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(1)

Die Subscriptionen der Syra Harclensis

Von GüNTHEE Zuntz, Manchester

Ich bin den Herausgebern dieser Zeitschrift verbunden für die Erlaub¬

nis, an dieser Stehe über einen Gegenstand zu handeln, der vieheicht

nicht nur einige Spezialisten angeht. Die Kolophone der syrischen sog.

Versio Harclensis, welche im Anfang des siebenten Jahrhunderts in

Ägypten ediert wurde, sind nicht nur für diese, an sich nicht besonders

wichtige, Übersetzung des N. T. von Bedeutung. Sie werfen Licht auf die

Überlieferung des N. T. überhaupt und, darüber hinaus, auf die Methoden

und das Nachleben der antiken Philologie. Ich habe diese Kolophone kri¬

tisch ediert und behandelt im Rahmen eines Buches^, das während des

letzten Krieges geschrieben wmde und daher wohl nur wenigen Lesern

dieser Zeitschrift vor Augen gekommen ist. Im folgenden gebe ich die

Texte auf Deutsch, mit einer Interpretation, die im Großen naturgemäß

zu meiner früheren Behandlung stimmt ; doch ist die Methode der Analyse

hier eine andere — ich glaube, eingängiger — und allerhand Neues kommt

hinz;u. Ich würde mich freuen, wenn etwa einige klassische Philologen für

die Überlieferungsgeschichte z. B. des Homer oder Horaz daraus Ge¬

winn ziehen könnten; andererseits ist vieheicht nicht ahen Orientalisten

bewußt, wie eindrücklich diese Texte den Zusammenhang der syrischen

Tradition mit der griechischen ihustrieren^.

Diese instruktiven Unterschriften finden sich imter fast allen Hand¬

schriften der drei Teile der Harclensis ; nämlich am Ende (a) der Evan¬

gelien, (b) der Paulinischen Briefe und (c) der Apostelgeschichte mit den

Katholischen Briefen. Von den Evangelien existieren viele Handschrif¬

ten und die betreffende Subscription ist seit dem 18. Jahrhundert oft

veröffentlicht, übersetzt und besprochen worden. W. H. P. Hatch hat

das Textmaterial am vohständigsten vorgelegt*. Das Ende der zweiten

Abteilung ist bisher nur in der Cambridger Handschrift Add. 1700 (A. D.

1170) zu Tage getreten. Nach dieser wurde der syrische Text veröffent-

1 The Ancestry of the Harklean New Testament, The British Academy,

Supplemental Papers No. VII (1945) im folgenden zitiert ,Anc.'.

^ Nebenbei wird die Kritik zu erledigen sein, die P. Kahle (Miscellanea

O. Mercati, VI, ,1946', 229) und zwei seiner Anhänger (Journ. Theol. Stud.

XLVIII, 1947, 92) übereinstimmend gegen mein Buch gerichtet haben.

3 Harvard Theol. Beview, XXX, 1937, 149.

(2)

licht von R. H. Bensly im Jahre 1889^; er findet sich auch, mit einigen

(unerheblichen) Verbesserungen, im Katalog der Cambridger syrischen

Handschriften^. Der dritte Kolophon findet sich in der gleichen Hand¬

schrift (daher im Katalog), in der Oxforder Hs. New Cohege 333 (daher

in J. White's Ausgabe, 1803, 275) und, in rudimentärer Form, in einer

Handschrift, die ehemals im Besitz von Rendel Harris war*. Ahe

früheren Ausgaben und Übersetzungen gaben den Text einzelner Hand¬

schriften; der Paulinische Kolophon — wohl der instruktivste von ahen

— war nie vohständig übersetzt und (vielleicht eben deshalb) in der Dis¬

kussion der einschlägigen Probleme vernachlässigt worden*. Über¬

setzungen von ahen dreien (in das für solche Zwecke traditionelle Latein),

basiert auf ahen mir erreichbaren Handschriften^, wurden erstmalig in

Anc. p. 13ff. gegeben.

Im folgenden stehe ich die beiden wichtigsten Kolophone, E(vang.) und

P(aul.) einander gegenüber*. Ihre Interpretation beruht auf vergleichen¬

der Analyse und diese wird, glaube ich, unmittelbar einleuchtend, wenn

die anologen Abschnitte synoptisch nebeneinander stehen. Der dritte

Kolophon ist in den wenigen Handschriften auffahend unvohständig :

die Schreiber, und wohl schon Thomas selbst, scheinen ihm geringere

Aufmerksamkeit gezoht zu haben, weil alles Wesentliche in den anderen

zwei gesagt war. Demnach muß die Interpretation des dritten sich nach

der der beiden anderen richten. Wertlos ist er trotzdem nicht, und ich

stelle ihn hier voran. Die Unvohständigkeit des Textes in den Hand¬

schriften schließt den Versuch der Wiederherstellung des Originals aus.

^ In The Harklean Version of the Epistle to the Hebrews.

^ Der Katalog beruht im wesentlichen auf den Vorarbeiten von W.

Wbioht; er wurde abgeschlossen und veröffentlicht durch S. A. Cook im

Jahre 1901, dreizehn Jahre nach Wbight's Tode (gegen Kahle 1. c. 232

Anm. 5).

^ Daher veröffentlicht von J. Gwynn in Remnants of the later Syriac

versions. .., I, 1909, 152; mit ihm bezeichne ich sie als ,y'.

* S. Lake (Mrs.New) betonte bereits 1928 {H. T. R. XXI, 389, n. 7), daß

dieser Kolophon ,deserves full critical investigation' und erwähnte, wie

schon P. CoBSSEN (G. G. A. 1899, 670), daß er irgendwie mit ,Euthalius'

zusammenhängt. Über die haltlosen Einfälle von J. H. Ropbs und A. C.

Clabk s. u. p. 185. Andere mögen diesen Kolophon gelesen haben; aber

niemand widmete ihm eine ernsthafte Untersuchung: bis 1945 blieb dies

aufschlußreiche Dokument .strangely neglected' (dies gegen Kahle 1. c.

232 (5) und J.T.S. 1947, 94).

^ Ich wußte zu der Zeit nichts von den Harclensischen Handschriften

der Mingana Library. Ihre Heranziehung würde an keinem Detail des

Folgenden etwas ändern.

" Der Stil meiner Übersetzung leidet an dem Streben nach größter Wört¬

lichkeit. Dies war ohnehin gegeben mit der Wiederholung der Zeilen¬

brechung der Handschriften.

(3)

176 GÜNTHER Zuntz

Ich gebe deu Text der besten Hs. C (Cambr. 1700); darunter die Abwei¬

chungen in 0 (Oxford N. C. 333) und y (nach Gwynn). Die Abschnitte

von mir, nach E und P.

Kolophon AK (i. e. Apg. und Kath. Br.) in C:

(Die kleinen lat. Buchstaben beziehen sich auf die Erläuterungen zu

E und P, p. 177; die Ziffern auf die textlichen Anmerkungen hierunter.)

I: (A) Abgeschrieben*' ist es aber von einer genauen Handschrift

von jenen, (B) die übersetzt zwar ^ wurden in den Tagen jenes ehr¬

würdigen Philoxenus, frommen Gedenkens, des Bekenners und ^

Bischofs von Mabug :

II: Verglichen aber wurde es mit vieler Mühe durch Tiiomas von

Harkel mit einer griechischen Handschrift, welche sehr genau

und zuverlässig, im Enaton der großen Stadt Alexandria, im heiligen

Kloster der Antonianer :

III. ■'^ im Jahre 927 Alexanders, (in der) vierten Indiktion. ^

Zum, Text: (I) inO: (1) ,zwar' om. (2) ,und' om. (3)—(3) mein , des armen Thomas' (vgl. u. p. 185). (4)—(4), d.h. als Sektion III: ,wie alle übrigen Bücher, seine Genossen'; vgl. Erläut. (1).

(II) in y: nach dem Titel (,. . . Episteln') nur: ,die übersetzt wurden

vom Griechischen ins Syrische für den hl. Philoxenus, Bischof von Mabug' ;

d. h. diese Hs. gibt nur Sektion IB. Darin sind aber die zusätzlichen Worte

,vom Griech.' etc. gewiß original; vgl. E 4 und P 14. Auch das Wörtchen

,für (Philoxenus)' ist beachtlich; vgl. Anc. p. 17 (g).

Die Unvollständigkeit des Textes in ahen Hss. zeigt sich 1. in ihren

starken Divergenzen, z. B. sind die verschiedenen Schlüsse in C und O,

wie die anderen Kolophone zeigen, beide Reste des Echten; 2. in dem

Wörtchen ,zwar' (nur in C) in I B : Vergleich mit E 6/7 zeigt, daß es nicht einfach mit ,aber' am Anfang von II korrespondiert, sondern ,< zuerst >

zwar' zu ergänzen ist; 3. in dem Widersinn der Angabe in I, wonach ,die

Handschriften' der Philoxeniana, und nicht diese selbst, übersetzt wor¬

den wären.

Was dieser fragmentarische Text eigentlich meint, ergibt sich aus den

beiden anderen Unterschriften. Die folgende Wiedergabe von E basiert

hauptsächlich auf den Angaben von Hatch; wertlose Handschriften,

deren er zwei zitiert^, sind vernachlässigt, wie auch die große Mehrzahl

seiner Varianten, die sich auf orthographische Quisquilien beziehen. Es

gibt in diesem Kolophon nur zwei wirkliche Varianten ; ihr Ursprung wird

seines Orts erklärt werden^. Die Handschriftensiglen bedeuten: C =

Cambridge, Add. 1700; H = Chester Beatty Syr. 3 (von Homs, ed.

