittlungsverfahren aufgetaucht sei. Die- se Verfahrensweise verletze auch die Rechte der Abgeordneten, da über den Ent- wurf des Vermittlungsausschusses keine Aussprache, sondern nur noch eine Ab- stimmung mit ja oder nein vorgesehen sei.

2. Sein Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG sei in mehrfacher Hinsicht verletzt.

a) Das personale Gleichbehandlungsgebot sei verletzt, wenn der Beschwerdeführer höher besteuert werde, weil er sich in Ausübung seines Grundrechts aus Art. 12 Abs.

1 GG für ein häusliches Arbeitszimmer statt eines außerhäuslichen entschieden ha- be. Wenn das Bestehen eines häuslichen Arbeitszimmers zweifelsfrei festgestellt sei, sei damit zugleich entschieden, daß dieses Zimmer der beruflichen und nicht der pri- vaten Sphäre gewidmet sei. Somit müßten im Grundsatz die hierfür entstandenen Aufwendungen steuerlich voll abzugsfähig sein.

Die Nichtanerkennung eines Teils der Aufwendungen sei ein Systembruch, der ge- gen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße. Nach dem Prinzip der Nettobe- steuerung des Einkommens seien grundsätzlich alle beruflich veranlaßten Aufwen- dungen auch als Werbungskosten abziehbar. Zudem seien die Betroffenen faktisch nicht in der Lage, durch ihr Verhalten die steuererheblichen Unterscheidungsmerk- male zu beeinflussen.

b) Die Begrenzung auf 2.400 DM sei eine fiktive Kappungsgrenze. Sie lasse sich auch nicht durch Mißbrauchsgefahren rechtfertigen, da die Kriterien für häusliche Ar- beitszimmer von der Rechtsprechung geklärt seien.

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30 III.

Zur Verfassungsbeschwerde haben sich das Bundesministerium der Finanzen und der Präsident des Bundesfinanzhofs geäußert. Das Bundesministerium der Finanzen hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Der Präsident des Bundesfinanz- hofs hat eine Stellungnahme des IV. Senats vorgelegt, in der die Auffassung des VI.

Senats im angefochtenen Urteil zur Nutzung von häuslichen Arbeitszimmern durch ausschließlich nichtselbständig tätige Steuerpflichtige geteilt wird.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung ver- letzt den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 ist mit dem Grundgesetz vereinbar, so- weit dort der Abzug von Aufwendungen auf einen Höchstbetrag von 2.400 DM be- grenzt ist.

I.

1.a) Nach Art. 77 Abs. 1 Satz 1 GG werden die Bundesgesetze vom Bundestag be- schlossen. Danach sind sie unverzüglich dem Bundesrat zuzuleiten (Art. 77 Abs. 1 Satz 2 GG). Gesetze, die - wie vorliegend (Art. 106 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GG) - das Steueraufkommen der Länder betreffen, sind nach Art. 105 Abs. 3 GG zustimmungs- pflichtig. Verweigert der Bundesrat die Zustimmung, so kommt das Gesetz - vorerst - nicht zustande (Art. 78 GG). In diesem Falle können Bundesrat, Bundestag und Bun- desregierung die Einberufung des Ausschusses nach Art. 77 Abs. 2 GG (im folgen- den: Vermittlungsausschuß) verlangen. Sofern der grundsätzlich nichtöffentlich ta- gende Vermittlungsausschuß (vgl. §§ 5 f. der Gemeinsamen Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Ausschuß nach Art. 77 des Grundgeset- zes <Vermittlungsausschuß> vom 19. April 1951, BGBl II S. 103, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 16. Mai 1995, BGBl I S. 742 <im folgenden GO VA ge- nannt>) die Änderung oder Aufhebung des Gesetzesbeschlusses vorschlägt, hat der Bundestag erneut darüber Beschluß zu fassen (Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG); der Bun- desrat muß erneut über eine Zustimmung entscheiden.

