ZUR APABHRAMgA-METRIKi
Von Tilak Raj Chopba, Bonn-Röttgen
Der Ap. nimmt bekanntlich eine Mittelstellung zwischen dem Pkt. und
den neuindischen Sprachen ein. Jacobi, der vor nicht ganz sechs Jahrzehn¬
ten den Ap. und die Gesetze seiner Verskimst der Fachwelt erschloß, hat
den Ap. mit Recht als ,,eine Vorstufe des Neuindischen"* bezeichnet. Daß
dies nicht nur hinsichtlich der Grammatik und des Vokabulars, sondern auch
hinsichtlich der Metrik seine volle Gültigkeit behält, hat Alsdorf, neben Ja¬
cobi der bedeutendste Kenner und Erforscher des Ap. in seiner vor fünfund¬
dreißig Jahren erschienenen Abhandlung bewiesen*. Seit dem Erscheinen
dieser Abhandlung sind eine Menge Ap.-Texte ans Tageslicht gebracht wor¬
den. Für ein nahezu vollständiges Verzeichnis dieser Texte sei hier auf die
Hindi-Arbeit von Harivamsa Koccha^ verwiesen*. Nach dem letzten Welt¬
krieg hat man sich in Indien zunehmend mit dem Ap. hauptsächlich als einer
Vorstufe des Hindi, des Gujarati und anderer neu-indoarischen Spra¬
chen beschäftigt*. Abgesehen von ein paar Aufsätzen des britischen Gelehr¬
ten Alfred Master in BSOAS*, hat man in Europa, wie es uns scheinen
will, den Ap. als Forschungsobjekt so gut wie aufgegeben. Die indische
Forschung der letzten Jahrzehnte andererseits hat die Arbeiten der deut¬
schen Gelehrten wie Jacobi und Alsdorf nur selten und mehr zufällig zur
Kenntnis genommen. Im folgenden ist jedoch weder eine kritische Übersicht
der Ap.-Forschung der letzten Jahrzehnte noch eine Kritik des älteren
deutschen Beitrags auf dem Gebiet der Ap.-Metrik beabsichtigt, sondern es
^ Das Folgende ist gegenüber dem Vortrag um das Abkürzungsverzeichnis und
die ITußnoten erweitert worden.
2 Bh., S. 55; siehe auch S. 53 ff.
3 Apabhramäa-Studien (Abh. für die Kunde des Morgenlandes, XXII, 2),
Leipzig 1937 (= Nachdruck, Nendeln 1966), S. 44. Siehe auch Alsdobf,
Festschrift Winternitz, S. 32: ,, Während sich nämlich Pkt. und Skt. weitgehend
derselben Versmaße bedienen, . . . klafft offenbar zwischen Ap. und Pkt. hin¬
sichtlich der äußeren Form eine viel breitere und tiefere Kluft ; die äußere Form der Ap.-Dichtung ist bereits neu indisch, nicht mehr mittelindisch". Vgl. auch
Jacobi, Sanatk., S. XXIV oben.
* ApabhrarnJa-sähitya, Dilli 2013 Vikrami (= Delhi 1956).
* Es sei hier stellvertretend auf die wenn auch unzulängliche Bibliographie in
NÄMA.VABA SiMHA, Hindi ke vikäsa mem apabhramia kä yoga, Ilähäbäd ( =
Allahabad) 1965 (4. erweiterte Aufl.), S. 322 ff. verwiesen.
« BSOAS., XIII, S. 410-15 und S. 1004-16, und XII, S. 462-3 (Buchbespre-
chrmg).
A^m-
300 Tilak Raj Chopba
seien hier lediglich einige Bemerkungen gestattet zu den bahnbrechenden
Arbeiten der soeben genannten beiden deutschen Forscher im Lichte der
neueren Erkenntnisse.
Es gibt, bis auf einige in den metrischen Texten verstreute Prosapartien,
keine nennenswerte Ap.-Prosa'. Genauso wie die klassischen Literaturen der
meisten neu-indoarischen Sprachen ist die Ap.-Literatur fast ausschließhch
metrisch überliefert. Nicht nur aus diesem, sondern noch aus einem anderen
Grunde spielt die Metrik im Ap. eine überaus wichtige Rolle: Sie stellt
gewissermaßen mit der klassischen metrischen Tradition einen offen¬
sichtlichen Bruch dar. Das ,, leitende Versmaß" des Ap., der Dohä*, kam
Jacobi in der indischen Tradition so fremdartig vor, daß er ihn in seinem
letzten Ap.-Aufsatz aus dem altgriechischen Hexameter abzuleiten sich genö¬
tigt sah*.
An metrischen Lehrbüchern lagen J acobi und Alsdoef vor : Einmal Hem .s
Chando'nuSäsana aus dem 12. Jahrhundert und das Pingala zugeschriebene
Pr.-P., dessen älteste Fassung aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts stam¬
men dürfte'*; sodann war Jacobi das ,,Vänibhüsana'' bekannt, eine
Skt.-Bearbeitung des Pr.-P. von Dämodaramiära", und Alsdobf kennt
außerdem den Chandahkosa des Ratnaäekhara'*. Alsdobf beklagte aber
' Eine Besprechung und partielle Zusammenstellung dieser Partien in Koc-
CHAE, a. a. O., S. 376 ff. Auch Masteb, BSOAS., XIII, S. 410-15 und 1004-16.
* So richtig, und nicht ,,die Dohä", Femininum, wie der bisherige deutsche
Sprachgebrauch es kennt. Ich hoffe, dies bald bei anderer Gelegenheit näher
begründen zu können.
» Festschrift Jacob Wackemagel, Göttingen 1923, S. 129 ff. ( = Kleine Schrif¬
ten, herausg. von B. Kölveb, Teil 1, S. 41 ff.) Alsdobf, WZKSA XV/1971, S. 39,
bezeichnet diese These als ,, imbewiesen (rmd wohl auch unbeweisbar)" und steht ihr ,, skeptisch" gegenüber. Es ist jedoch interessant, daß auch der große Hindi-
Literatur-Kritiker und -Historiker Rämacandba Sukla im Aufbau des Padmä-
vata des Jäyasi den persischen Mathnawi-Stil, also fremden Einfiuß, wiederzufin¬
den glaubte. Vgl. R. Sukla, Hindi-sähitya kä itihäsa, Kääi (Nägari pracärini
sabhä) 2018 Vikrami (13. Aufl.), S. 104. Siehe auch oben Anm. 3.
'" Jacobi, Bh., S. 45 f. Für eine ausführliche Erörterung der Frage nach der
Kompilation, dem Kompilator und den vorhandenen Kommentaren siehe Bho¬
la Shankbb Vyas, Pr.-P., Part II (Phüological and Metrical Study), Varanasi
1962, S. 6-36. (In Hindi).
" Jacobi, Bh., S. 45. Ob dem Verfasser des Vänibhü^ana das Pr.-P. in seiner gegenwärtigen Form vorlag, ist fraglich.
'* Apabhramäa-Studien, S. 45 Anm. 1. Es ist verwunderlich, daß Alsdobf nur
,,den von H. D. Velankab im Joumal of the University of Bombay, November
1933, veröffentlichten und besprochenen Chandahkoäa des Ratnaäekhara" er¬
wähnt imd hinzufügt: ,,Das Werkchen steht dem P(r.)P. nahe, lehrt aber 15 in
diesem nicht vorkommende Metren. Da es in unserem Falle gegenüber Hem. und
P(r.-)P. auch nicht weiter hüft, ist es im folgenden nicht berücksichtigt". Schon
1921 hatte Schubbinq, ZDMG 75, S. 97-121, dieses Werk mit einer Einleitung
und Analyse herausgegeben und bemerkt: ,,Auch in der Anlage steht Chan-
Zur Apabhramfe-Metrik 301
zu Recht die Unzulänglichkeit dieser metrischen Quellen; ob die seither
bekanntgewordenen Quellentexte die Sachlage gänzhch geändert haben, läßt
sich noch nicht bestimmt sagen. Jedenfalls liegen uns heute ein paar ältere
und zugegebenermaßen bessere Metriker vor, die uns nicht zuletzt H. D.
