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15. Juli 2000

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Heute auf Seite 3: Gleiches Leid - gleiche Entschädigung

£>as £)rtpnuüenblatt

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

J a h r g a n g 51 - Folge 28 Erscheint wöchentlich

Postvertriebsstück. Gebühr bezahlt

15. Juli 2000

Landsmannschaft Ostpreußen e.V.

Parkallee 84J86, 20144 Hamburg

C 5524

„ G r e e n C a r d " :

G e w e r k s c h a f t a m S c h e i d e w e g

Unruhe breitet sich aus: Alte und neue Dogmen prallen aufeinander

Die deutschen Gewerkschaften stehen i n gleich mehrerer H i n s i c h t mitten i n ihrer schlimmsten Krise seit Kriegsende. D a hätte es der De- batte u m die A n w e r b u n g ausländi- scher A r b e i t n e h m e r gar nicht mehr bedurft. D o c h gräbt d i e Sache m i t der „Green C a r d " a n Grundfesten hergebrachter Standardforderun- gen d e r Arbeitnehmervertreter - u n d stürzt diese i n ein schweres D i - l e m m a .

Seit Übernahme der meisten Spit- zenfunktionen d u r c h Alt-68er ist

„Multikultur" z u m festen Bestand- teil gewerkschaftlicher Ideologie g e w o r d e n . Insbesondere i m K a - d e r n a c h w u c h s , den gewerkschaftli- chen Jugend- u n d btudentengrup- pen, machte sich eine extrem linke, ganz u n d gar „internationalisti- sche" Weltsicht breit. H i e r erschie- nen die „deutschen" Arbeiter ihrer i m G r u n d e strukturkonservativen Einstellung w e g e n schon beinahe als das eigentliche P r o b l e m .

Diese Arbeiter hatten i n d e n A u - gen der extremen L i n k e n ohnedies historisch auf allen Ebenen „ver- sagt": N a c h d e m Ersten W e l t k r i e g Helsen sie sich i n ihrer großen M e h r - heit keineswegs v o n d e r erhofften

„proletarischen R e v o l u t i o n " begei- stern, sondern gingen z u r parla- mentarisch-staatstragenden S P D .

1933 w a r der A r b e i t e r w i d e r s t a n d eher verhalten, jedenfalls nicht er- folgreich. 1953 w i e d e r u m w a r e n es ausgerechnet diese ( m i t t e l d e u t - schen Arbeiter, welche d e n ersten u n d letzten „Arbeiter- u n d Bauern- staat auf deutschem B o d e n " fast z u m Teufel gejagt hätten. A l s d i e

DIESE WOCHE

Deckt Berlin die Spitzel?

Lengsfeld: Regierung will

„Rosenholz" vertuschen

Zwischen E M und W M

..Red C a r d " für die

angestammte Bevölkerung

Jospin schäumt, Blair taumelt

Was Chirac mit seiner Berliner

„Verfassungsrede" lostrat 5

Macht der Persönlichkeit

Zum 75. Todestag

von Lovis Corinth 9

Häuptling der Askaris

Paul v. Lettow-Vorbeck

- ein preußischer Guerillero 12

In neuem Glanz

Loge in Rastenburg

eingeweiht 23

vermeintliche „proletarische Klas- se" anderer Völker noch treu nach M o s k a u z u blicken schien ( z u m i n - dest i n der E i n b i l d u n g der westeu- ropäischen K o m m u n i s t e n ) , gingen die deutschen Arbeiter offen gegen die Roten vor.

Schließlich 1989: I m R a h m e n der ersten, ganz u n d gar v o n „unten"

angezettelten erfolgreichen anti- kommunistischen R e v o l u t i o n wer- fen die Deutschen ihre roten Macht- haber hinaus. W i e d e r u m sind es die Arbeiter, die an vorderster Front ge- gen L i n k s marschieren.

Die tiefe Irritation i n der beson- ders innerhalb des D G B stark ver- wurzelten L i n k e n Westdeutsch- lands w a r unübersehbar.

Hieraus w i r d verständlich, w a r - u m jeder deutsche, nationale Impe- tus d e m Großteil insbesondere der ideologischen Köpfe der bundesre- publikanischen Gewerkschaften z u w i d e r ist.

Den meisten d e r gewöhnlichen M i t g l i e d e r w a r das egal: Solange es u m nöhere Löhne u n d kürzere A r - beitszeiten g i n g , mochten die H e r - ren Studierten i n der G e w e r k - schaftszentrale m a l denken, was sie wollten. Hauptsache, sie faßten i n markige Worte u n d w i r k u n g s v o l l e A k t i o n e n , was sowieso alle ersehn- ten.

D o c h diese heimliche A l l i a n z ist in Gefahr. M i t der G r e e n - C a r d - D i s - kussion hat eine nationale D i - mension E i n z u g gehalten, welche G e w e r k s c h a f t s f u n k t i o n ä r e w i e -mitglieder heftig verunsichert.

N o c h versucht etwa die IG-Metall einer klaren Stellungnahme z u ent- gehen u n d sich i n den „Dialog" z u flüchten. Im Internet w e r d e n e i n paar Thesen p r o u n d contra „Green C a r d " aufgelistet mit der w o h l f e i - len E r m u n t e r u n g : „Hier können Sie die wichtigsten A r g u m e n t e nachle- sen u n d selber mitdiskutieren."

„Mitdiskutieren"? D i e G e w e r k - schaften haben ihrer Anhänger- schaft seit Jahrzehnten einge- schärft, daß ein Arbeitsmarkt ohne lästige K o n k u r r e n z das Z i e l sei. Die derart munitionierte G e w e r k - schaftsbasis fühlt sich n u n i n weiten Teilen - w e n wundert's - bedroht.

Bedroht v o n d e m , w a s ihnen ihre eigenen Funktionäre so lange Zeit als Hauptgefahrenquelle eines skrupellosen K a p i t a l i s m u s aufge- zeigt haben: Billigarbeiter u n d L o h n d u m p i n g .

Da sich aber „nationale" Töne für Gewerkschaftsfunktionäre verbie- ten, erscheinen diese n u n m e h r w i e die propagandistischen Erfüllungs- gehilfen der Wirtschaftsliberalen, die seit jeher fordern: Gebt d e m frei- en Arbeitsmarkt die Arbeitskräfte, die er benötigt. D i e alte G e w e r k - schaftsforderung hingegen hatte gelautet: Baut den Arbeitsmarkt so u m , daß er den Belangen der Arbeit- nehmer gerecht wircL

M a n darf gespannt sein, w i e die deutschen Arbeitnehmervertreter u n d insbesondere ihre oftmals a m äußersten linken R a n d geschulten

„Vordenker" aus diesem D i l e m m a herausfinden w o l l e n . Jan Bremer

nicht angeleint... ohne Maulkorb!"

Zeichnung aus „Hamburger Abendblatt'

Blamiert

/ V o n H a n s H e c k e l

O

h, diese Österreicher! Gön- nerhaft hatten sich die 14 Sanktionsstaaten schon hin- untergebeugt z u m kleinen A l p e n - volk u n d W i e n einen A u s w e g aus der Isolation zugezwinkert: Drei

„Weise" sollen die „Natur der F P Ö "

unter die L u p e nehmen. W e n n deren Ratschluß befriedigend ausfalle, würde alles wieder gut sein.

Österreichs Koalitionsregierung war sogar bereit, diese merkwürdige Schau zuzulassen. Welches andere Land ließe sich derartiges gefallen?

M a n stelle sich die Reaktionen i n Paris vor, w e n n eine A r t Kontroll- kommission, bestehend aus, sagen w i r mal, einem Griechen, einem Por-

Land der verlassenen Höfe

Estlands Agrarwirtschaft stöhnt unter Folgen der Sowjetzeit 24

8 0 J a h r e V o l k s a b s t i m m u n g

LO sieht Chance für ein neues Miteinander durch Selbstbestimmungsrecht

Vor 80 Jahren w u r d e gemäß dem am 10. Januar 1920 in Kraft getrete- nen Versailler Vertrag i n Ost- u n d Westpreußen unter internationaler Beobachtung die Volksabstimmung vom 11. Juli 1920 über die staatliche Zugehörigkeit der Abstimmungsge- biete z u Polen oder z u m Deutschen Reich durchgeführt. 97 Prozent der Menschen aus diesen Gebieten stimmten für die Zugehörigkeit z u m Deutschen Reich.