b) Für die Behandlung des Vorschlages des Vermittlungsausschusses im Bundes- tag gelten besondere, vom üblichen Gesetzgebungsverfahren zum Teil abweichende Regelungen. Nach § 10 Abs. 2 GO VA stimmt der Bundestag nur über den Eini- gungsvorschlag ab, wobei zu dem Vorschlag vor der Abstimmung Erklärungen abge- geben werden können. Ein Antrag zur Sache ist indes nicht zulässig, eine Debatte über den Einigungsvorschlag somit grundsätzlich ausgeschlossen.

c) Die Grenzen für Beschlußempfehlungen des Vermittlungsausschusses sind ge- setzlich nicht geregelt, ergeben sich aber aus Stellung und Funktion des Ausschus- ses (vgl. zum Folgenden auch BVerfGE 72, 175 <187 ff.>; 78, 249 <271>).

aa) Der Vermittlungsausschuß ist kein Entscheidungsorgan, sondern gibt Empfeh-

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32 lungen für die Entscheidungen der Gesetzgebungsorgane Bundestag und Bundes-

rat. Er hat kein eigenes Gesetzesinitiativrecht (Art. 76 Abs. 1 GG), sondern vermittelt zwischen den zuvor parlamentarisch beratenen Regelungsalternativen. Er verant- wortet seine Beratungen und Empfehlungen nicht vor einer parlamentarischen Öf- fentlichkeit, sondern tagt nichtöffentlich. Der Vermittlungsausschuß empfängt seinen Auftrag deshalb im Rahmen des Legitimationsgrundes und der Grenzen des Anru- fungsbegehrens. Da dieses aber in der Regel nur das zur Entscheidung anstehen- de Gesetz insgesamt benennt und nicht begründet zu werden braucht, wird der Ent- scheidungsraum des Vermittlungsausschusses für Änderungsvorschläge durch die Aufgabe begrenzt, das Gesetzgebungsziel auf der Grundlage des bisherigen Ge- setzgebungsverfahrens zu verwirklichen und mit dieser Zielsetzung die Meinungsver- schiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat in einer gemeinsamen Lösung auszugleichen. Der Beschlußvorschlag des Vermittlungsausschusses muß insbe- sondere die Rechte der Abgeordneten im Gesetzgebungsverfahren wahren und die Gesetzgebungsentscheidungen der parlamentarischen Öffentlichkeit vorbehal- ten, um einer weiteren Verlagerung der Entscheidungen in Ausschüsse und Fraktio- nen und der damit verbundenen Entparlamentarisierung der Gesetzgebung entge- genzuwirken. Zudem darf der Bundesrat nicht durch Beteiligung des Vermittlungs- ausschusses Einfluß auf die Gesetzgebung gewinnen, ohne daß dieses - wie bei seinen Gesetzesinitiativen und Stellungnahmen - zu einer Debatte im Bundestag füh- ren müßte.

bb) Der Vermittlungsausschuß darf deshalb eine Änderung, Ergänzung oder Strei- chung der vom Bundestag beschlossenen Vorschriften nur vorschlagen, wenn und soweit dieser Einigungsvorschlag im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des ihm zugrundeliegenden Gesetzgebungsverfahrens verbleibt. Das zum Anrufungsbegeh- ren führende Gesetzgebungsverfahren wird durch die in dieses eingeführten Anträge und Stellungnahmen bestimmt. Stellungnahmen des Bundesrates sind auch dann in den Vermittlungsvorschlag zum Ausgleich der Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat einzubeziehen, wenn diese vom Bundestag in seinem Ge- setzesbeschluß nicht berücksichtigt worden sind.

cc) Der Beschlußvorschlag des Vermittlungsausschusses soll somit eine Brücke zwischen schon in den Gesetzgebungsorganen erörterten Alternativen schlagen, oh- ne eine - dem Vermittlungsausschuß nicht zustehende - Gesetzesvorlage einzubrin- gen (Art. 76 Abs. 1 GG), das Gesetzgebungsverfahren in der parlamentarischen De- mokratie zu verkürzen oder die Gesetzgebungszuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu verfälschen. Der Bundestag muß den Vermittlungsvorschlag auf der Grundlage seiner Debatte über ihm vorliegende Anträge und Stellungnahmen als ein ihm zuzurechnendes und von ihm zu verantwortendes Ergebnis seines parla- mentarischen Verfahrens erkennen und anerkennen können. Der Vermittlungsvor- schlag ist deshalb in dem Rahmen gebunden, der nach den bisherigen Beratungen im Bundestag inhaltlich und formal vorgezeichnet ist.