Velankabs Fleiß und Ausdauer erschlossen haben. Es sind hierbei drei
ältere Autoritäten zu nennen: Das Svayambhüchandas des Svayambhü, des
neben Puspadanta renommiertesten Ap.-Dichters und Verfassers des Pau-
macariu. Dieses Werk muß vor der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts ent¬
standen sein'*. Wahrscheinhch erheblich älter ist Virahänkas Vrttajätisamuc-
caya^*- Jünger als diese beiden, jedoch älter als Hemaeandras Chando., ist
Räjaäekharas ChandahSekhara, der um die Mitte des 11. Jahrhunderts ver¬
faßt wurde'*. Dank dieser Metriker sind wir heute hinsichthch mancher un¬
klaren Punkte gewiß besser gestellt als vor ihrer Erschließimg, gleichwohl ist
es uns noch immer nicht möglich, ein detailliertes und endgültiges äußeres
Bild des Ap.-Epos zu entwerfen. Ehe man sich daran machte müßten neben
der Durchforschung von metrischen Lehrbüchern noch mehr Gedichte in Ap.,
ganz sicher aber auch solche in Althindi und Altgujarati, metrisch analysiert werden.
So viel kann man aber vielleicht schon jetzt sagen : Der äußeren Form nach
gibt es zwei Haupttypen des Ap.-Epos, 1. den Sandhibandha-Typus, und 2.
den Räsäbandha-Typus'*. Der erste, der im Vergleich zu dem formalinhalth-
chen Skt.-Begriff sargabandha^'' , sandhibandha genannt wird, ist in Europa
dahkoäa dem Pr.-P. ganz selbständig gegenüber". (S. 98.) Schubrinos Aufsatz
scheint bisher völlig übersehen worden zu sein ; Bhayani, Sandeäaräsaka, Intro¬
duction, S. 48 Anm. 1 (über das Werk noch mehr unten), als einziger nennt ihn
ohne jedoch den Aufsatz zu kennen.
13 Bhayani, PC I, Introduction, S. 20 ff. ; Velankar, SC, S. ii; und Näthürä-
MA Pbemi, Jaina sähitya aur itihäsa, Bombay 1956'', S. 209ff.
1* Velankar, VJS, S. xxii: Virahäiika ,,must have lived a little after the 6th century A. D."
IS Velankar, SC, S. xxii. Kapitel V des Chandah.4ekhara, das sich hauptsäch¬
lich mit der Ap.-Metrik beschäftigt und das alleine gegenwärtig vorhanden ist, ist
von Velankar als Anhang zu seiner Edition des SC, S. 129-39, herausgegeben.
18 Dies soll jedoch nicht heißen, daß es außer diesen beiden keine anderen
Typen des Ap.-Epos mehr gäbe. Einige weitere Typen werden von H(azäri)
P{rasäda) Dvivedi, Hindi-sähitya kä ädikäla, Patna 1957*, S. 109ff., bespro¬
chen. Man braucht nur einen Bhck in die Kirtilatä des Vidyapati oder in das
Neminäthacarita des Haribhadra zu werfen, um festzustellen, daß diese von uns
genannten zwei Typen zwar die häufigsten sind, nicht jedoch die gesamte
epische Dichtung des Ap. ausmachen.
1^ Vgl. Dandins Kävyädarsa I. 14 ff. : sargabandho mahäkävyam . . . Man
körmte hier sarga durch sandhi ersetzen und eine normative Definition des Ap.-
Epos aus der Sicht eines Skt.-kundigen Theoretikers erhalten, wie fast sieben¬
hundert Jahre später Vigvanätha (Sähityadarpana VI. 327) es auch tut. Aber
siehe unten Anm. 24.
m Tilak Raj Chopra
hinreichend bekannt, da die ersten und bisher letzten Ap.-Texte, die in
Europa (d. h. Deutschland) kritisch bearbeitet herausgegeben wurden, Ma-
häkävyas eben dieses Typs sind. Er ist daher von Jacobi'*, dem Herausgeber der Bhavisattakaha, und von Alsdorf", dem Herausgeber des Harivamsapu-
räna, ausführlich beschrieben worden. Wie schon sein Name andeutet, heißen
die Kapitel, in die ein Gedicht dieses Typs zerfällt, sandhi, s.-pariccheda, s.-
pavesa oder auch pariccheda, äsäsa, sagga und pavva^"; mehrere Kapitel
zusammen können auch die Bezeichnung kända, wie im PC, oder khanda,
wie in der Bh., führen*'. Der Sandhi zerfällt weiter nicht wie im Skt. und
Pkt. in einzelne Strophen**, sondern, wie Alsdoef formuliert, ,,in deuthch
neuindischer Weise in kleinere Abschnitte"** von in der Regel acht gereimten
Distichen, auf die als Abschluß eine Strophe in anderem Metrum folgt. Diese
Abschnitte heißen nach den Ap.-Metrikern kadavaka und entsprechen dem
Gujarati kadavum und Hindi karavä^^. Das Hindi kennt in Wirklichkeit eine
'« Bh., S. 43 ff.
" HP, S. 183 ff.
2" Fast alle diese Bezeichnungen verwendet Svayambhü im PC. Vgl. Kocchar,
a.a.O., S. 54. - Dieser sandhi dürfte wohl kaum auf den gleichlautenden
dramaturgischen Begriff zurückzuführen sein. Angesichts der schon von Jacobi
festgestellten Tatsache jedoch, daß der Name des anderen Haupttyps, des
Räsäbandha, „auf einen Zusammenhang mit dem [Volks-JTanze" (Bh., S. 78)
hinweist, ist diese Vermutung nicht völlig von der Hand zu weisen.
^' Beide haben im Altavadhi überlebt : Tulasidäsa teüt den Rämacaritamäna-
sa in kända auf (was jedoch genausogut auf Välmiki zurückgeführt werden
kann), imd Jäyasis Padmävata ist in khanda aufgeteilt (allerdings nur in R. C.
SuKLAs Edition). Sandhi als Kapitelbezeichnung kennen jedoch die Altavadhi- Dichter nicht mehr.
Die Frage, ob die Kadavaka genannten metrischen Einheiten als einzelne
Strophen anzusehen sind, muß vorläufig offen bleiben. Der Aufbau einiger später
zunelimend beliebt gewordenen Versmaße, wie Baddä, Kundaliyä und ähnliche,
aus zwei oder drei Metren (dvibhangi oder tribharigi) zusammengesetzte, Slr$a-
ka bezeichnete (vgl. Chando., IV. 84 ff.) Strophen, spricht dafür. Dies gilt
mindestens für diejenigen Kad.s, die eine gleichbleibende Zahl der gereimten
Distichen plus die gleiche Abschlußstrophe aufweisen, wie etwa bei den in
Altavadhi schreibenden Muslimdichtern. (Siehe unten.) Velankars (Kavidarpa-
na, Rajasthan Puratana Granthamala, No. 62, Jodhpur 1962, S. xx) Feststel¬
lung, daß eine SodaAapadi, bestehend aus ,,4 stanzas in the same metre like the Paddhatikä ... is technically called a Kadavaka", ist sicher irrig. Siehe auch unten Anm. 24. Daß bis zur Zeit Hem.s darüber noch keine Einigkeit herrschte, ob ein Versmaß wie die Raddä (zusammengesetzt aus Mäträ und Ullälaka/Dohä), als ein selbständiges, neues Metrum anzusehen war oA&c aXseindvibhangi-iir^aka,
zeigt Chando. IV. 87. 12. Über diese Frage vgl. Velankars Ausführungen in den
Einleitungen zu Chando., § 24, und Kavidarpana, §§ 13-14.