Eigentlich sollte mit den Volksab- stimmungen das Selbstbestim- mungsrecht der Völker, ein wesent- licher Punkt des berühmten 14- Punkte-Programms des amerikani- schen Präsidenten W o o d r o w W i l - son, in die Praxis umgesetzt werden.

Freilich war auch schon damals das Selbstbestimmungsrecht, das heute als zwingendes Recht allgemein an- erkannt ist, nur z u m Teil realisiert, denn die größten Teile der Provin- zen Westpreußen u n d Posen sowie das südlich Neidenburgs gelegene Soldauer Gebiet mußte das Deut- sche Reich ohne Volksabstimmung und ohne Rücksicht auf die deutsche Mehrheitsbevölkerung an Polen ab- treten. Trotz eines prodeutschen V o - tums i m Rahmen der in Oberschlesi- en durchgeführten Volksabstim-

m u n g mußte das Deutsche Reich auch Ost-Oberschlesien an den neu- en polnischen Staat abtreten.

So k a n n d i e V o l k s a b s t i m m u n g nur als erster humanitärer Licht- blick gewertet w e r d e n . A m Ende des Z w e i t e n Weltkrieges w u r d e selbst dieser A n s c h e i n rechtsstaatli- chen Vorgehens nicht mehr ge- wahrt; nackte G e w a l t trat an seine Stelle. Die Vertreibung aus jahrhun- dertelang angestammten Heimat- gebieten, die Enteignung v o n H a u s und H o f w u r d e z u r Richtschnur des Handelns der Siegermächte u n d z u m fürchterlichen Schicksal der ostdeutschen Bevölkerung.

Dies sind die Vorzeichen, unter denen d i e Landsmannschaft Ost- preußen, der Interessenverband der aus Ostpreußen vertriebenen Deut- schen, heute an das Recht auf Selbst- bestimmung u n d das daraus her- vorgehende Recht auf d i e H e i m a t erinnert. Rechtspositionen, die den Ostpreußen bis neute vorenthalten bleiben.

80 Jahre nach der Volksabstim- mung in Ost- und Westpreußen for- dern wir die Republik Polen, die Rus- sische Föderation und Litauen auf, die Ostpreußen in das Schicksal des

dreigeteilten Ostpreußen einzubin- den. D i e Einräumung des Heimat- rechtes bedeutet keine erneute Ver- treibung, sondern ein mögliches Mit- einander. Dieses Miteinander für Ostpreußen bedeutet kein Risiko, sondern eine echte Chance zur wirt- schaftlichen, sozialen und kulturel- len Erneuerung auf der Basis v o n Recht, Gerechtigkeit und Wahrheit.

Wir reichen Ihnen dazu unsere H a n d ! W i r fordern auch d i e Bundesre- gierung auf, i n den Gesprächen mit den Vertretern der östlichen N a c h - barstaaten auf die Einräumung des Heimatrechtes u n d auf ein echtes Miteinander h i n z u w i r k e n . Das Ver- brechen der Massenaustreibung der Ostdeutschen ab 1945 m u ß i n zumutbarer Weise geheilt w e r d e n . Bei der Lösung diese Problems er- wartet d i e Landsmannschaft Ost- preußen, daß ihre Repräsentanten einbezogen w e r d e n .

Die Ostpreußen w e r d e n sich ver- nünftigen Lösungen, i n denen alle Interessen auf Gerechtigkeit u n d für eine friedliche Z u k u n f t in E u r o - pa hinreichend berücksichtigt wer- den, nicht verschließen.

Der Bundesvorstand der Landsmannschaft Ostpreußen

tugiesen u n d einem Finnen, an der Seine aufkreuzte, u m die „Natur"

der i n Frankreich mitregierenden Postkommunisten z u untersuchen - u m dann quasi moralisch über die französische Regierung Gericht z u halten. Das unwillkürliche Schmun- zeln über diese Vorstellung verdeut- licht, i n welch absurde, ja entwürdi- gende Situation die 14 Regierungen sich, Österreich u n d die Europäische U n i o n manövriert haben.

Doch W i e n hat das ausgehalten und macht den Schabernack m i t - b i s zu einer gewissen Grenze: Diesen kuriosen „Weisen" sollte ein Zeit- punkt vorgegeben werden, an dem sie ihren Bericht abzuliefern hätten.

Doch Brüssel setzte kein D a t u m , was heißen könnte, daß Österreich unter ein womöglich unbegrenztes K u r a - tel gesetzt würde.

In einem Kompromiß zwischen Kanzler Schüssel u n d der FPÖ (hier soll der Ex-Parteichef u n d Kärntner Ministerpräsident Haider eine zen- trale Rolle gespielt haben) w u r d e eine Volksbefragung der Österrei- cher über ihre Erwartungen an die E U beschlossen.

D

ie anberaumten Termine (29.

Oktober oder 26. November) sind ein W i n k mit d e m Z a u n - pfahl: A m 13. Oktober findet in Biar- ritz einer der beiden großen E U - G i p - fel unter der französischen Ratsprä- sidentschaft statt. Dort, so Schüssel, könnten jene „Weisen" ihren Bericht vorlegen. Falls dies nicht geschieht und die Sanktionen in Biarritz nicht umgehend begraben werden, k o m - me die Befragung.

In d e m Fragekatalog findet sich nicht allein die Forderung nach A u f - hebung der Sanktionen. A u c h wer- den Punkte berührt, die sich nach den Erfahrungen des vergangenen halben Jahres aufdrängen: Etwa, ob die E U die Gleichberecntigung aller Mitgliedstaaten garantiere oder ob die E U das Grunarecht jedes Landes auf freie demokratische W a h l seiner Regierung achte. H i n z u k o m m e n die Fragen nach Einhaltung des Rechtsstaats u n d der Menschen- rechte sowie der klaren Aufgaben- abgrenzung zwischen E U u n d N a - tionalstaaten. Schließlich w i l l W i e n von den Österreichern wissen, ob es

(2)

Politik £>as Ofiprfußtnblait

15. Juli 2000 - Folge 28 - Seite 2 sich dafür einsetzen soll, daß „ein

rechtsstaatliches Verhalten bei be- haupteter Verletzung v o n G r u n d - werten der U n i o n mit richterlicher Kontrolle in den EU-Vertrag aufge- n o m m e n w i r d " .

A l l e sechs Fragen sind so formu- liert, daß ihre Bejahung einem A u f - trag des Volkes an die Wiener Regie- rung gleichkommt, entsprechend in Brüssel aktiv z u werden.

Die Reaktion war ein Aufschrei der 14 EU-Sanktionsstaaten. V o n

„Ultimatum" ist die Rede, Öl habe W i e n ins Feuer gegossen, w o man doch schon auf so gutem Wege ge- wesen sei etc., etc.

W

ien zwingt die EU-Partner, Farbe z u bekennen. Die Österreicher wollen nicht zulassen, daß sich die Zauberlehrlin-

P

e nach gründlich mißlungenem lasardspiel i n die Büsche schlagen und so tun können, als sei gar nicnts passiert. Es w i l l u n d kann (im öster- reichischen wie europäischen Inter- esse) den 14 die Blamage nicht erspa- ren, indirekt einzuräumen, daß sie gefährlichen U n s i n n angestellt ha- ben. Denn die Sanktionen gegen die Alpenrepublik geschahen unter rücksichtslosem Bruch des Amster- damer Vertrages v o n 1997. Dort w u r d e festgelegt, daß Sanktionen erst nach Untersuchung u n d offiziel- ler Feststellung eines Vertrags- bruchs durch ein Mitgliedsland er- lassen werden dürfen. Im Falle Österreichs verfuhr man nach d e m Muster: Hängen nach Verdacht, u n - tersucht w i r d später.

So etwas darf sich niemals wieder- holen, soll die E U nicht in ihren Fun- damenten unterspült werden kön- nen v o n jedem sanktionsversesse- nen Heißsporn, der innenpolitisch

P

unkten w i l l auf Kosten eines E U - artners u n d mithin der gesamten europäischen Einheit.

DDR-Westspione:

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K e n n w o r t / P I N : 8275

^ 7 D a s O r i p r r u f j f n b l n i i UNABHÄNGIGE W O C H E N - Z E I T U N G FÜR D E U T S C H L A N D

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Deckt Berlin die Spitzel?

