MATTHIAS JUNG SOSEM 2010
Vorlesung:
Einführung in die philosophische Anthropologie
Mittwoch, 12. Mai 2010
PHILOSOPHISCHE ANTHROPOLOGIE
Überblick 1. Vorlesung
Was oder Wer ist der Mensch?
Alltagserfahrung, Wissenschaft, Philosophie
PhA als Integrative Anthropologie
Aufbau der Vorlesung
Literaturhinweise
WAS ODER WER IST DER MENSCH:
- implizite Menschen- und Weltbilder
- Narrative Anthropologie in Religion und Kultur - Wissenschaftliche Anthropologie
Mittwoch, 12. Mai 2010
WAS ODER WER IST DER MENSCH?
Die Beobachter- und die Teilnehmerperspektive:
Das System der Personalpronomina
Ich/Wir; Du; Sie
Extensionale und intensionale Fragen
Gattungsidentität und personale Identität
Deskriptive und normative Fragen
ALLTAGSERFAHRUNG,
WISSENSCHAFT, PHILOSOPHIE
Die Unhintergehbarkeit gewöhnlicher Erfahrung
Die Fähigkeit symbolischer Distanzierung
Personale und soziale Innenperspektive, geistes- und naturwissenschaftliche Außenperspektive
Mittwoch, 12. Mai 2010
ALLTAGSERFAHRUNG,
WISSENSCHAFT, PHILOSOPHIE
Die Humanwissenschaften
Der überholte Gegensatz von Kultur- und Naturwissenschaften
Falsche Auflösungen des Gegensatzes: Naturalismus/Kulturalismus
ALLTAGSERFAHRUNG,
WISSENSCHAFT, PHILOSOPHIE
Die Bedeutung der Kognitionswissenschaft
Evolutionäre Anthropologie
Theorien verkörperten Geistes: Funktionalismus und seine Grenzen
Verbindung von Phänomenologie und kausalem Denken
Suche nach anthropologischen Invarianten (Zitat Pinker:
„Differences among individuals are so boring“)
Mittwoch, 12. Mai 2010
ALLTAGSERFAHRUNG,
WISSENSCHAFT, PHILOSOPHIE
Historische bzw. Kulturanthropologie
Betonung kultureller Differenz
Ethnologischer Eurozentrismus-Verdacht
Skepsis gegenüber Naturwissenschaften
ALLTAGSERFAHRUNG,
WISSENSCHAFT, PHILOSOPHIE
Immanuel Kant:
Schul- und Weltbegriff der Philosophie
Idee einer Anthropologie in pragmatischer Hinsicht
Zitat Vorrede BA III, IV
Mittwoch, 12. Mai 2010
PHA ALS INTEGRATIVE ANTHROPOLOGIE
Interpretation, Integration, Holismus (Ch. Thies)
Integration als Bezug von Perspektiven, die verschieden bleiben (keine Synthese)
Nachträgliche Konvergenz vs. Differenzierung eines Grundphänomens
Keine „Lehnstuhlphilosophie“
Relevanz und Grenze des Wissenschaftlichen
I. Grundlagen 13.4.
Einführung: die Rückkehr philosophischer Anthropologie 20.4.
Nomaden im Zweistromland:
Natürlichkeit/Kulturalität/Ausdrücklichkeit/Symbolizität/Diversität/Historizität II. Historische und aktuelle Positionen
27.4.
Ohne Menschenbild geht es nicht:
Die implizite Anthropologie religiöser und metaphysischer Weltbilder 04.5.
Klassische Positionen I: Lebensphilosophie und Pragmatismus 11.5.
Klassische Positionen II: Scheler/Gehlen/Plessner 18.5.
Ausfall wg. auswärtigen Termins 25. 5.
Vorlesungsfrei 01.6.
Gegen den Dualismus: eine Anthropologie der Artikulation
III. Problemfelder 08.6.
Die evolutionäre Entstehung des Menschen 15.6.
Bewusstsein, Sprache und Verkörperung 22.6.
Was unterscheidet uns von anderen Lebewesen?
29.6.
Freiheit und Verantwortung: Anthropologische Grundlagen der Moral 06.7.
Kontingenz und Transzendenz: Anthropologische Grundlagen der Religion 13.7.
Die Zukunft der menschlichen Natur: Enhancement Mittwoch, 12. Mai 2010
LITERATURHINWEISE
Gerald Hartung, Philosophische Anthropologie, Reclam (eher historisch)
Christian Thies, Einführung in die philosophische Anthropologie, 2. Aufl., WB (eher systematisch)
Christoph Wulf, Anthropologie, rowohlts enzyklopädie (Kulturalismus)
Ganten/Gerhardt etc., Was ist der Mensch?, De Gruyter
Joachim Illies, Philosophische Anthropologie im biologischen Zeitalter, stw
Matthias Jung, Der bewusste Ausdruck, Anthropologie der Artikulation, De Gruyter
HOMEPAGE FÜR
HERUNTERLADEN DER VORLESUNG
• http://uni-koblenz.de/~mjung/
Mittwoch, 12. Mai 2010
OHNE MENSCHENBILD GEHT ES NICHT
Mensch als selbstinterpretierendes Wesen
Mythen als Deutungen der Stellung des Menschen in der Welt
Anthropomorphismus („ursprüngliche Allvermenschlichung“) und
„Kosmozentrik“
Mikro/Makrokosmos
DIE ACHSENZEIT
Blütezeit der ersten Hochkulturen
Zitat aus Karl Jaspers, Vom Ursprung und Ziel der Geschichte
Synchrone Entstehung von universalen Weltdeutungen, wissenschaftlichem Denken und politischem Bewusstsein
„Entdeckung der Transzendenz“
„Second-Order-Thinking“
Mittwoch, 12. Mai 2010
BEISPIEL I: DIE HEBRÄISCHE BIBEL
Distanzierung des Mythischen durch Monotheismus und Schöpfungsgedanke
Klassische Stellen: die zwei Schöpfungsberichte Gen 1,26-28; Gen 2-3; Psalm 8
Kein Dualismus von Leib und Seele
Spannung von Größe und Nichtigkeit
BEISPIEL II: CHORLIED DER ANTIGONE
aus Sophokles, Antigone:
CHOR
Ungeheuer ist viel und nichts Ungeheurer als der Mensch.