** Alsdobf, MP, S. 183.
** In den Lehrbüchern der Ap.-Metrik belegte Formen sind:
Skt. kadavaka (Chando. VI.l Komm.), Pkt./Ap. kadavaa (SC VIII. 15) xiadkadava (Kavidarpana 11.37), die alle auf kadava(ka) zurückgehen. Vigvanätha gibt eine
Zur Apabhrarn&-Metrik 303
phonetisch andere Form an; Sähityadarparia (= SD) VI. 327 ab: apabhramSani-
baddhe'smin (d. h. mahäkävye) sargäh k-udavakähhidhäh j „In dem in Ap. geschrie¬
benen Mahäkävya heißen Sargas Kudavakas". Seine Gleichsetzung des Ap.
Kudavaka mit dem Skt. Sarga muß „auf eine Ungenauigkeit" zurückgeführt
werden, wie schon Jacobi (Bh., S. 44 Anm. 2) mit Recht feststellte. Beim
Zitieren dos SD jedoch hat Jacobi Viävanätha Unrecht getan, indem or still¬
schweigend Kvd- zu Kad- korrigiert. Des gleichen Unrechts haben sich Monier-
Williams (Skt.-English Dictionary, s. v. Kadavaka) und dor Englisch-Übersetzer
des SD, Pbamada Dasa Mitba (Ballantyne and Mitra, The Mirror of Compo¬
sition, Nachdruck Banaras 1956, zuerst erschienen 1865, S. 267) schuldig gemacht.
Vielmehr muß die -w-Form als oino ochte Nebenform angesehen werden : Erstens
lesen alle uns zugänglichen Ausgaben und die ihnen zugrundeliegenden Hand¬
schriften so, zweitens ist sie im MP des Puspadanta belegt, wenn auch versteckt.
]yip I. 9.13: aiduggamu hoi mahäpuränulkudaena mavai ko jalanihänu jj Einen
Teil dieses Vergleichs findet man bei Svayambhü wieder. Am Anfang seines noch
nicht publizierten Epos Riffhanemicariu (oder Harivaniäapuräna) sagt er (zitiert
in Näthübäma Pbemi, Jaina sähitya aur itihäsa, Bombay 1956^, S. 215):
cimtavai sayarnbhu käi karammi / harivarnia-nmliannau kern tarammijj „Svayam¬
bhü denkt, ,,Was soll ich tun: womit soll ich den großen Ozean HarivarnSa
überqueren ?" (Bhayani hat, PC I, Introduction, S. 31-36, zahlreiche Parallelen
aus den Werken Svayambhüs und aus Puspadantas MP zusammengestellt ; diese
Stelle möge man seiner Liste hinzufügen). Daß hier das Wort kuda(v)a zweideutig ist, ist bisher imbeachtet geblieben, da dio Glosse (eigentlich eine vom Herausge¬
ber nach seinem Gutdünken getroffene Auswahl der Glossen) lediglich eine
einzige Bedeutung angibt: . . . kudavena ghafena, „mit dem Ku." heißt „mit dem
Krug". Dieser Erläuterung schließt sich Ratna Nagesha Shbiyan an; sie reiht
dieses Wort unter dio ,, Foreign Loans" ein und fügt hinzu: ,,the word appears to be of Dravidian origin". A Critical Study of (the) Mahäpuräna of Puspadanta,
Ahmedabad 1962, S. 180. Daß die andere Bedeutung des Wortes, d. i. Kad. als
metrischer Abschnitt, von dem Dichter beabsichtigt war, wird niemand in Frage
stellen wollen, der das ganze Kad. (1.9) durchliest. Dies ist nämlich ein Teil der üblichen captatio benevolentiae, wo der Dichter seine angeblichen ,,Un"kenntnis-
se (vgl. Alsdoef, HP, S. 6-7 und 10) preisgibt. Demnach wäre diese Stelle so zu
übersetzen: ,,Das Mahäpuräna ist überaus schwer zugänglich; wer kann den
Ozean mit Krügen messen ? D. h. Wer, wie ich, wagt, diese schwer zugängliche
Geschichte mit Kudava genannten winzigen metrischen Einheiton zu messen ?"
Wie oben angedeutet, hat Puspadanta einen Teil des Vergleichs von Svayambhü
übernommen, einen anderen wahrscheinlich von Kälidäsa (Raghuvamsa I. 2),
abex' der Vergleich zwischen ,Kmg' und ,Kud.', gewiß nicht bar joden poetischen
Reizes, ist sicher seiner eigenen Einbildungskraft zuzuschreiben. Erteilt er
hierdurch Svayambhü nicht etwa eine Antwort: kern tarammi ? Kudaenal Vgl.
Alsdoef, HP, S. 10: ,,An gesuchten und kühnen, oft auch glücklichen Verglei¬
chen, schwierigen Wortspielen und Doppelsinnigkeiten und anderen Alamkäras,
den im Kävya so beliebten poetischen Beschreibungen usw. nimmt er (d. i.
Puspadanta) es mit jedem Skt.-Kunstdichter auf". Fasson wir also zusammen : Es
sind beide Formen als echt anzusehen, und sie müssen boi der Suche nach der
möglichen Herkunft des Wortes entscheidend mitberücksichtigt werden. Also
wäre es sicher irrig, wie M. B. Belsabe, The Pronouncing and Etymological
Gujarati-English Dictionary, Ahmedabad 1895, s. v. Kadavum, es tut, das Wort
aus Skt. kata, ,,side; limit", abzuleiten. Es ist offenbar nicht arischon Ursprungs
und ist letztlich aller Wahrscheinlichkeit nach auf die dravidische Wurzel koi-
304 TiiAK Raj Chopra
andere Bezeichnung für ein ganzes Kad., nämlich Dohä, was jedoch irrefüh¬
rend sein kann, da in solchen Fällen der Dohä meist auch das Versmaß der
Schlußstrophe ist**. Im allgemeinen wird das Metrum der Schlußstrophe
„what a thing takes or holds", zurückzuführen. Vgl. T. Burrow, BSOAS., XI
(1943), S. 138-9 Anm. 1 Ende. (= Collected Papers on Dravidian Linguistics,
Annamalai 1968, pp. 63-64). Nur diese Annahme vermag die, wenigstens alte,
Doppelform, ku-fka-, zu rechtfertigen. Da ,,Drav. short o is foreign to the
phonetic system of Skt., and is normally replaced by short a", z. B. Skt. pala, palala (,, Fleisch") <Tamil pulavu, puläl, Telugu pola, polasu; Skt.moMtM („Jasmin")
<Ta. mullai, Kannada molle, Te. molla; Skt. kula- und gha}a-, beide<Drav.