Vera Lengsfeld fürchtet: Bundesregierung will Namen vertuschen

Einen A n t r a g der P D S auf Straf- freiheit für Spionage zugunsten der D D R i m Westen hat die Bundestags- abgeordnete Vera Lengsfeld ( C D U ) i m Reichstag scharf zurückgewie- sen. Sie verwies darauf, daß solche Begehren nur eine Botschaft hätten:

Spitzeltätigkeit v o n Bundesbürgern für das M t S soll eine legitime, w o - möglich ehrenhafte sowie d e m Frie- den u n d Fortschritt verpflichtete Aufgabe sein. Die Phrasen dienten d a z u , das gesamte System der S E D - Herrschaft z u amnestieren u n d poli- tisch z u rehabilitieren. Spionage für einen demokratischen Rechtsstaat werde frech mit der Spionage für eine untergegangene Diktatur gleichgesetzt: moralisch u n d p o l i - tisch. „Aber w i r w e r d e n nicht zulas- sen, daß die linken Geschichtsrevi- sionisten u n d -relativisten das G e - schichtsbild der deutschen D e m o - kratie bestimmen."

Vera Lengsfeld verwies darauf, daß der Rechtsstaat ausgesprochen milde mit seinen Verrätern umge-

f

angen sei: Bundesbürger etwa, die 00 000 Deutsche M a r k Agenten- lohn erhalten hätten, mußten nur 8000 M a r k Geldstrafe zahlen. „In deutschen Gefängnissen gibt es heute keine ehemaligen West-Spio- ne der D D R . Der Spionagechef spa- ziert quietschvergnügt d u r c h die Talkshows. U n d das nennt die P D S Siegerjustiz!" Etwa 20 000 bis 30 000 Westdeutsche hätten, so schätzt die Gauck-Behörde, für die Stasi-Spio- nageabteilung H V A gearbeitet.

„Laut Bundesanwaltschaft w u r d e n nach der V e r e i n i g u n g gegen n u r k n a p p 3000 v o n ihnen Ermittlungs- verranren eingeleitet. Etwa 2750 Verfahren w u r d e n wieder einge-

b t ; »r

stellt. N u r 253 Angeklagte w u r d e n verurteilt, der größte Teil auf Be- währung: N u r 59 Westdeutsche w u r d e n seit 1990 z u Gefängnisstra- fen v o n mehr als z w e i Jahren verur- teilt.

Vera Lengsfeld verlangt, die A u f - arbeitung der Stasi-Verstrickungen i m Westen ernsthaft anzugehen.

Entgegen früheren Versicherungen der Bundesregierung, die 1989 v o n der C I A i n der sogenannten A k t i o n

„Rosenholz" aus D D R - B e s i t z ent- wendeten Daten über W e s t - A g e n - ten der H V A der Öffentlichkeit z u - gänglich z u machen, werde dieses Material jetzt streng geheimgehal- ten. Lengsfeld: „Da fällt es scnwer, sich des Eindrucks z u erwehren, die

Bundesregierung w i l l gar nicht wis- sen, wer i n diesem L a n d für die Stasi als A g e n t gearbeitet hat - oder ge- nauer: Sie w i l l es allein wissen. Hier w i r d offenbar bewußt gebremst, boykottiert u n d auf Zeit gespielt."

Die ehemalige DDR-Bürgerrecht- lerin Lengsfeld forderte die Bundes- regierung auf, das „Rosenholz"- Material der gesellschaftlichen Dis- kussion i n Deutschland z u r Verfü- g u n g z u stellen. „Wir w o l l e n w i s - sen, wer die Geschicke der Bundes- republik i m H i n t e r g r u n d w i e mitge- steuert hat - u n d w a r u m . A u s w e l - chen M o t i v e n w u r d e gemeinsame Sache mit der S E D gemacht? U n d wie nachhaltig w i r k t die M o t i v a t i - on?" M a n u e l R u o f f

Sollen nach Vera Lengsfelds Willen der Enttarnung der Westspione dienen: Stasi-Unterlagen Foto dpa

„ W i d e r z w e i L e g e n d e n "

Historiker Jäckel: Weit weniger Zigeuner wurden NS-Opfer als behauptet

A m 30. Juni 2000 erschien i n der

„Frankfurter Allgemeinen Z e i t u n g "

ein umfangreicher Beitrag, der, hätte ihn eine andere Zeitung veröffent- l i c h t oder wäre eine andere Person

der A u t o r gewesen, womöglich ein Einschreiten der Staatsanwaltschaft, zumindest aber die Aktivität des Verfassungsschutzes z u r Folge ge- habt hätte.

Prof. D r . Eberhard Jäckel wendet sich darin „Wider z w e i Legenden über den Holocaust". Jäckel bestrei- tet i n d e m Beitrag, daß v o n Seiten des NS-Regimes gegenüber Zigeunern und Homosexuellen die gleiche Ver- nichtungsabsicht bestanden habe wie gegen Juden. Entsprechende Be- hauptungen würden v o n der inter- nationalen Forschung nicht bestä- tigt, so Jäckel.

Er kann sich solche Feststellungen erlauben, war er es doch, der gemein- sam mit Lea Rosh den Gedanken in die Welt setzte, in Berlin müsse ein gigantisches M a l an den Holocaust an den Juden erinnern. So ausgewie- sen, darf sich ein Wissenschaftler auch an „Legenden" vergehen, selbst wenn er damit gegen die „political correctness" verstoßen sollte.

Laut Eberhard Jäckel ist nie beab- sichtigt gewesen, unterschiedslos Homosexuelle z u töten. Die bloße Veranlagung sei, so Jäckel, auch i m Dritten Reich straffrei geblieben.

Z w a r sei der seit über 60 Jahren gel- tende Paragraph 175 des Reicns- strafgesetzbucnes verschärft wor- den („175a"), doch habe diese Ver- schärfung auch in der Bundesrepu- blik bis 1969 gegolten. A u f jener Grundlage w u r d e n 50 000 Homose- xuelle zwischen 1935 u n d 1945 v o n ihnen gerichtlich bestraft, weil sie ihre gleichgeschlechtliche N e i g u n g lebten. Jäckel fügt dem erschrocke- nen P u b l i k u m gegenüber hinzu:

Dies seien genau so viele gewesen wie in den zwölf Jahren zwischen

1953 bis 1965. Allerdings fügt der H i - storiker unmißverständlich an, daß die brutalen Haftbedingungen unter den Nationalsozialisten i n keiner Weise mit den Nachkriegsverhält- nissen vergleichbar gewesen seien.

Zahllose Homosexuelle hätten die NS-Verfolgung nicht überlebt.

G l e i c h w o h l hebe sie das keinesfalls in die Nähe des jüdischen Schicksals.

Während des Krieges habe H i m m - ler durch Erlaß bestimmt, wer mehr als einen Partner „verführt" habe, sei nach Verbüßung seiner Gefängnis- oder Zuchthausstrafe in ein K Z e i n - zuweisen. V o n diesem Schicksal sei- en etwa 5000 bis 15 000 betroffen ge- wesen. Verglichen mit der Gesamt- zahl der deutschen ausschließlich homosexuell veranlagten Männer

„Auch Homosexuellen- Schicksal mit dem der Juden unvergleichbar"

seien das 0,1 Prozent gewesen. D a z u Jäckel: Es sei also keineswegs „von einem irgendwie umfassenden H o - locaust an den H o m o s e x u e l l e n " die Rede gewesen, z u m a l die Homose- xualität bei Frauen generell straffrei geblieben sei.

N o c h brisanter ist seine Untersu- chung der Opferzahlen der Zigeu- ner, heute Sinti u n d Roma genannt.

Er bescheinigt der Bevölkerungs- gruppe, daß sie sehr geschickt ver- sucht, sich den verfolgten Juden gleichzustellen, so schon durch Gründung eines „Zentralrats der Sinti u n d R o m a " , der nicht zufällig so ähnlich heißt w i e der „Zentralrat der Juden". Jäckel vertritt die A n - sicht, es sei nicht überzeugend z u behaupten, „der N a m e Zigeuner sei herabsetzend". Der Historiker krei- det den führenden Kräften der Sinti

und R o m a an, daß sie z u Unrecht die Zigeuner mit den Juden i m Dritten Reich gleichstellen wollen.