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36 d) Soweit ein Anrufungsbegehren allein durch die Benennung des vom Deutschen

Bundestag beschlossenen Gesetzes gekennzeichnet ist und dieses Gesetz - wie beim Artikelgesetz - die Änderung mehrerer Gesetze zum Gegenstand hat oder aber in einem Einzelgesetz eine Fülle von Neuregelungen vorsieht, bedarf der in dem An- rufungsbegehren enthaltene Vermittlungsauftrag deutlicher Umgrenzung. Diese soll- te sich in der Regel aus einer präzisen Fassung des Anrufungsauftrages ergeben, kann aber auch aus den Kontroversen in der parlamentarischen Debatte und zwi- schen Bundestag und Bundesrat erschlossen werden. Der Vermittlungsausschuß darf hingegen keinen Vorschlag unterbreiten, der außerhalb der bisherigen Auffas- sungsunterschiede im Parlament oder der bisherigen Gegenläufigkeit zwischen Bun- destag und Bundesrat bleibt.

2. Nach diesen Maßstäben ist die Rüge der formellen Verfassungswidrigkeit unbe- gründet. Der Vermittlungsausschuß hat die ihm von Verfassungs wegen gezogenen Grenzen seines Vermittlungsauftrages nicht überschritten.

a) Das Vermittlungsverfahren wurde aufgrund eines allgemein gefaßten, lediglich das Jahressteuergesetz 1996 als Artikelgesetz benennenden Anrufungsbegehrens ohne konkrete Fragestellung eingeleitet. Die gegenständliche Begrenzung des Ver- mittlungsauftrages ergibt sich jedoch aus dem parlamentarischen Verfahren, in dem bereits die Absetzbarkeit des Aufwandes für ein Arbeitszimmer kontrovers behandelt worden ist. Die begrenzte Abzugsfähigkeit dieses Aufwandes und die Einführung ei- ner Höchstgrenze war bereits Bestandteil einer Anlage, die den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläuterte. Mit diesem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Reform des Einkommensteuerrechts vorzule- gen. Zu den dort exemplarisch genannten konkreten Vorschlägen gehörte auch die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Kosten für das häusliche Arbeitszimmer auf höchstens 2.000 DM. Dieser Entwurf wurde als Zusatztagesordnungspunkt bei der ersten Beratung des Jahressteuergesetzes 1996 mitberaten, an den Finanzaus- schuß überwiesen, dort als Änderungsantrag behandelt und zur Abstimmung gestellt.

Die Beschlußempfehlung des Finanzausschusses unterbreitete dem Bundestag den Vorschlag, bei der Änderung des Einkommensteuerrechts eine besondere Regelung für das häusliche Arbeitszimmer nicht vorzusehen und den Antrag der Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen.

b) Schließlich sind die in den Ausschüssen des Bundesrates beschlossenen Emp- fehlungen der Länder, die eine beschränkte Absetzbarkeit der Aufwendungen für das Arbeitszimmer vorsahen, bei dem am 2. Juni 1995 in zweiter und dritter Lesung bera- tenen und beschlossenen Gesetzentwurf bereits berücksichtigt worden (vgl. oben A.I.4.c). Die beschränkte Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Ar- beitszimmer ist damit im Bundestag als Gegenstand gegenläufiger Initiativen von Bundestag und Bundesrat bewußt gewesen, so daß das Parlament deshalb auch ei- ne Vermittlung in dieser Frage erwarten durfte.