1 Nämlich Vat. 272 und Angel. 3; vgl. unten p. 183 Anm. 4 und Anc. 25.

2 S. u. p. 177 zu E 16, Erläut. (f) und p. 183.

(4)

1 2 3a

E = Kolophon der Evangelien

f A) •)*<• Dies ist das Buch der vier Evangelisten der Hehigen, "<

P = Kolophon der Paulinischen Briefe

1 I (A) (Ab)geschrieben"^' wurde dies Buch des Paulus

2 des Apostels und verglichen mit (von) einer Hand¬

schrift

3 welche geschrieben war in Mabug

4a der Stadt;

4b (B) diese hinwiederum war verglichen

5 mit einer Handschrift, welche war

6 in Caesarea der Stadt von Palästina

7 in der Bibliothek des Heiligen Pamphilus,

8 welche geschrieben war mit seiner eigenen Hand/™)

9 Es waren vierzehn Briefe ; welches sind

10 insgesamt: Lesimgen 31,

11 Kaphel 148, Zeugnisse 128,

12 Verse 4936(°>.

3b (B) welches übersetzt wurde aus

4 der griechischen Sprache in die syrische

5 mit großer Sorgfalt

6 und mit großer Mühe, zuerst

7 zwar in Mabug der Stadt,

8 im Jahre

9 819 Alexanders

10 des Macedoniers*^' , in den Tagen des Ehrwürdigen

11 Mar Philoxenus, des Bekenners,

12 des Bischofs jener Stadt.

13 II (A) Verglichen*'^) aber (wurde es) später

14 mit großer Sorgfalt durch mich''')

15 den armen*'^) Thomas mit

16 drei*" griechischen Handschriften, welche sehr

17 zuverlässig und genau, im Enaton

18 von Alexandria der großen Stadt,

19 im heihgen Kloster der Antonianer*^) ;

20 (B) -z^- wo ich es auch schrieb^') für mich,

21 y<^- zur Förderung meiner sündigen Seele

22 '/j^- und jener vielen*'', die (es) lieben

23 und erstreben, die förderliche Genauigkeit

24 der Heiligen Schriften zu kennen

25a und zu erhalten. X

13 (C) Übersetzt aber wmde es mit großer Sorgfalt

14 und Bemühung aus der griechischen Sprache

15 • in die syrische in Mabug der Stadt

16 im Jahre 819 Alexanders

17 des Macedoniers(^), in den Tagen des Ehrwürdigen

18 und Heiligen Bekermers Philoxenus

19 des Bischofs jener Stadt,

20 durch seine Sorge und Mühe.

21 II (A) Dies (Buch) aber wiederum wurde verglichen*'') im

Enaton

22 von Alexandria der Stadt — wo auch

23 es geschrieben*'') wurde — mit zwei genauen grie¬

chischen

24 Handschriften dmch die Sorgfalt des Thomas, Bischofs

25 von Mabug, und seiner Genossen; wie (auch)

26a das Evangelium un,d die Acta;

26b (B) die sie schrieben*'')

27 zm Übmig*°) und Fördermig ihrer selbst

28 und derer, die wünschen und sich bemühen, zu lernen

29 und zu bewahren die Genauigkeit der Wörter und der

Bedeutungen'P)

30a der Apostolischen d. h. Göttlichen.

25b III (A) geschrieben*'') aber (wmde es)

26 und verglichen an dem Ort

27 dem (oben) genannten im Jahre neunhundert

28 und siebenundzwanzig

29 Alexanders, (in der) Indiktion

30a der vierten. *'^)

30b III (A) Geschrieben*'') aber (wurde es)

31 und verglichen -f und dieses' Mal f < im Jahre > 927

32 Alexanders, (in der) vierten Indiktion*'^),

33 im hehigen Kloster der Antonianer*^).

30b (B) Wie große Arbeit aber

31 und Mühe ich hatte mit ihm

32 und mit seinen Genossen*'), der Herr ahein

33 weiß es ; er der vergelten wird

34 einem jeden nach seinen Werken bei seinem Gericht

35 dem gerechten und richtigen; an welchem wir würdig

sein mögen

36 des Erbarmens, das von Ihm (ist). Amen.

Zum Text: l—3a und 20 (19, s. d.)—25a:"X'- • • nur in H. 1 Dies:

,aber' add. CLOPV 4 syrische: , aramäisch' add. O (in hebr. Buchstaben)

5 Sorgfalt: H hat ein Synonym. 11 Bekenners: ,und' add. (C) P. 16 ,drei'

CHV™arg (auch Vat. Syr. 271): ,zwei' LCBV*«^*. i9-^-H: del. Zuntz

(vgLu.p. 183 Note4). 20 — 25a: om. LOV; stark verkürzt in P. 256 aber:

die Verbindung der Abschnitte, durch eine oder zwei Partikeln, schwankt

in den Hss. 35 welchem: ,wir alle' add. C.

Zum Text: C hat Abschnitte nach 8 und 12. 12: Die Zahl der stiohoi steht

richtig in C. Das Fehlen eines Punktes in Bensly's Publikation hatte mich

(Anc. p. 16o) zu der irrtümlichen Annahme verleitet, daß ein Zahlzeichen

verschrieben sei. Die richtige Zahl hatte ich ,durch Conjoktur' eingesetzt.

Dieser überflüssige Umweg gab P. Kahle (1. c. 232,6) und den Seinen

(J. T. S. 1947,96) ihren schönsten Triumph. 31: C ist hier corrupt (Anc.

p. 17k). Kahle (1. c. p. 233) gibt meinen Text und m. Bemerkungen falsch

wieder, beteuert, der Text sei ,ganz in Ordnung' und präsentiert als

.korrekte Ubersetzung' einen Satz, dessen Sinnlosigkeit meine Auffassung

bestätigt. (Statt ,dieses Mal' wäre auch ,zu dieser Zeit' oder .Gelegenheit' möglich.) < im Jahre > add. Zvmtz.

(5)
(6)

Hatch); L = London, Brit. Mus. Add. 7163; 0 = Oxford, NewCoU. 333;

P = Paris, Syr. 54 (olim 23); V = Vatic. Syr. 268. Die Zeilenbrechung

nach H ; sie ist nicht original, erleichtert aber das Zitieren und verdeut¬

licht die Setzung der kritischen Zeichen, die sich nur in dieser hervor¬

ragenden Handschrift finden.

Die Wiedergabe von P folgt der einzigen Handschrift C^.

Erläuterungen zu vorstehender Gegenüberstellung

(a) In den meisten Hss. ist eine Partikel zugefügt, die den Kolophon

mit dem voraufgehenden Explicit verbindet.

(b) A. D. 508.

(c) Über die Bedeutung von .vergleichen' s. u. p. 182.

(d) Wörtlich , durch große Sorgfalt von mir (,mein'), Thomas'.

(e) Das Beiwort ,arm' bezeugt die christliche Demut des Thomas.

(f) (Vgl. zum Text). Th. benutzte für die Evang. drei griechische Hand¬

schriften, wie sein Scholien zu Mt. 28,5 bezeugt; die falsche Variante

,zwei' mag aus P 23 stammen.

(g) Für , Antonianer' könnte .Enatonianer' gelesen werden; das letztere

ist aber sachlich und durch den Zusammenhang ausgeschlossen; vgl. u.

p. 188. Ein Kloster, das sich nach dem hl. Antonius, dem zweiten Vater

des ägyptischen Mönchwesens, nannte, ist m.W. anderweitig nicht bezeugt

— was kein Einwand gegen seine Existenz ist.

(h) Das Syrische hat ein Wort für .schreiben' und , abschreiben'.

(i) Nicht, wie P. Kahle (1. c. pp. 214 und 215) übersetzt, .many of those', (k) A. D. 616.

(1) .Genossen': d.h. den Paulusbriefen und Apg. mit kath. Briefen; vgl.

oben p. 176. Hs. O. am Ende von Kolophon AK.

(m) Vgl. die Kolophone der griechischen Paulus-Hss. H und 88 (so auch

der armenischen Übersetzung) : dtvTsßXrjS-r) Sk y) ßtßXoi; npbc, ib 4v Kaiaapstqc avT£Ypa90v tt]? ßiß>.!.oS"r]>c7)? toü äytou na[J.9iXoi). x^'P^ yeypa.\i.\iiwj aÜTOü (H.

Omont, Notices et Extraits, XXXIII, 1890, 189; F. C. Conybeare. Z. N.

T. W. V. 1904. 49; Anc. 15).

(n) Vgl. .Euthalius" Zusammenfassung am Ende seiner Liste der .Le¬

sungen' in seiner Paulus-Ausgabe (Migne, P. O. 85. 720 B): '0\j.o\) töv

SExaTeaadtp&jv imrsTokZv dvayvftxiei.? Xa'' XE9aXaia pfx^" (lap-ruplai pviC,'' anxoi S•'^X9'.

(o) .Übung' (.exercitium') : vgl. Anc. p. 17 (i).

(p) Vgl. griech. p7)|i.aTa xai Siävoia in der Theorie der Rhetorik.

^ Die Anfänge der Zeilen 15 — 21 sind in C ausgebrochen. Die Ergän¬

zungen ergeben sich, im Vergleich mit den anderen Kolophonen. von

selbst. — Ich halte jedes Wort meiner früheren Übersetzung aufrecht;

trotz P. Kahle 1. c. 232.

12 ZDMG 101

(7)

178 Güntheb Zuntz

Die Parallelität von E und P ist evident. Beide haben drei Hauptteile.

Der erste bezieht sich jeweils auf die Übersetzung vom Jahre 508, unter

den Auspizien des Philoxenus; der zweite berichtet über die Arbeit des

Thomas von Harkel (,und seiner Genossen' P) im Enaton; der dritte gibt

das Datum des .Schreibens und Vergleichens', A. D. 616. Die generehe

Gleichheit und die Variationen im Detail sind, was man bei gleichem Ur¬

sprung der beiden Kolophone erwartet. Jeder hat, darüber hinaus, einen

Abschnitt für sich. Die Subscription des ersten und wichtigsten Teiles

dieser Neuausgabe des N. T. ist abgerundet durch einen Rückblick auf

das Gesamtwerk (seine Toile wurden also zusammen veröffentlicht) und

einen passenden frommen Wunsch (E 30b —36). P hat für sich den Ab-

schihtt I B (historisch das wichtigste Stück von allen) ; daher ist in P der

Abschnitt I C parahel mit I B in E.