kufa-, „Topf", usw. Vgl. Burrow, a.a.O. Das hier in Frage kommende Wort
kudava (Ta. kulakam ; Karm. kologa, kolagu, kula, kola ; Tulu kolaga ; vgl. Burrow, a.a.O. und BSOAS., XII (1948), S. 373 (= Colleeted Papers, S. 194)ist schon im Skt. belegt; für Belege siehe PW, s. v., auch geschrieben kufa/pa, kudapa, in der
Bedeutung „ein bestimmtes Hohlmaß und Gewicht". Wackernagel, Altindi¬
sche Grammatik II, 2, S. 212 und 744, vermutet ,, nichtindogermanische Her¬
kunft"; Mayrhofer (Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch des Altindi¬
schen, s. V. kudavah) glaubt mit Burrow an dravidischen Ursprung. Vergleicht man einige andere für die Ap.-Metrik charakteristische Termini, so fällt ihre DeSl- (natürlieh nicht gleichzusetzen mit Drav.) Herkimft auf, so z. B. ghattä, chadda- niä (Etymologie bei Jacobi, Bh., S. 44 Anm. 4), auch adillä, khadahadaa, dhosä,
raddä( ?) und wahrscheinlich einige andere sind bestimmt nicht arischen Ur¬
sprungs ; also wundert es uns gar nicht, daß der charakteristischste aller Termini der Ap.-Metrik, nämlich Kad., gleichen Ursprungs ist. Offensichtlich hatte die
ÄM-Form keine dauerhafte Existenz, möglicherweise darum, weil das Wort mit
einer anderen Bedeutung (,,Topf, Krug") im Skt. schon lange vorhanden war
und so schon früh durch die to-Form verdrängt wurde. Daß dieser Terminus,
auch mit der te-Form, keine Allgemeinverbreitung gefunden hatte, ersieht man
schon daraus, daß nicht alle Metrikor diesen Terminus namentlich kennen. Wie
oben in dieser Anm. angeführt, sind es lediglich Svayambhü, Hem. und der
imbekannte Autor des Kavidarpana, die Kad. namentlich erwähnen; der letzte
körmte freüich hinsichtlich der Terminologie auch Hem. gefolgt sein (vgl.
Velankar, Kavidarpana, S. iv); alle drei also, die aus den an der Westküste
liegenden Gebieten stammen. Die anderen beiden, die fcw-Form erwähnen, sind
keine Metriker: Der Dichter Puspadanta stammt aus noch südlicherer Gegend
(vgl. Alsdorf, MP, S. 2). ViSvanätha dagegen aus dem südlichen Orissa (vgl. S.
K. De, History of Skt. Poetics, Nachdruck: Calcutta 1960, Bd. I, S. 215-16), also
einer Gegend, die kulturell dem dravidischen Süden nahestand. Schließlich sei
noch auf Padmakirtis Päsanähaoariu (siehe unten Anm. 27) XVIII. 20, 2
hingewiesen: saya tinni dahottara kadaväyahä, wo unser Wort (te-Form) Erwäh¬
nung findet; Padmakirti lebte im 10. Jahrhundert in Südindien. Vgl. Päsanäha- cariu, prastävanä, S. 20-25 (in Hindi). Halten wir also fest: Alle Autoren, die das
Wort kennen, entstammen den an den dravidischen Sprachraum angrenzenden
Gebieten; eine Tatsache also, die die dravidische Herkunft des Kad./Kud.
noch sicherer macht. Bei Virahänka, Pr.-P. und seinen Nachfolgern, ein¬
schließlich der alten Hindi-Metriker (wie KeSavadäsa, Bhikhäridäsa und andere)
sowie in östlichen Padas und Dohäs der Buddhisten und im SandeSaräsaka findet
unser Wort keine Erwähnung. Siehe auch unten Anm. 46.
2* Vgl. H. P. Dvivedi, a.a.O., S. 102; Sbi AmjaninandanaSaranaji, Mänasa-
piyö?a, Bd. I, Gitapress (Gorakhpur) 2021« Vdtrami, S. 543 ff.
Zur Apabhramsa-Metrik 305
jeweils für einen ganzen Sandhi beibehalten und gewissermaßen angekündigt
durch eine darin abgefaßte Strophe zu Beginn des Sandhi vor dem ersten
Kad. Häufig werden in den Texten die Kad.-Schlußstrophen durch Einschal¬
tung des Wortes ,, Ghattä" gekennzeichnet. Die Metriker kennen einige
andere Benennungen für Ghattä: Dhruvä, Dhruvaka, Dhuvä, Dhuva(y)a;
und Chaddanikä, Chaddani{y)ä. Es werden zwar zwischen diesen synonymen
Ausdrücken gewisse Unterscheidungen gemacht, die jedoch einer näheren
Prüfung nicht standhalten**.
Nun vergleichen wir mit dieser dem Sachverhalt entsprechenden Beschrei¬
bung^' die Angaben Svayambhüs im SC VIII. 15-17:
paddhadiä punu je i karerntij te sodahamattau pau dharernti/j bihi paahi jamau te nimmaamtil
kadavaa atthahi jamaahi raamti/l 15 //
äihl punu ghatta samämanarntil
jamaävasäna chaddani bhanarntilj
samkhänihaddhakadavehi samdhij
iha vivihapaärahi tuhü vi barndhijj 16 //
sarndhihe äinite raia eaj
chaddania vi ghattä bhana subheajj annäu <a> vivihapaäriäuj
ghattäu chaddani viäriäujj 17 //**
Derj enige nun, der eine Paddhadiä-Strophe dichten will, stelle einen 16-
morigen Stollen auf. Aus zwei Stollen bilde er ein gereimtes Distichon, aus
acht gereimten Distichen stelle er (dann) ein Kadavaka her. (15) Für den
Anfang (des Sandhi) ist eine Ghattä-Strophe vorgeschrieben, die, wenn sie
2* So etwa bei Alsdorf, HP, S. 183; auch Jacobi, Bh., S. 44 Anm. 4. Aber vgl.
Bhayani, PC I (Introduction), S. 74-5 und 78.
27 Außer den schon genannten Texten sind für diese Beschreibung noch
folgende mitherangezogen worden:
1. Hira Lal Jain, Karakanda-cariu of Muni Kanakämara, Varanasi 1964
(= Jnänapitha Mürtidevi Jain Granthmälä: ApabhrainSa Grantha No. 4).
2. Ders., Sugandhadaiami kathä [In Ap., Skt., Gujarati, Marathi and
Hindi], Varanasi 1966 (= Jnäna. Mü. J. Gra. : Ap. Grantha No. 6). (Verhältnis¬
mäßig viel ,, Unregelmäßigkeiten" im Ap.-Teil).
3. Ders., Muni Sricandra's Kaha-kosu (An Ap. Text of the lith Century),
Ahmedabad 1969 (= Pkt. Text Society Series, No. 13).
4. Prafulla Kumar Modi, Äcärya Padmakirti's Päsanähacariu, Varanasi
1965 (= Pkt. T. S. Series, No. 8).
28 In 15a fehlt eine Mora; man sollte vieUeicht m.c. paddhaddiä lesen. Ebenfalls in 17c m.c. a (= ca) ergänzen.
21 Or.-Tag 1973
306 Tilak Raj Chopba
am Schluß der gereimten Distichen steht, ,, Chaddani" heißt*'. Aus einer
(unbestimmten) Anzahl der gedichteten Kadavakas wird der Sandhi gebil¬
det. Auch du dichte hier allerlei (Gedichte) ! (16) Am Anfang und Schluß des
Sandhi gedichtete verschiedenartige Strophen nenne man Chaddania (oder)
auch Ghattä. Ferner gibt es andere verschiedenartige Ghattä, Chaddani und
Viäriä." (l?)*«
Um den letzten Vers zu verstehen müssen wir noch SC VIII. 4 hinzuziehen :
sattavihä chaddaniä tivihäo homti taha a ghattäoj paddhadiä neavihä giio homti vivihäoH
„Sieben Arten gibt es von der Chaddaniä, in derselben Weise von der
Ghattä*' drei Arten, von der Paddhadiä unbestimmt viele Arten und von der
Giti mannigfache Arten".
