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Rechtliche Grundlagen

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Academic year: 2022

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Rechtliche Grundlagen I)

Der Stufenbau der österreichischen Rechtsordnung

Die Rechtsordnung eines Staates ist die Gesamtheit der Regeln, die für das Zusammenleben der Menschen in einer Rechtsgemeinschaft gelten. Sie sind mit verbindlicher Wirkung ausgestattet, ihre Einhaltung kann durch Staatsorgane erzwungen werden.

Die in Österreich geltenden Rechtsnormen sind in einem hierarchischen Aufbau gereiht, dem Stufenbau der Rechtsordnung:

– Verfassungsgesetze: Diese stellen die Grundlage unserer Rechtsordnung dar. Sämtliche nachrangigen Normen müssen durch die Verfassung gedeckt sein und dürfen nicht gegen diese grundlegenden Normen verstoßen. Eines der zentralen Prinzipien der österreichischen Bundesverfassung ist das Legalitätsprinzip. Es bindet die Verwaltung und die Gerichte an die Gesetze. Sie dürfen nur dann handeln, wenn sie ein Gesetz dazu ermächtigt und nur das tun, was ihnen dieses Gesetz vorgibt. Hier wird auch geregelt, in welchen Kompetenzbereich verschiedene Materien verlagert werden. Gemäß Art. 14 Abs. 4 lit. b) des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes ist Gesetzgebung und Vollziehung im Kindergartenwesen und Hortwesen Landessache.

Einfache Gesetze: Dabei handelt es sich um Normen, die in Ausführung der Bundesverfassung geschaffen werden. Sowohl der Bund als auch die einzelnen Bundesländer können entsprechend der in der Bundesverfassung geregelten Zuständigkeit eigene Gesetze erlassen. Man spricht von Bundesgesetzen bzw. Landesgesetzen.

Bundesgesetze werden vom Nationalrat in einem aufwändigen Gesetzgebungsverfahren unter Einbeziehung des Bundesrates, des Bundespräsidenten und auch des Bundeskanzlers beschlossen. Bundesgesetze schaffen für ganz Österreich einheitliches Recht. Dies ist dort erforderlich, wo eine Differenzierung der rechtlichen Gegebenheiten nicht gewünscht wird. Zu jenen Materien, welche in ganz Österreich gleich geregelt sein sollen, zählt beispielsweise das Strafrecht und auch die Straßenverkehrsordnung.

Landesgesetze wiederum werden von den Landtagen unter Einbeziehung der Bundesregierung und des Landtagspräsidenten in jenen Bereichen erlassen, welche - wie beispielsweise das Kindergartenwesen - von der Bundesverfassung der Zuständigkeit der Länder zugewiesen wurden. Die durch Landesgesetze geschaffene Rechtslage gilt nur für das jeweilige Bundesland. Auch wenn weitestgehend ähnliche bis nahezu gleich lautende gesetzliche Regelungen auf Länderebene in den verschiedenen Kompetenzbereich bestehen, gibt es dennoch zumindest geringfügige Differenzierungen, welche ein Anpassen der gesetzlichen Bestimmungen an regionale Gegebenheiten ermöglichen. Es versteht sich von selbst, dass beispielsweise im Bereich des Jugendschutzes geänderte Grundgegebenheiten in Großstädten wie Wien und andererseits in ländlichen Bereichen bestehen und andere gesetzliche Grundlagen erfordern.

Verordnungen: In Ausführung Einfacher Gesetze werden von Verwaltungsbehörden präzisierende Regelungen getroffen. Nicht jedes Gesetz kann seinem Inhalt nach bis ins letzte Detail auch für den konkreten Fall und die konkrete Situation Regelungen vorsehen.

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Dementsprechend ist es erforderlich, dass im Verordnungsweg derartige konkretisierende Regeln geschaffen werden.

Bescheide und Urteile/Beschlüsse: Verwaltungsbehörden bzw. Gerichte müssen im Einzelfall bei Anwendung der Gesetze und Verordnungen Entscheidungen treffen, die nur für den Einzelnen Rechtswirkungen entfalten. Verwaltungsbehörden haben diesbezüglich Bescheide zu erlassen, während Gerichte Urteile und Beschlüsse fassen. Dabei handelt es sich um individuelle Normen (im Gegensatz dazu sind Gesetze und Verordnungen generelle Normen). In derartigen Entscheidungen werden Rechte festgestellt, Rechtsverhältnisse gestaltet oder Leistungen aufgetragen.

– Vollstreckungsmaßnahmen: Auch diese wirken ausschließlich individuell. Dabei handelt es sich um Maßnahmen der staatlichen Zwangsausübung welche ausschließlich dann stattfinden, wenn einem Urteil oder einem Bescheid oder auch einem Beschluss nicht entsprochen wird. Zu diesen Vollstreckungsmaßnahmen zählen beispielsweise Exekutionen, Haft, Ausweisungen etc.

Um die Einhaltung der Rechtsordnung sicherzustellen, müssen Verletzungen der Rechtsordnung auch mit Sanktionen belegt werden. Die österreichische Rechtsordnung verwendet als Sanktionsmittel im Wesentlichen Geldstrafen, Freiheitsstrafen und die Exekutionsführung zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen.

II)

Gerichtsbarkeit und öffentliches Recht

Je nachdem ob Gerichte (Bezirks-, Landes- und Oberlandesgericht, Oberster Gerichtshof) oder Verwaltungsbehörden (Polizei, Bezirkshauptmannschaft, Stadt Magistrats, Bürgermeister etc.) entscheiden, erhält der Betroffene ein Urteil, einen Beschluss oder einen Bescheid. Bei den Gerichten wird zwischen der Strafgerichtsbarkeit und der Zivilgerichtsbarkeit unterschieden.

Beim Strafgericht tritt in der Regel ein Staatsanwalt auf, der das Interesse des Staates an einem funktionierenden Sozialgefüge vertritt. Der Staatsanwalt klagt Verstöße gegen das Strafgesetzbuch und strafrechtliche Nebengesetze an. Ergebnis des Verfahrens ist entweder ein Schuldspruch (Geldstrafe, Freiheitsstrafe) oder im Zweifel ein Freispruch für den Angeklagten oder Beschuldigten (Strafurteil).

Bei den Zivilgerichten „streiten“ Bürger oder Firmen miteinander um Rechte, Geld und ähnliche Dinge, wobei der Staat hier lediglich das Entscheidungsorgan (Richter) sowie die Infrastruktur (Verhandlungsseile) zur Verfügung stellt, sonst aber – anders als im Strafverfahren, kein Interesse an einem bestimmten Verfahrensausgang hat. Ergebnis des Verfahrens ist in der Regel eine Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger etwas zu bezahlen oder eine sonstige Leistung zu erbringen oder aber eine Klagsabweisung (Zivilurteil). Zu den Entscheidungen der Zivilgerichte zählen auch Ehescheidungen, Obsorgeregelungen und Unterhaltsfestsetzung ein und Ähnliches.

Verwaltungsbehörden wiederum bestrafen entweder Verwaltungsübertretungen oder bewilligen bzw. lehnen Ansuchen (z.B. Bauansuchen, Aufnahme von Kindern in Schulen und Kindergärten etc.) ab. Auch bestätigen Behörden bestimmte Umstände (z.B. Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis, Schulzeugnis u.a.) (Bescheide).

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III)

Das Tiroler Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz

Dieses mit 1. September 2010 in Kraft getretene und zwischenzeitig mehrfach novellierte Landesgesetz regelt für Tirol

a) die Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen, b) die Organisation, den Besuch, die Anforderungen an das Personal und den Personaleinsatz sowie die Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen,

c) die Aufsicht über Kinderbetreuungseinrichtungen,

d) die fachlichen Anstellungserfordernisse der in Kinderbetreuungseinrichtungen und den Schülerheimen eingesetzten pädagogischen Fachkräfte und

e) die Tagesbetreuung von Kindern sowie die Förderung von Kinderspielgruppen (§ 1 Abs. 1 Tiroler Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz).

In § 2 Abs.1 dieses Gesetzes findet sich eine Differenzierung zwischen öffentlichen – so der Erhalter eine Gebietskörperschaft ist – und privaten Kinderbetreuungseinrichtungen.

Unter Kinderkrippengruppen versteht der Gesetzgeber hier erste außerfamiliäre, elementarpädagogische Einrichtungen, die zur Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern durch pädagogisches Fachpersonal bestimmt sind, in denen grundsätzlich Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr gefördert und betreut werden (Abs.2)

Kindergartengruppen wiederum sind elementarpädagogische Einrichtungen, die zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern durch pädagogisches Fachpersonal bestimmt sind, und in denen grundsätzlich Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Besuch einer Schule gefördert und betreut werden (Abs.3).

In § 2 finden sich auch weitere Definitionen und Begriffsbestimmungen, wobei zwecks Übersichtlichkeit nur einzelne herausgegriffen werden. Unter „Betreuungspersonen“ versteht der Gesetzgeber pädagogischen Fachkräfte, Assistenzkräfte und Stützkräfte (Abs. 18).

Pädagogische Fachkräfte werden hier als Personen definiert, die die Anstellungserfordernisse nach den §§ 31 und 32 erfüllen (Abs. 19). Der Gesetzgeber definiert hier auch

„Assistenzkräfte“ als Personen, die pädagogischen Fachkräfte bei ihren pädagogischen und betreuenden Aufgaben unterstützen und die Anstellungserfordernisse nach den §§ 31 und 32 nicht erfüllen müssen (Abs. 20). In Abs. 21 werden „Stützkräfte“ als Assistenzkräfte erklärt, die zusätzlich zu den Aufgaben nach Abs. 20 auch zur Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte bei der Förderung und Betreuung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf eingesetzt werden.

§ 3 definiert in Abs. 1 die Ziele des Kinder Bildungs- und Betreuungsgesetzes:

a) die besondere Förderung und Unterstützung der körperlichen, seelischen, geistigen, sittlichen und sozialen Entwicklung der Kinder,

b) die Sicherstellung von optimalen Bildungsmöglichkeiten und Chancen für alle Kinder unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft,

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c) die Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf gemeinsam mit Kindern ohne erhöhten Förderbedarf (Integration),

d) die Sicherstellung hoher pädagogischer Bildungsqualität unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse,

e) die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Förderung der Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben,

f) die Unterstützung und Ergänzung der Familien in ihren Erziehungs- und Pflegeaufgaben.

In Abs. 2 dieser Bestimmung wird dargestellt, wie diese Ziele erreicht werden sollen:

a) durch die Akzeptanz jedes einzelnen Kindes als eigene Persönlichkeit sowie die Achtung und Förderung der Rechte, Würde, Freude und Neugier der Kinder,

b) durch die Erziehung und Bildung der Kinder nach erprobten ganzheitlichen Methoden der Pädagogik unter besonderer Berücksichtigung ihres jeweiligen Alters und ihrer individuellen Fähigkeiten,

c) durch die Förderung der Fort- und Weiterbildung des in der Kinderbetreuung tätigen Personals,

d) die bedarfsorientierte Entwicklung, Schaffung und Förderung eines flächendeckenden ganztägigen und ganzjährigen Angebots an Kinderbetreuungsplätzen für Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr, Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schulbesuch sowie für schulpflichtige Kinder unter besonderer Berücksichtigung von alterserweiterten und gemeindeübergreifenden Lösungen.

Zu den Grundsätzen erläutert § 4, dass die Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen erfolgt, und zwar unter besonderer Berücksichtigung des Kindeswohls familienunterstützend und familienergänzend in Zusammenarbeit zwischen Eltern, Betreuungspersonen, Erhaltern und dem Land Tirol. Festgehalten wird hier auch, dass Kinderbetreuungseinrichtungen ohne Unterschied der Geburt, des Geschlechts, der Herkunft, des Standes, der Sprache und des Bekenntnisses der Kinder allgemein zugänglich sind.

Weiters wird hier festgehalten, dass die Inanspruchnahme von Kinderbetreuungseinrichtungen freiwillig ist, soweit nicht Besuchspflicht nach § 26 besteht.

§ 5a regelt unter der Überschrift „Sprachförderung, Sprachstandsfeststellung“ dass die sprachliche Förderung wesentlicher Bestandteil der pädagogischen Bildungsarbeit ist, ganzheitlich, alltagsintegriert zu erfolgen hat und vom Land Tirol durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen ist. Kinder mit mangelhaften Deutschkenntnissen sind bereits vor Beginn der Schulpflicht besonders zu fördern, damit sie bei Eintritt in die Schule die Sprache Deutsch möglichst beherrschen.

Kinderbetreuungseinrichtungen haben nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 insbesondere die Aufgabe jedes Kind seinem Entwicklungsstand entsprechend unter Berücksichtigung der allgemein anerkannten Grundsätze der Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege zu fördern und die Selbstkompetenz der Kinder zu stärken und zur Entwicklung der Sozial- und Sachkompetenz beizutragen. Hierbei ist nach Abs. 2 unter anderem auf die Entwicklung grundlegender ethischer und religiöser sowie demokratischer und rechtsstaatlicher Werte Bedacht zu nehmen, sind die Fähigkeiten des Erkennens und des Denkens zu fördern, sind die

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sprachlichen und schöpferischen Fähigkeiten der Kinder zur Entfaltung zu bringen, ist auf die körperliche Pflege und Gesundheit, insbesondere auch die gesunde Ernährung der Kinder zu achten, die motorische Entwicklung der Kinder zu unterstützen und sind auch präventive Maßnahmen zur Verhütung von Fehlentwicklungen zu setzen.

§ 10 regelt zur Gruppengröße dass grundsätzlich – bei möglichen geringfügigen Über- schreitungen in Kinderkrippengruppen um höchstens ein Kind, und in Kindergartengruppen um höchstens zwei Kinder der höchstzulässigen Kinderzahl – in Kinderkrippengruppen mindestens acht und höchstens zwölf, abweichend davon jedoch höchstens zehn, wenn mindestens zwei Kinder unter eineinhalb Jahren zu betreuen sind, weiters höchstens 6, wenn 3 Kinder unter 9 Monaten zu betreuen sind und in Kindergarten- und Hortgruppen mindestens 10 und höchstens 20 Kinder betreut werden dürfen.

In Integrationskinderkrippengruppen liegt die Kinderzahl bei mindestens sechs und höchstens zehn, davon höchstens drei Kinder mit erhöhtem Förderbedarf oder Kinder, denen Leistungen nach dem Tiroler Teilhabegesetz gewährt werden. In Integrationskindergartengruppen sind mindestens acht und höchstens fünfzehn Kinder zulässig, darunter höchstens drei Kinder mit erhöhtem Förderbedarf oder Kinder, die Leistungen nach dem Tiroler Teilhabegesetz beziehen.

Der Erhalter hat der Landesregierung eine geplante Überschreitung der Kinderhöchstzahl im Vorhinein anzuzeigen. Im Fall der nicht bescheidmäßigen Erledigung binnen 2 Monaten gilt die Überschreitung als genehmigt.

In § 11 sind die Öffnungszeiten geregelt. Der Erhalter hat für jede Kinderbetreuungsgruppe eine Tages-, Wochen- und Jahresöffnungszeit unter Berücksichtigung eines allfälligen Mittagessens festzulegen. Bei der Festlegung dieser Öffnungszeiten ist auf die Bedürfnisse der Kinder und deren Eltern sowie auf die Dienstzeit des Personals Bedacht zu nehmen. Die Wochenöffnungszeit für Kinderbetreuungsgruppen hat mit Ausnahmen grundsätzlich mindestens 20 Stunden zu betragen. Randzeiten können festgelegt werden.

Auch die bauliche Gestaltung und Einrichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen ist geregelt: § 12 sieht hier vor, dass die Räumlichkeiten baulich so zu gestalten sind, dass im Interesse des Kindeswohls ein ordnungsgemäßer Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtungen, insbesondere unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Pädagogik sowie die Erfordernisse der Sicherheit und der Hygiene, gewährleistet ist (Abs.1). Mindeststandard ist je Kinderbetreuungsgruppe ein Gruppenraum wobei die Bodenfläche mindestens 2,5 m² für jedes Kind betragen muss, Kleiderablagen außerhalb der Gruppenräume, ein Bewegungsraum, erforderliche sanitäre Einrichtungen, erforderliche Nebenräume, insbesondere eine Küche und bei mehrgruppigen Kinderbetreuungseinrichtungen ein geeigneter Raum als Büro. Bei Vorhandensein geeigneter Flächen sind auch Außenspielplätze vorzusehen.

Zur Errichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen sind gemäß § 13 Abs. 1 natürliche Personen, juristische Personen - soweit voll handlungsfähig und verlässlich - und Körperschaften öffentlichen Rechts, gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften berechtigt. Als nicht verlässlich werden Personen angesehen, die wegen der Begehung einer strafbaren Handlung, die eine Gefährdung des Kindeswohls vermuten lässt, insbesondere wegen einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, wegen einer vorsätzlichen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung oder wegen einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen verurteilt worden sind.

Dann, wenn in pädagogischer, personeller, hygienischer, organisatorischer oder räumlicher Hinsicht die gesetzlichen oder durch Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen für den

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ordnungsgemäßen Betrieb der Kinderbetreuungseinrichtung weggefallen sind, ist mit einer Stilllegung der Einrichtung vorzugehen (§ 14). Diese ist spätestens vier Monate im Voraus der Landesregierung schriftlich anzuzeigen.

§ 16 sieht vor, dass ein pädagogisches Konzept zu erarbeiten ist, welches in der Kinderbetreuungseinrichtung aufzuliegen hat.

Um die Inklusion aller in einer Gruppe betreuten Kinder zu sichern, ist der Personalstand in Kinderbetreuungsgruppen durch das jeweils erforderliche Ausmaß an Stützstunden zu verstärken.

Integrationsgruppen haben auch die Aufgabe, durch die gemeinsame Erziehung und Betreuung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf und Kindern ohne erhöhtem Förderbedarf, nach erprobten wissenschaftlichen Grundsätzen, insbesondere auf dem Gebiet der Inklusion und Integration, zwischen den Kindern soziale Kontakte anzubahnen und weiterzuentwickeln sowie das gegenseitige Verständnis zu fördern.

§ 22 regelt die Aufnahme von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen. Nach erfolgter Anmeldung des Kindes durch die Eltern gilt die Aufnahme grundsätzlich für die gesamte Öffnungszeit. Der Halter darf die Aufnahme des Kindes, mit Ausnahme besuchspflichtiger Kinder, nur dann verweigern oder widerrufen, wenn die vorhandenen Gruppenräume oder die festgesetzte Höchstzahl der Kinder die Betreuung eines weiteren Kindes nicht zulassen, die Eltern eine ihnen obliegende Verpflichtung trotz schriftlicher Mahnung nicht erfüllen oder aufgrund ärztlicher oder psychologischer Gesichtspunkte eine andere Form der Bildung, Erziehung, Betreuung und Pflege den Bedürfnissen des Kindes nachweislich besser gerecht wird. Wenn nicht alle für den Besuch der Einrichtung angemeldeten Kinder aufgenommen werden können, ist nachstehende Reihenfolge zu beachten:

– Besuchspflichtige Kinder (§ 26) mit Hauptwohnsitz in der Standortgemeinde – Kinder, die die Kinderbetreuungseinrichtungen bereits besuchen,

– Kinder mit Hauptwohnsitz in der Standortgemeinde der Kinderbetreuungseinrichtung – Kinder, deren Eltern berufstätig sind

– Kinder, deren Eltern nachweislich arbeitssuchend sind oder sich in Ausbildung befinden – Kinder, die nach ihrem Alter dem Schuleintritt am nächsten stehen.

