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Eng verbunden: Budgetplanung des Bundes und BIP-Prognosen | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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DAS BIP

28 Die Volkswirtschaft  3 / 2018

planjahre ergänzt. Neben den Prognosen zum realen Wirtschaftswachstum umfassen sie auch Arbeitsmarktprognosen wie Lohnentwicklung und Arbeitslosenquote sowie Annahmen zum monetären Umfeld wie Zinsen, Inflation und Wechselkurse. Die EFV stellt dadurch sicher, dass die unterschiedlichen Ämter der Bundes- verwaltung auf einer einheitlichen und konsis- tenten Grundlage budgetieren.

Einnahmen: BIP als zentrale Grösse

Für die Schätzung der Einnahmen ist das mak- roökonomische Referenzszenario, welches sich aus den Prognosen ergibt, von grosser Relevanz.

Je genauer die Wirtschaftsprognose ausfällt, umso kleiner sind auch die Budgetabweichun- gen bei den Einnahmen (siehe Abbildung 1).

Da die Einnahmenentwicklung meist ausser- halb des Einflussbereiches von Bundesrat und Verwaltung liegt, wird für die Schätzungen auf Modelle zurückgegriffen, welche die Einnah- menentwicklung in Abhängigkeit von exoge- nen Einflussgrössen beschreiben. Beispielsweise fliessen die Prognosen zum nominalen Wachs- tum des Bruttoinlandprodukts (BIP) unmittelbar in die Schätzung der Mehrwertsteuereinnahmen ein, da zwischen der Veränderung des BIP und je- ner der Mehrwertsteuereinnahmen ein enger Zu- sammenhang besteht. So stellt der private Kon- sum sowohl für die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer als auch für das BIP die wich- tigste Bestimmungskomponente dar. Ökonome- trische Schätzungen zeigen, dass die kurzfristi- ge Elastizität der Mehrwertsteuerforderungen in Bezug auf das BIP sehr nahe bei 1 liegt. Mit ande- ren Worten: In der Vergangenheit führte ein BIP- Wachstum von 1 Prozent zu einer gleich hohen Expansion der Mehrwertsteuerforderungen.

D

as Bundesbudget ist ein zentrales Pla- nungsinstrument des Bundesrates. Der Voranschlag mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan zeigt auf, welche öffentlichen Güter und Dienstleistungen der Bund bereitstellt, wel- che Massnahmen er für die Erreichung seiner Verteilungs- und Stabilisierungsziele ergreift und welche Ressourcen ihm dafür zur Verfü- gung stehen. Eine entscheidende Rolle für die Budgetierung spielt das wirtschaftliche Umfeld.

Damit die Eidgenössische Finanzverwal- tung (EFV) ein möglichst präzises Budget erstel- len kann, muss sie über ein detailliertes Bild der aktuellen und künftigen Verfassung der Wirt- schaft verfügen. Wichtige Arbeitsinstrumen- te sind dabei die Volkswirtschaftliche Gesamt- rechnung sowie die Konjunkturprognosen der Expertengruppe des Bundes. Auf Basis dieser Werte analysiert die Eidgenössische Finanzver- waltung die Haushaltslage und passt die Finanz- politik entsprechend an.

Zu Beginn des Budget- und Finanzplanungs- prozesses werden die volkswirtschaftlichen Re- ferenzgrössen für das Budgetjahr und die drei folgenden Finanzplanjahre festgelegt. Dazu werden die entsprechenden Prognosen der Ex- pertengruppe übernommen und für die Finanz-

Eng verbunden: Budgetplanung des Bundes und BIP-Prognosen

Bei der Berechnung des Bundesbudgets stützt sich die Eidgenössische Finanzverwal- tung auf die BIP-Prognosen. Je präziser diese sind, desto treffsicherer fällt das Budget aus.  Adrian Martínez

Abstract  Die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) ist bei der Budget- planung auf die Zahlen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und auf BIP-Prognosen angewiesen. Diese Angaben wirken sich direkt auf die Höhe des Bundesbudgets aus. Insbesondere bei den Einnahmenschätzun- gen ist der konjunkturelle Einfluss gross. Aber auch bei den Ausgaben spie- len Konjunkturprognosen indirekt eine Rolle, da beispielsweise die Kan- tonsanteile an den Bundeseinnahmen von der Wirtschaftslage abhängen.