Woher wußte Thomas die Einzelheiten über die philoxenianische Über¬

setzung, die die Anfänge der beiden Subscriptionen überliefern ? Woher

kannte er das genaue Datum A. D. 508 ? Woher die Tatsache einer Ver¬

gleichung (P I B) mit einem Autograph des Pamphilus und die Details

betreffend jenes Autograph, die Zahl seiner Kapitel, stichoi usw. ? Und

wie konnte er darauf verfahen, diese Details verbotenus so zu geben, wie

wir sie in griechischen und armenischen Handschriften und im Apparat

des , Euthalius' finden? Thomas hat diese authentischen Fakten nicht

geträumt oder erfunden und er hatte kein Handbuch der neutestament¬

lichen TextkritUt vor sich. Vor sich hatte er eine Handschrift, die er

,verglich', un.d diese Handschrift war ein Exemplar der Philoxeniana.

Seine Information über die Philoxeniana stammt aus seiner Handschrift

der Philoxeniana. Woher auch sonst ? Wer sich überlegt, wie diese Hs.

diese Information geben konnte, muß schließen, daß diese Hs. Kolo¬

phone hatte, welche die Arbeit in Mabug im Jahre 508 in ähnlicher Weise

beschrieben, wie die folgenden Tehe von Thomas' Kolophonen die Arbeit

im Enaton A. D. 616 beschreiben. Wir haben diese Kolophone. Wer den

Anfang der beiden Harclensischen noch einmal ansieht, erkermt, daß,

nach ein paar einleitenden Worten (IA), sie einfach die Subscription von

Thomas' Vorlage wiederholen. E I B und P I B — C sind die Kolophone

der Philoxeniana ; sie sind in die Harclensischen übernommen in derselben Weise, wie z. B. die der Apohinarius-Hs. in die des Codex Marchalianus^.

1 Einzelheiten und weitere Analogien s. Anc. p. 15 (mehrere schon in

Montfaucon's Palaeographia Graeca). Hier zwei weitere Parallelen: 1. die

Subscription von Severus' History of the Councils; s. Patr. Or. VI, 590;

2. die des Chester Beatty MS. der harcl. Evangelien (oben ,H'), dessen

Schreiber im Jahre 1177, nach Kahle (1. c. 211) 'copied the whole manus¬

cript before him, together with the subscriptions, that of Thomas of

Harkel, dated A. D. 616, and that of Basilius, dated A. D. 841'. — Mit

obigem erledigt sich Kahle p. 231,2.

(8)

Thomas übernahm sie, wie gebräuchlich, im Großen und Ganzen wörtlich ;

nur bezeichnete er seinen berühmten Amtsvorgänger am Ende (E 10 f.,

P 17 f.) in derselben respektvollen Weise, wie es ihm selbst bald von

einigen Kopisten widerfahren sollte^. Philoxenus selbst mag sich in seiner

Unterschrift, ebenso wie Thomas, als ,armen (Sünder)' bezeichnet haben.

Der Paulus-Kolophon der Philoxeniana enthielt nicht nur die ge¬

bräuchliche Feststellung : ,Übersetzt wurde dieses Buch aus ...' etc. ;

er bezeugte ferner: ,Verglichen mit einer Handschrift in Caesarea' etc.

Die wortwörtlichen Parallelen^ beweisen, daß P 4—12 die Übersetzung

der Unterschrift einer griechischen Hs. sind. Thomas fand die sjTische

Übersetzung dieser griechischen Unterschrift, wie er sie dann auch über¬

lieferte, über dem Kolophon seiner Philoxenus-Handschrift. Also war das

die Unterschrift, welche die griechische Hs. beschloß, die für Philoxenus

ins Syrische übersetzt wurde. Der Übersetzer — sein Name Polycarp ist

anderweitig überhefert — gab seine Vorlage vohständig wieder, und dazu

gehörte auch die Unterschrift an ihrem Ende^. In derselben Weise über¬

setzte Paul von ToUa die Subscriptionen der griechischen Handschriften,

die er für seine ,SyTO-Hexapla' verwendete. Unter Polycarps Wieder¬

gabe der griechischen Unterschrift fügte dann Philoxenus seinen eigenen

Kolophon: ,Übersetzt wurde es ...' etc. (P 13ff.).

Die Unterschrift der Vorlage des Polycarp-Philoxenus läßt sich leicht

ins Griechische zurückübersetzen* — wir haben ja die Originale in den

Schwesterhandschriften dieser Vorlage, den Paulus-hss. H und 88, so¬

wie bei , Euthalius' —: 'AvreßXvjilT) npbc, to avTtypacpov to ev Kattjapeta T^? llaXatcrTLvyji; ty]? ßißXiOa>-/)X7]<; toü äyi'ou llajjicptXou, ytipl yeypa[i.[i.E- vov aÜTOü- (■^CTOcv Se)^ zniazoXcxX SexaTeacrapsi;, oiv e'-olv'' ttocvtwv Ö(jIO'j dvayvco(7ei<; Xa'' xe9aXaia pjxJ^'" [/.apTupEai px?^'- otl/oi TeTpaxitr/iXiot

•^vX?'.

Die Philoxeniana beruhte also' auf einer griechischen Hs., die mit dem

Autograph des Pamphilus verglichen worden war (oder der Abschrift

1 Vgl. u. p. 185. 2 Vgl. oben p. 177 Erläut. (m) und (n).

" So entstand der oberflächlich täuschende Eindruck, als gelte .ver¬

glichen mit dem Autograph des Pamphilus' von der Philoxeniana, anstatt

von deren griechischer Vorlage. Näheres Anc. 20ff.

* So leicht, daß ioh in Anc. p. 13 den ,Euthalius'-Abschnitt sogleich in

seiner originalen griechischen Form gab. Die diesbezüglichen Äußerungen

Kahi.es (p. 232,5) sind bemerkenswert.

' Diese zwei Wörter allein sind nicht ganz sicher; m. a. W., wir wissen

nicht bestimmt, mit welcher Formel , Euthalius' sein Zitat der Pamphilus- unterschrift einleitete.

* Das Präsens hier, gegenüber dem voraufgehenden Praeteritum, ist

allein schon Beweis, daß hier die Subscription von Pamphilus' Autograph

wiedergegeben wird.

' Das hier folgende gilt bis auf weiteres nur für die Paulusbriefe; vgl. u. p. 186.

(9)

180 Günther Zuntz

einer solchen, die den Kolophon ■wiederholte). Es war ein Exemplar der

Ausgabe des sog. .Euthalius': P 9—12 kehren bei ihm wieder; er zitierte

sie von Pamphilus' Autograph. Damit ist diese vielumstrittene Gestalt

identifiziert : ,Euthalius' gehört nach Caesarea (und nicht nach Ägypten) ;

seine Ausgabe gab den Text, den Pamphilus konstitmert hatte. Es war

also ein ,Caesarean Text' im eminenten Sinne des Wortes. Ein Exemplar

dieser weitverbreiteten Ausgabe war die Vorlage der Philoxeniana.

Dieser Schluß findet erwünschte Bestätigung: der ,Euthalianische'

Apparat der Philoxeniana existiert bis heute in MS. Brit. Mus. Add. 7157

und auch, leicht überarbeitet, in Harclensischen Hss., z. B. in MS. New

Coh. 3331.

Somit erheht der erste Teil dieser Kolophone die Vorgeschichte der

Harclensis zurück bis zum Jahre 508 und weiterhin, zumindest für die

Paulus-Briefe, bis ms vierte Jahrhundert; denn , Euthalius' muß seine

Ausgabe vor A. D. 392 publiziert haben (in diesem Jahr erschien die

Jesaias-Ausgabe des Hieronymus, die nach dem Vorbild des ,Euthalius'

per cola et commata geschrieben war), und wohl ziemlich lange vor diesem

Datum, denn A. D. 396 — oder sogar noch früher — wmde bereits ein

unechter Abschnitt (.Martyrium Pauli') in die Prolegomena des ,Eutha-

lius' interpoliert^. Andererseits zitiert ,Euthalius' den Pamphilus (als Hei¬

ligen!)* und die Kirchengeschichte des Eusebius. Demnach wird man ihn

etwa der Mitte des Jahrhimderts zuschreiben; denn der unselbständige

und epigonenhafte Charakter seiner Arbeit entfernt ihn von den Kory¬

phäen der Caesareischen Tradition. Ich möchte jetzt, mit allem Vorbe¬

halt, die Möglichkeit erwähnen, daß unter dem nom de plume ,Euthalius'

sich der nachmalige Bischof Euzoius von Caesarea (376—379) verbirgt.

Seine philologischen Interessen — er hatte griechische Bildung genossen

— sind bezeugt durch die oft zitierte Nachricht des Hieronymus*, wo¬

nach er, wie sein Vorgänger Acacius (338—365), Sorge trug, die zerfal¬

lenden Bände der dortigen Bibliothek ,in membranis instaurare'. Die

Subscription eines Bandes seiner Philo-Ausgabe, erhalten in cod. Vindob.

Theol. Graec. 29^ (sei. XI) Eu^oto? ctlctxotto? ev CT(d[i,aTtoi(; ävevetocraTO bestätigt diese Angabe. Zu der Zeit, als er ,adulescens Caesareae eruditus

est' (Hieron.), mag Euzoius die unoriginehe, aber mühsame und folgen¬

reiche Editionsarbeit ausgeführt haben, die er, unter dem Decknamen

1 Von Dobschütz, Z.K.O. 19, 1898. 107; Anc. 109ff.

" Ano. 77; 100; 110. n. 4.

^ Der .Christus-liebonde Vater' der .euthalianischen' Prolegomena ist

Pamphilus: Anc. 78—87.

* De vir. inlustr. 113 und Epist. 34. 1.

° S. L. Cohn in Philo, De opificio mundi, 1889. p. Illff. ; ders. in der

Vorrede zu Bd. I seiner Philo-Ausgabe. 1896. pp. III und XXXVI.

(10)

,Euthalius', einem hochgestellten .Athanasius' widmete. Mit dem letzteren

könnte chronologisch Athanasius der Große gemeint sein ; aber die semi-

arianische Richtung der Caesareer macht eine solche Huldigung recht

unwahrscheinlich. Da der Dedikant unter einem Decknamen auftritt,

dürfte er seinen Gönner ähnlich maskiert habcn^. Wenn (wenn!) .Eutha¬

lius' = Euzoius ist : vielleicht ist .Athanasius' = Acacius ?

Wie die .Euthalius'-Ausgabe sich durch Berufung auf Pamphilus le¬

gitimierte und dessen Subscription zitierte (P 9-—12), so legitimierte sich

die Philoxeniana durch Berufung auf ihre Vorlage (,Euthalius') : sie zi¬

tiert deren Subscription (P 4b —12). Thomas von Harkel endlich bezieht

sich auf die Philoxeniana : ihre Kolophone bilden den Anfang der seinen

(E 3b —12; P 4b —20). Die wörtliche Übernahme verrät sich noch durch

eine kleine Zufügung, mit der Thomas eine Verbindung mit dem folgen¬

den Bericht über seine eigene Tätigkeit herzustehen sich bestrebte, die

aber (wie das bei solchen Interpolationen zu gehen pflegt) eine Inconzin-

nität verursachte: ich meine jene zwei Wörtchen ,zuerst zwar' in E 6/7

und AK 2 (wo nur ,zwar', in der besseren Handschrift, übrig geblieben

ist). Diese Zufügung läßt den Leser im Folgenden Angaben über eine

zweite Übersetzung erwarten; aber die Fortsetzimg lautet: ,VergUchen

aber wmde es ...' etc. Thomas machte dieselbe Zufügung in dem Eutha¬

lianischen Apparat, den er (gleichwie die Kolophone) von der Philoxe¬

niana übernahm. Dort enthält der Apparat das Datum A. D. 508;

Thomas fügt hinzu : ,in welchem (Jahre) dies Buch ... übersetzt wurde

zum ersten Male'^.

Thomas (wir wenden uns zu den folgenden Abschnitten der Kolo¬

phone) bezeichnet seine Arbeit nicht als eine .zweite Übersetzung' : er hat

eine ,genaue Handschrift' der Philoxeniana ,verglichen'*. (HA; vgl. AK 1)

Der alte Streit über die Bedeutung dieses Wortes — dmchgreifende Re¬

vision oder exakte Abschrift — ist entschieden mit der Feststehung, daß

die Philoxeniana, zumindest in den Episteln, ein ,Caesarean Text' war.

Jeder Anfänger weiß, daß dies auf die Harclensis nicht zutrifft; daß ihr

Text, grob gesprochen, ,byzantinischen' Charakter hat. Thomas hat also

den Textcharakter seiner Vorlage durchgreifend geändert*. Sein Aus¬

druck dafür ist .verglichen mit griechischen Handschriften'. Damit läßt

1 Dies schäferliche Versteckspiel paßt zu dem humanistisch-philologi¬

schen Charakter, den die gesamte Arbeit des E. trägt und besonders zu

seiner Übernahme einer hellenistischen Versunterschrift; s. J. A. Robin¬

son, Euthaliana, 1895, 4; Anc. lOlf.

2 So cod. New Coli. 333, fol. 198 recto; Anc. 110.

2 Eben darum behält er die älteren Kolophone bei, in ihrer originalen

Reihenfolge.

* Eine Untersuchung prae-Harclensischer syrischer Bibelzitate des

C. und 7. Jhdts. (Anc. Kap. II) hat diesen Schluß bestätigt.

(11)

182 Günthbb Zuntz

er uns seine Arbeitsweise ahnen. Die Analyse des Restes der beiden Ko¬

lophone vervollständigt dies Indiz.

Es kann dem aufmerksamen Leser nicht entgehen, daß , Schreiben' und

.Vergleichen' in beiden zweimal vorkommen (E 13, 20 und 25b/26; P 21,

(23)^, 26b und 30b/31). In beiden Kolophonen — das ist bedeutsam —

geht das erste Mal das .Schreiben' dem ,Vergleichen' voran; an der zweiten

Stehe aber wird erst geschrieben und dann verglichen. Was wird da je¬

weils .geschrieben' und ,verglichen' ?

Was an der ersten Stelle (II A) jewehs .verglichen' wird, ist die Hand¬

schrift der Philoxeniana. Thomas .vergleicht' sie mit ,genauen' grie¬

chischen Handschriften, um festzustellen, ob ihr Text der Norm ent¬

spricht, den die letzteren für ihn repräsentieren. Was er schließlich getan

hat. lehrt der Erfolg: er hat erstens der .Caesareischen' Textform eine

.Byzantinische' substituiert und zweitens die Wiedergabe griechischer

Wörter und Formen nach pedantischen Schulregeln normalisiert. Dazu

war das .Vergleichen' der erste und entscheidende Schritt, und daher

kann das Wort .vergleichen' (ävTtßaXXeiv) eine kritische Revision be¬

zeichnen. Durch kritische Zeichen und beigeschriebene Varianten in der

Philoxenianischen Hs. gab Thomas die Änderungen an, die er für nötig

hielt, um seine griechische Norm mit der größtmöglichen Treue zu wie¬

derholen. Nach diesem Stadium der kritischen Arbeit sah die Philoxenus-

hs.. die Thomas (.und seine Genossen') .verglichen' hatten, mutatis

mutandis so aus wie Codex K. nachdem die Gruppe von Caesareischen

Correctoren. die man nennt, ihre .vergleichende' Tätigkeit abge¬

schlossen hatten: sie waren ungefähr Zeitgenossen des Thomas. Gleich

ihnen, bezeichnete auch er seinen Beitrag durch eine Zufügung zum Ko¬

lophon der verglichenen Handschrift. Es ist unser Abschnitt II A, in E

sowohl als in P.

Nach dem .Vergleichen' das .Schreiben' : Abschnitt II B sagt uns. daß

der nächste Schritt der Revisoren eine Abschrift der .verglichenen'

Philoxenus-Hs. war; natürlich mitsamt ihren Subscriptionen. Der Er¬

folg zeigt, daß dabei die approbierten Varianten in den Text kamen —

soweit nicht die kritischen Zeichen hinreichten, um die ,genaue' Lesart

anzuzeigen. Zumindest eine Auswahl der ursprünglichen Philoxenus-

Lesarten kam an den Rand und vermischte sich dort mit Varianten aus

den von Thomas herangezogenen Handschriften. Mit Worten, die einen

^ Der Relativsatz .wo . . . geschrieben wurde', der den Zusammenhang

unterbricht, dürfte eine Schreiberzufügung sein (Anc. 18). Ich wage die

Vermutung, daß Abschnitt HB auch in P. wie in E (vgl. u.p. 183f.), ur¬

sprünglich mit Asterisken markiert war und daß der Relativsatz bestimmt

war, ihn zu ersetzen in Handschriften, welche den so markierten Abschnitt ausließen.

(12)

ehrliehen Kritiker noch heute rühren können, bekannten ,Thomas und

seine Genossen' in ihrem Bericht über diesen Teil ihrer Arbeit (II B) die

Motive und Hoffnungen, die sie bei ihrem Werke beseelten (E 21— 25a;

P 27— 30a).

Somit war das Grundexemplar der ,editio Harclensis' vollendet. Seine

Kolophone bildeten die Abschnitte I und H ; d. h. die Unterschriften der

Vorlage, erweitert um die kvuzen einleitenden Worte, die wir jeweils als

IA bezeichnen^, und um die soeben besprochenen Abschnitte II B, welche

das , Schreiben' der Grund-abschrift berichten. Diese Erweiterungen

waren, zumindest in E^, markiert durch Asterisken und Metobeloi*, und

diese kritischen Zeichen verursachten, daß der so markierte Abschnitt E

II B in vielen Hss. ausgelassen winde. Erhalten sind diese Zeichen nur in

der Chester Beatty Handschrift* — kein Wunder, denn unter den Hand-

1 Die etwas ausführlicheren Worte P 2— 4a stammen aus P 13—15. Dies

.telescoping' war nötig, um einer falschen Beziehung des Abschnitts B

vorzubeugen. Ohne diese Erweiterung würde der Leser die Worte .ver¬

glichen. ..' 1. 4bff.. mit welchen der Philoxenianische Kolophon beginnt, auf die Harclensis beziehen.

^ Vielleicht auch in P; s. o. p. 182 Anm. 1.

" Die Metobeloi am Ende der durch Asterisken markierten Abschnitte

fehlen in Hatch's Publikation und daher auoh in Anc. : sie wurden erst

später durch P. Kahle bekannt gemacht. Dieser Umstand hinderte ihn

(p. 231, 1) und seine Genossen (J. T. S. 1947. 96) nicht, mein ,Übersehen'

der Metobeloi (oder, nach J. T. S., der metaboloi — wenn das ein Druck¬

fehler ist, sucht er seinesgleichen) herbe zu rügen. Sie versäumten zu er¬

wähnen, daß ioh auch so das Ende der markierten Abschnitte richtig

erkannt, angegeben und darauf meine Bemerkungen gegründet hatte.

* Der Rubricator dieser Handschrift begann versehentlich die zweite

Serie der Asterisken eine Zeile zu hoch, neben 1. 19: solche Fehler im

Setzen kritischer Zeichen sind bekanntlich überaus häufig (s. z. B. J. H.

BoPES. in The Beginnings of Christianity, III. 1926. p. CLXVIIf.; A. C.

Clark. The Acts of the Apostles, 1933. 308 mit Anm. 6). Ich wiederhole,

daß der Asterisk neben 1. 19 .nicht echt sein kann' {Anc. p. 26; dazu

Kahle 1. c. 231.1; J. T. S. 1947, 96). Die Gründe liegen auf der Hand.

Diese Zeichen markieren einen in sich kompletten Abschnitt; dieser Ab¬

schnitt reicht von 1. 20— 25a. L.19 gehört nicht dazu. Es sind einheitlich

die Zeilen 20— 25a, die in der einen Klasse der Hss. fehlen, ohne jede

Variation betreffend Anfang (oder Ende) der Auslassung. Diese beiden

Phänomene, kritische Zeichen und Auslassung, sind miteinander ver¬

knüpft : sie beide betreffen den einen ganzen Abschnitt, der das Schreiben

der Grundabsohrift berichtet, während 1. 19 den Bericht über die vorauf¬

gehende , Collation' abschließt. Was immer ihr Ursprung: eine Serie von

Zeichen, die sich auf einen geschlossenen Abschnitt bezieht, kann nicht

gleichzeitig noch eine Kurzzeile eines benachbarten einbeziehen. Also ist

der Asterisk neben 1. 19 nicht echt. Ich bitte zu entschuldigen, daß ich an

den wiederholten Nachweis dieser Selbstverständlichkeit so viol Worte

wende: Kahle und Genossen zeigen, daß es nötig ist. K. verwirrt dio ein¬

fache Sachlage weiterhin durch die Angabe (p. 215), daß Cod. Vat. 272

(13)

184 Günther Zuntz

Schriften, die überhaupt kritische Zeichen haben, ist dies (soweit bis jetzt

bekannt) die einzige, die nicht den Absclmitt E IIB aiisläßt.