Dann, wenn die Aufnahme des Kindes verweigert oder widerrufen wird, hat der Erhalter dies auf Verlangen der Eltern schriftlich zu begründen und diese Begründung der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis zu bringen (§ 22 Abs. 1-5).

Der Erhalter kann nach § 24 nach Rücksprache mit der Leitung schriftlich die Suspendierung eines Kindes vom Besuch der Kinderbetreuungseinrichtung für jenen Zeitraum aussprechen, in dem eine Eigen- oder Fremdgefährdung des Kindes oder anderer sich regelmäßig in der Kinderbetreuungseinrichtung aufhaltender Personen vorliegt. Der Erhalter hat diese Suspendierung auf Verlangen der Eltern schriftlich zu begründen und diese Begründung der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis zu bringen.

Eine interessante Regelung, die die Intention dieses Gesetzes verdeutlicht, findet sich in § 25 unter der Überschrift „Aufenthaltsdauer“: Hier ist festgehalten, dass die wöchentliche Aufenthaltsdauer eines Kindes in einer Kinderbetreuungseinrichtung jenen Zeitraum nicht

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übersteigen darf, der erforderlich ist, um eine Vollbeschäftigung beider Eltern im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche zu ermöglichen. Der Erhalter hat nach Abs. 2 dieser Bestimmung mit den Eltern zu vereinbaren, dass ihr Kind insgesamt mindestens fünf Wochen pro Kinderbetreuungsjahr, davon mindestens zwei Wochen durchgehend, außerhalb der Einrichtung betreut wird. Die Leitung hat für jedes Kind Aufzeichnungen über An- und Abwesenheit zu führen.

Nach § 26 haben die Eltern dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder mit Hauptwohnsitz in Tirol, die am 31. August vor dem Beginn des Kindergartenjahres ihr fünftes Lebensjahr vollendet haben und im Folgejahr schulpflichtig werden, im Ausmaß von 20 Stunden an mindestens vier Werktagen pro Woche eine Kindergartengruppe besuchen. Insoweit ist von Besuchspflicht auszugehen. Die Gemeinde hat die Eltern der in Betracht kommenden Kinder spätestens im Dezember vor dem Beginn des verpflichtenden Kindergartenjahr schriftlich über die Besuchspflicht zu informieren. Ausnahmen davon sind nur unter bestimmten in Abs. 4 genannten Voraussetzungen möglich (z.B. medizinische Gründe, schwierige Erreichbarkeit, vorzeitiger Schulbesuch, Besucher des Übungskindergartens, häusliche Erziehung).

Besuchspflichtige Kinder dürfen der Kindergartengruppe nur im Fall einer gerechtfertigten Verhinderung fernbleiben, wobei insbesondere eine Erkrankung des Kindes oder der Eltern, bei Urlaub im Ausmaß von höchstens drei Wochen innerhalb des Kindergartenjahres und bei außergewöhnlichen Ereignissen solche Umstände darstellen.

Mindestens zweimal pro Jahr sind Elternversammlungen für die Kinderbetreuungsgruppen durchzuführen. Der Termin ist den Eltern zu mindestens zwei Wochen im Voraus anzukündigen und dem Erhalter mitzuteilen. Die Hälfte der Eltern jener Kinder, die Kinderbetreuungsgruppe besuchen, haben das Recht die Einberufung einer Elternversammlung binnen 14 Tagen zu verlangen. Ein Elternbeirat ist einzusetzen, wenn sich die Mehrheit der bei der Elternversammlung anwesenden Eltern dafür ausspricht (§ 27).

Die Eltern sind dazu verpflichtet, mit dem Erhalter und den pädagogischen Fachkräften zusammenzuarbeiten sowie die bei der Aufnahme des Kindes und gegebenenfalls in der Kinderbetreuungseinrichtungsverordnung festgelegten Pflichten einzuhalten. Weiters haben die Eltern für eine entsprechende Körperpflege und Kleidung ihrer Kinder zu sorgen. Sie haben Kinder im noch nicht schulpflichtigen Alter in die Kinderbetreuungseinrichtung zu bringen und von dort rechtzeitig abzuholen oder dafür zu sorgen, dass die Kinder auf dem Weg zur und von der Kinderbetreuungseinrichtung von einer geeigneten Person begleitet werden (§ 28 Abs. 1- 3). Weiters sind die Eltern dazu verpflichtet, den vom Erhalter festgesetzten Beitrag für den Besuch der Kinderbetreuungseinrichtung regelmäßig zu entrichten und die Leitung über anzeigepflichtige Krankheiten des Kindes oder von Personen, die im selben Haushalt mit dem Kind leben, unverzüglich zu verständigen (Abs. 5 und 6). Abs. 7 dieser Bestimmung sieht vor, dass in Kinderkrippen und Kindergärten den Kindern das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, die mit der Verhüllung des Hauptes verbunden ist, verboten ist. Dafür haben die Eltern zu sorgen. Im Fall von Verstößen ist das Gespräch mit den Eltern zu suchen.

§ 29 regelt den Mindestpersonaleinsatz. Das Personal muss eigenberechtigt sowie körperlich, persönlich und fachlich geeignet sein und über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. Weiters ist nachweislich ein Erste- Hilfe-Kurs zu absolvieren. Abs. 2 dieser Bestimmung regelt, dass jede Kinderbetreuungsgruppe durch eine pädagogische Fachkraft verantwortlich zu führen ist. Für jede Kinderkrippengruppe ist zumindest eine pädagogische Fachkraft und zumindest eine Assistenzkraft heranzuziehen.

Abs. 4 sieht vor, dass für jede Kindergartengruppe zumindest eine pädagogische Fachkraft

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heranzuziehen. Jede Integrationsgruppe ist mit 2 pädagogischen Fachkräften zu besetzen, wobei mindestens eine die Diplomprüfung für Sonderkindergärten und Frühförderung abgelegt haben muss.

In den Randzeiten nach §11 Abs.3 darf auch nur eine Betreuungsperson alleine anwesend sein, bei Integrationsgruppen ist hier das Einvernehmen mit der Landesregierung herzustellen.

Gemäß § 29 Abs. 9 ist im Fall der Abwesenheit der gruppenführenden pädagogischen Fachkraft wegen Krankheit, Fortbildung oder sonstiger triftiger Gründe die Assistenzkraft auf Anordnung des Erhalters befugt, für den Zeitraum von höchstens fünf aufeinander folgenden Öffnungstagen die Betreuung der Kinder in der betreffenden Kinderbetreuungsgruppe allein zu übernehmen. Andererseits ist gemäß Abs. 8 im Fall der Abwesenheit einer verpflichtend heranzuziehenden Assistenzkraft wegen Krankheit, Fortbildung oder sonstiger triftiger Gründe die pädagogische Fachkraft befugt, für den Zeitraum von höchstens fünf einander folgenden Öffnungstagen die Betreuung der Kinder allein zu übernehmen.

In einer Kinderbetreuungseinrichtung dürfen Betreuungspersonen nur unter der Voraussetzung beschäftigt werden, dass sie nicht wegen der Begehung einer strafbaren Handlung, die eine Gefährdung des Kindeswohls vermuten lässt, gerichtlich verurteilt worden sind, es sei denn, dass die Verurteilung getilgt ist oder der Beschränkung über die Erteilung von Auskünften aus dem Strafregister nach den tilgungsrechtlichen Vorschriften unterliegt.

§29a verpflichtet die Betreuungspersonen mindestens alle 4 Jahre einen Erste-Hilfe-Kurs zu absolvieren und zumindest im Ausmaß von 15 Stunden pro Jahr an Forbildungsveranstaltungen teilzunehmen.

Fachliche Anstellungserfordernisse für pädagogische Fachkräfte in Kinderkrippengruppen und Kindergartengruppen sind die Ablegung der Reife- und Diplomprüfung für Kindergärten oder der Diplomprüfung für Kindergartenpädagogik, wobei in Kinderkrippengruppen die Zusatzausbildung in Früherziehung erforderlich ist (§ 31 Abs. 1 lit.a+b). Für pädagogische Fachkräfte in e Integrationskinderkrippen- und Integrationskindergartengruppen ist die erfolgreiche Ablegung der Diplomprüfung für Sonderkindergärten und Frühförderung erforderlich.

Eingeführt wurde in § 32a ein Qualifizierungslehrgang für Assistenzkräfte, der innerhalb von 3 Jahren nach der Aufnahme der Arbeitstätigkeit zu absolvieren ist, wobei ein diesbezüglicher Ausbildungsnachweis vorzulegen ist.

Neben weiteren organisatorischen Regelungen findet sich in § 36 eine besonders wichtige Regelung im Zusammenhang mit Aufsichts-, Melde -und Verschwiegenheitspflicht.

Abs. 1 regelt, dass die Betreuungspersonen die Kinder während des Besuchs der Kinderbetreuungseinrichtung zu beaufsichtigen haben und die Aufsichtspflicht des Personals mit der Übernahme des Kindes beginnt. Sie endet bei nicht schulpflichtigen Kindern mit der Übergabe an die Eltern oder an Personen, die von den Eltern zu Übernahme des Kindes bevollmächtigt wurden. Bei schulpflichtigen Kindern endet die Aufsichtspflicht nach dem Verlassen der Kinderbetreuungseinrichtung.