Zwar lassen die Angaben Svayambhüs an Deutlichkeit einiges zu wünschen
übrig, im großen und ganzen stimmen sie jedoch mit dem vorhin zusammen¬
getragenen Befund überein. Die auffällige Zweideutigkeit bei der Begriffsbe¬
stimmung der Wörter Oliattä, Chaddaniä und sogar bei Paddhadiä scheint
absichtlich. Erstens ist jedes dieser Wörter ein Gattungsbegriff hinsichtlich seines Standortes im oder außerhalb des Kad. ; außerdem aber ist es zweitens
der Name eines bestimmten Metrums**.
Beinahe gleichlautende Worte gebraucht Hem. zweihundert Jahre später
bei der Beschreibung des Kad. : caturbhih paddhadikädyaid chandobhihkadava-
kam. (VI. 1 Komm.). Ein Kad. also besteht aus vier Paddh. oder anderen
Strophen derselben Gattung, wobei Hem. unter chandas eine Strophe von
vier Pädas versteht**. Jacobi und ihm folgend Alsdoef im HP wollen
Hem.s Angabe völlig anders verstanden wissen, nämlich ,,daß das Kad. aus
2' Vgl. die in Anm. 26 angeführten Stellen. Jacobi erläutert ausführlich und
auch etymologisch diese Begriffe. Aber siehe unten 17 ab und, hier nicht zitiert, VIII. 20. Dazu Vblankabs ,, Brief Notes".
Viäriä (Skt. vidärikä ?) oder, wie Virahänka (VJS II. 4-5) es nennt, Veärt
(Skt. vicärl oder vidäri: beide nach dem Kommentator Gopäla) ist ein noch im-
geklärter Begriff. Vgl. SC VIII. 28 und Vblankabs ,,Note" dazu, aber auch
S. 232 (= Note zu VIII. 19), wo eine Definition versucht wird.
*' Oder ,,dem Ghattä"( ?). Die Genusbestimmung mancher Ap.-Metrumsna-
men ist m. E. noch ungewiß. Genauso wie Dohä müßte Gh. maskulin sein, aber
wie jener wird dieser von einigen Metrikern, vor allem aber von den ,, Östlichen Metrikem", feminin gebraucht. Da ich auf diese Frage in einem anderen Aufsatz zurückzukommen gedenke, lasse ich sie hier offen.
Dies hat schon Jacobi bezüglich der Ohattä und Chaddaniä gemerkt, Bh., S.
44. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte Jacobi (a.a.O.) recht behalten mit
seiner Annahme, daß die erstere der beiden Bedeutungen die ursprüngliche ist.
*' Vgl. Chando. I. 11: ,,Wenn nicht anders vermerkt, heißt im allgemeinen der vierte Teil einer Strophe (= chandas) Päda". (chandasai caturtho bhägahpädasa-
mjnah, aviäese sämänyäbhidhäne.) Siehe auch Bhayani, PC I (Introduction), S.
94.
Zur Apabhrainsa-Metrik 307
einem der vier Metra Paddli. usw. gebildet wird"**. Daß diese Erklärung dem
Sachverhalt keineswegs entspricht, mußten beide schon bald feststellen**.
Auf eine andere und, wie wir heute wissen, richtige Erklärung konnten sie
nach dem ihnen vorliegenden Befund möglicherweise gar nicht kommen, da
sowohl die Bh. als auch das HP keine Regel bezüglich der Anzahl der
gereimten Distichen innerhalb eines Kad. zulassen. Jacobi durfte darum mit
Recht feststellen, daß das Kad. ,,aus einer zwischen weiten Grenzen schwan¬
kenden Zahl gereimter Disticha" besteht**: hatte doch die Bh. in einem
Kad., Nr. 148, fünf Distichen und in einem anderen, Nr. 198, deren vierund¬
zwanzig. Bei dieser Sachlage konnte natürlich kaum jemand auf den Gedan¬
ken kommen, Hem.s Angaben bezögen sich auf die Anzahl der Distichen in
einem Kad. Freilich hatte Alsdobf andere Texte, die Ap.-Stücke im Kupr.
untersucht, die ihn zu der Bemerkung veranlaßten, daß hinter Hem.s
Angabe ,, etwas ganz anderes steckt; daß sie nämlich die Wiedergabe einer
mißverstandenen alten Regel wäre, die besagte, nicht daß das Kad. aus 4
Metra P(addh.) usw. gebildet werde, sondern daß es aus 4 P(addh.) (oder
anderen Strophen) bestehe ; und dazu würden dann die Verhältnisse in der
J(iva-manah-karana-samläpa-kathä) und der S(thülabhadra-kathä) vorzüg¬
lich stimmen"*'. Später jedoch meinte er bei einer intensiven Beschäftigung
mit dem HP seine soeben zitierten Ausführungen nicht aufrechterhalten zu
können**. Alsdorf versuchte diesmal, Hem.s Angabe nebst Jacobis Erklä¬
rung mit neuen Beweisen zu begründen: er stellte vier ,,Hauptmetra",
nämlich Paddh., Adillä, Pädäkulaka und ein viertes Metrum, ,, dessen Name
. . . vorläufig nicht ganz sicher bestimmbar ist**", als ,,die eigentlichen
Versmaße des Ap.-Epos der Digambaras" vor**.
Wir kommen zurück zum Kad., dessen Hauptteil uns die Metriker aus acht
gereimten Distichen bestehend schildern. Wie soeben angedeutet, weicht die
Praxis Puspadantas und Dhanapälas von diesen Vorschriften ab. Wollten
3* Bh., S. 44; HP, S. 184 f.
** Jacobi, a.a.O, fügt aber hinzu: ,, Trotzdem kann es nicht zweifelhaft sein,
daß der von Hemacandra gemeinte Aufbau der Apabhramfe-Kävyas im Wesent¬
lichen derselbe ist, der in der Bh. vorliegt". Ähnlich äußert sich Alsdoef, HP, S.
184 f.
** Bh., S. 43. Pandueang Damodab Gune (Bhavisayattakahä of Dhanapäla,
Gaekwad's Oriental Series, No. 20, Baroda 1923, S. 28) scheint sich Jacobi
anzuschließen: A Kad. , .consists most usually of from ten to sixteen lines of two feet each".
*' Kupr., S. 11.
»* HP, S. 185 Anm. 1.
*8 HP, S. 185.
Ebenda. Für eine eingehende kritische Würdigung der Jacobi - Alsdoef-
schen These verweise ich auf die Ausführungen H. C. Bhayanis, PC I (Introduc¬
tion), S. 92 ff. Der erste, der Hem.s Angabe richtig interpretiert hat, ist N.
Premi, a.a.O., S. 200 Anm. 3-4.
308 Tilak Raj Chopba
wir als regelmäßiges Kad. nur dasjenige ansehen, das im Hauptteil nur acht
Distichen hat, und jede Abweichung in der Zahl nach unten oder oben*' als
,, unregelmäßig" (Abk. : unr.) bezeichnen, dann sähe unser Befund wie folgt
aus. Der erste Band des PC, des ältesten Ap.-Epos, enthält 20 Sandhis, die
insgesamt 285 Kad.s haben. Davon sind 236, d. h. 86 v. H., ,, regelmäßige"
(Abk. : r.) Kad.s. Mit anderen Worten sind knapp 14 v.H. Kad.s ,,uiir."**. In
der Bh. jedoch sieht es ganz anders aus: Von den 354 Kad.s sind lediglich
116 ,,r.", d. Ii. fast 70 v.H. sind ,,unr.". Dabei ist es doch auffallend, daß die früheren Kad.s „regelmäßiger" sind als die späteren: Der LS.hat ,,unr." : 5 von 16 Kad.s; der 2. S. 6 von 14; der 3. S. 18 von 26 usw., bis schließlich der
11. S. gar kein ,,r." Kad. mehr hat**. Dieser Befund erlaubt uns eine
Vermutung, nämlich daß der Dichter Dhanapäla zwar die metrischen Vor¬
schriften genau kannte, aber sie aus irgendeinem Grunde mitten im dichteri¬
schen Fahrwasser nicht beachten wollte oder vielleicht konnte. Ähnlich
verhält es sich bei Tulasidäsa. Bekannthch hat er das erste Buch des
Rämacaritamänasa*'^ zum größten Teil als letztes verfaßt**. Im zweiten Buch
sind 326 Kad.s**, von denen mit Sicherheit eins (Nr. 185) ,,unr." ist, acht
*' Erwartungsgemäß sind die letzteren zahlreicher als die ersteren.