Und Abschnitt III ? Es bedarf keiner Worte. Das Grundexemplar

wurde kopiert; die Kopien mit ihm verglichen: dies geschah im Jahre 616

,im heiligen Kloster der Antonianer'. Der letzte Abschnitt der Kolophone

charakterisiert die authentischen Abschriften, die im Scriptorium des

Klosters genommen wurden, nachdem ,Thomas und seine Genossen' ihr

kritisches Werk abgeschlossen hatten.

Die Analyse hat gezeigt, daß diese langen Kolophone das Produkt

eines langen Wachstums sind'^. Ihre sukzessiven Stadien vermitteln das

Bild eines jahrhundertelangen überlieferungsgeschichtlichen Prozesses

und einer hochentwickelten philologischen Methode. Man könnte nun¬

mehr die Ergebnisse auswerten — wäre man nicht genötigt, erst noch

Einwände gegen die Authentizität des benutzten Materials zu wider¬

legen; Einwände, denen man zu viel Ehre erweist, wenn man sie .kri¬

tisch' nennt.

eine andere Lesart in 11. 19—20 (also über die Abschnittsgrenzo hinweg)

habe, sowie durch inkorrekte Angaben über die Auslassimg von 11. 20— 25a

in anderen Hss. Die erstgenannte Hs.. wie Anc. 25 (oben) festgesteht, hat

nicht den geringsten Zeugenwert. Es ist überhaupt keine Hs. der Harc¬

lensis. sondern der Peshitta. Ihr Schreiber hat den Harcl. Kolophon für

seine Zwecke zurechtgemodelt : so dient er ihm. seine eigene Arbeit .im

Kloster Mär Dimät' auf das Jahr 1487 zu datieren; demgemäß begegnen

weder Thomas noch das Enaton in dieser Unterschrift.

^ Die Analyse ist nicht, wie Kahle (p. 231.1) und Genossen (J. T. S.

1947, 97) behaupten .basiert' auf meine Interpretation der Asterisken

in der Chester Beatty Hs. : jeder Leser des vorliegenden Artikels, oder

von Anc, kann sehen, daß sie einfach von aufmerksamem Lesen der Texte

resultiert und von abweichenden Meinungen über die kritischen Zeichen

nicht berührt wird. Daß die Zeichen aus Thomas' Handexemplar stammen,

ist eine Annahme — m. E. die einzig wahrscheinliche — die sich der unab¬

hängig gewonnenen Deutung der Kolophone zwanglos einfügt. Kahle

bezeichnet es als .nicht sehr wahrscheinlich' — seine Genossen drücken

sich stärker aus — .daß ein Autor diakritische Zeichen zu seinem eigenen

Text fügen würde'. Der Kolophon (als ganzes) ist nicht Thomas' .eigener

Text' : die Zeichen markieren die Abschnitte, die Thomas' Autograph im

Überschuß gegen seine Vorlage hatte. Hier zwei andere Beispiele: 1. Jakob

von Edessa bezeichnete in ähnlicher Weise seine Zufügungen zu der älteren

syrischen Übersetzung der Hymnen des Severus (s. das Facsimile auf

Tafel V von Wright's Katalog der syrischen Hss. im Brit. Mus.); 2. der

Pariser Diakon Aegidius markierte mit obeli seine Zufügungen in seiner

Ausgabe der .Aurora' des Petrus Riga (s. Manitius. Gesch. d. lat. Lit. dea

M. A., III, 822). Es ist kaum denkbar, daß irgend jemand sonst könnte den

Wunsch und die Möglichkeit gehabt haben, in dieser Weise ein vorüber¬

gehendes Stadium in der Vorarbeit für die Harclensis zu indizieren. Kahle

möchte glauben (oder — nach Meinung seiner Genossen — er .beweist'), daß

(14)

Diese Einwände beziehen sich auf den Pauhnischen Kolophon und

stammen von A. C. Clabk^. Ich bedaure, daß ich gezwungen bin, nochmals

auf seinen Irrtum zurückzukommen, der, im Rahmen seines großen und

wertvollen Werkes über die Apostelgeschichte, ganz unerheblich ist. Ich

hatte ihn in meinem Buch kurz und bündig widerlegt", und jedem Un¬

voreingenommenen wird der bloße Vergleich mit den anderen Harclensi¬

schen Unterschriften die Echtheit auch dieser selbstverständlich machen.

Man schämt sich fast, dies nochmals zu beweisen — aber meine Kritiker

haben geglaubt, Clabk's Einwände wiederholen zu dürfen^. Sie reden, als

hätten sie Autorität : also muß man sie widerlegen.

Clabk (der nicht Syrisch konnte) hatte, so scheint mir, seine ausführliche

und gehaltvolle Untersuchung über die Harclensis im wesentlichen voll¬

endet, als ihm eine unvollständige und fehlerhafte Übersetzung des Paulini¬

schen Kolophons zu Händen kam. Jedenfalls — er entledigte sich dieses

Zeugnisses mit der Erklärung: ,1 look on its authenticity as dubious'^.

Dafür gab er zwei Gründe :

1. It certainly does not proceed from Thomas, since it is not written

in the first person and he is called 'Bishop of Mabog', not 'poor

Thomas'.

Dieser Einwand erledigt sich damit, daß dasselbe Phänomen in dem

Kolophon AK wiederkehrt, Hessen Echtheit weder Claek noch sonst irgend¬

jemand bezweifelt hat. Die Parallelstelle dort ist glücklicherweise in zwei

Handschriften erhalten. Wie der Text oben p. 176 zeigt, ist der Kolophon

in der Oxforder Hs. in der ersten Person gehalten und spricht von dem

,armen' Thomas. In der Cambridger Hs. ist die dritte Person angewendet

und statt des , armen Thomas' finden wir ,Thomas von Harkel'. Diese

Variante macht den Kolophon in C nicht .unecht'. Der Paulinische nun

ist nur in C erhalten. Der Schreiber dieser Hs., oder eher wohl schon

einer seiner Vorgänger, gestattete sich dieselbe kleine Freiheit in beiden

Subscriptionen : er ersetzte die originale, demütige Selbstbezeichnung durch

eine korrekte und respektvolle Bezeichnung des Urhebers der Ausgabe,

von der er eine Kopie geschrieben hatte. Irrige Folgerungen wie Clabk's

hier resultieren von dem Irrtum, diese Unterschriften als persönliche Be¬

kundungen der betreffenden Kopisten anzusehen, während sie in Wahrheit

die traditionelle Kennmarke dieser Ausgabe, in ihren Kopien, sind. Seit

dem 18. Jhdt. haben sie wiederholt dazu verführt, die eine oder andere

Handschrift der Harclensis auf 616 zu datieren und wohl gar für das

Autograph des Thomas zu halten.

die Zeichen Varianten der Kyrisonas-Hs. betreffen, mit der ein Vorfahr

des Chester Beatty Kodex im Jahre 841 verglichen worden war. Diese

Annahme wäre anhand weiterer vergleichbarer Residuen der gleichen

Collation in der gleichen Handschrift zu erhärten. Solange solche nicht

nachgewiesen sind, glaube ich nicht, daß eine Harclensische Handschrift

andere kritische Zeichen als die des Autographs wiedergeben könnte.

1 Die verwirrten Angaben bei Ropes {Beginnings, III, 1926. p. CLII)

erledigen sich sans plus. Auoh in diesem Fall möchte ich betonen, daß der

Wert seines großen Werkes nur unerheblich beeinträchtigt ist durch Ver¬

nachlässigung dieses einen Punktes. " Anc. pp. 19 und 31.

3 Kahle 1. c. 231 f.; J. T. 8. 1947, 94. Meine Widerlegung bleibt un¬

erwähnt. * The Acts of the Apostles, 1933, 306 mit Anm. 1.

(15)

186 Günther Zuntz

2. This mention of Pamphilus is somewhat suspicious, since no reference to him occurs in the other colophons.

Die eingehende und erleuchtende Information über die Beziehung der

Philoxeniana — nicht der Harclensis! — zu Caesarea und Pamphilus:

welcher Fälscher kormte die erfinden ? Wer hatte ein Interesse daran,

dergleichen in die Harclensis einzuschwärzen ? Cui bono ? Die erstaunlich detaillierten Angaben in diesem Passus erweisen sich, durch unabhängige,

weitabliegende Zeugnisse, als korrekt bis ins kleinste: wie konnte ein

syrischer Fälscher sie erträumen ? Diese Angaben involvieren die Aus¬

stattung der Philoxeniana mit den Paraphernalia der ,Euthalius'-Aus-

gabe, und diese .Euthaliana' der (im übrigen verlorenen) Philoxeniana

existieren bis heute^: und da sollen die Angaben, die implicite den Ursprung

dieser Beigaben erklären, ein Argument für Unechtheit sein! .Pamphilus

ist in den anderen Kolophonen nicht erwähnt'. Sehr wohl: so haben wir

also hier kein Argument, die anderen Teile der Philoxeniana auf Pamphilus

zurückzuführen. Mit welcher Logik aber wird ein Zeugnis verworfen, das

durch innere und äußere Evidenz bestätigt wird und die wertvollsten Auf¬

schlüsse gibt ? Nach derselben Methode müßten die Subscriptionen unecht

sein, in denen Pamphilus und Eusebius den Origenes zitieren, sintemal sie

ihn in anderen nicht erwähnen. Solche .Kritik' ist Schaumschlägerei. Der

Harclensische Paulus-Kolophon ist der echtbürtige Bruder der beiden an¬

deren. Danken wir dem guten Glück, das ihn uns, spät, doch wenigstens in

einer Handschrift geschenkt hat. Es ist übrigens eine hervorragend gute

Handschrift — und eben, wie oben bemerkt, bislang die einzige, in der das

Ende der Paulus-Briefe erhalten ist.