Betreuungspersonen haben dem Jugendwohlfahrtsträger den Verdacht der Vernachlässigung, der Misshandlung oder des sexuellen Missbrauchs von Kindern, die in der Kinderbetreuungseinrichtung betreut werden, unverzüglich zu melden (Abs.2).

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Soweit keine besonderen gesetzlichen Auskunftspflichten bestehen, sind die Personen, die mit der Betreuung betraut sind, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus dieser Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse einer Person besteht, verpflichtet. Weitergehende Verschwiegenheitspflichten aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften werden dadurch nicht berührt (Abs.3).

Der folgende Abschnitt befasst sich mit der Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen und Förderrichtlinien, wobei in § 39 von einem angemessenen Entgelt für die Kinderbetreuung zur Kostendeckung von den Eltern gesprochen wird.

Der folgende Abschnitt (§ 41 f) befasst sich mit der Aufsicht über Kinderbetreuungseinrichtungen und weist diese der Landesregierung zu, die die Aufsicht dahingehend auszuüben hat, dass die Erhalter die ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben erfüllen und die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kinderbetreuung einhalten (rechtliche Aufsicht) und andererseits die Betreuungspersonen die Bildung, Betreuung, Erziehung und Pflege der Kinder in den Kinderbetreuungseinrichtungen entsprechend den gesetzlich vorgesehenen pädagogischen Grundsätzen erfüllen (pädagogische Aufsicht).

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Exkurs Strafrecht

Grundsätze:

Prinzip der Rechtsstaatlichkeit:

Strafrechtliche Verurteilungen dürfen nur wegen Handlungen oder Unterlassungen erfolgen, welche bereits zur Zeit der Begehung mit Strafe bedroht waren (Keine Strafe ohne Gesetz);

Rückwirkungsverbot!

Auch der anzuwendende Strafrahmen orientiert sich am Zeitpunkt der Tatbegehung.

Schuldprinzip:

Keine Strafe ohne schuldhaftes Verhalten des Täters. Voraussetzung für jede Bestrafung ist die Schuld des Täters.

Schuldformen im Strafrecht: Absichtlichkeit, Wissentlichkeit, (bedingter) Vorsatz, grobe und leichte Fahrlässigkeit.

Voraussetzung für Strafbarkeit ist ein vom menschlichen Willen beherrschbares Verhalten (Zurechnungsfähigkeit !!)

Der Tatbestand:

Der Täter muss alle deliktsspezifischen Unrechtsmerkmale erfüllen. Zu unterscheiden sind objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale.

Unter objektiven Tatbestandsmerkmalen sind die äußerlich erkennbaren, klar nach außen tretenden Geschehensabläufe zu verstehen; demgegenüber ist die subjektive Tatseite im seelischen Bereich des Täters angesiedelt und daher regelmäßig schwieriger nachzuweisen.

z.B.: Sachbeschädigung:

objektiv: Zerstörung der fremden Sache (Fernseher) durch den Verdächtigen

subjektiv: zumindest die Bereitschaft, die Zerstörung herbeizuführen (bedingter Vorsatz) Immer dann, wenn das Gesetz nichts anderes ausdrücklich vorsieht, ist zur Erfüllung des Tatbestandes Vorsatz nötig. Bsp. für abweichende Schuldform: absichtliche schwere Körperverletzung mit Todesfolge, fahrlässige Tötung u.v.a.

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Vorsatzformen:

Absichtlichkeit: dem Täter kommt es darauf an, den Umstand oder Erfolg zu verwirklichen.

Wissentlichkeit: der Täter hält Schadenseintritt nicht nur für möglich, sondern für gewiss.

Bedingter Vorsatz: der Täter hält Schadenseintritt für möglich und findet sich damit ab, nimmt Schadenseintritt also in Kauf.

Fahrlässigkeit:

Bei Vornahme einer objektiv sorgfaltswidrigen Handlung (Verstoss gegen Vorrangregelung führt zu fahrlässiger Körperverletzung bei Verkehrsunfall!) ist Fahrlässigkeit anzunehmen (Täter denkt sich: „es wird schon nichts passieren“).

Rechtswidrigkeit:

Voraussetzung für Strafbarkeit ist Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens. Eine tatbestandsmäßige Handlung ist dann rechtswidrig, wenn sie einer rechtlich vorgeschriebenen Handlungs- oder Unterlassungspflicht widerspricht und nicht durch einen Rechtfertigungsgrund gebilligt wird (Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, Strafgesetzbuch etc.).

Rechtfertigungsgründe:

Bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes ist eine tatbestandmäßige (also an sich strafbare) Handlung erlaubt und führt nicht zu einer Verurteilung.

a) Notwehr:

Bei Vorliegen eines rechtswidrigen Angriffs auf Leben, körperliche Integrität, Freiheit oder Vermögen darf der Angegriffene das zur Abwehr notwendige, schonendste Verteidigungsmittel anwenden. Z.B.: tätlicher Angriff mit einem Messer; gerechtfertigt wäre u.a. Abwehr mit Holzstock, unter Umständen auch Verwendung einer Handfeuerwaffe.

b) Rechtfertigender Notstand:

Verletzung eines erheblich geringerwertigen Rechtsgutes zur Rettung eines höherwertigen.

Z.B.: Um das Niederfahren eines Kindes zu vermeiden, wird eine Mülltonne in die Fahrlinie des

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herannahenden Fahrzeuges geschoben – Rechtsgut Leben geht Beschädigung des Vermögens (PKW, Mülltonne) vor – keine Sachbeschädigung!!!

c) Amtspflicht und Dienstpflicht der Exekutive:

z.B.: Festnahme, Waffengebrauch u.a.

d) Allgemeines Anhalterecht:

wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine Person eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung ausgeführt hat oder ausführt, bzw. wenn nach ihr gefahndet wird, ist jeder berechtigt, die jeweilige Person auf angemessene Art und Weise anzuhalten, bis Polizei/Gendarmerie eintrifft.

Schuld:

Schuldfähigkeit wird mit Vollendung des 14. Lebensjahres angenommen; davor besteht grundsätzlich Schuldunfähigkeit. Schuldunfähigkeit kann auch bis 18 bei attestierter verzögerter Reife vorliegen. Bei Erwachsenen liegt Schuldunfähigkeit nur dann vor, wenn nachgewiesen ist, dass Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund Geisteskrankheit, Schwachsinn, tiefgreifender Bewusstseinsstörung oder gleichwertiger seelischer Störung unzurechnungsfähig war.

z.B.: Drogenrausch, Debilität etc.

Maßgeblich ist auch das Unrechtsbewusstsein, wobei Unwissenheit aber nicht vor Strafe schützt.

Strafaufhebungs- und ausschließungsgründe:

An sich strafbares Verhalten führt bei Vorliegen derartiger Umstände nicht zu Verurteilung:

Verjährung, Begnadigung, Immunität, tätige Reue, etc.

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Versuch:

In der österreichischen Rechtsordnung ist der Versuch gleich strafbar, wie die Tatvollendung.

Versuch liegt dann vor, wenn ausführungsnahe Vorbereitungshandlungen gesetzt wurden.

z.B.: Täter trifft das Opfer mit einem gezielten Schuß aus der Pistole nicht,

Bestrafung wegen Versuch erfolgt nur dann nicht, wenn ein Täter freiwillig die Tatausführung aufgibt, nicht schon dann, wenn er diese aufgeben muss (z.B.: weil die Polizei kommt).

BETEILIGUNG:

Unmittelbar Tatausführender, Bestimmungstäter (Anstifter) und Beitragstäter (Helfer) werden prinzipiell gleich behandelt und sind nach der gleichen Bestimmung zu bestrafen.

Verbrechen – Vergehen:

Verbrechen sind vorsätzliche Handlungen, die mit mehr als 3-jähriger Freiheitsstrafe bedroht sind; alle anderen strafbaren Handlungen sind Vergehen.

Einteilung der Delikte:

Das Strafgesetzbuch als zentrale Norm der österreichischen Strafgesetzgebung unterteilt grob strafbare Handlungen gegen Leib und Leben, gegen fremdes Vermögen, gegen die Rechtspflege, gegen die Ehre, gegen die Sittlichkeit u.a.

Auch in verschiedenen strafrechtlichen Nebengesetzen wie beispielsweise dem SuchtgiftG sind verschiedene Delikte dargestellt.

-Delikte gegen Leib und Leben:

Körperverletzung, Mord, Totschlag, fahrlässige Tötung, unterlassene Hilfeleistung, Im-Stich- Lassen eines Verletzten etc.

-Delikte gegen fremdes Vermögen:

Sachbeschädigung, Diebstahl, Betrug, Unterschlagung, Veruntreuung etc.

-Delikte gegen die Ehre:

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Ehrenbeleidigung (Privatanklage!), üble Nachrede -Delikte gegen die Rechtspflege:

Falsche Beweisaussage vor Gericht, -Delikte gegen die Sittlichkeit:

Unzucht mit Minderjährigen, Vergewaltigung

Mögliche Strafsanktionen im Fall einer Verurteilung:

Geldstrafe:

Wird in Tagessätzen bemessen, wobei sich die Höhe des Tagessatzes an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters orientiert. Z.B.: 90 TS zu je € 50 ergibt Strafe von € 4500,-- Gleichzeitig ist für den Fall der Uneinbringlichkeit auf eine Ersatzfreiheitsstrafe zu erkennen, wobei ein Tag Freiheitsstrafe 2 Tagessätzen entspricht; 90 TS entspricht 45 Tagen EFS

Freiheitsstrafe:

Höhe deliktsabhängig, von 6 Monaten bis „lebenslänglich“

Diversion:

Immer häufiger wird im Rahmen des außergerichtlichen Tatausgleichs bei wenig gravierenden Straftaten eine Konfliktbereinigung zwischen Opfer und Täter angestrebt. Auch gemeinnützige Leistungen können nach Sachbeschädigungen an öffentlichen Einrichtungen dem Täter auferlegt werden.