Einen direkten Einfluss auf die Ausgabenhöhe wiederum haben die Zins- prognosen. Ein plausibles und konsistentes Wirtschaftsszenario ist daher unabdingbar für eine aussagekräftige Budgetierung.

(2)

FOKUS

Die Volkswirtschaft  3 / 2018 29 Auch bei der direkten Bundessteuer – neben

der Mehrwertsteuer die ergiebigste Fiskalein- nahme des Bundes – wäre eine Budgetierung ohne Prognosen zu einzelnen makroökonomi- schen Variablen undenkbar. Neben dem Wirt- schaftswachstum (Unternehmensgewinnsteu- ern) werden für die Schätzung beispielsweise die Inflation («kalte Progression») sowie die er- wartete Entwicklung der Haushaltseinkommen (Einkommenssteuer) berücksichtigt.

Die BIP-Prognosen fliessen nicht nur in die Schätzung der einzelnen Steuern ein, sondern werden auch für die Plausibilisierung der ag- gregierten Einnahmenschätzungen verwendet.

Ähnlich wie die Mehrwertsteuereinnahmen sind auch die gesamten ordentlichen Einnah- men des Bundes eng mit der nominalen Wert- schöpfung verknüpft (siehe Abbildung 2).

Dieser Zusammenhang wird noch deutli- cher, wenn die entsprechenden Einnahmen um Strukturbrüche wie beispielsweise Mehr- oder

Mindereinnahmen aus Steuerreformen berei- nigt werden. Auf diese Weise wird bei der Bud- getierung die erwartete Einnahmenentwick- lung mit dem BIP verglichen und überprüft, ob die langfristig beobachtete Aufkommenselasti- zität der Bundeseinnahmen auch in den Budget- und Finanzplanjahren eingehalten wird.

Schuldenbremse erhöht Wichtigkeit der Prognosen

Mit Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003 haben BIP-Prognosen im Budgetprozess zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Die Schul- denbremse verlangt, dass sich die Einnahmen und Ausgaben des Bundes über einen Konjunk- turzyklus hinweg ausgleichen: In guten Zei- ten sollen Budgetüberschüsse erzielt und in schlechten Zeiten Defizite zugelassen werden.

Entsprechend muss die aktuelle Wirtschafts- lage in der Budgetierung berücksichtigt und in Die Höhe des

privaten Konsums spiegelt sich in den Mehrwertsteuer- einnahmen.

KEYSTONE

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DAS BIP

30 Die Volkswirtschaft  3 / 2018

Relation gesetzt werden zu ihrem langfristigen Potenzial, das nicht beobachtbar ist.

Als Mass für die tatsächliche wirtschaftli- che Entwicklung dient das preisbereinigte BIP.

Anhand eines statistischen Filters1 wird dar- aus die nicht beobachtbare stetige Entwicklung, der sogenannte BIP-Trend, bestimmt. Die Bud- getierung basiert dabei auf dem BIP der Vorjah- re und den jüngsten Schätzungen für das aktu- elle sowie den Prognosen für das Budgetjahr.

Die Schätzung für das laufende Jahr erstellt das

Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im Rah- men der Quartalsschätzungen, während die Ex- pertengruppe des Bundes wie erwähnt die BIP- Prognosen macht.

Das Kernstück der Budgetierung ist es, eine Ausgabenobergrenze festzulegen, die den strukturellen bzw. konjunkturell bereinigten Einnahmen des Bundes entspricht. Diese Be- reinigung geschieht mithilfe des sogenannten Konjunkturfaktors, des Quotienten aus BIP- Trend und -Jahreswert. Vereinfacht gesagt,

Abb. 2: Entwicklung der ordentlichen Bundeseinnahmen im Vergleich zum BIP (1990–2016)

EFV, BFS / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Abb. 1: Prognosefehler bei den ordentlichen Bundeseinnahmen und dem nominalen BIP (2000–2016)

EFV, SECO, BERECHNUNGEN MARNEZ (Y = 1.1854X, R² = 0.5035) / DIE VOLKSWIRTSCHAFT

Die Abbildung zeigt, wie stark die Güte der Einnahmenschätzungen von den Wirtschaftsprognosen abhängt. Auf der y-Ach- se sind die Prognosefehler bei den ordentlichen Einnahmen des Bundes dargestellt. Auf der x-Achse sind die Abweichungen zwischen dem prognostizierten nominalen BIP gemäss Budget und dem tatsächlich realisierten nominalen BIP gemäss den vorläufigen Schätzungen des Seco abgetragen. Die Punkte entsprechen den Jahreswerten von 2000 bis 2016.