Nochmals: ich bedaure. daß ich diesen Irrtum in Clark's Werk zum

zweiten Male erwähnen mußte. Für ihn war das ein nebensächlicher Punkt,

dem er unvollkommene Aufmerksamkeit zollte ; es ist eine kleine Schwäche

in einem großen Werk, das (trotz seiner verfehlten Hauptthese) viel größere

Beachtung verdiente, als ihm gemeinhin zuteil wird. Aber wer sich befugt

hält, ausgerechnet diesen seinen Fehler aufzuwärmen, nachdem er einmal

berichtigt worden, der ... —

Genug. Was lehren uns diese ausführlichen Kolophone und ihre Ana¬

lyse ? Ihr Interesse liegt einerseits in den Aufschlüssen, die sie über

Editionstechnik im späteren Altertum und frühen Mittelalter geben; an¬

dererseits in den historischen Fakten — literarhistorischen und anderen

— die sie durch ihre präzisen Angaben über Ort. Zeit und Personen

erhellen.

Zunächst denn: wir erfahren, wie, wenigstens vom 4. Jhdt. an, eine

neue Rezension des Bibeltextes produziert wurde. Es geschah in drei

methodischen Schritten. Der Editor nahm ein Exemplar des Textes zur

Hand, den er zu revidieren gedachte, und wählte eine oder mehrere an¬

dere Handschriften, die nach seinem Urteil besonderes Vertrauen ver¬

dienten. Er .verglich', d. h. collationierte, ersteres mit letzteren. Die Ab¬

weichungen der ,genauen' Handschrift(en) notierte er in dem Revisions-

exemplar; und zwar so, daß plus und minus durch Zeichen markiert,

1 Vgl. obonp. 180.

(16)

andere Varianten über dem Text oder am Rand beigeschrieben wurden.

Dies war der erste Schritt. Demnächst schrieb er eine Reinschrift des re¬

vidierten Textes. Dabei liamen die Lesarten der, nach seinem Urteil,

besseren Handschrift(en) in den Text; die ursprünglichen Lesarten der

revidierten Hs. verschwanden oder kamen an den Rand; die kritischen

Zeichen blieben, mitsamt den Wörtern, auf die sie sich bezogen. Dies

Autograph war der ,codex archetypus ad cuius exemplaria sunt ceteri cor-

rigendi'^' : er diente als Vorlage für authentische Abschriften (exSoctsk;),

die, zum Zwecke der Publikation, unter den Augen des Herausgebers von

Schreibern hergestellt wurden; jede von diesen, wenn abgeschlossen,

wurde nochmals mit dem Autograph verglichen.

All dies mag ziemlich selbstverständlich scheinen; aber es ist docb

hübsch, es authentisch und im Detail überliefert zu finden. Andererseits

könnte sich einem die vorwitzige Frage aufdrängen: Wozu der Um¬

stand? Warum wurde nicht, statt all des ,Vergleichens', einfach die

,genaue' Handschrift ins Scriptorium gegeben ? Ist vielleicht das hier be¬

zeugte Verfahren eine Ausnahme, bedingt durch die besondere Lage des

Syrers, der einen syrischen Text in exakte Übereinstimmung mit ,ge-

nauen' griechischen Handschriften bringen wollte ? Doch nicht. Das Ver¬

fahren des Hieronymus ist überwiegend das gleiche : nur ausnahmsweise

gab er eine eigene neue Übersetzung; meistens adaptierte er einen alt¬

lateinischen Text der Graeca veritas ; und innerhalb des Griechischen ist

eben diese Methode des Adaptierens bezeugt durch die vielen Sub¬

scriptionen des Typus ,avTeßXYj-9y] Ttpoi;...'. Es ist (wieuntenp. 191 be¬

merkt) die Alexandrinische Methode. Zenodot, Aristarch etc. trach¬

teten nicht, Kopien der ihnen besonders gut scheinenden Handschriften

in Umlauf zu bringen, sondern ,verglichen' den kurrenten Text des

Homer mit jenen. Es ist in der Tat die Methode, die bis zu Lachmaim

allgemein herrschte. Ihr jahrtausendelanges Vorwalten erklärt sich aus

der Macht der Tradition und dem Respekt vor ihr. Man scheut sich,

frischweg ein Neues an ihre Stelle zu setzen; man bestrebt sich, sie durch

Korrekturen zu reinigen. Der lange Kampf um den ,textus receptus'

illustriert diese Stärke der Tradition, in der Überlieferung der Bibel nicht anders als in der der Klassiker.

Doch zurück zu unseren Zeugnissen über die DetaUs dieser Methode

im späteren Altertum. Jeder der drei oben festgestehten methodischen

Schritte wmde in Zufügungen zu den ursprünglichen Subscriptionen ver¬

merkt, die daher, in ihrer Gesamtheit, ahe Stadien der editorischen Arbeit

widerspiegeln. Nicht selten bewahren spätere Abschriften die Abteilung

der ursprünglichen Bestandteile und betonen sie wohl gar durch Anwcn-

^ Dies die Subscription der Bamberger Hs. von Cassiodorus' Institutioncs (ed. Mynors p. 163).

(17)

188 Günther Zuntz

dimg verschiedenfarbiger Tinten; so z. B. die Oxforder Hs. der Harclensis

(eine willkommene Bestätigung unserer Analyse). Demnach sind solche

Kolophone keineswegs auf einer Stufe mit den Unterschriften, in denen

individuelle Schreiber über ihre persönliche Arbeit berichten; vielmehr

sind sie wesentliche Bestandteile der betreffenden Textausgaben und da¬

her normalerweise in derselben Kalligraphie geschrieben (z. B. in Codex H

der Paulinen) und mit derselben Verantwortlichkeit überliefert wie der

Text selbst. Sie beziehen sich also nicht auf die einzelne Kopie, sondern

garantieren, als eine Art von Kennmarke, deren Zugehörigkeit zu einer

speziehen Rezension. Individuelle Schreiberunterschriften konnten die¬

sen überlieferten Kolophonen zugefügt werden und wurden es oft; für

sie ist dann der Gebrauch einer individuehen Kursive cbarakteristisch^.

Andererseits konnte es geschehen, daß eine solche Rezension ihrerseits

später nochmals, mit Anwendung der gleichen Methoden, revidiert wurde ;

was denn zu einem weiteren Anwachsen der Kolophone führte. Im Falle

der Harclensis ist dies sogar zweimal geschehen ; im Jahre 84 P und wieder

im 12. Jahrhundert. Darüber an anderer Stehe^.

Die Zeit- und Ortsangaben der ursprünglichen Harclensischen Kolo¬

phone (,A. D. 616, im Kloster der Antonianer, im Enaton von Alex¬

andria') versetzen uns in eine Periode umwälzender Ereignisse und an

ein Zentrum des damaligen Weltgeschehens. In diesem spielen die Männer

keine unerhebliche Rohe, die an diesem kritischen Zeitpunkt die Revision

der syrischen Bibel dmchführten. Der Bibel: denn die Revision des

Neuen Testaments dmch Thomas wurde ergänzt dmch die des Alten,

die sein Freimd, der Bischof Paul von Telia, zur gleichen Zeit, am gleichen

Ort und mit derselben Methode unternahm: die sog. , Syrische Hexapla'.

Auch über diese parahele Arbeit geben ausführliche Kolophone Kunde ;

sie zeigen, daß dies umfangreichere Werk ein Jahr später, d. h. 617, voll¬

endet wurde. Es war die Zeit der stärksten Bedrohung des byzantinischen

Reiches dmch Chosroes, der, nach einer Reihe gewaltiger Erfolge, im

Jahre 614 Jerusalem eingenommen hatte. So wmde das Bibelwerk der

jakobitischen Prälaten, die in Ägypten Zuflucht gefunden hatten, unter

dem Schatten drohender Invasion vohendet. Wenig später, im Jahre 619,

eroberte Chosroes' Feldherr Schahin Ägypten. Was dem Zufluchtsort der

syrischen Kirchenfürsten geschah — jenem ,Enaton', das manche noch

immer für ein Kloster ansehen, während es in Wirklichkeit ein Distrikt

war, neun Meilen westlich von Alexandria, und besät mit Klöstern und

^ Dies gilt von griechischen Handschriften. Ich kenne nicht genug syri¬

sche, um sagen zu köimen, wie weit es auch auf sie zutrifft.

" Vgl. oben p. 178, Anm. 1, am Ende.

^ Von der späteren Geschichte der Harclensis handelt ein Artikel in der

Revue Biblique, 1960, 550—582.

(18)

EremitenzeUen —: das erfahren wir aus dem 14. Kapitel des ersten Teils

der .Geschichte der Patriarchen' ; jener Hauptquelle für die Geschichte

Ägyptens in dieser Periode, die Severus von Ushmunain im 10. Jhdt.

kompilierte^ :

(Chosroes) made it his care to conquer the great city of Alexandria. And there were at Henaton near that city six hundred flourishing monasteries . .

The army of the Persians surrounded them . . . and no place of refuge

remained for them; and so they were all slain with the sword, except a

few . . . And all that was there of money and furniture was taken as plunder

by the Persians ; and they wrecked the monasteries, which have remained

in ruins to this day.

Eine Parallelstelle in derselben Chronik- bestätigt, daß die .sechs¬

hundert'* zerstörten Klöster in der Tat die des Enaton waren*. Wären

die syrischen Revisoren zu jener Zeit noch im Enaton gewesen, so wäre

keine Spur von ihrem Werke geblieben^. Ihr Werk ist erhalten: also

hatten sie es. und sich selbst, in Sicherheit gebracht. Sie waren, wie schon

bemerkt, keine halb-anonymen Mönche und Schreiber, sondern Figuren

der hohen Politik, über die wir noch anderes als ihre bibelkritische Tätig¬

keit erfahren. Sie begegnen uns z. B. als diplomatische Berater des jako¬

bitischen Patriarchen Athanasius Camelarius bei seinen Verhandlungen

1 loh zitiere die Übersetzung von Evetts in Patrol. Orient. I. 1907. p. 485.