Er überschreitet auch das graue Meer Im Notossturm
Unter tosenden Wogen hindurch.
Erde, der Güter höchste,
Die unerschöfliche, unermeßliche, Bedrängt sein Pflug. Auf und ab Ackern die Rosse ihm
Jahr um Jahr.
Mittwoch, 12. Mai 2010
Leichtgesinnter Vögel Volk Fängt er im Garn,
Wilder Tiere Geschlechter Und Kinder des Meers
In verschlungenem Netzgeflecht, Der kluge Mensch.
Mit List bezwingt er, Was haust auf Höhlen Und schweift im Freien.
Dem Pferd mit der mutigen Mähne, Dem unbändigen Bergstier
Zähmt er den Nacken
Unter das Joch.
Und luftgewirkte Gedanken Lehrte er sich
Und den Trieb zum Staat Und Obdach
Gegen ungastlichen Reif vom Himmel Und Regengeschosse,
Allberaten.
Ratlos tritt er
Vor nichts, was kommt,
Nur dem Tod entrinnt er nicht.
Aber aus heillosen Leiden Ersann er sich Rettung.
Mittwoch, 12. Mai 2010
Mit der Erfindung Kunst Reich über Hoffen begabt, Treibt's zum Bösen ihn bald
Und bald zum Guten.
Ehrend des Landes Gesetz
Und der Güter beschwornes Recht, Ist er groß im Volk. Nichts im Volk,
Wer sich dem Unrecht gab Vermessenen Sinns.
Nie sei Gast meines Herdes, Nie mein Gesinnungsfreund,
Wer solches beginnt.
LEBENSPHILOSOPHIE UND PRAGMATISMUS
• Anthropologie im engeren Sinn als spezifisch neuzeitliche Frage vor dem Hintergrund von
• Humanismus
• Aufklärungsphilosophie
• Idealismus
• Romantik/Expressivismus
Mittwoch, 12. Mai 2010
WILHELM DILTHEY 1833-1911
LITERATURHINWEIS
Matthias Jung, Dilthey zur Einführung. Junius-Verlag
Mittwoch, 12. Mai 2010
„EINLEITUNG IN DIE
GEISTESWISSENSCHAFTEN“
• Motiv des „ganzen Menschen“
• Wille, Gefühl, Vernunft
• Interaktionszusammenhang von Organismus und Umwelt
• Entwicklung und Evolution
• Erkenntnisanthropologie der „inneren Erfahrung“:
• Zitat aus der „Einleitung...“
GEISTES- UND
KULTURWISSENSCHAFT
• Abgrenzung von den Naturwissenschaften
• Unterschied, nicht Gegensatz von Erklären und Verstehen
• Hermeneutik als Theorie des Verstehens: Mensch als interpretierendes Lebewesen
• Sinn als artikulierte Lebensbedeutsamkeit
• Dreischritt Erlebnis-Ausdruck-Verstehen
Mittwoch, 12. Mai 2010
Lebenszusammenhang Mensch-Umwelt Lebenszusammenhang Mensch-Umwelt
Erklären Verstehen
Naturwissenschaften Geisteswissenschaften
Beobachterperspektive Teilnehmerperspektive
Kausalität Sinnzusammenhang
Deduktiv-nomologisches Schema:
empirische Daten Erlebnis-Ausdruck-Verstehen
PRAGMATISMUS
• Hauptvertreter:
• Charles Sanders Peirce 1839-1914
• William James 1842-1910
• John Dewey 1859-1952
Mittwoch, 12. Mai 2010
CHARLES S. PEIRCE
WILLIAM JAMES
Mittwoch, 12. Mai 2010
JOHN DEWEY
GRUNDGEDANKEN
• philosophische Bedeutung der alltäglichen Erfahrung
• Menschen als qualitativ erlebende und interpretierende Wesen
• Bedeutung der Praxis für die Theorie
• Anerkennung von Kontingenz:
• Handeln immer prekär; keine „Flucht in die Theorie“ (Dewey, Die Suche nach Gewissheit“)
• Antidualismus
• positive Einschätzung der Evolutionstheorie
Mittwoch, 12. Mai 2010
ZUM BEISPIEL JOHN DEWEY:
• nichtreduktionistischer Naturalismus
• antidualistischer Geistbegriff
• menschliche Bedeutungen als realer Teil der Natur
• zentrales Werk: Erfahrung und Natur
GRUNDIDEE DES PRAGMATISMUS
Mittwoch, 12. Mai 2010