800 In Mrd. Fr.

Prognosefehler nominales BIP, in %

  Trendlinie       Prognosefehler 10

–6 –4 –2 0 2 4 6

5

0

–5

600

1990 1992

1994 1996

1998

2000 2002

2004 2006

2008 2010

2012 2014

2016 60

40

20

0 400

200

0

In Mrd. Fr. 80

    BIP nominal       Ordentliche Einnahmen (rechte Skala) 15 Prognosefehler ordentliche Einnahmen, in % 1 Modifizierter Hodrick-

Prescott-Filter. Siehe Bruchez Pierre-Alain (2003a), A Modification of the HP Filter Aiming at Reducing the End- Point Bias, Working Paper, Eidgenössische Finanzverwaltung, ÖT/2003/3.

2015

2009 2016

2012 2013

2002 2003

2014 2011

2001

2004

2006 2007 2000 2008 2010

2005

(4)

FOKUS

Die Volkswirtschaft  3 / 2018 31 dürfen die Ausgaben höchstens im Umfang

der erwarteten Produktionslücke von den Einnahmen abweichen.

Ausgaben: Konjunktur ebenfalls wichtig

Auf die Budgetausgaben haben makroökono- mische Prognosen naturgemäss einen kleine- ren Einfluss als auf die Einnahmen. So sind die Ausgaben in der Regel keine exogenen Grössen, sondern das Ergebnis staatlichen Handelns. Bundesrat und Parlament legen sie als verbindliche Vorgabe fest, zum Beispiel in Form rechtlicher Erlasse oder mehrjähriger Sachplanung.

Dennoch gibt es Ausgabenbereiche, in denen Konjunkturprognosen eine Rolle spielen. So be- einflusst die Konjunkturentwicklung indirekt Ausgaben, die von den Einnahmen abhängig sind. Dazu gehören insbesondere die Anteile der Kantone und der Sozialversicherungen an den Bundeseinnahmen sowie die Rückerstat- tung von Lenkungsabgaben und die Einlagen in die beiden Verkehrsfonds, Bahn infra struktur- fonds und Nationalstrassen- und Agglomera- tionsverkehrsfonds. Zusammen machen diese Ausgaben immerhin rund ein Fünftel des Bud- gets aus.

Direkt beeinflussen die Prognosen, wie hoch der Zinsaufwand des Bundes budgetiert wird, welcher einerseits durch das Schulden- niveau und andererseits durch die Zinsent- wicklung bestimmt wird. In der Regel über- nimmt die EFV für das Bundesbudget sowohl die kurzfristigen als auch die langfristigen Zinsprognosen der Expertengruppe.

Eine besondere Bedeutung im Budgetpro- zess haben jüngst die Teuerungs annahmen

Adrian Martínez

Stv. Sektionsleiter Finanzpolitik/Finanzbericht­

erstattung, Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV), Bern

erlangt. Ab dem Voranschlag 2019 wird der Bundesrat die Teuerung nur noch ausgleichen, wenn diese auch tatsächlich anfällt. Das Parla- ment hat im Frühjahr 2017 eine entsprechen- de Motion überwiesen.2 Hintergrund des Be- schlusses ist die Tatsache, dass das Preisniveau gemessen am Landesindex der Konsumenten- preise seit dem Jahr 2009 kaum mehr gestiegen ist. Gleichzeitig wurde den gesetzlich schwach gebundenen Ausgaben, welche über mehrjäh- rige Finanzbeschlüsse gesteuert werden, je- weils eine Teuerung von rund 1 Prozent ge- währt. Dadurch kam es zu einem ungeplanten realen Ausbau der staatlichen Tätigkeit, der mit entsprechenden Sparprogrammen wieder gebremst werden musste.

Abschliessend lässt sich sagen: Über die Budgetierung des Bundes hinaus bildet das BIP in der Finanzpolitik grundsätzlich eine wichtige Referenzgrösse. Auf ihm basieren die wichtigs- ten finanzpolitischen Kennzahlen, mit denen die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen beurteilt wird (bspw. Fiskal-, Staats- und Schul- denquote). Es ist daher aus finanzpolitischer Sicht wichtig, dass die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung die wirtschaftlichen Realitä- ten in der Schweiz möglichst genau abbildet.

2 Motion 16.3705 des Ständerats Josef Dittli (FDP, UR).

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