2 Evetts p. 472.

* .Sescenti' ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen; es ist auoh keine

.Übertreibung', sondern bezeichnet, wie üblich, eine unbestimmte, sehr

große Zahl.

* Unkenntnis dieser Quelle berechtigte Kahle (p. 230) zu der Fest¬

stellung: .In Wirklichkeit haben wir keine direkte Information, was

Ennaton geschehen war' (sie). Der Irrtum ist verarüaßt durch A. J. Butleb

(vgl. Seite 190. Anm. 1) und bei diesem durch E. Renaudot's Hist. Pa¬

triarch. Alex. pp. 144 und 155.

^ Um dies Ergebnis zu entkräften, wiederholt Kahle (p. 230) die alt¬

bekannte Tatsache, daß die Araber (ein Menschenalter später) die Bibliothek

von Alexandria nicht zerstörten — was die Perser nicht eben abhalten

konnte, ihrerseits .das Enaton' zu zerstören. Ferner weist Kahle (ib.) auf

die .vielen, wertvollen syrischen Handschriften, einschl. solche aus dem

5. und 6. Jhdt. und die Harclensis', die im 19. Jhdt. (in Wahrheit seit

1707) aus ,einem ägyptischen Kloster' in europäische Sammlungen ge¬

langten — als ob dadurch die Erhaltung .des Enaton' angezeigt würde.

In der Tat kamen diese Handschriften — natürlich nicht aus .dem Ena¬

ton', sondern — aus S. Maria Deipara. fernab in der Nitrischen Wüste.

Dies .Kloster der Syrer' wurde frühestens im 8. Jhdt. gegründet; seine

reichen Handschriftenschätze kamen im 9. und den folgenden Jahrhunder¬

ten aus Mesopotamien. Dies konnte K. aus Wbight's Katalog der syrischen

Hss. im Brit. Mus., vol. III. lernen (den er seltsamerweise zitiert; weiteres

bei H. E. G. White. The monasteries of the Wädi 'n Natrün, 1932). Es wäre

unhöflich, die Folgerungen für K.s Polemik auszusprechen.

(19)

190 Günther Zuntz

mit Anastasius von Alexandria im Jahre 610^. Wir begegnen Thomas von

Harkel wiederum, in gleicher Kapazität, in Mabug im Jahre 629 bei jenen

/ Verhandlungen zwischen seinem Patriarchen und Kaiser Heraclius, die

zu der monotheletischen Häresie führten^. Diese syrischen Prälaten

gingen also auf die Unionspolitik ein, durch welche Heraclius die durch

den Persersturm erschütterte Einheit des Reiches zu stärken sich be¬

strebte. Man ist versucht, ihre Bibelrevision mit eben diesen Bestrebungen

in Verbindung zu bringen. Ich habe dies in der Einleitung meines Buches

getan und will es hier nicht wiederholen. Ahes was Heraclius erstrebt

und, unter unendlichen Gefahren, in dem glorreichen Jahrzehnt 619—629

erreicht hatte, ging wenige Jahre später im Araberstmm zu Grunde.

Die Syrer arrangierten sich mit ihren neuen Herren, den Kalifen von

Bagdad. Aus der glorreichen Heraclianischen Epoche nahmen sie ihre

Bibelrevision in die neue Zeit hinüber. Sie hatten sie vor den Persern

gerettet — Thomas von Harkel ,und seine Genossen' dürften unter jenen

vielen Syrern gewesen sein, die, zusammen mit Johannes dem Barm¬

herzigen und dem Patricius Nicetas, sich immittelbar vor dem Fall

Alexandrias zu Schiffe nach Cypern retteten* —: nun, unter ihren neuen

Herren, wurde die Harclensis schnell ,die' Hl. Schrift der syrischen

Jakobiten. Bereits im Jahre 675 finden wir ein Exemplar in den Händen

des Jakob von Edessa*.

Rückwärts weist uns die Information, die wir unseren Kolophonen ver-

I danken, nach Mabug-Hierapolis und weiter (mindestens für das Corpus

1 Die Details sowie das richtige Datum bei Michael Syrus X. 26f. (zitiert Anc. 9 und 72, n. 1). Meine Kritiker kannten nur A. J. Butler's klassisches Buch The Arab conquest of Egypt . . ., 1902, welches vor der Veröffentlichung

von Michaels Chronik geschrieben wurde und daher ein falsches Datum

gibt (nach einer korrupten Lesart bei Bar Hebraeus — wie Anc. 1. c.

bemerkt). Demgemäß rügen sie mein Abweichen von Butler (Kahle p.

229f.; J. T. S. 1947, 95).

^ Das Zeugnis des Michael Sjrrus (zitiert Anc. p. 9) hierfür ist vervoll¬

ständigt durch die Chronik des Theophanes (erwähnt Anc. 8) zum Jahre

6121 (= Cedrenus zum Jahre 20 des Heraclius) und die Vita des Maximus

Confessor (Migne P. O. 90, 76C). Unkenntnis dieser Quellen und der auf

ihnen beruhenden Literatur (z. B. J. Pargoire, L'Eglise Byzantine...,

1905, 149) rechtfertigt Kahle's Feststellung (p.230): ,Wir wissen nicht

. . .' etc.

' S. Leontius von Neapolis, Das Leben des Hl. Johannes des Barmherzigen,

ed. Gelzer, 1893, pp. 91 und 121; vgl. E. W. Brooks, in der Vorrede seiner

Ausgabe der Hymns of Severus in Patrol. Orient. VI, 1911. — Die Alter¬

native ist nicht völlig auszuschließen, daß unsere Syrer in ihr Land zurück¬

kehrten während des letzten Jahres jenes trügerischen Friedens, der mit

der Invasion Ägyptens endete; aber ihre fortdauernde Verbindung mit

Heraclius macht dies höchst unwahrscheinlich.

* Näheres in dem bereits erwähnten Artikel in Bevue Biblique, 1950,562 ff.

(20)

Paulinum) nach Caesarea. Dieser Hinweis ist nicht nur für die Text¬

geschichte des N. T. wichtig. Er indiziert auch den Ursprung der Me¬

thoden, die die syrischen Herausgeber anwendeten. Es ist eben von

Caesarea und der dortigen, von Pamphilus begründeten Bibliothek, daß

Unterschriften von der Art der unseren erhalten sind^. Oft weisen sie

zurück auf Pamphilus selbst und, über ihn hinaus, auf die kritische

Tätigkeit des Origenes. Damit ist der Ursprung dieser christlichen Philo¬

logie gegeben. Pamphilus und Eusebius führten die Tradition weiter,

die Origenes in Caesarea begründet hatte ; von ihnen hauptsächlich leitet

sich die philologische Methodik her, die auf viele Jahrhunderte hinaus

der Überlieferung der Bibel im Byzantinischen Reiche sowohl als in

Syrien und Mesopotamien, ja auch im Westen zu Gute kommen sollte ;

von deren Fortdauer die hier behandelten Kolophone Zeugnis ablegen,

zusammen mit der hingebungsvollen Arbeit, die sie abschlössen.

Origenes, der seine Laufbahn als ypafAfxaTixo? begonnen hatte, über¬

nahm diese Methode von den großen Gelehrten des hellenistischen Alex¬

andria — wie man längst erschlossen hat. Der Schluß ist bündig genug ;

aber man muß zugeben, daß er auf generellen Erwägungen beruht und

direkter Zeugnisse ermangelt. Auch gibt es keine alten — es gibt über¬

haupt keine nicht-christlichen Subscriptionen, die analoge, reiche In¬

formation gäben, wie die Caesareischen und Harclensischen; noch auch

irgendwelche vor-byzantinische Handschriften mit vergleichbar reichem

kritischem Apparat. Und von Origenes zu Aristarch ist ein weiter Sprung.

Die Originalität des größten alt-christlichen Gelehrten darf jedenfahs

nicht unterschätzt werden : auch als Philologe hat Origenes unter seinen

Zeitgenossen nicht seinesgleichen, und ein Werk wie die Hexapla hat,

soviel wir wissen, kein griechischer Kritiker unternommen — obwohl

eine Ausgabe der verschiedenen Homer-Texte, auf die die alexandrini¬

schen Kritiker sich beziehen, in Parallelkolumnen ja recht wohl denkbar

wäre. Die Verbindung zwischen dem hellenistischen Alexandria und dem

christlichen Caesarea ist trotzdem evident ; einmal, und vor allem, in der

gleichartigen wissenschaftlichen Haltung — jenem echt philologischen

Respekt vor jedem Detail des Textes (und nicht nur den interessanten)

— und der, auf Handschriftenvergleichung basierten, Methodik der Fest¬

stehung eben dieser Details; zweitens in der Anwendung der sog. Aristar-

chischen kritischen Zeichen. Wiederum freilich : die Zeichen des Origenes

sind, in Form und Anwendung, nicht durchaus den Aristarchischen

gleich. Origenes benutzt nur eine kleine Auswahl von ihnen und adap¬

tiert ihre Bedeutung den besonderen Bedingungen seiner Aufgabe^. Es ist

1 Beispiele Anc. p. 15f.; vgl. ib. 103f.

" Über die kritischen Zeichen Aristarchs orientiert z. B. A. Ludwioh,

Aristarcha homerische Textkritik, I, 1884, 19; über die des Origenes, F.

(21)

192 GÜNTHEK Zuntz

aber auch ganz unwahrscheinhch, daß Origenes direltt auf die Klassiker

der alexandrinischen Kritiii zurückging — deren Originalwerke vorlängst

verlorengegangen waren. Aber die Tradition, die sie begründet hatten,

lebte weiter ; nicht nur in Alexandria, sondern in der ganzen heUenistisch-

römischen Welt. War sie auch längst steril geworden, so wurde doch,

durch zahllose grammatici, der Name, die Methode und wenigstens ein

TeU auch der Ergebnisse des Aristarch und der anderen alexandrinischen

KlassUser weiter überliefert. In diese spät-alexandrinische Tradition war

Origines hineingeboren; ihr verdankte er Anregimg und Methodik und

vielleicht auch einige unerhebliche Neuerungen gegenüber Aristarch, wie

z. B. das Metobelos genannte Zeichen und seinen Gebrauch des Asteris-

kos; denn die Verfahrungsweise des Aristarch war keineswegs verbind¬

lich für seine Nachfolger.