*2 ,,Unr." sind: I.L2,3,8; 11.6,16; 111.1,2,3 (8 1/2 Distichen), 6,10,12,13;
IV.6,7 (8 1/2 Dist.); V.7,9; VI.l, 13; VII.3,8; VIII.5,12; IX.5; X.5,6,8; XI.14;
XII.5,9,12; XIII.ll; XIV.3; XV.6,9; XVI.3,5,9,10; XVII.14,16; XVIII.4;
XIX.4,7,11,17; XX.3,5,12. Sandhis III, XIII, XVII und XIX haben zusätzlich
,,Kad. commencing stanzas". Vgl. Bhayani, S. 74 ff.
" Ändere Sandhis haben „unr." Kad.s: IV: 10 (aus 14); V: 13 (24); VI: 16
(25); VII: 10 (15); VIII: 6 (20); IX: 16 (22); X: 13 (19); XII: 9 (15); XIII: 7
(14); XIV: 16 (20); XV: 2 (17); XVI: 12 (12); XVII: 5 (10); XVIII: 10 (13);
XIX: 12 (16); XX: 11 (15); XXI: 9 (11); XXII: 8 (11). Im HP scheint die
,, Unregelmäßigkeit" noch weiter zu reichen: der 81. Sandhi hat 2 und der 82.
Sandhi hat nur 1 ,,r." Kad.
** Srimadgosvämi Tulasidäsaji-viracita Sri Rämacaritamänasa - päfhabhedasa-
hita, kevala müla päpha, mo{e täipa aur mänasake vyäkaranasahita, Gitapress
(Gorakhpur) 2021^ Vikrami.
Mätäpeasäda Gupta, Tulasidäsa (eka samälocanätmaka adhyayana), Pra-
yäga (= Allahabad) 1953', S. 263-77, erörtert die chronologische Entstehung des
Rämacaritamänasa. Nach Gupta enthielt die erste Niederschrift I. 201-361 und
das gesamte 2. Buch. Die strukturelle Einheit (= ekarüpatä) des 2. Buchs reicht
nach ihm noch weiter: Mit einer Ausnahme kommt nach je 25 Kad.s eine
Harigitikä-Strophe. Abschließend bemerkt er, ,,So wohlgebaut (= suga}hita) wie
dieser Kända in der Tat ist, ist nicht nur kein anderer Kända, sondern auch kein anderer Teil irgendeines anderen Werks (des Dichters)". S. 268. Diesem Urteil kann man ohne weiteres beipflichten.
*" Der Terminus „Kadavaka" oder Hindi „Karavä" wird im wissenschaftlichen
Schrifttum des Hindi ausschließlich von denjenigen Autoren gebraucht, die mit
dem Ap. vertraut sind, wie etwa Pbemi, H. P. Dvivedi, Kocchab u. a. Man
findet es in dieser Bedeutung noch in keinem Hindi-Wörterbuch verzeichnet, ob¬
gleich es in den letzten zwei Jahrzehnten immer häufiger im Hindi verwendet
Zur Apabhrainäa-Metrik 309
weitere sind nur nach einigen Mss. „unr.": Nr. 5, 8, 20, 64, 173 und 218
haben je 7 Distichen, aber einige Mss. ergänzen ein Distichon ; Nr. 29 und 202
haben je 9 Distichen, hier lassen einige Mss. ein Distichon weg. Ganz anders
aber sieht es im 1. Buch aus: Hier sind von 361 Kad.s nicht weniger als 41
,,unr."*'. Die in Altavadhi schreibenden Muslimdichter des 15. und 16.
Jahrhunderts haben offensichtlich ein anderes System befolgt : Kutaban und
Man]han und später Nür Muhammad lassen jeweils nach 5 Distichen einen
Dohä folgen, Malik Muhammad Jäyasi hingegen nach 7 Distichen**. Bei den
Muslimdichtern gibt es so gut wie keine ,, Unregelmäßigkeiten".
So weit einiges zum Sandhibandha-Typus.
Der andere Haupttypus des Ap.-Epos, nämlich der Räsäbandha-Typus,
der auch Räsa, Räsaka, Rosau, Räso und Rasäyana genannt wird**, scheint
wird. M. P. Gupta, der viel später zum Ap. gekommen war, bedient sich dieses
Wortes nicht. Er spricht durchweg von ,arddhäli-samüha', nicht von ,Dohä\ wie
es anderswo im Hindi üblich ist. Eine Arddhäli (oder Ardhäli) ist ein gereimtes
Distichon, eigentlich eine halbe Gaupät. Aber siehe Mänasaplyüsa, Bd. I, S.
543 unten, wo diese Hindi-Termini ausführlich erläutert werden.
47 Es sind: Nr. 2-15, 17, 18, 28, 31, 32, 35-39, 78, 123, 182, 186, 187, 192, 199,
203, 207, 208, 210, 211, 239, 288, 325, 327 und 360. Nach Guptas Zählung sind es
nur 38 Kad.s, die mehr oder weniger als ,acht arddhälis' enthalten, d. h. ,,unr."
sind. Nr. 186, 192 und 211, die er nicht besonders verzeichnet, d.h. als „r."
behandelt, haben überhaupt keine Caupäis (oder Distichen), sondern jeweils vier
,, Chandas" zu je 4 Pädas. Unter einem „Chanda" versteht man im Rämacarita-
mänasa in der Regel eins von drei Metren: 1. Cavapaiyä: lO-f 8-1-12=30 Moren
(entspricht Jacobis ,Gitisama', Bh., S. 48, Nr. 9); 2. Tribhangi: a= 10+ b= 8+
c= 8+ d= 6, zusammen 32 Moren (entspricht dem gleichnamigen Metrum bei
Pr.-I*., § 1.194; Tulasidäsas Innenreim: ab, ef, cg, dh; Pr.-P. hingegen: abo, efg,
dh), und 3. Harigitikä: 16+ 12 (oder auch 14+ 14; entspricht Jacobis Dovai, S.
49, Nr. 12). Diese Kad.s können denjenigen des Ap.-Epos gegenübergestellt
werden, die ,im Hauptteil' Duvai haben. Vgl. Bh., Kad.-Nr. 207. Über die im
Rämacaritamänasa gebrauchten Metren siehe Mänasa-piyüsa, Bd. I, S. 545 ff.
** Dies gilt für alle seine Werke, mit Ausnahme von Mahari bäisi. M. P. Gutta
(Hrsg.), Jäyasi-granthävali, Ilähäbäd 1952; R. C. Sukla, Hindi-sähitya kä
itihäsa, S. 108 und III.