Im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes (01.01.2016) erfolgte eine teilweise Anhebung der Strafrahmen für Delikte gegen Leib und Leben und eine Ausweitung der Anwendung des JGG (Jugendgerichtsgesetz) auf Personen bis zum 21. Lebensjahr. Die von Rechtsanwendern erhoffte Strafverschärfung bei Sittlichkeitsdelikten blieb jedoch weitgehend – abgesehen von der Einführung des „Grapscherparagraphen“, dessen Sinnhaftigkeit sich erst zeigen wird – aus.

Strafzweck im österreichischen Strafrecht:

Spezial- und Generalprävention, also Abschreckung des Täters bzw. der Allgemeinheit vor der Begehung von Straftaten.

Wichtig: Strafzweck ist nicht Sühne bzw. Rache

Es besteht für den Strafrichter die Möglichkeit, Strafen bedingt auszusprechen, das bedeutet, dass der Täter die verhängte Strafe nicht verbüßen muss, wenn er sich in einem zu

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bestimmenden Zeitraum (idR 3 Jahre) wohlverhält und nicht erneut einschlägig straffällig wird.

Bei neuerlicher Verurteilung wäre die bedingte Strafnachsicht zu widerrufen und die Strafe zu vollziehen.

Weiters kann der Strafrichter flexibel eine Kombination aus unbedingter Geld- und bedingter Freiheitsstrafe verhängen, wenn dies zur Erreichung des Strafzwecks dienlich erscheint.

Liegt mangelnde Strafwürdigkeit der Tat vor, ist eine mit nicht mehr als 3 Jahren Freiheitsstrafe bedrohte Straftat nicht strafbar. Dies ist dann der Fall, wenn die Schuld des Täters gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, oder sich der Täter zumindest ernstlich darum bemüht hat, die Folgen der Tat im Wesentlichen zu beseitigen, gutzumachen oder sonst auszugleichen.

Alle strafgerichtlichen Verurteilungen werden im Strafregister zentral erfasst. Nach einer gewissen Zeit tritt außer bei lebenslänglichen Freiheitsstrafen Tilgung ein, sodass die Verurteilung nicht mehr aufscheint.

(16)

IV)

Zur Ausübung der Aufsichtspflicht

Die in § 36 Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz grundsätzlich geregelte Aufsichtspflicht des Personals der Kinderbetreuungseinrichtung ist an dieser Stelle des Gesetzes lediglich in zeitlicher und örtlicher Hinsicht präzisiert. Schon das Begriffsbild „Aufsichtspflicht“ lässt keinen großen Interpretationsspielraum dahingehend zu, wie diese Verpflichtung wahrzunehmen ist.

Grundsätzlich hat das Personal der Kinderbetreuungseinrichtung „auf Sicht“ mit den in der Kinderbetreuungseinrichtung aufhältigen Kindern zu sein.

Generelle Regelungen, wie die Aufsichtspflicht standardisiert auszuüben ist, gibt es nicht.

Bei der Beurteilung, ob Aufsichtspflichtverletzungen vorliegen oder nicht, ist somit auf die allgemeinen Rechtsgrundlagen zurückzugreifen, aus denen dann im Einzelfall abgeleitet werden kann, ob Sorgfaltsverstöße vorliegen, welche zur Begründung einer Haftung des Personals der Kinderbetreuungseinrichtung führen können.

Grundsätzlich ist die Aufsichtspflicht so zu verstehen, dass in geeigneter Form auf die betreuten Kinder zu achten ist und diese so zu betreuen sind, dass weder sie selbst noch andere durch die beaufsichtigten Kinder geschädigt werden. Nicht jede Schädigung eines im Kindergarten betreuten Kindes bedeutet aber automatisch, dass die Aufsichtspflicht durch das Personal der Kinderbetreuungseinrichtungen vernachlässigt wurde. Der Aufsichtspflicht ist gerade bei der Betreuung von Kindern in Kinderbetreuungseinrichtungen der pädagogische Wunsch der Erziehung der Kinder zur Eigenverantwortung und Selbstständigkeit gegenüberzustellen. In diesem Spannungsfeld bedarf es intensiver und weitreichender Überlegungen und Interessenabwägungen, wie beiden Zielen – Sicherheit und pädagogische Zielsetzungen – Rechnung getragen werden kann.

Aus juristischer Sicht ist darauf hinzuweisen, dass Voraussetzung für ein haftungsbegründendes Verhalten und daran anknüpfende zivilrechtliche, strafrechtliche und disziplinarrechtliche Konsequenzen ein Verschulden des Aufsichtspflichtigen ist. Es gibt verschiedene Verschuldensformen auf welche nachstehend kurz eingegangen wird:

– Von vorsätzlichem Handeln spricht man dann, wenn – bezogen auf die Aufsichtspflicht – einem Kind bewusst und gewollt Schaden zugefügt wird. Es genügt jedoch schon, wenn die Aufsichtsperson einen Schadenseintritt durchaus für möglich hält und diesen auch in Kauf nimmt (bedingter Vorsatz).

– Fahrlässigkeit liegt grundsätzlich dann vor, wenn die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen wird und dadurch ein Schaden eintritt. Bezogen auf Aufsichtspflichten ist dann von Fahrlässigkeit auszugehen, wenn die Aufsichtsperson die ihr zumutbare und von ihr aufgrund ihrer Ausbildung zu erwartende Sorgfalt nicht aufwendet und einen vorhersehbaren Schaden – der von ihr jedoch an sich nicht in Kauf genommen wird – dadurch eintreten lässt.

Sowohl bei vorsätzlichem als auch bei fahrlässigem Handeln, welches einen Schadenseintritt begründet, ist mit strafrechtlichen, zivilrechtlichen und auch disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

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Auch wenn in zivilrechtlicher Hinsicht die unmittelbaren Auswirkungen von Aufsichtspflichtverletzungen für Aufsichtspersonen nicht zwingend spürbar sein müssen – so entsprechende Haftpflichtversicherungen seitens der Rechtsträger bestehen und kein vorsätzliches Handeln bzw. grob fahrlässiges Handeln zu unterstellen ist, welches zu einem Aussteigen der Versicherung führen könnte – ist grundsätzlich vom Personal der Kinderbetreuungseinrichtung ein adäquater Qualitätsstandard bei der Ausübung der Aufsicht zu fordern.

In strafrechtlicher Hinsicht besteht in keinem Fall Versicherungsschutz. Hier geht das Interesse des Staates an einem funktionierenden Sozialgefüge in jedem Fall vor. Der Staatsanwalt klagt Verstöße gegen das Strafgesetzbuch und auch gegen strafrechtliche Nebengesetze in geeigneter Form an. Bezogen auf Verletzungen der Aufsichtspflicht und daran anknüpfenden Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität der Kinder kommt als relevantes Delikt nach dem Strafgesetzbuch primär die „fahrlässige Körperverletzung“ infrage.

Orientierungshilfe dafür, wie die Aufsichtspflicht qualitativ richtig ausgeübt wird, bietet die Rechtsprechung, welche unter anderem auch für Personal von Kinderbetreuungseinrichtungen verschiedene Kriterien erarbeitet hat, welche für die Beurteilung von Aufsichtspflichtverletzungen von maßgeblicher Bedeutung sind. In einer Vielzahl von Entscheidungen wurde von österreichischen Gerichten als zentrale Kriterien für das Ausmaß der erforderlichen Aufsicht das Alter, der Entwicklungsstand und die Reife des Kindes herangezogen. Grundsätzlich ist dies so zu verstehen, dass je älter bzw. reifer die aufsichtspflichtigen Kinder sind desto mehr die Eigenverantwortung der Kinder in Anspruch genommen werden kann. Keineswegs ist dies aber so zu verstehen, dass bei Kindern nahe dem Schuleintrittsalter keine Aufsicht mehr erforderlich wäre. Lediglich das Ausmaß der geforderten Aufsicht lässt leicht nach. Jedenfalls ist das Ausmaß der Aufsichtspflicht immer einzelfallabhängig zu beurteilen. In einigen Entscheidungen ist davon die Rede, dass von einer sorgfältigen Aufsichtsperson im Kindergarten kein anderes Verhalten als von einem sorgfältigen Elternteil zu erwarten sein kann. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der speziellen Ausbildung und den speziell in der Praxis gewonnenen Erfahrungen bei der Betreuung von Kindern in Teilbereichen ein gegenüber Eltern erhöhter Sorgfaltsmaßstab gefordert wird. Dies ist insbesondere in jenen Bereichen der Fall, wo beispielsweise in Kinderbetreuungseinrichtungen Spielgeräte verwendet werden, welche nicht üblicherweise auch Eltern bei der Kinderbetreuung zur Verfügung stehen. Hier führt die erworbene Fachkenntnis von Personal von Kinderbetreuungseinrichtungen zu einem gegenüber Eltern erhöhten Sorgfaltsmaßstab.