Unter Verweis auf die Arbeiten jü- discher Wissenschaftler rechnet er nach, daß keineswegs, w i e der „Zen- tralrat der Sinti u n d R o m a " immer wieder behauptet, „über 500 000 Z i - geuner planmäßig ermordet w o r d e n seien." Tatsächlicn galt in der A u f - fassung v o n H i m m l e r ein reinrassi- ger Zigeuner als „Arier", der keiner Verfolgung ausgesetzt war. In sei- nem Rassenwahn wertete er sie als indogermanisch u n d also „arisch".

N u r den „Zigeunermischlingen"

galt seine Verfolgungswut. Daß H i m m l e r solche Menschen ins Z i - geunerlager A u s c h w i t z deportieren Heß, habe zunächst nicht den Z w e c k gehabt, sie z u töten. Hitler habe sich, so Jäckel, öffentlich k a u m jemals z u r Zigeunerfrage geäußert.

Es gibt keine korrekt ermittelten Zahlen über die getöteten Zigeuner, wie Jäckel meint. Während ein v o n ihm zitierter jüdischer Historiker die Gesamtzahl der Zigeuneropfer auf 219 000 schätzt, k o m m e ein anderer z u d e m Schluß, es seien „mindestens 90 000" gewesen. A u f jeden Fall lä- gen die tatsächlichen Zahlen „weit unter den v o m ,Zentralrat der Sinti und R o m a ' immer wieder angeführ- ten Z a h l e n " .

Jäckel fordert, daß der „Zentralrat"

„endlich seinen K a m p f gegen die Wissenschaft und die geschichtliche Wahrheit einstellt". Weiter Jäckel:

„Es ist eine der obersten Aufgaben der Wissenschaft, die Gesellschaft vor Legenden z u bewahren ..." Es komme auf Argumente an. V o r allem komme es darauf an, so Jäckel scharf, daß die deutsche Gesellschaft sich von ihr aufgedrängten Legenden so- w o h l hinsichtlich der Homosexuel- len wie der Zigeuner befreie u n d z u einem wahren Geschichtsbild des Holocaust zurückfinde.

Hans-Joachim v o n Leesen

Kommentar

Unter Räubern

U m i h r e n i m m e r n e u e n Forde- r u n g e n nach deutschen „Repara- t i o n e n " N a c h d r u c k z u verleihen, gehen d i e G r i e c h e n jetzt offenbar z u r offenen E r p r e s s u n g über. Z u - verlässigen Berichten z u f o l g e w i l l A t h e n s c h o n E n d e September deutsche Liegenschaften z w a n g s - versteigern, sollte B e r l i n nicht eine S u m m e v o n 56 M i l l i o n e n M a r k an griechische K r i e g s o p f e r überwei- sen. U n t e r d e n H a m m e r k o m m e n sollen d e m n a c h das traditionsrei- che Deutsche Archäologische Insti- tut, das Goethe-Institut u n d die Deutsche Schule A t h e n .

N o r m a l e r w e i s e s i n d d e r l e i R a u b - a k t i o n e n n u r i m K r i e g s f a l l e U s u s . D o c h i m K r i e g m i t d e n G r i e c h e n s i n d w i r nicht. G a n z i m Gegenteil:

Seit 1981 s i n d d i e H e l l e n e n sogar M i t g l i e d der E U . D e u t s c h l a n d zahlt Jahr für Jahr d e n Löwenanteil a m H a u s h a l t der U n i o n , u n d G r i e - c h e n l a n d bedient s i c h als einer der Hauptnettoempfänger n a c h Kräf- ten jener d e u t s c h e n M i l l i a r d e n . D i e Infrastruktur des L a n d e s w u r d e g a n z w e s e n t l i c h m i t d e u t s c h e m G e l d auf V o r d e r m a n n gebracht, die B a u e r n laben sich a n g a n z w e - sentlich v o m d e u t s c h e n Steuerzah- ler aufgebrachten S u b v e n t i o n e n .

U n d jetzt also fallen diese K o s t -

t

änger E u r o p a s über deutsche Kultur- u n d B i l d u n g s e i n r i c h t u n - gen her. Berlins R e a k t i o n erscheint z i e m l i c h hilflos. M i t t e l s einer S p r u n g r e v i s i o n hatte s i c h das A u s - wärtige A m t selbst i n d i e M ü h l e n der griechischen Justiz begeben, statt v o n A n f a n g a n auf d i e Staaten- immunität (kein s o u v e r ä n e r Staat k a n n über e i n e n a n d e r e n z u G e - richt sitzen) z u v e r w e i s e n .

E n d e des M o n a t s n u n w i l l A u - ßenminister Fischer z u a l l e m Über- fluß n a c h A t h e n fahren, u m d i e W o g e n z u glätten. E r v e r m i t t e l t so zusätzlich d e n w i d e r s i n n i g e n E i n - d r u c k einer d e u t s c h e n B r i n g - s c h u l d . U n d Bundespräsident R a u spricht d a v o n , d i e Sache d o c h m i t einer „Geste des g u t e n W i l l e n s "

(sprich: f r e i w i l l i g e r Z a h l u n g ) aus der W e l t z u schaffen. E r übersieht, daß dies erstens weitere F o r d e r u n - gen aus G r i e c h e n l a n d keinesfalls verhindert. Z u d e m : G e l d n o t ist all- gegenwärtig auf dieser W e l t . E i n e

„ G e s t e " a n d i e G r i e c h e n w i r d an- dere Länder erst auf d e n G e - s c h m a c k k o m m e n lassen. Sei es, u m Finanzlöcher z u stopfen, sei es, u m sich wahlkampfträchtig b e i m eigenen V o l k auf K o s t e n D e u t s c h - l a n d s i n Szene z u setzen. In jedem Falle liefe d i e B u n d e s r e p u b l i k G e - fahr, z u m S p i e l b a l l interner A m b i - tionen ausländischer P o l i t i k e r z u w e r d e n , w o i m m e r diese es für v o r - teilhaft erachten.

M a n k a n n sich des E i n d r u c k s nicht e r w e h r e n : M i t seiner allüber- all u n d z u jeder Z e i t abrufbaren Bußfertigkeit d r o h t D e u t s c h l a n d unter d i e Räuber z u fallen. K e i n L a n d der W e l t , keine n o c h so b r u t a - le i m p e r i a l e M a c h t der V e r g a n g e n - heit hat sich je u m W i e d e r g u t m a - c h u n g geschert, w i e d i e D e u t s c h e n es getan haben. Statt A n e r k e n n u n g z u ernten, p r o v o z i e r t indes jede neuerliche „ G e s t e " n u r weitere, i m m e r absonderlichere F o r d e r u n - gen, d i e - w i e n i c h t allein das grie- chische Beispiel belegt - z u n e h - m e n d brachialer eingeklagt w e r - den.

B e r l i n m u ß seine H a l t u n g i n die- ser sensiblen Frage gründlich über- d e n k e n . Es k a n n nicht angehen, daß ein L a n d , w e l c h e s seit b a l d 20 Jahren a m d e u t s c h e n F i n a n z t r o p f hängt, deutsche Liegenschaften gleichsam als G e i s e l n n i m m t , u m v o m großzügigsten V o l k der E U M i l l i o n e n z u erpressen.

Hans Heckel

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15. J u l i 2 0 0 0 - Folge 28 - Seite 3

Das Oftprcutcnblail Thema

Zwangsarbeiter:

G l e i c h e s L e i d - g l e i c h e E n t s c h ä d i g u n g

Wo bleiben die „vergessenen Opfer"? Warum ich gegen das Stiftungsgesetz stimmen mußte

V o n M A R T I N H O H M A N N M d B

D

er B u n d e s t a g hat a m D o n - nerstag der Stiftungsinitia- tive z u r Entschädigung v o n Z w a n g s a r b e i t e r n z u g e s t i m m t . V o n insgesamt 620 A b g e o r d n e t e n haben 556 m i t Ja, 42 mit N e i n ge- s t i m m t , 22 haben sich d e r S t i m m e enthalten. A l s Mitberichterstatter der C D U / C S U - F r a k t i o n i m feder- führenden Innenausschuß stand ich i n einer besonderen V e r a n t w o r - tung. Ich habe gegen das Gesetz gestimmt.

