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Forschungsmodul: Komplexe Systeme

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Academic year: 2022

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Forschungsmodul: Komplexe Systeme

Bericht zur Vorlesung vom 25. Oktober 2007 von Jan-Philip Gehrcke

Anatomie des Nervensystems

Bei der Maus, beim Wolf und auch beim Menschen zeigt sich, dass der anatomische Aufbau des zentralen Nervensystems den gleichen Prinzipien folgt. Es gibt eine Hirnrinde, welche verschieden starken Einfaltungen unterliegt. Diese Oberflächenvergrößerung ist beim Menschen am größten ausgeprägt. Man kann deutlich zwischen Hirnhälften und einem Groß- und Kleinhirn unterscheiden. Die gesamten Proportionen werden von der Maus zum Menschen hin immer größer. In jedem Fall existiert ein Hirnstamm, welcher das Gehirn mit dem Rest des zugehörigen Körpers verbindet. Es muss also ein allgemeines Arbeitsprinzip existieren, für dessen Erörterung zunächst die Anatomie des menschlichen Gehirns genauer betrachtet wird. Weiterhin wird bestimmten Bereichen schon eine grobe Funktion zugeordnet.

Thalamus:

der Thalamus kann grob als Informationsfilter für alle eingehenden Informationen betrachtet werden, welcher entscheidet, ob erregende Signale zur Großhirnrinde weitergeleitet werden.

Hypothalamus:

übernimmt die Steuerung von Mechanismen, die nicht bewusst beeinflussbar sind, wie Temperaturregelung und Hormonabgabe

Corpus Callosum:

Nervenfaserbündel, welches die beiden Hirnhälften verbindet

Hirnstamm:

Nervenverbindung zum Rest des Körpers (Muskeln, Organe,..)

Kleinhirn (Cerebellum):

steuert Koordination und Feinmotorik

Neuronen

Man kann im Hirn anatomisch deutlich zwischen grauer und weißer Materie unterscheiden. Camillo Golgi ging von diskreten “Denkelementen” im Gehirn aus und wies mit seiner histologischen Markierungstechnik mit Silbernitrat die Neuronen (Nervenzellen) nach. In der grauen Substanz, der Hirnrinde, liegen die Ursprünge der Nervenzellen, also die eigentlichen Zellkörper mit Zellkern. Die weiße Materie besteht aus den sogenannten Axonen, die die Informationen der Nervenzellen transportieren. Weiße Substanz ist also Fasergewebe, während die “grauen Zellen” für die eigentliche Informationsverarbeitung verantwortlich sind.

Innerhalb der Hirnrinde sind die Zellen durch sogenannte Dendriten vernetzt. So ist ein Neuron durch dieses System mit bis zu 10^4 weiteren Zellen verbunden. Unter einem Mikroskop kann man anfangs unverbundenen Nervenzellen praktsich dabei zusehen, wie sie sich untereinander durch die Ausbildung von Dendriten vernetzen. Im Gehirn unterliegt

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diese Vernetzung gewissen Regeln und einer Rückkopplung. Ein Neuron kann man in drei logische Einheiten unterteilen:

Eingang (Dendriten):

hier werden Informationen gesammelt

Verschaltung (Zellkern):

das Ausgangssignal muss dem Eingangssignal angepasst werden

Ausgang (Axon):

hier kann ein Ausgangssignal über weite Strecken (bis zu 1 m) transportiert werden

Die Myelinhülle wird später noch erläutert.

Ramon y Cajal untersuchte die Hirnrinde mit Golgis Methode genauer, teilte sie in Schichten ein und klassifizierte unterschiedliche Typen von Nervenzellen. Die wichtigsten Arten sind die motorischen, die sensorischen und die interneuronalen Neuronen. Im motorischen / sensorischen Kortex (Hirnbereich) ist der Mensch komplett abbildbar. Somit ist erkennbar, welche Bereiche im jeweiligen Kortex für welchen Körperteil zuständig sind.

Weiterhin zeigt sich, dass die Vernetzung der Neuronen untereinander im Kleinhirn wesentlich stärker ausgeprägt ist, als im Großhirn. Durch verschiedene Einfärbungs- und Mikroskopiertechniken ist es heute möglich Nervenfasern, also Axone, oder die Struktur der Zellkörper ansich sehr genau zu beobachten.

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Neuronale Netzwerke

Es stellen sich jedoch die Fragen, wie genau die Zellen untereinander kommunizieren und wie die Informationen enkodiert sind. Desweiteren ist nicht klar, wie gesammelte Informationen gespeichert werden können. Im Folgenden soll die Funktion einer einzelnen Nervenzelle weiter diskutiert werden.

Am Tintenfisch ist eine Präparation des Nervensystems zur Untersuchung relativ einfach möglich, da hier große Axone (sog. Giant Axons mit bis zu 1 mm Durchmesser) vorliegen.

Außerdem ist die Zahl der Nervenzellen mit etwa 20000 im Vergleich zu den menschlichen 10^11 Zellen überschaubar. Mit etwas Geschick gelingt es beim Tintenfisch eine Elektrode mit einem Giant Axon zu verbinden, sodass elektrische Impulse messbar werden. Man stellt Spannungsspitzen (Spikes) von 50 - 100 mV fest. Hier spricht man vom Aktionspotential.