Danach wird man schließen, daß auch die detahlierten und unter sich

ziemlich gleichartigen christlichen Kolophone ihr Vorbild in denen alex-

andrinischer gelehrter Ausgaben hatten. Hier wiederum ermangeln wir

direkter Zeugnisse. Die innere Wahrscheinlichkeit läßt sich aber durch

einige Indizien verstärken. Zunächst ist die Methode der ,CoUation', von

der jene Zeugnis ablegen, — ein geläufiger Text wird zugrunde gelegt

und die Abweichungen ausgewählter Handschriften in ihm notiert —

eben die alexandrinische^. Ferner: es muß Handschriften gegeben haben,

die in derselben Weise wie die der .Euthalius', Philoxenus und Thomas,

in einer Unterschrift angaben : eypacpv) xalavTsßXrjDv) Tupoi; to ZtjvoSotou (oder 'AvTi.[i,ayou etc.) avTiypacpov, ^eipl yeypajxjAsvov auToG. Dies ist an¬

gezeigt durch die zahhosen Zitate von e.g.-}) 'AvTifi-K^ou, gleichbedeutend

mit 7] xaTa'AvTifiayov und v) 'AvTi[xax£to? in den Homer-Scholien^: über¬

ah ist sxSoctk; (das Wort gebraucht in dem oben p. 187 beschriebenen

Sinn) zu ergänzen*. Die Alexandriner hatten nicht die Autographen dieser

Rezensionen zm Verfügung — sonst könnten sie nicht den Ausdruck

Y] XKTa . . . gebrauchen —: also müssen sie beglaubigte Abschriften ge¬

habt haben. Und wie hätten diese anders beglaubigt sein können als

dmch solche Unterschriften?* Keine solchen txSöasic, sind uns erhalten,

obwohl Reste der alexandrinischen kritischen Arbeit am Rande einiger

Papyri (z. B. der Ichneutai) auftauchen. Die Ursache ihres Fehlens ist

Field in den Prolegomena seiner Hexapla und H. B. Swete, Introduction

to the O. T. in Greek, 1900, 69.

1 Vgl. A. Ritschl, Die alex.Bibliotheken, Opusc. I, 50 (und oben p. 186f.).

" S. die Nachweise bei A. Ludwich, 1. c. I, 3.

^ Vgl. Athenaeus 12 e ZtjvöSotck; sv Tf) xax' auröv ex86(jei Ypäcpei xtX.

* Hätte ,die alexandrinische gelehrte Ausgabe' einen Randkommontar

gehabt, so konnte sich der Ursprung der betreffenden Handschriften aus

diesem ergeben. Sie hatte aber keinen; der Randkommentar ist eine

byzantinische Erfindung etwa des 8. Jhdt.; s. Byzantion XIV, 1939, 558 ff.

(22)

wohl in der weiten Verbreitung von Büchern in der hellenistisch-römi¬

schen Welt zu suchen. Für populären Gebrauch wurden viele Exemplare

hergesteht. Sie ermangelten des wissenschaftlichen Apparates, an dem

das weitere Publikum kein Interesse hatte. Authentizierte LxBousic,

gingen nur verhältnismäßig wenige Gelehrte an. Daher besitzen wir bis¬

lang Exemplare nur von ersteren, ohne Kolophone^.

Wer Carl Wehdels tiefgclehrte Abhandlung ,Die griechisch-römische

Buchbeschreibung, verglichen mit der des vorderen Orients' gelesen hat^,

wird nicht umhin können, durch die Harclensischen Kolophone an eine

andere große Gruppe von Subscriptionen sich erinnert zu fühlen. Alle

ihre Details kehren wieder in Wendel's Idealtypus* der Unterschriften

von Keilschrifttexten, wie er zunächst in der Bibliothek des Asurbanipal

gefunden wurde, der sich aber weit zurück bis zu den Sumerern verfolgen

läßt. Gemeinsam mit diesem Typus (der naturgemäß eine Reihe von

Eigenheiten für sich hat, die durch die Besonderheiten dieses Materials

bedingt sind) sind: Angaben über das Original, von dem die Abschrift

genommen ist; die Versicherung, daß sie mit diesem wieder verglichen

worden; Zeilenzahl des Originals (vgl. die Pamphilus-subscription) ;

Datum der Abschrift*. Die Ähnlichkeit reduziert sich freilich, wenn man

die einzelnen Zeugnisse ansieht, deren viele, vor Wendel, von C. Bezold

zusammengestellt wurden^. Kaum je kommen alle Details des Idealtypus

zusammen vor^; das Datum der Abschrift und der Name des Schreibers

begegnen recht selten ; genaue Angaben über das Original sind Ausnahme,

nicht Regel. Selbst mit diesen Einschränkungen ist die Ähnlichkeit ein¬

drucksvoll genug, um die Annahme eines Zusammenhanges erwägens¬

wert erscheinen zu lassen. V. Gaedthausen' glaubte, die Analogien in

den Methoden der alexandrinischen Bibliothek und der Asurbanipals auf

^ Am ehesten vergleichbar ist noch die Inschrift auf fol. lv. des Mimen¬

papyrus Lond. 1984; die freilich kaum mehr darstellt als einen Eigentümer¬

vermerk ('Ex ßißXio&riXTfii; npa5i(ou)) plus Schreibernamen ('HpaxXe(Sifi<;

^[ypaij/ev). O. Cbusius (Herondas Mimiambi, ed. min., 1914 p. 117) verglich damit die Eintragung 'A(X(A<ivioi; 'A[i[j.covtou ypa.\i.\i.a.x\.v.hc, ^aif]|jieicoaa[XY)v in

pap. Ox. 221. Die hat aber privaten Charakter: ein späterer Besitzer ( ?)

notiert, daß er eben diese Handschrift korrigiert hat.

^ Ich verdankte der Freundlichkeit von Professor H. H. Rowley, daß

ich sie lesen konnte. Andere neuere deutsche Literatur, wie z. B. Wendels

und Milkaus Bücher über die Bibliotheken des Altertums, blieben mir un¬

zugänglich und selbst für V. Gabdthausens einschlägigen Artikel war ich

auf die Erinnerung an frühere Lektüre angewiesen.

' Wendel l. c. (i. e. Hallische Monographien, 3, 1949) p. 2f.

* Der Name des Schreibers ist genannt in vielen Abschriften der Harclen¬

sischen IxSiasi?, aber nicht in diesen selbst.

« Centralbl. f. Bibl. XXI, 1904, 275.

° Ein ziemlich vollständiges Exemplar bei Wendel p. 6 unten (aus

Assur). ''Zeitschr. d. D. Vereins f. Buchwesen V, 1922, 73ff.

13 ZDMG 101

(23)

194 GÜNTHEE ZXJNTZ

die Vermittlung ägyptischer Verwaltungsarchive zurückführen zu sollen,

deren Praxis persisch, und damit babylonisch, beeinflußt gewesen sei;

C. Wendel ist auf der Seite derer, die (wie z. B. Th. Biet) diese These

ablehnen. Die Gegner Gaedthausens erklären es für unglaubhaft, daß

die ihrer Kultm bewußten Griechen dergleichen könnten von den ,Bar-

baren' übernommen haben. C. Wendel führt die Praxis der alexandri¬

nischen Bibliothek auf die der griechischen der voraufgehenden Epoche

zmück (von denen wir freilich nichts Näheres wissen) xmd glaubt, daß

orientalische Methoden die griechischen viel früher, etwa im 6. Jhdt. in

Milet, beeinflußt haben könnten.

Die ausgezeichneten Forscher, die bisher diesem Problem nachgegangen

sind, haben ihren Blick einseitig auf die Frage der Bibliothekspraxis ge¬

richtet ; und gewiß ist ,Buchbeschreibung' von besonderer Bedeutung für

den ordnenden vmd katalogisierenden Bibliothekar. Aber doch keineswegs

nur für ihn. Originalität eines Textes, Qualität der Vorlage, Ursprung

und Datum der Abschrift : dergleichen ist offenbar primär von Interesse

für jeden, dem an Reinheit und korrekter Überlieferung von Texten

liegt. So sind denn eben die Subscriptionen, mit denen wir hier befaßt

sind, keineswegs auf bibliothekarische Zwecke gerichtet — daraus er¬

klärt sich wohl, daß sie in dem überreichen Material, das W. ausbreitet,

nicht vorkommen — und doch zeigen sie eben die charakteristischen

Züge, die W. bis ins älteste Mesopotamien zurückverfolgt. Bibliotheken

und ihre Praxis entstehen ja nicht um ihrer selbst wihen; sie dienen be¬

stimmten Bedingungen und Tendenzen und sind an sie gebunden. Es

lohnt sich wohl, diesen zusätzlichen Gesichtspunkt kmz zu verfolgen^.

Der Bibliothekar, der in einer großen Büchersammlung für Ordnung

und Übersichtlichkeit zu sorgen hat, wird gewiß solche Züge wie die eben

erwähnten dankbar für die Identifhcation seines Materials verwenden.

Daß ihm aber solche Züge bekannt werden — was kaum anders als durch

Subscriptionen der betreffenden Handschriften geschehen kann — das

verdankt er nur ausnahmsweise einem primären Interesse an bibliothe¬

karischer ,Buchbeschreibung'. Generell bezeugen solche Unterschriften

eine Wertschätzung getreuer Überlieferung und ein Bewußtsein von der

Wichtigkeit der Beziehung zwischen Kopie und Vorlage; kurz, ein philo¬

logisches Gewissen imd zumindest die Rudimente einer phhologischen

Methode.

Daß dies Gewissen und diese Methode von den griechischen Gelehrten

in Alexandria voh ausgebildet wurden und daß die dortige Bibliothek für

sie vornehmlich errichtet wmde, ist eine Binsenwahrheit; daß Ansätze

^ Den liier folgenden Gedankengang hatte ich bereits angedeutet in

meinen Schweich-Lectures 1946 über Paulinische Textgeschichte (Ver¬

öffentlichung — mit Addenda et Corrigenda zu Anc. — bevorstehend).

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