Z u A n f a n g möchte ich eines klar- stellen: Ich gönne j e d e m M e n - schen, der unter K Z - o d e r ähnlich s c h w e r e n B e d i n g u n g e n Z w a n g s - arbeit leisten mußte, eine Geste der E n t s c h u l d i g u n g u n d des f i n a n z i e l - len A u s g l e i c h s v o n H e r z e n . D e n - n o c h m u ß m a n meines Erachtens zwölf P u n k t e berücksichtigen:

Erstens: G e g e n ü b e r d e m U r - s p r u n g s e n t w u r f des Gesetzes w u r - d e n i n d e n Beratungen z w a r einige V e r b e s s e r u n g e n erreicht. A b e r : A l l e w i r k l i c h w i c h t i g e n B e d i n g u n - gen s i n d i n d e m A n n e x A des ge- p l a n t e n deutsch-amerikanischen R e g i e r u n g s a b k o m m e n s festgehal- ten. Sollte die amerikanische Re- g i e r u n g n a c h Gegenlesen des deut- schen Gesetzes substantielle D i f f e - renzen z u A n n e x A feststellen, d a n n w i r d sie d e n N o t e n a u s t a u s c h unterlassen u n d d a m i t a u c h das Inkrafttreten der Rechtssicherheit für deutsche U n t e r n e h m e n i n d e n U S A v e r h i n d e r n . D i e Bundestags- abgeordneten w a r e n hier nicht ei- gentliche Gesetzgeber, s o n d e r n - eher N o t a r e b z w . Statisten.

Zweitens: E i n e o p t i m a l e Rechts- sicherheit w u r d e nicht erreicht.

D a s wäre d u r c h eine gesetzliche R e g e l u n g i n d e n U S A möglich ge- w e s e n . D i e amerikanische Seite w a r d a z u nicht bereit. D i e U S - R e - g i e r u n g w i r d die a m e r i k a n i s c h e n Gerichte schriftlich u m A b w e i s u n g der jetzigen u n d künftigen S a m - m e l k l a g e n ersuchen (letter of i n - terest). W e g e n der Unabhängigkeit der a m e r i k a n i s c h e n Gerichte bleibt ein Restrisiko. D i e deutsche I n d u - strie ist g e w i l l t , dieses Restrisiko z u tragen.

D r i t t e n s : In der Vergangenheit haben alle B u n d e s r e g i e r u n g e n eine solche V e r s c h i e b u n g v o n Re- parationsleistungen auf die private Wirtschaft unterlassen. Z u l e t z t hat H e l m u t K o h l i m September 1998 die V e r w e n d u n g v o n Steuergel- d e r n ausgeschlossen: „Die Staats- kasse w i r d nicht w i e d e r geöffnet."

Es handelt sich also u m ein Projekt v o n Rot-Grün, w i e a u c h i n der K o - a l i t i o n s v e r e i n b a r u n g

nachzulesen ist.

Fünftens: Die Conference o n Je- w i s h C l a i m s against G e r m a n y (JCC) u n d Vertreter v o n Rußland u n d Ukraine, Weißrußland, Polen u n d der Tschechischen Republik waren a m Verhandlungstisch. Sie konnten, sich auskömmliche Anteile der zehn M i l l i a r d e n D M sichern. Nicht aber der sogenannte Rest der Welt. Für diese große G r u p p e ergibt sich eine Unterdeckung v o n ca. einer halben M i l l i a r d e D - M a r k . E i n befriedigen- der oder gar abgestimmter Dek- kungsvorschlag liegt nicht vor. Rot- Grün brachte eine staatliche N a c h - schußpflicht ins Spiel. So macht m a n keine soliden Gesetze.

Sechstens: A m 23. März 2000 ei- nigten sich die V e r h a n d l u n g s p a r t - ner über die sogenannte A l l o k a t i - o n , das heißt die unumstößliche A u f t e i l u n g der z e h n M i l l i a r d e n D M auf die einzelnen O p f e r g r u p - pen. Sie ist das Kernstück der V e r - e i n b a r u n g . Sie orientiert sich an d e n v o n d e m Sachverständigen Professor N i e t h a m m e r vorgeleg- ten Z a h l e n . Sie bildet aber a u c h das politische D u r c h s e t z u n g s p o t e n z i - al, v o r a l l e m das der a m e r i k a n i - schen Verhandlungsseite u n d der Jewish C l a i m s Conference, ab.

Siebtens: Für die jüdische u n d die polnische O p f e r g r u p p e sind je

V i e r t e n s : D e r ver- ständliche W u n s c h v o n A b g e o r d n e t e n , d e m Z w a n g s a r b e i t e r - fonds - unter Umstän- d e n s c h w e r e n H e r z e n s - in der H o f f n u n g z u - z u s t i m m e n , es w e r d e

der letzte A k t sein, ist Illusion. Im rot-grünen K o a l i t i o n s v e r t r a g ist eine weitere Gesetzesinitiative z u - gunsten der „vergessenen O p f e r "

vorgesehen. Bei d e n Beratungen der Berichterstatter haben die V e r - treter v o n Rot-Grün, insbesondere der A b g e o r d n e t e Beck, dement- sprechend jede v o n Unions-Seite vorgeschlagene F o r m u l i e r u n g eli- miniert, die als finanzieller Schluß- strich hätte interpretiert w e r d e n können.

Optimale Rechtssicherheit wurde nicht erreicht. Die amerikanische

Seite war dazu nicht bereit

D M 1,8 M i l l i a r d e n vorgesehen. D a - mit steht für alle jüdischen Z w a n g s - arbeiter der Höchstsatz v o n 15 000 D - M a r k bereit. Das w i r d trotz glei- chen Leidensweges bei anderen O p f e r g r u p p e n nicht möglich sein.

A c h t e n s : Dies liegt a u c h an d e n z u g r u n d e gelegten O p f e r z a h l e n . Die B u n d e s r e g i e r u n g hat die Z a h - len v o n Professor N i e t h a m m e r übernommen. Dieser hat sich an Z a h l e n orientiert, die er v o n der Jewish C l a i m s Conference erhalten

hat. Diese Z a h l e n w e r d e n v o n - a u c h jüdischen - Holocaustfor- schern öffentlich stark a n g e z w e i - felt. Prof. H e i n s o h n , Institut für G e - n o z i d f o r s c h u n g der Universität Bremen, geht v o n 11 900 bis 35 900 überlebenden jüdischen Z w a n g s - arbeitern aus. D r . B r o z i k , J C C D e u t s c h l a n d , nennt hingegen die v o n der R e g i e r u n g

übernommene Z a h l 162 000. Eine v o n m i r angeregte Sachver- s t a n d i g e n a n h ö r u n g h i e r z u w u r d e abge- lehnt. D i e Prüfung der Z a h l e n w u r d e mit A n - tisemitismus gleichge- setzt. W a r u m sollten

w i r renommierten Forschern, dar- unter N a c h f a h r e n v o n H o l o - caustüberlebenden, auf i h r e m Fachgebiet mißtrauen? Z u d e m : D i e W a h r h e i t ist die Wahrheit, sie ist nicht p r o oder contra, nicht anti- oder philosemitisch. W e n n w i r Abgeordnete, die über diese D i n g e informiert s i n d , schweigen, d a n n fürchte ich eine W i e d e r b e l e b u n g des V o r u r t e i l s , daß Juden - u n d es w i r d d a n n schnell verallgemeinert - eine besondere B e z i e h u n g z u M a t e r i e l l e m haben.

W e n n die Schieflagen jetzt u n d hier verschwiegen w e r d e n , kön-

nen sie n u r v o n Extre- misten aufgegriffen u n d antisemitisch i n - strumentalisiert wer- den.

Eine v o n allen ge- wünschte N o r m a l i s i e - r u n g oder gar F r e u n d - schaff funktioniert nicht so, daß der eine auf erlittenes Unrecht hinweist u n d deutlich übersetzte F o r d e r u n - gen stellt, während der andere dar- aufhin ängstlich schweigt u n d zahlt b z w . sich „freikauft".

N e u n t e n s : W e g e n der vorange- gangenen m i l l i a r d e n s c h w e r e n Entschädigungsleistungen für jü- dische Holocaustopfer i n Israel, der B u n d e s r e p u b l i k Deutschland u n d d e m Westen w e r d e n diese mit der Zwangsarbeiterentschädigung eine Z u s a t z l e i s t u n g erhalten. A n -

dere, gerade aus d e m ehemaligen Ostblock, w e r d e n sich m i t einer erstmaligen, geringen Entschädi- g u n g begnügen müssen. E i n e A n - r e c h n u n g erhaltener Leistungen w u r d e v o n d e n Vertretern der Je- w i s h C l a i m s Conference „wegver- handelt". A u f meine Frage an die Bundesregierung, w i e groß v o r -

Meine Ablehnung soll als Appell für eine Initiative für deutsche Zwangsarbeiter verstanden werden

M a r t i n H ö h m a n n vertritt seit 1998 als N a c h f o l g e r d e s E h r e n v o r s i t z e n d e n d e r C D U / C S U - F r a k t i o n A l f r e d D r e g g e r d e n h e s s i - s c h e n W a h l k r e i s 132 ( F u l d a ) i m B u n d e s t a g . D a s b e s o n d e r e Interesse d e s C h r i s t d e m o k r a t e n g e h ö r t d e r I n n e n p o l i t i k . E i n e n N a m e n m a c h t e s i c h H ö h - m a n n d u r c h s e i n e K r i t i k a n d e n P l a n u n g e n f ü r d a s m o n u m e n t a l e H o l o c a u s t - M a h n m a l i n B e r l i n . E b e n - so w e h r t e s i c h d e r 5 2 j ä h r i - ge v e h e m e n t d a g e g e n , d i e R e i c h s t a g s w i d m u n g

„ D e m d e u t s c h e n V o l k e "

d u r c h d e n Z u s a t z „ D e r B e v ö l k e r u n g " h e r a b z u - m i n d e r n . Foto dpa

V o l k s a b s t i m m u n g gibt", weist auf starke Reserviertheit b e i m V o l k h i n . Sie resultiert v o r a l l e m aus der U n g l e i c h b e h a n d l u n g v o n deut- schen, nichtjüdischen O p f e r n .

Elftens: Völkerrechtsexperten sehen i n der Initiative eine ver- deckte Reparation. Sie könnte Staa- ten, w i e jetzt bereits G r i e c h e n l a n d ,

z u noch härterem V o r - gehen ermuntern. M i t diesem Gesetz w u r d e die Büchse der P a n d o - ra geöffnet.

aussichtlich die Z a h l der O p f e r sein w i r d , die i m Z u g e des jetzt geplan- ten Zwangsarbeiterfonds erstmals Entschädigungsleistungen erhal- ten, b e k a m ich a m 5. Juli die A n t - wort, daß r u n d z e h n Prozent erst- mals Leistungen aus deutschen W i e d e r g u t m a c h u n g s g e l d e r n er- halten. Im Klartext: Für 90 Prozent der O p f e r gibt es einen N a c h s c h l a g , für die z e h n Prozent echter Erstbe- zieher w i r d das vorgesehene G e l d k a u m reichen. H i e r liegt i m G r u n - de ein S k a n d a l : In der D a r s t e l l u n g nach außen spielte der sprichwört- liche „arme S c h l u c k e r " aus d e m ehemaligen Ostblock, der noch kei- ne „müde M a r k " gesehen hat, die H a u p t r o l l e . In W i r k l i c h k e i t ist dies eine kleine M i n d e r h e i t , die aber unter Umständen w i e d e r i n die Röhre schaut.

In diesem Z u s a m m e n h a n g m u ß auf eine weitere Schieflage hinge- wiesen w e r d e n : Für deutsche Kriegsgefangene u n d sogenannte Geltungskriegsgefangene w u r d e n s o w o h l die Freiheitsberaubung als auch die Arbeitsleistung mit an- fangs einer M a r k p r o T a g abgegol- ten. Während bei Deutschen die geleistete Schwerstarbeit finanziell nicht berücksichtigt w u r d e , erhal- ten andere für Z w a n g s a r b e i t heute eine Sonderleistung.

Z e h n t e n s : D i e B e m e r k u n g v o n D r . Stadler (FDP): „Gut, daß es über das Stiftungsgesetz keine

Zwölftens: A n t w o r - ten der Regierung auf entsprechende Fragen v o n U n i o n s a b g e o r d - neten - D i e t r i c h A u s t e r m a n n , H a r t m u t K o s c h y k u n d m i r - m a - chen deutlich, daß Rot/Grün für diese deutschen Verschleppungs- opfer, i n der M e h r z a h l Frauen, nichts Konkretes unternehmen w i l l .

A n d e m finanziellen A s p e k t k a n n es dabei k a u m liegen: V o n den einst 1 140 000 z w i s c h e n 1944 bis 1949 verschleppten Z i v i l i s t e n sollen n u r noch 800 bis m a x i m a l 8000 leben. D i e weitaus meisten haben die Zwangsarbeit nicht überlebt, was aber i n unserem L a n d nie z u e i n e m großen öffentli- chen T h e m a w u r d e .

U n d so habe ich gegen das Gesetz gestimmt. M e i n e persönliche A b - lehnung soll v o n der Regierung auch als A p p e l l für eine Initiative für deutsche Zwangsabeiter ver- standen w e r d e n . Z w e i e r l e i M o r a l , zweierlei Gerechtigkeit, zweierlei Menschenrechte k a n n es nicht ge- ben.

Ich w e r d e m i c h i n u n d mit der C D U / C S U - F r a k t i o n mit N a c h - d r u c k für diese vergessenen O p f e r , überwiegend Frauen, einsetzen.

D i e Bundesregierung m u ß e r m u - tigt w e r d e n , bei d e n G U S - N a c h f o l - gestaaten, bei P o l e n u n d der Tsche- chischen R e p u b l i k eine vergleich- bare Geste moralischer u n d finan- zieller A r t für unsere deutschen O p f e r z u erreichen.

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Politik Das Ofiprtufitnblaii

15. Juli 2000 - Folge 28 - Seite 4

Zwischen E M und W M :

Charles Darwin und der Fußball

„Red Card" für die angestammte Bevölkerung - Betrachtungen eines Laien

Die deutsche Teilnahme an der Fußball-WM 2006 ist also gesichert - „Heimvorteil" i n doppelter Be- deutung des Wortes! A b e r sollten

f

ute Europäer nicht erst e i n m a l die M „aufarbeiten"?

Es geht hier keineswegs n u r u m den Fußball, sondern auch u m das ganze D r u m h e r u m , welches u m s o eher ins A u g e springt, je weniger m a n sich für Sport interessiert:

W e n n m a n etwa die Mannschaften Revue passieren läßt, die erfolgrei- chen u n d die weniger erfolgrei- chen, so drängt sich der Schluß auf, daß i n manchen Ländern bereits je- nes P r i n z i p gilt, welches i n Deutsch- land noch debattiert w i r d , nämlich

„Inder statt K i n d e r " . Nichts gegen Inder, u n d obendrein gab's i m fran- zösierten Team gar keine Inder.

W o h l aber waren da allerlei andere, die der Betrachter nicht ohne weite- res für Franzosen halten würde.

Leih- oder Beute-Franzosen gewis- sermaßen, u n d bei Portugiesen, Holländern etc. sah es ähnlich aus.

Selektive Vergangenheitsbewälti- gung, könnte m a n auch sagen.

Sportliche u n d sonstige Leistun- gen sind selbstverständlich z u re- spektieren, egal v o n w e m sie er- bracht w e r d e n . Besonders anerken- nenswert ist, w e n n einer d e n sozia- len Aufstieg schafft - mangels ande- rer Möglichkeiten eben über d e n Sport. T r o t z d e m bleibt ein schaler Nachgeschmack: Ist es nicht unfair, sich mit fremden Federn z u schmücken - unfair gegenüber der K o n k u r r e n z (was i n einer k o m m e r -

zialisierten Sportwelt noch angin- ge), v o r allem aber gejgenüber jenen, die b e i m Fußball Erfolgserlebnisse vorgegaukelt kriegen, während sie sonst ziemlich hoffnungslos i n Großstadt-Ghettos oder ehemali- gen K o l o n i e n dahinvegetieren müs- sen?

K e i n Schiedsrichter pfeift hier d a - zwischen, u n d deshalb w i r d über- sehen, daß jedes ungeahndete Foul längerfristig betrachtet ein Eigentor ist: Verleitet es d o c h d a z u , die eige- nen Bemühungen einzuschränken oder aufzugeben! Billig-Importe sind verlockend, aber genau w i e das Industriepotential geschädigt w i r d , w e n n M a s -

senwaren z u D u m p i n g p r e i - sen ins L a n d k o m m e n , so be- w i r k t auch M a s - s e n i m m i g r a t i o n , sei sie n u n unge- steuert („näch- s t e n l i e b e n d " ) oder selektiv ( „ e g o i s t i s c h " ) , daß die eigenen H u m a n - R e s - sourcen verküm- mern: Erst wer- d e n Hilfsarbeiter

g

eholt, w e i l sich ie eigenen L e u - te für Destimmte Sachen z u gut v o r k o m m e n . Allmählich dür- fen d a n n G u r u s ,

Franz Beckenbauer: Nach Deutsch- land holte er die W M . Aus welchen Landern holen wir die Spieler?

Foto dpa

Schamanen u n d Medizinmänner auch die heimische Forschung u n d Technik übernehmen. Irgendwann w e r d e n fremde Söldner angeheu- ert. U n d a m Ende entfällt sogar das lästige Gebären u n d Großziehen ei- gener K i n d e r .

O b m a n n u n die Erleuchtung bei Charles D a r w i n oder b e i m Fußball sucht - hinter jeder Green Card, ja sogar hinter jeder Blue Card lauert die Red Card, die Rote Karte! N u r k o m m t diese erst z u m Vorschein, w e n n das Kartenhaus z u s a m m e n - geklappt ist. M i t d e n für i m m e r Ausgeschlossenen befassen sich d a n n bestenfalls die Historiker, u n d

deren politisch korrekte For- s c h u n g s e r g e b - nisse sind per Gesetz vorgege- ben.

Die Fernseh- bilder vermit- teln aber noch weitere E i n - drücke: N e u e r - dings schmieren sich auch Euro- päer Stammes- m a r k i e r u n g e n in die Gesichter, flechten die Haare z u unent- wirrbaren Zot- ten u n d verren- ken die G l i e d e r bei m o n o t o n e m Tamtam! Steckt dahinter ein bis-

her noch nicht entschlüsselter evo- lutionärer Vorteil? O d e r ist es nur, damit die mit Entwicklungshilfe Be- dachten keine M i n d e r w e r t i g k e i t s - komplexe bekommen? Z u m Trost jedenfalls für jeden Deutschen, der sich über A n g l i z i s m e n aufregt:

Trotz aller Sprachpflege seitens der A c a d e m i e Francaise w u r d e auf den C h a m p s Elysees „We are the Cham- pions gesungen. (Klang eigentlich:

„Vie aar se scnempion.'O

V o r m B i l d s c h i r m w i r d sogar der Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n Energie- verbrauch u n d M u l t i k u l t u r offen- k u n d i g , u n d m a n fragt sich, w a r u m dieser A s p e k t noch nicht ins Partei- p r o g r a m m der Grünen aufgenom- m e n w u r d e : W i e nämlich jeder Elektroniker bestätigen w i r d , ver- braucht der Fernsehapparat bei hel- len Bildern mehr Strom als bei d u n k l e n . Das Interview mit einem kongolesischen Import-Fußballer ist d e m z u f o l g e volkswirtschaftlich günstiger u n d u m w e l t p o l i t i s c h sinnvoller als etwa eines mit Josch- ka Fischer. ( O b w o h l der o h n e h i n n u r mehr d u n k l e Anzüge trägt.) W e n n m a n n u n nach diesem Krite- r i u m die Minister auswählt, d a n n lassen sich alleine bei der Tages- schau M i l l i o n e n K i l o w a t t s t u n d e n einsparen, u n d schon dürfen w i r wieder ein K r a f t w e r k schließen! - A b e r w a r u m sollte das n u r für M i n i - ster gelten? Liegt nicht der nationale Ehrgeiz d a r i n , sich als erste P o p u l a - tion („Bevölkerung") freiwillig h i n - w e g d a r w i n i s i e r e n z u lassen?

R. G . Kerschhofer

Oder-Neiße-Region:

Chance Tourismus

Brandenburg u n d Polen wollen ihre grenzüberschreitende Z u s a m - menarbeit weiter vertiefen, so M i n i - sterpräsident M a n f r e d Stolpe (SPD) u n d d i e Marschälle der vier west-

P

olnischen Wojewodschaften i n rankfurt (Oder). Bei d e n Gesprä- chen ging es u m mehr K o o p e r a t i o n in Wirtschaft, Gesundheitswesen u n d T o u r i s m u s . Z u d e m w o l l e n bei- de Seiten i n W a r s c h a u u n d Berlin weitere Grenzübergänge durchset- zen.

Justizminister K u r t Schelter (CSU) kündigte an, daß Branden- b u r g u n d Polen ein M e m o r a n d u m über eine enge Zusammenarbeit der Justiz schließen w e r d e n . Es gehe neben d e m A u s t a u s c h v o n Erfah- rungen u n d Beamten v o r a l l e m u m die Erarbeitung eines gemeinsamen Lagebildes über die Organisierte Kriminalität. E i n Rechtshilfeab- k o m m e n fehle noch. H i e r blockiert Warschau noch.

Stolpe u n d die Marschälle v o n W e s t p o m m e r n , d e m Lebuser L a n d , Niederschlesien u n d Großpolen hatten z u v o r an der Eröffnung einer

„Tourismuskonferenz Branden- b u r g - P o l e n " teilgenommen. Der Präsident des Deutschen T o u r i s - musverbandes, Jürgen L i n d e , sprach v o m T o u r i s m u s als w i c h t i - gem Integrationsinstrument für Po- lens EU-Beitritt. D a v o n könne auch P o m m e r n , Schlesien, West- u n d Ostpreußen sowie K e r n p o l e n profi- tieren.

Dies w a r bereits das achte Treffen Stolpes mit Spitzen der G r e n z w o j e - wodschaften seit 1992. Eine weitere Z u s a m m e n k u n f t z u s a m m e n mit d e n beiden Außenministern w i r d a m 7. September i n G r e i f s w a l d statt- finden. H a g e n N e t t e l b e c k

Gedanken zur Zeit:

E u r o p a a u f g e f ä h r l i c h e m W e g

Brüssel muß seine Grenzen anerkennen lernen / Von Wilfried Böhm

V o r einem Jahr- zehnt brach der v o n M o s k a u ge- steuerte Welt- k o m m u n i s m u s z u s a m m e n , nicht zuletzt als Folge der k l u - gen u n d ent- schlossenen Po- litik des konser- vativen amerikanischen Präsiden- ten Ronald Reagan. Bis heute hat das politische Europa daraus noch i m - mer keine überzeugenden organisa- torischen Konsequenzen für die Ge- staltung seiner Zukunft gezogen.

Das dürfte sich auch in der bevor- stehenden französischen Präsident- schaft in der Europäischen U n i o n (EU) nicht ändern. Präsident Jacques Chirac hat mit Reagan gemeinsam, daß er sich als konservativ versteht.

Es mangelte d e m Franzosen bisher jedoch mehrfach am Einklang v o n Klugheit u n d Entschlossenheit. Das beweisen seine Atomversuche i m Pazifik, seine Auflösung der franzö- sischen Nationalversammlung mit der Folge einer sozialistischen Mehr- heit in Frankreich samt kommunisti- scher Regierungsbeteiligung u n d nicht zuletzt sein aus Anmaßung und Narretei gepaartes Verhalten gegenüber d e m EU-Mitgliedsstaat Osterreich.

Die nach einem Jahrzehnt jetzt be- ginnende Diskussion über das z u - künftige Europa geht v o n d e m i m Kalten Krieg geborenen Denken aus.

Dieses war von der Notwendigkeit beherrscht, die militärische, wirt- schaftliche und soziale Verteidigung des d e m Zugriff der K o m m u n i s t e n nicht ausgelieferten Teils Europas zu organisieren. Die dieser Tage ge- führte Europa-Diskussion beweist, wie sehr das Ende der kommunisti- schen Bedrohung den Westen Euro-

pas überrascht hat, der vergessen natte, daß Europa auch einen Osten u n d deswegen auch eine Mitte hat.