*° Es ist müßig irgendwelche Unterscheidungen zwischen diesen Begriffen zu
machen, wie Masteb, BSOAS., XII (1948), S. 463, es tut. Vom Sandedaräsaka,
das er dort zu besprechen hatte, sagt er, ,,it is the number and variety of these
metres which constitutes the poem a 'räsayam', as distinguished from the
'räsau', which uses a limited number of metres". Bis vor kurzem glaubte man in
Indien, gewisse Unterschiede zwisehen diesen Bezeiclmungen machen zu können,
die sich doch bei näherer Prüfimg als unhaltbar erwiesen. Vgl. M. P. Guptas
Aufsatz: „Räsa aur räsaka kävya-paramparäe" in Räso sähitya vimaräa, Ilähä¬
bäd 1962, S. 7-33. Die einzige mögliche Unterscheidung, die man machen könnte,
ist die, die M. P. Gupta, Hindi sähitya kosa. Hrsg. Dhibendba Varmä u. a.,
Varanasi 2020* Vikrami, Bd. I, S. 713-16, macht. Er unterscheidet aber nicht
zwischen den Wörtern, sondem zwischen zwei Räsa-Gattungen: 1. Räso-Gedich-
310 Tilak Raj Chopra
in Europa bisher wenig Beachtung gefunden zu haben. Jacobi erörtert,
zwar in allen seinen Ap.-Arbeiten*" eine Stelle aus Kramadiävaras Pkt.-
Grammatik, wonach der Nägara Ap. in Räsakädi abgefaßt sei ; und nach der
Aussage des Muni Jinavijaya, des Herausgebers des Sandesaräsaka, hatte
er eine Kopie dieses außerordentlich beliebten kleinen Epos des Räsäband-
ha-Typs zur Durchsicht angefordert und erhalten*'. Nach seinen Publika¬
tionen zu urteilen, wußte Jacobi allerdings lediglich von der Existenz eines
Versmaßes namens Räsaka**. Alsdorf wußte indes über die Altgujarati-
Literaturgattung, nämlich Räsa, sehr gut Bescheid**. In seiner Studie über
den Kumärapälapratibodha teilt er in einem Anhang Textproben aus drei
Räsas in Altgujarati mit. Bei der Erörterung der geschichtlichen Entwick¬
lung der Sthülabhadra-Legende in der Jainaliteratur bis zur Neuzeit geht er
auch auf die ,, literarische Bedeutung und Form des Räsa" ein**. Von der
Existenz des Räsa(ka) in Ap. und Althindi scheint er indessen nichts gewußt
zu haben.
In Indien hat andererseits der Räsäbandha-Typus des Ap.-Epos eine
überaus starke Beachtung gefunden, nicht zuletzt wegen seiner starken
Auswirkungen in den neuindischen Literaturen. Seit fast anderthalb Jahr¬
hunderten, seit der Entdeckung des Prthvträjaräso nämlich, das anfangs als
das älteste Hindi-Epos galt**, hat das Bekanntwerden jedes weiteren Räso-
te, bei denen Gesang und Tanz überwiegt (glta-nrtyaparakä), und 2. solche, die
sich durch die Mannigfaltigkeit der Metren auszeichnen {chanda-vaividhyapar a -
ka). Nach Gupta war die erste Gattung vornehmlich in West-Rajasthan und
Gujarat beliebt und die zweite in Gst-Rajasthan imd im übrigen Hindi-Gebiet- (S. 714).
5» Bh., S. 71 f. und 78; Sanatk., S. XX ; Festschrift J. Wackemagel, S. 126 ( = Kleine Schriften I, S. 38).
^' Kavi-Abdul Rahmän-krta Sandesaräsaka, ed. Jinavijaya Muni und Haki
Vallabha Bhayani, Bombay 1945 (Singhi Jain Series, No. 22), Preface, S. 4,
schreibt der Muni: „. . . when I decided to go to Germany, he (Jacobi) wrote to
me : 'When you come, please bring with you the Ms. of the Sandesaräsaka or a
transcript thereof. I am very eager to see that work' etc. Accordingly I took with
me the transcript that I had prepared with my own hand and when in the
summer of 1924 I saw that revered and aged Professor in Hamburg, I handed
over to him that transcript."
" Bh., S. 71.
5» Kupr., S. 34 ff.
^* Ebenda. Die dort zitierte (S. 34) Charakterisierung des Räsa ist gänzlich unzutreffend.
Schon 1829 spricht James Tod, Armais and Antiquities of Rajasthan or the
Central and Western Rajput States of India, Nachdruck, Delhi 1971, Bd. I, S. Ixi, von „raesas or poetical legends of princes". Lobend erwähnt er (S. Ix), ,,the heroic history of Prithiraj" von ,, Chand, the last of the great bards of India", und
S. 97, Anm. 3, fügt er hinzu: ,,Of his works I possess the most complete copy
existing". Es war anfangs angenommen worden, der Prthvlräjaräso stamme aus
der Feder des Barden und Kameraden des Helden, Prthviräja Cauhäna, bis
Zur Apabhramäa-Metrik 311
Textes für die Hindi- und Gujarati-Philologie hinsichtlich der BegrifFsbe-
stimmung dieses Typs neue Probleme aufgeworfen**. Ein Verzeichnis aller
Räsa-Texte in Ap., Gujarati, Räjasthäni und Brajabhäsä dürfte nicht
weniger als ein Tausend Titel - ,,im Umfang schwankend zwischen noch
nicht Hundert und mehreren Tausend Strophen"*' - aufzählen. Die For¬
schungsgeschichte dieses Typs des Epos würde uns zu weit führen: Es sei hier
auf die unlängst erschienenen ausführlichen Studien von Bhayani, Gupta,
Ojhä und Öaemä verwiesen**.
Zum Schluß sei es gestattet, die ältesten zwei Definitionen dieses Typs des
Ap.-Epos vorzulegen; beide sind älter als die zweite Hälfte des 10. Jahrhun¬
derts, die erste möglicherweise erheblich älter**. Virahänka sagt im VJS:
adiläM duvahaehi va mattä-raddähi taha a dhosähij
bahuehi jo raijjai
so bhannai räsao nämajj IV. 38.
,,Räsa(k)a heißt nämlich dasjenige (Gedicht), das aus vielerlei (Versmaßen),
wie Adilä, Dohä, Mäträ, Raddä und auch Dhosä, gebildet wird".
Ähnlich unbestimmt drückt sich Svayambhü im SC aus :
ghattä-chaddaniähi jxzddhadiähi su-annarüehij
räsäbandho kavve janamana-ahiräTnao hoijj VIII. 24.
„Der aus lieblich anzuhörenden (Versmaßen), wie Ghattä, Chaddaniä, Pad-
Geobg Bühler 1875 in Kashmir ein Skt.-Werk namens Prthviräjavijaya ent¬
deckte, das die meisten historischen Daten des Räso in Frage stellte. Es ergab
sich eine heftige Kontroverse, die über ein halbes Jahrhimdert dauerte, in deren Verlauf der gesamte Räso-Text als eine im 17. Jahrhundert erdichtete Fälschung
bezeichnet wurde. Heute ist man dagegen mit H. P. Divedi der Meinung, daß
das Werk höchstwahrscheinlich einen alten Kern habe, die gegenwärtige umfang¬
reiche Redaktion jedoch aus dem 17. Jahrhundert stammen müsse. Rämakü-
MÄBA. Varmä, Hindi-sähitya kä älocanätmaka itihäsa (samvat 750-1750), Ilähä¬
bäd 1964^, S. 151 ff.; H. P. Dvivedi, Hindi sähitya usakä udbhava aur vikäsa,
Dehali 1964 (1952), S. 37 ff.; H. P. Dvivedi und Nämavara Simha, Samk§ipta
Prthviräja Räso, Ilähäbäd 1963*; B. P. Sarmä, Prthviräja Räso (laghu samskara-
na), Chandigarh 1963. Winternitz, Gesch. d. ind. Lit., Bd. III, Leipzig 1922, S.