Biochemie

Die Ursache für die Entstehung eines solchen Aktionspotentiales findet sich in der Zellmembran einer Nervenzelle. In der durch das Cytoskelett stabilisierten Zellwand (hydrophil-hydrophob-Aufbau) befinden sich Proteinkomplexe, welche u.a. als Ionenkanäle oder als Ionenpumpen fungieren. Ionenpumpen können unter Verwendung von ATP als Energiequelle bestimmte Ionentypen (z.B. Na+) aus der Zelle pumpen und somit ein effektives Potentialgefälle zwischen Innen- und Außenbereich aufbauen. Die entstehenden Feldstärken sind (wenn man von 5 nm Wanddicke und 65 mV Spannung ausgeht) extrem und an der Grenze des der Natur möglichen. Ionenkanäle sind so konstruiert, dass sie nur Ionen ganz bestimmter Sorte durchlassen. Aktive Ionenkanäle sind durch Rezeptorproteine oder durch elektrische Spannung steuerbar und können als digitales Schaltelement aufgefasst werden, da sie nur den offenen oder geschlossenen Zustand annehmen können. Auf dieser Kenntnis basierend kann man die Entstehung eines Aktionspotentiales verstehen und in mehrere Phasen einteilen:

Ruhezustand:

im Ruhezustand herrscht ein durch die Pumpen aufrecht erhaltenes Potentialgefälle zwischen Innen- und Außenbereich.

Initiationsphase:

durch einen Stimulus von außen kann das Spannungsgefälle über der Membran verringert werden. Es tritt eine gerinte Depolarisierung ein. Dieser Stimulus kann entweder ein eintreffendes Aktionspotential einer anderen Nervenzelle sein oder bestimmte Moleküle, die die Rezeptoren von aktiv gesteuerten Ionenkanälen ansprechen und somit auch einen Einfluss auf das Potentialgefälle haben.

Depolarisierung:

weicht die Spannung, verursacht durch einen derartigen Stimulus, um einen gewissen Schwellwert von dem Ruhezustand ab, öffnen sich Ionenkanäle. Ein bestehendes Konzentrationsgefälle von Na+ -Ionen wird somit rasant abgebaut; die Depolarisation schreitet extrem schnell vorran. Die Natriumkanäle schließen wieder und Kaliumkanäle öffnen sich.

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Repolasisierung:

die K+- Konzentration innerhalb der Zelle ist größer als außerhalb. So strömen nun Kaliumionen wieder aus der Zelle und das Spannungsgefälle über der Membran baut sich wieder auf.

Hyperpolarisierung:

die Kaliumkanäle sind träge. Bis der Kaliumkonzentrationsgradient ausgeglichen ist, gibt es einen “Unterschwinger”; die sogenannte Hyperpolarisierung.

Refraktionszeit:

die Ionenpumpen sorgen unter Energieaufwand wieder für die Einstellung des Ruhezustandes. Bis die Zelle wieder anregbar ist, vergeht die sogenannte Refraktionszeit.

In der Abbildung ist der zeitliche Verlauf des Vorgangs dargestellt:

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Entlang der Zellmembran kann sich das Aktionspotential auf diese Weise wellenartig ausbreiten. Durch die Komplexität der biochemischen Prozesse ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit aber auf höchstens 1 m/s begrenzt. Für eine Reizübertragung ist das zu langsam. Hier finden die Myelinhüllen um die Axone ihren Sinn. Innerhalb von durch Myelinhüllen abgeschirmten Axonbereichen kann sich das Signal mit nahezu Lichtgeschwindigkeit fortpflanzen. Dabei ist der unter “Myelinschutz”

zurückgelegte Weg gerade so lang, dass am Ende die Amplitude noch groß genug ist, um für den Folgeabschnitt einen neuen Stimulus abgeben zu können. Dies erklärt die regelmäßigen Abschnürungen in der Myelinummantelung:

Durch diesen geschickten Trick der Evolution werden Reizübertragungsgeschwindigkeiten von 100 m/s erreicht, sodass auch extrem große Organismen ohne Einschränkungen funktionieren können.

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Synapsen

Nervenzellen interagieren über Synapsen miteinander. Es gibt zwei Arten: die chemischen und die elektrischen Synapsen. Die elektrischen sind in ihrem Vorkommen geringer, allerdings übertragen sie Informationen schneller als die chemischen. Große Felder dicht gepackter Ionenkanäle verbinden hier einfach zwei Zellmembranen miteinander und sorgen so für den direkten Potentialaustausch zwischen zwei Zellen. Wegen der hohen Geschwindigkeit wird dieser Typ der Verbindung meistens zu Synchronisationszwecken eingesetzt.

Die chemischen Synapsen basieren auf Neurotransmittern. Durch ein Aktionspotential kann die Ausschüttung von Neurotransmittern aus einer Nervenzelle veranlasst werden, welche wiederum die Rezeptoren einer anderen Zelle anregen. Vorraussetzung ist hier die räumliche Nähe der beteiligten “Ärmchen” der Zellen. Diese ist durch die Form des Synapsenendköpfchens der anregenden Zelle gegeben, welche genau auf das Ende eines Dendrits einer anzuregenden Zelle passt. Durch den entstehenden schmalen synaptischen Spalt können die Neurotransmittermoleküle gut zu den Rezeptoren der andern Zelle gelangen, wodurch Ionenkanäle getriggert werden. Der Ausgleich von Konzentrationsgradienten über die Membran der zweiten Zelle führt auch hier zur Entstehung eines Aktionspotentials, welches durch die Zelle weitergegeben wird. Dieser Vorgang dauert etwa 1 ms.

Referenzen

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