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41 II.

1.a) Art. 3 GG verlangt die Gleichbehandlung "aller Menschen" vor dem Gesetz (Abs. 1) und verbietet jede Benachteiligung oder Bevorzugung wegen persönlich- keitsbedingter Eigenheiten (Abs. 2 und Abs. 3). Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr eine Regelung den Einzelnen als Person betrifft, und umso offener für ge- setzgeberische Gestaltungen, je mehr allgemeine, für rechtliche Einwirkungen zu- gängliche Lebensverhältnisse geregelt werden (stRspr, vgl. BVerfGE 96, 1 <6>

m.w.N.).

Jede gesetzliche Regelung muß verallgemeinern. Der Gesetzgeber darf sich grund- sätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Diese gesetzlichen Verallgemeine- rungen müssen allerdings auf eine möglichst weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließende Beobachtung aufbauen. Der Gesetzgeber hat vor allem bei der Ordnung von Massenerscheinungen und deren Abwicklung ei- nen - freilich nicht unbegrenzten - Raum für generalisierende, typisierende und pau- schalierende Regelungen (stRspr, vgl. BVerfGE 96, 1 <6> m.w.N.).

b) Steuerrechtliche Regelungen sind so auszugestalten, daß Gleichheit im Belas- tungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Der Gleichheitssatz fordert nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzge- bung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzuges gefährdet, sondern die Regelung eines allgemein verständlichen und möglichst unausweichlichen Belas- tungsgrundes. Deshalb darf der Gesetzgeber, wie etwa bei der einkommensteuerli- chen Verschonung des Existenzminimums, einen steuererheblichen Vorgang um der materiellen Gleichheit willen im typischen Lebensvorgang erfassen und individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (stRspr, zuletzt BVerfGE 96, 1

<6 f.>).

c) Der Gesetzgeber legt der Einkommensteuer das sog. Nettoprinzip zugrunde, nach dem nur das Nettoeinkommen, die Erwerbseinnahmen abzüglich der Erwerbs- aufwendungen und der existenzsichernden Aufwendungen, besteuert wird (BVerfGE 99, 280 <290 f.>). Der Gleichheitssatz fordert allerdings nicht, daß der Gesetzgeber stets den gewillkürten tatsächlichen Aufwand berücksichtigt, vielmehr kann es auch genügen, daß er für bestimmte Arten von Aufwendungen nur den Abzug eines in rea- litätsgerechter Höhe typisierten Betrages gestattet (vgl. BVerfGE 96, 1 <9>). Dies gilt insbesondere, wenn die Erwerbsaufwendungen die Kosten der allgemeinen Lebens- führung i.S. des § 12 EStG berühren und deshalb zur Klarstellung wie zur Vereinfa- chung in einem unwiderleglichen Regeltatbestand erfaßt werden. Dadurch können zugleich Ermittlungen im Privatbereich eingegrenzt werden.

2. Gemessen an diesem Maßstab ist § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG i.d.F. des Jahressteu- ergesetzes 1996 in seinen den Beschwerdeführer betreffenden Aussagen mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

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45 a) § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG unterscheidet drei Fallgruppen. Bei der ersten Gruppe

sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einkommensteuerlich der Höhe nach auf 2.400 DM pro Jahr begrenzt zu berücksichtigen; dies setzt voraus, daß die betriebliche oder berufliche Nutzung mehr als 50 v.H. der gesamten betriebli- chen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder für diese Tätigkeit kein anderer Arbeits- platz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 EStG). Bei der zweiten Gruppe, bei der diese Voraussetzungen nicht vorliegen, sind die Kosten für ein häusliches Ar- beitszimmer gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1 EStG nicht abziehbare Erwerbsaufwen- dungen. Bei der dritten Personengruppe sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in vollem Umfang einkommensteuerlich berücksichtigungsfähig; Vor- aussetzung hierfür ist, daß das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieb- lichen und beruflichen Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3, 2. Hs. EStG bildet.