Inhaltlich beweist die begonnene Europa-Debatte, daß dieses „alte D e n k e n " weiter existiert u n d aus i h m heraus versucht werden soll, die früher z u r A b w e h r des K o m m u n i s - mus notwendigen Strukturen n u n - mehr d e m ganzen Kontinent über- zustülpen, insbesondere die Struk- turen der finanziellen Umvertei- lung.

Dieses auf den Brüsseler bürokra- tischen Umverteilungsapparat ge- stützte westzentristische Denken u n d Verhalten der professionellen Integrationspolitiker hat sich nach dem Wegfall der moskaugesteuer- ten kommunistischen Bedrohung weit v o n der neuen europäischen Realität entfernt u n d ebenso v o n dem auf dieser Realität beruhenden Empfinden der Völker Europas, die in demokratischen Nationalstaaten organisiert sind. Wer nicht begreift, daß Europas Identität in seiner V i e l - falt liegt, läuft Gefahr, diese Völker über den Tisch z u ziehen, w i e es mit den Deutschen bei der Aufgabe ihrer Währung zugunsten des Euro ge- schehen ist. Ein Rückfall in vorde- mokratische Verhältnisse - u n d das i m Zeichen „Europas" - wäre ver- hängnisvoll.

Wenn der frühere französische Premierminister A l a i n Juppe einge- steht, daß bei den nationalen Parla- mentsabgeordneten der Eindruck überwiege, „sie hätten keinen Ein- flußauf die Entscheidungen in Brüs- sel", u n d w e n n man die faktische Unmöglichkeit sieht, durch das E u - ropaparlament eine echte parlamen- tarische und bürgernahe Kontrolle z u verwirklichen, dann sind „vorde- mokratische Verhältnisse" offen- sichtliche Realität u n d nicht nur ein Schreckgespenst.

Merkwürdig nur - u n d verräte- risch zugleich - , daß bei allen bisher öffentlich vorgetragenen Zukunfts- plänen für Europa der Europarat i n Straßburg keine Rolle spielt. Ist er doch als älteste europäische Institu- tion das getreue Spiegelbild der i n demokratischen Nationalstaaten ge- wachsenen Realität Europas. Seiner Parlamentarischen V e r s a m m l u n g gehören frei gewählte Abgeordnete aller nationalen Parlamente an. Sei- ne örtliche Verlegung v o n Straßburg nach W i e n i n die Mitte des großen Europa wäre ein deutliches Signal u n d würde zugleich Straßburg z u m alleinigen Platz für das Europapar- lament der E U machen, das i n kriti- scher Distanz z u r Brüsseler K o m - mission w i r k e n könnte.

Zugleich könnten damit die u n - glücklichen u n d anmaßenden Sank- tionen der 14 europäischen Staaten gegen Österreich w i e mit einem „Be- freiungsschlag" überwunden wer- den. Österreichs demokratisch ge- wählter Bundeskanzler W o l f g a n g Schüssel hat recht mit seiner Fest- stellung, daß diese Sanktionen das gesamte europäische Integrations- projekt bis h i n z u r Nachbarschafts- pohtik gefährden. Es spricht Bände, w e n n die angesehene „Welt a m Sonntag" die Volksabstimmung, mit der sich Österreich gegen diese Sanktionen wehren w i l l , mit jenen Volksabstimmungen vergleicht, die Österreich in den dreißiger Jahren zur Verteidigung seiner Unabhän- gigkeit gegen Hitler durchführte u n d die letztlich erfolglos blieben.

Daß solche Vergleiche angestellt werden, zeigt, welchen gefährlichen W e g Europa geht, w e n n es das Selbstbestimmungsrecht der Völker mißachtet. Präsident Chirac könnte den gordischen Knoten zerschlagen, wenn es i h m gelänge, einmal K l u g - heit u n d Entschlossenheit miteinan- der z u verbinden.

Rechtsstreit:

Verbotener Titel

Das Auswärtige Amt unterliegt vor Gericht

Bereits seit 1996 zogen sich die Streitigkeiten z w i s c h e n d e m Kieler A r n d t V e r l a g u n d d e m Auswärti- gen A m t der Bundesrepublik Deutschland h i n . Der Stein des A n - stoßes: der N a c h d r u c k einer 1939 unter anderem über d e n Bromber-

f

er Blutsonntag erschienenen D o - umentation mit d e m Titel „Doku- mente polnischer G r a u s a m k e i t e n " . Behandelt w u r d e aber auch der ge- samte Z e i t r a u m z w i s c h e n 1919 u n d 1939.

Im Jahre 1940 w u r d e i n Berlin der O r i g i n a l - D o k u m e n t a t i o n s b a n d herausgegeben mit d e m H i n w e i s :

„Im A u f t r a g e des Auswärtigen A m t e s auf G r u n d u r k u n d l i c h e n Be- weismaterials zusammengestellt, bearbeitet u n d herausgegeben v o n der Deutschen Informationsstelle".

M i t diesem H i n w e i s druckte es auch 1996 der Kieler Verlag i n sei- ner ersten A u f l a g e als N a c h d r u c k .

Daraufhin forderte i m selben Jahre das Auswärtige A m t ( A A ) in Bonn den Verlag auf, mit einem H i n w e i s auf d e m Umschlag des Buches deut- lich z u machen, daß es sich u m den Nachdruck des Buches aus d e m Jah- re 1940 u n d nicht u m eine aktuelle Veröffentlichung des Auswärtigen Amtes handele. Diesem W u n s c h kam der Verlag bei der Neuauflage des Nachdruckes auch nach. Trotz- dem verklagte das A A i m Jahre 1997 den Verlag vor d e m Kieler Landge- richt unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten. Es trug vor, der H i n w e i s auf das „Auswärtige A m t "

als Herausgeber des U r s p r u n g s b u - ches aus d e m Jahr 1940 könne z u Verwechslungen mit dem heutigen A A führen. Das Gericht gab d e m A A recht: Der Arndt-Verlag mußte das Buch ohne H i n w e i s auf das Auswär- tige A m t drucken.

D a es aber i n einem Bücherver- zeichnis noch mit d e m alten, verbo-

tenen Untertitel geführt w a r , w u r d e der V e r l a g i m N o v e m b e r 1997 z u r Z a h l u n g eines O r d n u n g s g e l d s v o n 6000 M a r k verurteilt. D e m V e r l a g nützte auch d i e E i n r e d e nichts, die- ses N a c h s c h l a g e w e r k korrekt über d e n neuen Untertitel unterrichtet z u haben.

D e r nächste A k t : D a s A A erstatte- te Strafanzeige gegen d e n Kieler Verlag. D i e Staatsanwaltschaft K i e l n a h m ein E r m i t t l u n g s v e r f a h r e n auf, i n dessen V e r l a u f es z u einer D u r c h s u c h u n g des Verlages k a m . Zusätzlich forderte das B u n d e s m i - nisterium für Jugend, F a m i l i e u n d Senioren auf, das B u c h bei der

„Bundesprüfstelle für jugendge- fährdende Schriften" i n d i z i e r e n z u lassen. Dies w u r d e zurückgewie- sen.

1998 z o g das A A erneut gegen den V e r l a g v o r Gericht. D i e s m a l be- hauptete es, das Urheberrecht für den D o k u m e n t a t i o n s b a n d z u besit- zen, d e n N a c h d r u c k d a m i t also not- falls u n t e r b i n d e n z u können. D i e K a m m e r 16 des Berliner L a n d g e - richts gab d e m A A recht. Richterin Hengst: „Was soll d e n n e i n Pole sa- gen, w e n n er dieses B u c h liest?"

D e r V e r l a g g i n g d a r a u f h i n i n d i e nächste Instanz. I m Juli 2000 ver- handelte der 5. Senat erneut w e g e n des Urheberrechts. Dieses, so das Gericht jetzt i n ' seinem U r t e i l , lag damals bei der „Deutschen Infor- mationsstelle B e r l i n " . Diese habe z w a r als Presse- u n d Informations- stelle des A A fungiert, sei jedoch eine rechtlich selbständige Stiftung gewesen, die v e r m u t l i c h d u r c h d e n Alliierten K o n t r o l l r a t aufgehoben w o r d e n sei. E i n Urheberrecht kön- ne das A A nicht nachweisen, wes- w e g e n es n u n i n Berlin d a z u v e r u r - teilt w u r d e , die gesamten V e r f a h - renskosten z u tragen.

Henning Ketelsen

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