Akute Pilzvergiftungen
Folien zum Referat vom 14.Okt.2006
R. Pfab
Toxikologische Abt.
Klinikum rechts der Isar München
NB: um evtl. Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden, sind aus diesem Skript die Abbildungen von Pilzen /Pflanzen entfernt.
Bei Interesse können die entsprechenden Photographien zB. auf
unserer Website unter toxinfo.org => Pilze angesehen werden
akute akute
Pilzvergiftung Pilzvergiftung
Pilzunverträglichkeit
Pilzallergie
-Obligat toxisch
- Dosis- Wirkungsbeziehung
- Individuell unterschiedliche Empfindlichkeit - Meist nur leichtes Krankheitsbild
- Erstkontakt symptomlos – Allergisierung - am häufigsten Lunge betroffen - Pilzzüchter
- Ausnahme: Paxillus –Syndrom *)
Mykosen
Chronische Vergiftung
Einflußgrößen für Schwere der Erkrankung:
- Konstitution des Patienten: - Alter
- Genetik
- Vorerkrankungen
- Giftmenge : - standortabhängig
- organabhängig
Pilzsyndrome
Gastrointestinales Pilzsyndrom
Symptome: Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen Latenz :
kurz: ¼ bis 4 StundenVerlauf : prinzipiell harmlos, selbstlimitierend - Gefährdung aber konstitutionsabhängig Gifte : meist nicht bekannt
Therapie : wenn erforderlich, symptomatisch
viele Pilzarten
Beispiele:Carbolegerling (Agaricus xanthoderma) Speitäubling (Russula emetica)
Tigerritterling (Tricholoma pardinum) - bis 14 Tage
Satanspilz (Boletus satanas) - „giftiger“ Röhrenpilz
Die wenigsten das GI- Pilzsyndrom verursachenden Gifte sind bekannt
Amatoxin- Syndrom
Amanita phalloides virosa Galerina marginata
autumnalis venenata fasciculata
Lepiota brunneoincarnata helveola
subincarnata Verantwortliche Pilze
Gifte: Amatoxine ( α - ε)
Phallotoxine – Phallolysine Virotoxine
Binden schon in sehr niedriger Konzentrationen RNS Polymerase II der Eukaryonten und blockieren sie:
RNS-Polymerase II:
Enzymkomplex, synthetisiert hn- RNS
(Vorläufer der m- RNS)
Amanitine:
Zyklische,
Tryptophanverbrückte
Oligopeptide Blockade der RNS-Polymerase II
→Blockade der Proteinsynthese
Amatoxin- Syndrom
Symptome / Ablauf Phase 1: 8 – 16 Std. nach Mahlzeit Erbrechen und vor allem Durchfall hält ca. 1 Tag an
im Gefolge Kreatininerhöhung, Oligurie
Lange Latenz !
Phase 2: ca. 36 Std. nach Mahlzeit:
subjektive Besserung,
Besserung der Nierenfunktion
(aber schon Leberwertveränderungen) Phase 3: ca. 3 Tage nach Mahlzeit
zunehmende Verschlechterung der Leberfunktion,
Nierenversagen
Tod am 4. bis 10. Tag
oder: Besserung und völlige Erholung
Amatoxin- Syndrom
Therapie: Kohle zur Unterbrechung des Entero-hepatischen Kreislaufs symptomatisch
Antidot: Silibinin- i.v.
Wirkprinzip: 1) unspezifische Hemmung der Amatoxin-Aufnahme in Hepatozyt gleich Penicillin, Prednisolon
2) Apoptose-Hemmung in Glutathion-depletierten Hepatozyten Zellkultur-Experimente
Fragliches Antidot : NAC
Silybinin
Symptomatisch
Leberüberbrückungstherapie Lebertransplantation
Huckepack - Leber
Mariendistel, Silybum marianum
Amatoxin- Syndrom
Gyromitrin- Syndrom
Verantwortliche Pilze Gyromitra esculenta
Gyromitra gigas (?) Gyromitra infula (?) Helveola spp. (?)
Sarcosphera crassa (?)
Symptome / Ablauf
Nach Verspeisen von nicht ausreichend gekochten bzw. ausgetrockneten PilzenZeitlicher Ablauf nicht streng ! Aber relativ
lange Latenz !