b) Die Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszim- mer in den Fällen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2, 1. Alternative EStG ist verfassungs- rechtlich nicht zu beanstanden. Die angegriffene Entscheidung ordnet in verfas- sungsrechtlich unbedenklicher Weise die Tätigkeit des Beschwerdeführers - eines Gymnasiallehrers - dieser Gruppe des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG zu. Das Arbeitszimmer eines Lehrers bildet nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung;

dieser ist die Schule. Andererseits verfügt ein Lehrer regelmäßig für einen wesentli- chen Teil seiner Tätigkeit nicht über einen anderen Arbeitsplatz, so daß nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 letzte Alternative EStG die Abziehbarkeit auf 2.400 DM begrenzt ist.

aa) Die Fachgerichte haben zutreffend darauf hingewiesen, daß die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer die private Lebensführung berühren. Aufwendun- gen für die Lebensführung mindern die einkommensteuerliche Bemessungsgrundla- ge jedoch auch dann nicht, wenn sie der Förderung der Erwerbstätigkeit des Steuer- pflichtigen dienen (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Zwar unterliegen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, soweit das Zimmer ausschließlich beruflich oder betrieblich genutzt wird. Eine Nach- prüfung dieser Nutzung durch die Finanzbehörden ist aber wegen des engen Zusam- menhangs zur Sphäre der privaten Lebensführung und des Schutzes durch Art. 13 GG wesentlich eingeschränkt oder gar unmöglich; einzig der regelmäßige Augen- schein in den Wohnräumen (§ 98 f. AO) ohne vorherige Benachrichtigung (vgl. § 197 Abs. 1 S. 1 AO) könnte im Einzelfall zur Aufklärung verhelfen. Deshalb ist die Begren- zung der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sach- lich gerechtfertigt.

bb) Auch die Höhe des zulässigen Abzugs begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Festlegung dieser Höchstgrenze auf 2.400 DM hält sich im Rahmen des Gestaltungsraums des Gesetzgebers und ist realitätsgerecht. Das Einkommen- steuergesetz darf durch die Festlegung einer typisierenden Höchstgrenze individuell gestaltbare Besonderheiten unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 96, 1 <7>). Zu- dem bezieht sich der Höchstbetrag allein auf die Raumkosten und gestattet daneben

(13)

46 ohne die Begrenzung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG den Abzug der Aufwendungen

für Einrichtungsgegenstände, soweit diese gleichzeitig Arbeitsmittel sind (vgl. die hier angegriffene Entscheidung des BFH, BStBl II 1998 S. 351 <354 f.>).

c) Das Entfallen der Höchstgrenze für Steuerpflichtige, bei denen das häusliche Ar- beitszimmer den "Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" bildet, hat vor der Verfassung ebenfalls Bestand. Der Gesetzgeber bemißt hier unterschiedliche Rechtsfolgen nach der Erforderlichkeit der Aufwendungen. Auch wenn diese Erfor- derlichkeit, worauf bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 27. Sep- tember 1996 (BStBl II 1997, S. 68) hinweist, in der Regel nicht Voraussetzung der Werbungskosten ist, kann sie zur typisierenden Abgrenzung von Erwerbs- und Pri- vatsphäre herangezogen werden, wenn diese Lebensbereiche - wie beim häuslichen Arbeitszimmer - weniger räumlich-gegenständlich und mehr funktionsbestimmt von- einander getrennt werden müssen. Insoweit ist die Differenzierung nach dem "Mittel- punkt" erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit sachgerecht.

Limbach Kirchhof

Sommer Jentsch Hassemer

Broß Osterloh

(14)

Bundesverfassungsgericht, Urteil des Zweiten Senats vom 7. Dezember 1999 - 2 BvR 301/98

Zitiervorschlag BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 7. Dezember 1999 - 2 BvR 301/

98 - Rn. (1 - 46), http://www.bverfg.de/e/rs19991207_2bvr030198.html ECLI ECLI:DE:BVerfG:1999:rs19991207.2bvr030198

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