Nachstehend werden einige Fallkonstellationen dargestellt, aus denen die Intention der Rechtsprechung bei der Beurteilung von Aufsichtspflichtverletzungen abgeleitet werden kann:

– OGH 30.10. 1991,1 OB 8/91:

Grundsätzlich sind Kinder bei der Einführung in den Kindergarten in die Spielgeräte und die damit verbundenen Gefahren einzuweisen. Bei alleiniger Beaufsichtigung einer 10-bis 15 köpfigen altersgemischten Sammelgruppe ist dafür Vorsorge zu treffen, dass die an verschiedenen Spielgeräten im Hof spielende Kindergruppe der Aufsicht der Kindergärtnerin nicht entgleitet. Im konkreten Fall kam es zur Verletzung eines Kindes beim Spiel auf einer Rutsche, an dem 6-8 Kinder teilnahmen; obwohl die Kinder zu Beginn des Kindergartenjahres im Zuge der Einführung in die im Hof befindlichen Spielgeräte belehrt worden waren, dass sie die Rutschfläche der Kinderrutsche nicht „hinauflaufen“ dürfen, war eines der Kinder „auf allen Vieren“ die Rutschfläche hinaufgeklettert, wurde jedoch dabei von einem Kind, welches von

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oben abrutschen wollte von der Rutsche hinuntergestoßen und erlitt dabei erhebliche Verletzungen. Dem Personal der Kinderbetreuungseinrichtung war dieser Vorfall gar nicht aufgefallen Als maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung einer allfälligen Aufsichtspflichtverletzung forderte in dieser Entscheidung das Höchstgericht, dass entweder die Einhaltung der Spielordnung beobachtet wird, oder sich das Personal der Kinderbetreuungseinrichtung in unmittelbarer Nähe zum Spielgerät mit der Möglichkeit befindet, bei Ordnungsstörungen zumindest durch Zuruf eingreifen zu können. Ausdrücklich hob der Oberste Gerichtshof hier hervor, dass keinesfalls die an mehreren Spielgeräten spielenden Kinder unbeaufsichtigt an diesen Geräten zurückgelassen werden dürfen. Das Spiel an gefahrenträchtigen Geräten-dazu zählt laut Oberstem Gerichtshof eine Rutsche, eine Schaukel und auch ein Karussell – muss auch bei nur vorübergehender Abwesenheit der Aufsichtsperson bzw. nur eingeschränkt möglicher Aufsicht vorübergehend unterbunden werden. Da die Kindergärtnerin den gesamten Vorfall nicht einmal wahrgenommen hatte, zeugte dies von einer signifikanten Verletzung der Aufsichtspflicht.

– OGH 30. Januar 1980,1 OB 42/79:

Hier wurde vom Obersten Gerichtshof hervorgehoben, dass auf einem unvorhersehbaren Ereignis basierende Geschehnisse mangels eines Verschuldens des an sich Aufsichtspflichtigen grundsätzlich nicht verschuldensbegründend wirken können. Im konkreten Fall hatte sich ein Kind aus der spielenden Gruppe losgerissen, um zur das Kind abholenden Mutter zu laufen und war bei diesem Vorgang mit einem anderen spielenden Kind zusammengestoßen, welches dabei verletzt worden war. Hier beurteilte der Oberste Gerichtshof, dass die Kindergärtnerin grundsätzlich kein Verschulden treffe, da dieser Unfall auf einem unvorhersehbaren Ereignis basiert habe und dementsprechend nicht zu verhindern gewesen sei. In dieser Entscheidung wurde auch hervorgehoben, dass die Unterlassung der Beiziehung eines Arztes nur dann verschuldensbegründend ist, soweit die Notwendigkeit diesbezüglich erkennbar gewesen wäre. Die Notwendigkeit kann sich einerseits aus dem Geschehen an sich ergeben oder aus den erkennbaren Folgen. Stürzt beispielsweise ein Kind aus erheblicher Höhe auf den Kopf, lässt sich in der Folge jedoch nichts anmerken und sind auch keine Folgen unmittelbar erkennbar, bedarf es dennoch der Konsultation eines Arztes bzw.

zumindest der Information der Eltern und Anraten der Konsultation eines Arztes, weil üblicherweise mit derartigen Sturzgeschehen auf den Kopf auch erst später hervorkommende Verletzungen verbunden sein können. Auch dann, wenn ein an sich wenig signifikantes Sturzgeschehen zu erkennbaren und sichtbaren Folgen führt (z.B. Schwindelgefühl, Verdrehen der Augen, Übelkeit, offene Verletzung, etc.) ist ärztliche Hilfe anzufordern. Im Zweifel wird sich die Konsultation eines Arztes anbieten.

– OGH 11.2.2019 97,10 Ob 2441/96 k:

Hier wurde beurteilt, dass grundsätzlich die Gestattung des Schaukelns eines vierjährigen Kindes auf einer Wippschaukel durch das Personal einer Kinderbetreuungseinrichtung keinen Sorgfaltsverstoß darstellt. Die Kindergärtnerin befand sich 7-8 m von der Schaukel entfernt als das zweite auf der Wippschaukel befindliche Kind von der anderen Schaukelseite absprang.

Aus der Sicht der Gerichte konnte der Unfall nicht verhindert werden, da das Verhalten des zweiten Kindes nicht zu erwarten gewesen sei. Hier wurde ausgesprochen, dass auch durch sorgfältige Beaufsichtigung das Risiko bei Spielgeräten nie ganz ausgeschaltet werden kann.

Eine Haftung der Kindergärtnerin wurde verneint.

– Landesgericht Innsbruck 6.5.1998,4 R 182/98 p:

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Gegenstand dieser Entscheidung war ein 4,5 Jahre altes Kind welches in der Kinderbetreuungseinrichtung beim Spiel mit Schaumstoffwürfeln der Dimension 500 × 250 × 250 mm mehrere der Schaumstoffwürfel in einem unbeaufsichtigten Moment übereinandergestapelt hatte und darauf wippte, was letztlich zum Sturz des Kindes aus rund einem halben Meter Höhe mit seinem Gesicht auf einen Laminatboden führte. Matten waren hier nicht verlegt. In dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, dass zwar die Aufsichtspflicht grundsätzlich nicht zu überspannen sei, jedoch die Kindergartenpädagogin damit rechnen hätte müssen, dass sich das Kind auf dem harten Laminatboden verletzen könnte. Der zum Spiel mit Schaumstoffwürfeln ungeeignete Untergrund und die diesbezügliche Sorglosigkeit der Kindergartenpädagogin wurden hier haftungsbegründend herangezogen.

– Landesgericht für Zivilsachen Wien 14. Mai 1996,37 R 168/96x:

Ein sechsjähriges, unauffälliges und ruhiges Kind wurde von einem anderen Kind, welches vermutlich das vom Sechsjährigen benützte Dreirad haben wollte, gestoßen, wodurch dieses zu Sturz kam und sich eine kleine Wunde am Hinterkopf zuzog. Das Gericht führte hierzu aus, dass die Verwendung eines Dreirades durch ein sechsjähriges Kind keinesfalls eine gefahrenträchtige Tätigkeit darstelle, die einer ständigen Überwachung bedürfe. Das Geschehen, welches zur Verletzung des sechsjährigen Kindes führte, sei für die Kindergärtnerinnen weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen. Eine Haftung wurde hier verneint.

– OGH 30. September 1996,6 OB 2068/96:

Anlässlich einer Grillveranstaltung im Kindergarten erlitt eines der Kinder schwerste Brandverletzungen und verstarb. Der Unfall ereignete sich dadurch, dass die Kindergartenhelferin des Grillfeuer mit Brennspiritus anzufachen versuchte, wodurch sich eine explosionsartige Stichflamme entwickelte, die das Kind erfasste. Die Haftung der Kindergartenhelferin wurde bejaht.

– OGH 4. September 2002,9 OB 202/02z:

Hier war Gegenstand, dass ein in der Kinderbetreuungseinrichtung spielendes Kind sich ein am Kindergartengelände liegendes Drahtstück ins Auge gerammt hatte. Der OGH sprach aus, dass die von einem auf dem Kindergartengelände liegenden Drahtstück ausgehende Gefahr bei pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbar gewesen wäre, sodass der Umstand, dass dieses Drahtstück dem Kind ins Auge drang, haftungsbegründend wirkte. Als maßgeblich wurde hier unterstellt, dass keine ausreichenden Vorkehrungen für das Auffinden und die Beseitigung eines derartigen Drahtstückes im Vorfeld getroffen worden waren.

– OGH 11. Juli 2006,1 OB 107/06a:

Ein sechsjähriges Kind hatte sich in einem öffentlichen Kindergarten eine Verletzung eines Fingers zugezogen, als ein hölzerner Liegestuhl zusammengeklappt war. Dieser Unfall wurde auf die mangelhafte Beaufsichtigung durch das Personal der Kinderbetreuungseinrichtung zurückgeführt, weswegen die den Kindergarten betreibende Gemeinde zu Schadenersatzleistungen an das Kind verpflichtet wurde.

– OGH 25. November 2008,9 OB A 111/08a:

Gegenstand dieses arbeitsgerichtlichen Verfahrens war ein Vorfall, bei dem eine Kindergärtnerin einem in hohem Maße verhaltensauffälligen und deshalb als

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„Integrationskind“ eingestuften Kind ihrer Gruppe eine Ohrfeige versetzt hatte. Dieser Ohrfeige war aufgrund des Verhaltens des Kindes eine für die Kindergärtnerin überaus schwierige und belastende Situation vorangegangen. Dennoch wurde seitens des Dienstgebers die Entlassung der Kindergärtnerin nach dem VBG ausgesprochen. Wie schon das Erstgericht und das Berufungsgericht vertrat der oberste Gerichtshof die Auffassung, dass eine von einer Kindergärtnerin gesetzte Tätlichkeit gegen ein schutzbefohlenes Kind den Interessen des Dienstes abträglich sei und das Vertrauen der Allgemeinheit in die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben eines städtischen Kindergartens erschüttere. Dementsprechend erfolgte die Entlassung zu Recht.

In einer weiteren Entscheidung des OGH aus dem Jahr 2017 im Zusammenhang mit einem Turnunfall in einem Kindergarten, bei dem ein fünfjähriges Kind von einer in einer Sprossenwand eingehängten Bank gefallen war, während die Aufsichtsperson nicht unmittelbar neben der Rutschbank stehen hatte können, weil sie zu diesem Zeitpunkt 21 Kinder allein zu betreuen hatte, wurde eine Aufsichtspflichtverletzung bejaht. Diese Entscheidung, die sich wiederholend auf sämtlichen bereits mehrfach zitierten Argumenten stützte, wurde unter Anderem vom Berufsverband der Kindergarten- und Hortpädagogen als

„realitätsfremd“ kritisiert, zeigt jedoch, dass die juristische Perspektive eben eine andere ist, als jene der Personenkreise, die mit der Betreuung und Beaufsichtigung von Kindern befasst sind.

V)

Kinderrechte

1) Kinder und ihre besondere Stellung in der Gesellschaft

Die volle Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod.

Ausfluss der Rechtsfähigkeit ist die Handlungsfähigkeit, also die Fähigkeit durch eigenes Verhalten Rechte und Pflichten zu begründen. Diese Fähigkeit erwirbt der Mensch nicht schon mit seiner Geburt, sie wird ihm vielmehr von der Rechtsordnung zuerkannt. Kriterium dafür ist die Fähigkeit Angelegenheiten in vernünftiger und sachgerechter Weise zu ordnen und sich rechtskonform zu verhalten. Voll handlungsfähig ist der geistig gesunde Erwachsene. Personen, die unter anderem wegen ihres geringen Alters die Folgen ihrer Handlungen nicht richtig abschätzen können, sind nur beschränkt handlungsfähig und stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze (§ 21 ABGB). Dies ist als Fürsorgemaßnahme für schutzbedürftige Personen zu verstehen. Sie sollen einerseits vor Übervorteilung im Geschäftsverkehr bewahrt werden, andererseits werden Ihnen wegen ihres mangelnden Einsichtsvermögens ihre Pflichtverstöße nicht oder nicht in dem Maße angerechnet, wie voll Handlungsfähigen. Die geistige Reife des Menschen ist typisch vom Alter abhängig. Insoweit sieht das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch vier Altersstufen vor: Personen unter sieben Jahren (Kinder), Personen bis 14 Jahren (unmündige Minderjährige) und Personen zwischen 14 und 18 Jahren (mündige Minderjährige). Personen über 18 Jahren werden als Volljährige bezeichnet.

(21)

Ausfluss dieser schutzwürdigen Stellung der Kinder ist die Notwendigkeit, diese zu pflegen und zu erziehen, ihr Vermögen zu verwalten und sie in diesen sowie allen anderen Angelegenheiten zu vertreten. Diese Tätigkeiten werden in der österreichischen Rechtsordnung unter dem Oberbegriff der Obsorge zusammengefasst.

Die Rechte und Pflichten von Vater und Mutter des Kindes sind bei aufrechter Ehe gleich geregelt. Die Eltern sollen deshalb auch in der Ausübung dieser Rechte und Pflichten einvernehmlich vorgehen.

Können sich die Eltern nach einer Scheidung oder Trennung in der Frage der Obsorge nicht einigen, dann hat diesbezüglich das Gericht zu entscheiden. In Obsorgestreitfällen kann vom Gericht – sofern es dem Kindeswohl entspricht – eine Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung (Abkühlungsphase) angeordnet werden. Das bedeutet, dass die bisherige Obsorgeregelung für sechs Monate vorerst aufrecht bleibt und die Details des Kontaktrechtes (Besuchsrechtes), die Pflege und Erziehung des Kindes sowie die Unterhaltsleistung für diese Phase gleich geregelt werden müssen. Dann jedoch, wenn eine Abkühlungsphase dem Kindeswohl nicht entspricht, weil beispielsweise Gewalt im Spiel ist, darf diese vom Gericht nicht angeordnet werden. Das Gericht muss dann gleich über die Frage der Obsorge entscheiden. Es kann dabei einen Elternteil alleine mit der Obsorge betrauen, kann aber auch beide gemeinsam mit der Obsorge befassen, wenn es dem Kindeswohl entspricht und die Phase gezeigt hat, dass es funktionieren kann. Die Frist von sechs Monaten kann bei Bedarf vom Gericht auch verlängert werden.

Mit der Obsorge des unehelichen Kindes ist die Mutter allein betraut. Der ledige Vater kann aber die gemeinsame oder die alleinige Obsorge bei Gericht auch gegen den Willen der Mutter beantragen. Die Entscheidung wird dann vom Gericht getroffen.

Maßgeblicher Aspekt bei Obsorgeentscheidungen ist das Kindeswohl. Es geht hier insbesondere um die angemessene Versorgung des Kindes, wobei auch der Wille des Kindes nach Möglichkeit mitberücksichtigt wird.

Derjenige, der zur Obsorge über das Kind berechtigt ist, kann auch darüber entscheiden, welche Personen dazu berechtigt sein sollen, das Kind aus der Kindergarteneinrichtung abzuholen. Insoweit bietet sich an, bereits im Vorfeld zu klären, wie die familiären Verhältnisse sich im Einzelfall darstellen, um daran anknüpfende allfällige Problemfälle bei der Abholung der Kinder aus dem Kindergarten vermeiden zu können (z.B. Kindesentführung).

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1. Die Kinderrechtskonvention (www.kinderrechte.gv.at)

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes wurde am 20. November 1989 von der Vollversammlung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen angenommen. Die Kinderrechtekonvention (kurz KRK) sichert jedem Kind - also Mädchen und Jungen bis zum 18. Lebensjahr- persönliche, wirtschaftliche und kulturelle Rechte zu. Die Kinderrechtekonvention wurde von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mit Ausnahme von Somalia und den USA ratifiziert und gilt damit als der erfolgreichste Völkerrechtsvertrag aller Zeiten.

Leitidee zu den Kinderrechten

Der Kinderrechtekonvention liegen folgende vier Leitprinzipien zugrunde:

Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung: Das Recht auf Gleich- behandlung aller Kinder (Artikel 2).

Vorrangigkeit des Kindeswohls: Das Grundprinzip der Orientierung am Kindeswohl (“best interest of the child”) verlangt, dass bei allen Kindern betreffenden Maßnahmen das Wohl des Kindes im Vordergrund steht” (Artikel 3).

Sicherung von Entwicklungschancen: Das Grundprinzip besagt, dass jedes Kind ein Recht auf bestmögliche Entwicklungschancen hat (Artikel 5 und 6).

Berücksichtigung des Kindeswillens: Kinder haben das Recht darauf, dass sie zu allen sie betreffenden Angelegenheiten ihre Meinung äußern können und dass diese auch ent- sprechend berücksichtigt wird. (Artikel 12)

RECHT AUF VERSORGUNG – SCHUTZ – SELBSTBESTIMMUNG

Die auf den genannten Grundprinzipien aufbauenden Rechte der Konvention gliedern sich in drei Bereiche:

1. Recht auf Förderung und Entwicklung (“provision”) 2. Recht auf Schutz (“protection”)

3. Recht auf Beteiligung (“participation”)

Die historisch ersten internationalen Kinderrechtedokumente waren die Genfer Erklärung über die Rechte des Kindes (1924) und die UN-Deklaration über die Rechte des Kindes (1959

DIE GELTUNG DER KINDERRECHTEKONVENTION IN ÖSTERREICH

Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes wurde von Österreich am 26. Jänner 1990 unterzeichnet, am 26. Juni 1992 vom österreichischen Nationalrat genehmigt und am 6. August 1992 durch Hinterlegung der Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär der Vereinten Natio- nen ratifiziert (BGBl. 1993/7). Am 5. September 1992 ist die Kinderrechtekonvention in Öster- reich formal in Kraft getreten.

(23)

Die wichtigsten Kinderrechte im Detail

1. Das Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung unabhängig von Religion, Herkunft und Geschlecht.

2. Das Recht auf einen eigenen Namen und eine Staatszugehörigkeit.

3. Das Recht auf Gesundheit.

4. Das Recht auf Bildung und Ausbildung.

5. Das Recht auf Freizeit, Spiel und Erholung.

6. Das Recht auf eine eigene Meinung und sich zu informieren, mitzuteilen, gehört zu werden und zu versammeln.

7. Das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung und eine Privatsphäre.

8. Das Recht auf sofortige Hilfe in Katastrophen und Notlagen wie Armut, Hunger und Krieg und auf Schutz vor Vernachlässigung, Ausnutzung und Verfolgung.

9. Das Recht auf eine Familie, elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause.

10. Das Recht auf Betreuung bei Behinderung.

Fälle:

Frage 1)

Der 4-jährige Franz benützte im Rahmen des Kindergartens die im Garten befindliche Rutsche, indem er wiederholt über die an der Rückseite befindliche Treppe nach oben kletterte und dann nach vorne hin abrutschte. Im Bereich dieses Gerätes befanden sich insgesamt noch weitere 4 Kinder annähernd gleichen Alters, wobei Peter sich genau in den „Landungsbereich“ des Franz am Rutschenende begab und dort vom rutschenden Franz niedergestoßen wurde. Peter verletzte sich dabei am Sprunggelenk. Die zuständige aufsichtspflichtige Person war zum Unfallzeitpunkt mit der Beaufsichtigung von insgesamt 15 Kindern im Gartenbereich befasst und befand sich zentral zwischen den Spielgeräten (neben der Rutsche noch eine Wippschaukel und eine Hängeschaukel) in etwa 5 m von Peter entfernt.

a) Erörtern Sie die für die Beurteilung der Haftungsproblematik hier relevanten Aspekte!

b) Welche für die Beurteilung einer allfälligen Verantwortlichkeit der aufsichtspflichtigen Person hier relevanten Umstände können dem dargestellten Sachverhalt nicht entnommen werden?

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c) Erklären Sie die bei dieser Konstellation mustergültige Vorgangsweise!

Frage 2)

Der 4-jährige Fritz schläft nach einem anstrengenden Vormittag im Kindergarten gegen 11:30 Uhr in einem schwer einsehbaren Bereich des Gruppenraumes hinter einer Kiste mit Bauklötzen und einer Plastikmatte ein. Nachdem um 12:30 Uhr alle Kinder von ihren Eltern bzw.

abholeberechtigten Personen aus dem Kindergarten abgeholt worden sind, beenden auch die aufsichtspflichtigen Personen ihre Tätigkeit und verlassen den Kindergarten. Dabei wird Fritz, der entgegen den üblichen Gepflogenheiten an diesem Tag nicht von seiner Großmutter pünktlich um 12:15 Uhr abgeholt wurde, schlichtweg vergessen. Die Eingangstür zum Kindergarten wird versperrt. Gegen 13:00 Uhr erscheint die Großmutter von Fritz beim Kindergarten und bemerkt die abgeschlossene Eingangstüre. Telefonisch erreicht Sie gegen 13:30 Uhr die Leiterin des Kindergartens, welche nach Rücksprache mit der zuständigen Kindergartenpädagogin gegen 14:00 Uhr beim Kindergarten eintrifft. Zwischenzeitlich hat die Großmutter durch ihr heftiges Klopfen gegen die Eingangstüre den kleinen Fritz geweckt, der schlaftrunken und weinerlich hinter der Eingangstüre sitzend, um 14:05 Uhr seine Großmutter erleichtert in die Arme schließen kann.

a) Fassen Sie das Geschehen zusammen und beschreiben Sie in eigenen Worten die für das hier relevante Geschehen verantwortlichen Umstände und Faktoren. Zeigen Sie die hier zu Tage getretenen Missstände auf und erörtern sie Möglichkeiten, um derartige Situationen zu vermeiden.

b) Welche Versäumnisse sind nach ihrem Dafürhalten der aufsichtspflichtigen Person primär zur Last zu legen?

c) In welchen Rechtsbereichen könnten allfällige Säumnisse der aufsichtspflichtigen Person bei diesem Vorfall Auswirkungen zeigen, wie schätzen Sie die Haftungsproblematik hier ein?

Frage 3)

Die 4 - jährige Birgit wird von ihrer Mutter mit dem PKW zum Kindergarten gebracht. Weil es die Mutter sehr eilig hat, lässt sie Birgit vor dem durch den Garten führenden - von einem Gartentor gegenüber den öffentlichen Verkehrsflächen abgegrenzten - ca. 15 m langen Weg zum Kindergarteneingang aussteigen. Sie beobachteten noch, dass Birgit das Gartentor hinter sich schließt, sich in Richtung Kindergarteneingang auf den Weg macht und fährt davon. Birgit überlegt es sich jedoch auf ihrem Weg zum Eingang anders, macht kehrt, öffnet das Gartentor und will zum nahegelegenen Lebensmittelgeschäft gehen, um sich noch etwas Süßes zu kaufen. Dabei stolpert sie und wird von einem PKW angefahren. Die Kindergartenpädagogin, welche sich im Eingangsbereich des Kindergartens im Inneren des Gebäudes aufhält wird erst

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durch die Sirene und das Blaulicht der von Passanten herbeigerufenen Rettung auf das Geschehen aufmerksam. Die ebenfalls verständigte Mutter von Birgit erhebt gegenüber der Kindergartenpädagogin und der Kindergartenleitung den Vorwurf, dass bei ordnungsgemäßer Ausübung der Aufsichtspflicht – Birgit habe sich ja schon im Garten des Kindergartens befunden, ehe sie es sich anders überlegt habe - der Unfall nicht passiert wäre.

1)Erörtern Sie das beschriebene Geschehen in haftungsrechtlicher Hinsicht.

2)Nennen Sie die hierfür maßgebliche Bestimmung im Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz 3)Welches (Gesetzgebungs-) Organ müsste tätig werden, um eine Änderung dieser Bestimmung zu bewerkstelligen?

Frage 4)

Der in hohem Maße verhaltensauffällige und deshalb als Integrations- / Inklusionskind eingestufte Peter beschimpft unter Verwendung von nicht wiedergebenswürdigen Bezeichnungen und Schimpfwörtern die Aufsichtsperson. Trotz mehrmaliger Aufforderung dies einzustellen und mehrerer Beschwichtigungsversuche beruhigt sich Peter nicht und wirft mit einem Schaumstoffwürfel nach ihr. In dieser Ausnahmesituation, welche der aufsichtspflichtigen Person sichtlich zusetzt, gibt diese Peter letztlich eine schallende Ohrfeige, um ihn zur Räson zu bringen.

Fassen Sie die Ereignisse zusammen und beschreiben Sie die für die Entscheidung des Gerichtes maßgeblichen Aspekte. Diskutieren Sie inwieweit der beschriebene Vorfall nach ihrem Dafürhalten als Entlassungsgrund herangezogen werden kann.

Frage 5)

Gegen Ende des Kindergartenjahres veranstaltet die Kindergartenleitung gemeinsam mit den Kindergartenpädagoginnen und Assistentinnen ein kleines Grillfest, zu dem auch die Eltern der Kinder eingeladen sind. Dabei werden im Gartenbereich des Kindergartens Holzkohlengrill in Verwendung genommen. Ein Grill erlischt bereits nach kurzer Dauer, so dass ein Grillen auf den nur mehr leicht glimmenden Kohlen nicht mehr möglich ist. Eine der Kindergartenpädagoginnen nimmt daraufhin den in einer Plastiktube befindlichen flüssigen Brennspiritus zur Hand und versucht, durch festes Drücken der prallgefüllten Plastiktube das darin befindliche Gel auf die Kohlereste zu verbringen, um dadurch den Grill wieder in Gang zu bringen. Sie bemerkt dabei nicht, dass die Tubenöffnung durch eine von einer früheren Verwendung herrührende Materialverfestigung verstopft ist. Sie drückt deshalb immer noch fester die Tube zusammen, so dass sich plötzlich der Pfropfen löst und der hochentzündliche Brennspiritus plötzlich aus der Tube druckvoll auf den Grill spritzt. Explosionsartig entzündet sich der Brennspiritus an den noch glimmenden Kohlenresten. Die Stichflamme erfasst den als

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neugierig bekannten, in unmittelbarer Nähe des Grills befindlichen fünfjährigen Peter, der dadurch schwere Brandverletzungen im Gesicht erleidet.

1) Fassen sie den Sachverhalt kurz zusammen und beschreiben Sie die aus strafrechtlicher Sicht relevanten Umstände. Versuchen Sie mit eigenen Worten die aus ihrer Sicht hier relevanten Nachlässigkeiten der Kindergartenpädagogin darzustellen.

2) Erklären Sie den im Österreichischen Strafrecht mit einer Verurteilung verbundenen Strafzweck. Welche Überlegungen werden hier angestellt? Spielt der Rachegedanke in Österreich eine Rolle?

3) Welche Strafformen kennt das österreichische Strafrecht?

Frage 6)

Um den Kindern ein Spiel im Freien zu ermöglichen, begibt sich die aufsichtspflichtige Person und zwölf Kindern im Alter zwischen 3,5 und 5 Jahren in den Gartenbereich des Kindergartens.

Dieser grenzt unmittelbar an öffentliche Verkehrsflächen an. In diesem Gartenbereich befinden sich auch mehrere Sträucher neben einer Rutsche, einer Wippschaukel und einer Sandkiste.

Obwohl bereits mehrfach von der Kindergartenpädagogin der Kindergartenleitung mitgeteilt worden war, dass sich im Gartenbereich immer wieder Abfälle befinden würden, begnügte sich die Kindergartenleitung damit, den Hausmeister damit zu beauftragen, einmal im Monat einen Kontrollgang zu absolvieren und eine Reinigung vorzunehmen. Der vier Jahre alte Peter läuft gerade einem in Richtung der Sträucher rollenden Ball nach, als er zu Sturz kommt und dabei mit der Hand auf eine ca. 3 × 2 cm große Glasscherbe greift, welche ca. 2 m vom Gartenzaun entfernt in der Wiese liegt. Peter verletzt sich dabei an der Handinnenseite. Obwohl die Verletzung stark blutet, befindet die aufsichtspflichtige Person, dass das Aufkleben eines Pflasters zur Wundversorgung hinreichend sei.

1) Stellen sie die sich aus dem Sachverhalt ergebenden für die haftungsrechtliche Beurteilung relevanten Umstände dar. Wie beurteilen Sie die haftungsrechtliche Situation?

2) Beschreiben Sie, welche Kriterien für die Beiziehung eines Arztes bzw. der Rettung von den Gerichten erarbeitet wurden.

Frage 7)

Der an sich verlässliche vierjährige Peter spielt mit dem gleichaltrigen Franz im Bereich der Wippschaukel. Der etwas schwerere Peter setzt sich zuerst auf die Schaukel, dann auf der anderen Seite Franz. Durch geschickte Gewichtsverlagerung geht die Schaukel mit den beiden Kindern mehrmals nach oben und dann wieder nach unten. Die aufsichtspflichtige Person, die die beiden beim Schaukeln beobachtet, befindet sich rund 7-8 m von den beiden Kindern

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