1. 1.Phase: 5 – 12 (bis 53 ) Std. nach Mahlzeit:
Gastrointestinale + Allgemeinsymptome:
Übelkeit, Erbrechen, (selten Durchfall) Kopfschmerz
2. 2.Phase: 1- 4 Tage nach Mahlzeit:
Epileptische Anfälle, Verwirrtheit, Delirium zunehmendes Leberversagen
Meistens nur leichte Symptome & völlige Erholung
Selten (lt. Lit. bis 10%) Tod im Leberversagen (Nierenversagen) nach ca. 1 Woche
Gyromitra 2
Gift:
H
3C - CH=N - N
CH
3CHO
N-Methyl-Formylhydrazon Sdp.: 86°C
Methyl-Hydrazin
Ähnlich:
Bewirkt: 1) GABA wird nicht gebildet
!Neurologische Symptomatik
2) Aminosäurestoffwechsel wird blockiert
!Leberversagen
Isoniazid
Therapie:
Pyridoxal (-Phosphat) = Vitamin B6in hohen Dosen Neben symptomatischen Maßnahmen
Hydrazine bilden mit Pyridoxal: Hydrazon
Vitamin B6
Koenzym der Oxydativen Decarboxylierung
Orellana - Syndrom
Cortinarius orellanus
Cortinarius rubellus (speciocissimus)
Cortinarius splendens (gleiche Symptome aberwahrscheinlich anderes Gift)
Verantwortliche Pilze
Cortinarius orellanus
Orellana-Syndrom
Gastrointestinale Frühsymptome – nur selten ! Nach (4) –10 – 14 Tagentypische Zeichen des
akuten Nierenversagens:
Durst, nachlassende Urinproduktion Hoher Blutdruck, Kopfschmerz allgemeine Schwäche
Die sehr lange Latenz bewirkt, daß Patienten und Ärzte nicht an eine Pilzvergiftung denken Ca. 60 % heilen aus, allenfalls diskrete Zeichen eines
Nierenschadens bleibt – asymptomatisch Ca. 40% behalten bleibende Nierenschäden
bis hin zur Dialysepflicht (wären früher verstorben)
Symptome / Ablauf Symptome / Ablauf
Gift:
Führt zu interstitieller Nephritis,
Pathomechanismus unbekannt,
möglicherweise mit Sauerstoffradikalen Entzündung
Orellanin:
Therapie:
Bisher nur symptomatischevtl. überbrückende / dauerhafte Hämodialyse evtl. Nierentransplantation
Versuch mit Immunsuppression: Cortison
Muscarin- Syndrom
Verantwortliche Pilze:
Inocybe patouillardi fastigiata geophylla fibrosaund viele Rißpilzemehr
Clitocybe dealbata rivulosa
und viele kleine Trichterlingemehr
Inocybe fastigata
Clitocybe dealbata
Inocybe patouillardi
Muscarin- Syndrom
Symptome / Ablauf:
Schon bald nach der Mahlzeit(üblicherweise nach 15 – 30 Min., selten erst nach max 5 h
Zeichen der parasympathischenmuscarinergenÜberstimulation:
Speichelfluß Schwitzen,
Bauchweh, Durchfall, Erbrechen, enge Pupillen, Sehstörungen
langsamer Puls, niedriger Blutdruck
Gift:
Muscarin Acetylcholin
Therapie:
AtropinPantherina- Syndrom , Fliegenpilzsyndrom
Werden manchmal als unterschiedliche Syndrome dargestellt, Sind aber wahrscheinlich aber das gleiche Vergiftungsbild.
Dieses ist jedoch recht uneinheitlich.
Pantherpilz enthält wohl mehr Gift als Fliegenpilz.
Amanita pantherina Amanita muscaria Amanita regalis Verantwortliche Pilze
Amanita regalis Amanita pantherina
Pantherina- Syndrom , Fliegenpilzsyndrom
Syndrom
½ bis 3 Std. nach Mahlzeit: Rauschzustandvorherrschend starker Schwindel, Gangstörung Ataxie, Koordinationsstörungen
Übelkeit, Erbrechen, Durchfall motorische Unruhe
Erregungszustand, (Miosis, Speichelfluß, Schwitzen) manchmal auch angenehme Empfindungen,
Halluzinationen Enthemmung Epileptische Anfälle
manchmal zusätzlich: Muscarin - Zeichen
Symptome halten 6 bis 12 (24) Stunden an, und gehen in tiefen Schlaf über
Das klinische Bild ist uneinheitlich, die Vergiftung ist ohne Sekundärkomplikationen nicht tödlich
GABA
Gift:
ähnelt und
antagonisiert
Ibotensäure Muscimol
Therapie
Diazepam (Valium®) aktiviert GABA-erge NeuroneCoprinus- Syndrom (Acetaldehyd-Syndrom)
Coprinus atramentarius
und außereuropäische Tintlinge
Verantwortlicher Pilz
Coprinus- Syndrom (Acetaldehyd-Syndrom)
Nur der gekochte (erhitzte) Pilz verursacht das Syndrom:
Schon wenige Minuten nach Alkoholkonsum (bis 3 Tage nach der Pilzmahlzeit):
Roter Kopf, Hals, Brust
Kopfschmerz, Herzklopfen, Hoher Blutdruck und Puls Engegefühl, Atemnot, Angst
Schwitzen, Schwindel, prickelnde Mißempfindungen in Armen & Beinen
!Nur selten gefährliche Symptome: Rhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Kollaps
! ebenfalls nur selten: Erbrechen, Übelkeit
Syndrom
Das Syndrom hält meistens nur 2 bis 4 Stunden an kann sich aber bis zu 10 Tage nach Mahlzeit wiederholen
Gift
Hemmt Acetaldehyddehydrogenase, Acetaldehyd, Abbauprodukt von Äthanol, wird nicht weiter abgebaut und nur langsam über die Nieren
ausgeschieden, reichert sich an, und verursacht die Symptome
Andere Pilzunverträglichkeiten in Zusammenhang mit Alkoholkonsum sind beschrieben, Aber nicht auf Coprin zurückzuführen: Clitocybe claviceps, boletus luridus, Tricholoma flavivirens
Paxillus- Syndrom
Pilz:
Paxillus involutusSyndrom:
Gastrointestinale Symptome nach kurzer Latenz
Mit Paxillus- Syndrom gemeint ist aber eine selten vorkommende Hämolyse nach wiederholter Pilzmahlzeit
Pathomechanismus: Unbekanntes Allergen im Pilz verursacht bei dazu prädisponierten Personen die Bildung von Antikörpern (IgG), die wiederum mit kurzer Latenz (1-2 Std.)nach erneutem „Genuß“
von Kahlem Krempling Hämolyse verursachen.