586 ; und v. Glasenapp, Literaturen Indiens, Stuttgart 1961, S. 259, wiederholen
immer noch die alten und längst überholten Ansichten.
Eine definitive Geschichte der Räsa-Forschung ist noch nicht geschrieben
worden. Daß sie eine höchst interessante Lektüre bieten wird, kann kaum
zweifelhaft sein, sieht man die einschlägigen Aufsätze in Hindi-Zeitschriften der
zwanziger bis fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts durch.
*' Alsdorf, Kupr., S. 34.
*8 Bhayani, Sandesaräsaka, und PC; M. P. Gupta, Räso sähitya vimarsa,
Ilähäbäd 1962; sowie die umfangreichste Arbeit von Dasaratha Ojhä und
Dasaratha Sarmä, Räsa aur räsänvayi kävya, Väränasi (Nägari pracärini
sabhä) 1959.
** Siehe oben, auch Anm. 14.
312 Tilak Raj Chopba
dhadiä (und anderen) gebildete Räsäbandha erfreut als Dichtung die Herzen
des Volkes".
Diese beiden Definitionen lassen nur einen Schluß zu : Der Räsäbandha
nämlich zeichnet sich durch die Mannigfaltigkeit der darin verwendeten
Versmaße aus. Dies ist auch der Schluß, zu dem indische Philologen in
aller jüngster Zeit nach vielem Hin und Her sozusagen zurückgefunden
haben'".
Gupta, Räso sähitya vimarsa, S. 27; Ojhä und Sabmä, a.a.O., S. 4 ff.
Ap. = Apabhramsa. Kad. = Kadavaka. Pkt. = Prakrit. S. = Sandhi. Skt. =
Sanskrit.
Bh. = Bhavisatta-Kaha von Dhanaväla. Eine Jaina Legende in Ap. Herausg. von
Hbbmann Jacobi. (Abh. d. Kgl. Bayer. Akad. d. Wissensch. Philos.-philol. u.
hist. Kl. XXIX,4) München 1918. Wenn nicht anders vermerkt, wird im
folgenden auf die „Abhandlimg" verwiesen.
Chando. = Chando'nuSäsana des Hem.
Hem. = Hemacandra. Verfasser des Chando. Ed. H. D. Velankab. (Singhi Jain
Series, No. 49) Bombay 1961.
HP = Harivamsapuräna, ein Abschnitt aus der Ap.-Welthistorie ,, Mahäpuräna
Tisatthimahäpurisagunälainkära" von Puspadanta. Herausg. von Ludwig
Alsdobf. (Alt- u. Neu-Indische Studien, Bd. 5) Hamburg 1936.
Kupr. = Der Kumärapälapratibodha, ein Beitrag zur Kenntnis des Ap. und der
Erzählungs-Literatur der Jainas. Von Ludwig Alsdobf. (Alt- u. Neu-Indische
Studien, Bd. 2) Hamburg 1928.
MP = The Mahäpuräna or Tisatthimahäpurisagunälamkära of Puspadanta. Ed.
P. L. Vaidya. (Manikohand Digambara Jaina Granthamälä, No. 37, 41 u. 42)
Bombay 1937-41.
PC = Paumacariu of Kaviräja Svayambhüdeva. Ed. H. C. Bhayani. (Singhi
Jain Series, No. 34, 35 u. 36) Bombay 1953-60.
Pr.-P. = Präkrita-Paingalam : A Text on Pkt. and Ap. Metres. Part I ( =
Textausgabe mit Hindi-Übersetzung, Erklärungen, drei Skt.-Kommentaren
und einem Glossar); Part II: Phüological and Metrical Study. Ed. Bhola
Shankeb vyas. (Prakrit Text Society Series, No. 2 u. 4) Varanasi 1959 u.
1962.
Sanatk. = Sanatkumäracaritam, ein Abschnitt aus Haribhadras Neminäthacari-
tam: Eine Jaina Legende in Ap. Herausg. von Hebmann Jacobi. (Abh. d.
Bayer. Akad. d. Wissensch. Philos.-philol. u. hist. Kl. XXXI, 2) München
1921.
SC = Svayambhüchandas of Mahäkavi Svayambhü. Ed. H. D. Velankab.
(Rajasthan Puratana Granthamala, No. 37) Jodhpur 1962.
VJS = Vrttajätisamuccaya of Virahänka. Ed. H. D. Velankab. (Rajasthan
Puratana Granthamala, No. 61) Jodhpur 1962.
DIE TEXTGESCHICHTE DES RÄMÄYANAS UND DIE
KRITISCHE EDITION (BARODA I960-)
Von L. A. van Daalen, Utrecht
Der Text des Välmikirämäyanas ist in drei oder vier Rezensionen überlie¬
fert : erstens die verbreitetste Rezension, die von den Herausgebern der
kritischen Edition die südhche genannt wurde ; sie wurde in Indien mehrfach
gedruckt, vor allem in Bombay'. Zweitens die nordöstliche oder Bengali-
Rezension, sie wm'de im vorigen Jahrhundert von Gorresio herausgegeben
und in diesem Jahrhundert in Calcutta*. Drittens die nordwestliche Rezen¬
sion, herausgegeben in Lahore*. Die Herausgeber der kritischen Edition
unterscheiden mit Ausnahme von Divanji (III. Buch) außerdem eine vierte,
die westliche Rezension.
Die Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Rezensionen sind
trotz allem so groß, daß man nicht daran zu zweifeln braucht, daß das
Rämäyana die Arbeit eines einzigen Dichters ist : nennen wir ihn Välmiki.
Die Abweichungen der vier Rezensionen untereinander lassen sich in drei
Klassen einteilen - ich zitiere hier Jacobi -, nämlich zum ersten : jede der drei
Rezensionen weicht oft in den allen gemeinschaftlichen Versen hinsichtlich
der Lesart von den beiden anderen oder einer derselben ab. Zweitens : jede
hat eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Versen, auch wohl längerenStellen, und selbst ganze Gesänge, die sich nur in ihr finden, oder die sie nur mit einer
der beiden anderen Rezensionen gemein hat. Drittens : Die Reihenfolge der
Verse ist nicht selten in je zwei oder in allen drei Rezensionen verschieden*.
Seit 1960 sind bereits sechs von den sieben Bänden der kritischen Edition
herausgegeben*. Ihre Methode ist grundsätzlich diese, daß sie in ihren
konstituierten Text diejenigen slokäs aufgenommen haben, die irgendwie
eine Entsprechung - entweder im Wortlaut, oder auch nur im Inhalt - haben
in allen Rezensionen. Die so gefundenen Verse sind in ihrer südlichen Gestalt
abgedruckt*. In südlicher Gestalt, weil die südliche Rezension ihrer Ansicht
' Sie ist eine Art Vulgata; von Jacobi wurde sie mit C bezeichnet: die
Kommentatorenrezension; man denke an Rämavarman, den Verfasser des
Tilaka, Govindaräja, Kataka u. a.
^ Calcutta Sanskrit Series 2, Calcutta. 1932 ff. Amareshwar Thakur u. a.
3 Bhagvad Datta und Rama Labhaya, Labore 1923 ff.
* Jacobi, Das Rämäyana, Bonn 1893, S. 3 f.
* I: G. H. Bhatt, II und VI: P. L. Vaidya, III: P. C. Divanji, IV: D. R.
Mankad, V: G. C. Jhala, Baroda 1960 ff.
8 G. H. Bhatt, Crit. Ed. I, Introduction S. XXXIV.