Also keine Vergiftung sondern schwerwiegende allergische Reaktion (ähnliches kann auch bei vielen Medikamenten vorkommen) Symptome: 1-2 Std. nach wiederholter Mahlzeit:
Nierenschmerzen, roter Urin,
(nachlassende Urinproduktion, Nierenversagen) Bauchschmerzen, Durchfall, Ikterus
Therapie
:Versuch mit Cortison, in schweren Fällen: PlasmapheresePsilocybin Syndrom
Psilocybe semilanceata und andere Kahlköpfe
Panaeoulus (Copelandia) cyanescens (auch Zuchtformen) Panaeolina foenisecii (?)
Inocybe Arten (enthalten Psilocybin und Muscarin) Verantwortliche Pilze:
Psilocybe semilanceata und andere Kahlköpfe Psilocybe cyanescens
Psilocybin Syndrom
½ bis 2 Std. nach Einnahme
Psychische Symptome – sind vorherrschend:
Halluzinationen (vor allem optische) Depersonalisationserleben
Störung des Zeitgitters
Störung der Raumwahrnehmung Läppischkeit
Angstgefühl bis Panikattacken Delir
Bewußtlosigkeit
Psychose hält 3 bis 6 (max 10) Std. an
Körperliche Symptome: Kopfschmerzen, Benommenheit, Schwindel Gleichgewichts- und Gangstörungen,Mydriasis Muskelschwäche und –Rigidität, Hypotonie
Gift:
ähnelt
LSD
Serotonin Psilocybin
Therapie:
Symptomatisch, sedieren
zB.: Diazepam (Valium®)
Vorgehen bei Pilzvergiftungen : Vorgehen bei Pilzvergiftungen :
In allen Fällen: Pilzidentifikation anstreben: Material asservieren: Pilzreste, Stuhl.
NB: Die Diagnose eines Amatoxin-Syndroms ist klinisch;
Amatoxin-Nachweis kommt zu spät u. dient Ausschluß/Bestätigung
A. Patient asymptomatisch:
1. Pilz sicher stark giftig
a.Mahlzeit vor < 1 Stunde : Magenentleerung (Erbrechen, Magenspülung) Kohle ( > 20 Gramm)
! Klinik
b. Mahlzeit vor > 1 Stunde : Kohle
! Klinik 2. Pilz fraglich giftig:
a. Knollenblätterpilze und Orellana sicher ausgeschlossen:
Kohle, Beobachten, bei Symptomen ! Klinik
b. Knollenlätterpilz oder Orellana nicht ausgeschlossen:
immer vom schlimmsten Fall ausgehen und wie bei 1 verfahren
Vorgehen bei Pilzvergiftungen : Vorgehen bei Pilzvergiftungen :
B. Patient symptomatisch:
1. Gastrointestinale Beschwerden:
a. kurze Latenz (bis 6 Stunden)
α. Knollenblätterpilz und Orellana sicher ausgeschlossen: Kohle, Flüssigkeit gefährdete Personen: Kinder, Alte, Schwangere, Vorerkrankte
oder bei Beschwerden > 8 Stunden ! Klinik β. Knollenblätterpilz und Orellana nicht sicher ausgeschlossen:
immer vom schlimmsten Fall ausgehen (Mischpilzgericht mit diesen) Kohle ! Klinik; (Silibinin)
b) lange Latenz (ab 6 Stunden) : Kohle , immer ! Klinik (Silibinin) 2.Andere Beschwerden, die auf eines der Pilzsyndrome passen:
Antidot, Kohle, ! Klinik
3.Andere Beschwerden, atypisch für Pilzvergiftung: je nach Schwere der
Erkrankung: Niedergelassener Arzt oder ! Klinik;
Pilzidentifikation per Anamnese
Kaum möglich:
weil: die Sammler sind fast immer „Kenner“, die
weil: die Sammler sind fast immer „Kenner“, die schon schon immer diese Pilze gesammelt haben immer diese Pilze gesammelt haben
Fragen: Unterschied zwischen Lamellen- und Röhrenpilzen bekannt:
neinnein:
: Patient kennt sich nicht aus, ist gefährdet Patient kennt sich nicht aus, ist gefährdet
ja: