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Beurteilung der Lebensqualität nach Einsatz einer lumbalen Bandscheibenprothese

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Academic year: 2022

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Weinberg 1, 31134 Hildesheim

Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Hannover Prof. Dr. med. Sami Hussein

Beurteilung der Lebensqualität nach Einsatz einer lumbalen Bandscheibenprothese

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von

Petros Grimmas aus Korfu, Griechenland

Hannover 2010

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Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 29.06.2011

gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover Präsident: Prof. Dr. med. Dieter Bitter-Suermann Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. med. Sami Hussein

Referent: Prof. Dr. med. Tobias Hüfner Koreferent: PD Dr. med. Kai Günter Kahl

Prüfungsausschussmitglieder: Prof. Dr. med. Christoph Gutenbrunner PD Dr. med. Gerald Küther

Prof. Dr. med. Matthias Zumkeller

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Gewidmet meinen Eltern

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1. Einleitung 1

1.1. Geschichte der Bandscheibenerkrankungen 1

1.1.1 Rückenschmerzen - eine Volkskrankheit 1

1.1.2 Historische Entwicklung der lumbalen Bandscheibenschmerzen 1 1.1.3 Behandlungsansätze der lumbalen Bandscheibenschmerzen 3

1.1.4 Einführung der Bandscheibenprothetik 3

1.2 Aufbau der Wirbelsäule des Menschen 4

1.2.1 Anatomie der Wirbelkörper 4

1.2.2 Lendenwirbelsäule 6

1.2.3 Bandscheibe 7

1.2.4 Bandapparat der Wirbelsäule 8

1.2.5 Blut- und Nervenversorgung 9

1.2.6 Biomechanik der Wirbelsäule 10

1.3 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule 11

1.3.1 Dysfunktion 12

1.3.2 Instabilität 13

1.3.3 Restabiliserung 14

1.4 Folgen der Degeneration und Klassifizierung der Wirbelsäulenkrankheiten 15 1.4.1 Wirbelkörperdegeneration, Osteochondrose 15 1.4.2 Bandscheibendegeneration und -vorfall 16

1.4.3 Spondylolyse und -olisthesis 17

1.4.4 Arthrose der Wirbelgelenke, Spondylarthrose 17

1.4.5 Segmentale Instabilität 18

1.4.6 Wirbelkanalstenose 18

1.4.7 Nozizeption im Bewegungssegment 19

1.5 Klinische Symptomatik 19

1.5.1 Lokales Lumbalsyndrom 20

1.5.2 Facettensyndrom 21

1.5.3 Radikuläre Syndrome 21

1.5.4 Spinalkanalstenose, Claudicatio spinalis 22

1.5.5 Postdiskektomiesyndrom 23

1.6 Klinische und apparative Diagnostik 24

1.7 Therapie: konservativ - interventionell - operativ 26 1.7.1 Prinzipien der konservativen Therapie 26

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1.7.2.2 Facettengelenkinfiltration 27

1.7.3 Operative Therapie 27

1.7.3.1 Minimal invasive Dekompression 27

1.7.3.2 Spondylodese (Fusion) 28

1.8 Lumbale Bandscheibenprothese - Arthroplastie 30

1.8.1 Klinische Erfahrungen und Konzepte 30

1.8.2 Indikationen und Kontraindikationen 31

1.8.3 Präoperative Diagnostik 33

1.9 Zielsetzung der Arbeit 36

2. Material und Methoden 37

2.1 Patienten und Datenerhebung 37

2.2 Indikationskriterien 38

2.3 Operationstechnik und Implantat 39

2.4 Versandter Fragebogen 45

3. Ergebnisse 57

3.1 Auswertung der Patientendaten 57

3.2 Visuell Analoge Skala (VAS) 61

3.3 Oswestry Beeinträchtigungsindex (ODI) 65

3.4 Short Form 36 Health Survey (SF-36) 68

4. Diskussion 80

4.1 Daten der vorliegenden Arbeit 80

4.2 Retrospektive Kohortenstudien im Vergleich 86

4.3 Prospektive Kohortenstudien im Vergleich 87

4.4 Prospektive randomisierte Studien im Vergleich 89

5. Zusammenfassung 99

6. Abbildungsverzeichnis 101

7. Tabellenverzeichnis 103

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9. Danksagung 118

10. Lebenslauf 119

11. Erklärung nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 und 6 PromO 122

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1. Einleitung

1.1 Geschichte der Bandscheibenerkrankung

1.1.1 Rückenschmerzen – eine Volkskrankheit

Der chronische Rückenschmerz wird in den westlichen Industrieländern als die

„Volkskrankheit Nr. 1“ angesehen. Das hat große volkswirtschaftliche Konsequenzen. Bis zu 85% der Bevölkerung leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen. Von diesen sind sogar 10% von chronischen Verläufen betroffen (Hildebrandt et al. 2005, Schumacher und Brähler 1999). Mehr als 50%

der Patienten in Schmerzambulanzen sind „Rückenpatienten“ (Mayer HM 2001).

Die unter dem Schlüssel ICD-10 M40-M54 klassifizierten Krankheiten der Wirbelsäule sind heute die häufigste Ursache für Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (Schmidt und Kohlmann 2005). Durch Rückenerkrankungen bedingte Produktionsausfälle verursachen volkswirtschaftliche Gesamtkosten von jährlich geschätzten 16-22 Milliarden Euro (Flamme 2005). Etwa 75% der Erwachsenen erleiden wenigstens einmal im Leben eine Lumbago oder eine Ischialgie (Wenker und Schirmer 1979). In einer aktuellen Studie gaben ein Drittel der Befragten an, unter Rückenschmerzen zu leiden. 12% der Befragten konnten von einer Ischialgie innerhalb des letzten Monats berichten (Flamme 2005). Rückenschmerzen zählen somit zu den größten und teuersten Gesundheitsproblemen Deutschlands (Hildebrandt et al. 2005, Schumacher und Brähler 1999).

1.1.2 Historische Entwicklung der lumbalen Bandscheibenschmerzen

Schon für die Menschen der Antike stellte das „Rückenleiden“ eines der bedeutendsten gesundheitlichen Probleme dar. Erste Beschreibungen in der medizinischen Literatur zum Begriff des „Ischias“ finden sich bereits in der hippokratischen Schrift „Vorhersagen II“, die den Symptomen des Ischias ein eigenständiges Kapitel widmet. Eine differenzierte Betrachtung des Rückenschmerzes nach der Pathophysiologie gelang Cotugno, der die

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entscheidende Beschreibung neurogener Gesäß- und Beinschmerzen leistete. In seiner bahnbrechenden Arbeit von 1764 unterschied er zwischen den auf die Hüfte beschränkten Schmerz bei arthritischer Ischias und der durch Schmerzausstrahlung ins Bein charakterisierten neurogenen Ischias, die später nach ihm als Ischias nervosa Cotunnii oder Cotugno-Syndrom benannt wurde.

Aufgrund seiner exakten Dokumentation gebührt ihm der Verdienst der Erstbeschreibung des lumboradikulären Syndroms (Böni 2000). Zur Verbesserung der klinischen Diagnostik trugen Arbeiten des französischen Neurologen E. C.

Lasègue, O. Nägli 1894 und K. Bragard 1928 bei (Bragard 1928, Lasègue 1864, Naegli 1894). Die Erstbeschreibung eines Bandscheibenvorfalls gelang schließlich H. Luschka in seiner Monographie „Die Halbgelenke des menschlichen Körpers“ (1858). Darin bestätigte er die Auffassung von einer Intervertebralscheibe mit einem Faserring als Gelenkkapsel und einem Gallertkern als Synovialhaut (Abbildung 1). Luschka beschränkte sich nicht nur auf die Beschreibung der normalen Anatomie, sondern ging auch auf die Erkrankungen der Bandscheibe ein. Seine Monographie enthält unter anderem die ersten Zeichnungen eines Bandscheibenvorfalls (Abbildung 2) (Luschka 1858).

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Abbildung 1: Darstellung einer Bandscheibe nach Luschka (Luschka 1858) Abbildung 2: Darstellung eines Bandscheibenvorfalls von dorsal nach Luschka (Luschka 1858)

1909 gelang F. Krause und H. O. Oppenheim die erste erfolgreiche Entfernung eines Bandscheibenvorfalls, welcher primär als Enchondrom fehlinterpretiert wurde. Die erste Veröffentlichung eines operativ geheilten Nukleus pulposus Prolapses stammte 1922 von A. W. Adson. Die Kenntnis des lumbalen

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Bandscheibenvorfalls als Ursache des Ischias gelang erstmals 1934 W. J. Mixter und S. Barr. Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Bandscheibenoperation zum Standardeingriff in den neurochirurgischen Kliniken Deutschlands (Adson und Ott 1922, Böni 2000, Mixter und Barr 1934, Oppenheim und Krause 1909).

1.1.3 Behandlungsansätze der lumbalen Bandscheibenschmerzen

Im Laufe der Jahre sind durch die zunehmende Kenntnis der Pathophysiologie der Bandscheibenleiden vielfältige Therapieansätze entwickelt worden. Neben der konservativen Therapie existiert heutzutage auch eine Vielfalt operativer Versorgungsmöglichkeiten, welche sich noch teilweise in der Entwicklungsphase befinden. Das Angebot an operativen Möglichkeiten reicht von sogenannten minimal-invasiven Eingriffen bis hin zur Fusion eines Bewegungssegments (Bandscheibe mit angrenzenden Wirbelkörpern) oder dem Einsatz einer Bandscheibenprothese (Mayer HM 2005). Die primäre Behandlung von Wirbelsäulenleiden - soweit keine neurologischen Symptome bestehen - unterliegt primär der konservativen Therapie (Niethard und Pfeil 2005, Rössler und Rüther 2005). Erst nach ein- bis sechsmonatiger Beschwerdepersistenz bzw.

neurologischer Notfallindikation (z.B. Blasen- oder Mastdarmstörungen, Reiterhosenanästhesie und progrediente Paresen) müssen operative Eingriffe in Betracht gezogen bzw. sofort durchgeführt werden (Rauschmann et al. 2004, Witzmann und Hejazi 2001). Bis heute ist die Fusionsoperation die Methode der Wahl zur Versteifung eines Bewegungssegments, da sich sowohl die physiologische Lendenlordose wiederherstellen lässt als auch eine permanente Ruhigstellung mit knöcherner Durchwachsung durch Bewegungsaufhebung und Belastungsneutralisierung eine Schmerzfreiheit erzielen soll (Baur-Melnyk et al.

2006, Errico 2005, Mayer HM 2005 Mayer HM 2001, Szpalski et al. 2002).

1.1.4 Einführung der lumbalen Bandscheibenprothetik

Entgegen der landläufigen Meinung ist die lumbale Bandscheibenprothetik ein relativ altes Therapieverfahren: Bereits vor 50 Jahren implantierte Fernström erstmals eine Metallkugel in einen lumbalen Zwischenwirbelraum, um die

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Beweglichkeit des Segments aufrecht zu erhalten und so eine ansonsten erforderliche Versteifungsoperation zu vermeiden (Fernström 1966). Etwa 250 Patienten wurden mit diesem Implantat versorgt. Dennoch gelang es nicht, diese Therapie zu etablieren. Als problematisch erwies sich eine Hypermobilität des operierten Segments und vor allem das Einsinken der Prothese in die benachbarten Wirbelkörperabschlussplatten (Szpalski et al. 2002). In Folge der unbefriedigenden Ergebnisse wurde die klinische Anwendung der Fernström- Prothese nach wenigen Jahren beendet (Errico 2005).

Bei lumbalen Bandscheibenprothesen sind zwei konträre Funktionsprinzipien erkennbar: Einerseits die reine Erhaltung der Mobilität des Bewegungssegments ohne spezifische Absorption der auftretenden axialen Belastung, andererseits das Wiederherstellen der visko-elastischen Eigenschaften der Bandscheibe (Szpalski et al. 2002). Das Scheitern der Fernström-Prothese, die ausschließlich dem Prinzip der Bewegungserhaltung folgte, verdeutlicht exemplarisch die Probleme, die aus der Nichtbeachtung eines zentralen Funktionsprinzips des natürlichen Bewegungssegments, nämlich der Schockabsorption, resultieren können.

Prinzipiell bestehen die Ziele der Bandscheibenprothetik in einer Linderung des diskogenen Rückenschmerzes durch Resektion der Bandscheibe, einer Wiederherstellung der physiologischen Segmentlordose und der physiologischen Zwischenwirbelraumhöhe und damit auch einer Erweiterung der Foramina intervertebralia. Zugleich wird eine Erhaltung der Beweglichkeit angestrebt, die zu einer Abnahme der Anschlusssegmentdegeneration und besseren funktionellen und klinischen Ergebnissen führen soll (Mayer HM 2005).

1.2 Aufbau der Wirbelsäule des Menschen 1.2.1 Anatomie der Wirbelkörper

Obwohl sich das Thema dieser Dissertation vor allem auf die Lendenwirbelsäule beschränkt, ist eine Beschreibung der Strukturen und Funktionen der als System fungierenden Wirbelsäule für das Verständnis unerlässlich.

Die Wirbelsäule Columna vertebralis dient als Achsengerüst des Menschen. Im Wirbeltierbauplan Vertebrata liegt sie mit ihrer Hauptmasse dorsal der Aorta und

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ventral des Rückenmarks, das im Wirbelkanal eingeschlossen ist. Hieraus resultiert auch ihre schützende Funktion vor mechanischen Schädigungen.

Außerdem fungiert ihre elastische Doppel-S-Form als Federmechanismus für den stoßempfindlichen Kopf und trägt die Masse des Stammes sowie der oberen Extremitäten. Zugleich lässt sie umfangreiche Bewegungen des Stammes in allen Ebenen zu und erfüllt somit Aufgaben der Statik und Dynamik.

Die menschliche Wirbelsäule setzt sich in der Regel aus 7 Hals-, 12 Brust-, 5 Lenden-, 5 Kreuz- und 4 (3-6) Steißwirbel zusammen, mit für jede Region typischen Wirbelformen. Die Kreuzwirbel sind zu einem einheitlichen Knochen, dem Kreuzbein vereinigt, die Steißwirbel zum Steißbein verschmolzen. Damit beträgt die Anzahl der Wirbel 33. Die typische Zahl von 24 präsakralen Wirbeln ist bei ca. 92% der Menschen zu finden. In bis zu 8% kann entweder der 1.

Kreuzbeinwirbel in die Lendenwirbelsäule (Lumbalisation), der 5. Lendenwirbel in das Kreuzbein (Sakralisation) oder seltener noch eine Einbeziehung des 1.

Halswirbels in den Schädel (Assimilation) stattfinden (Frick et al. 1992, Rauber und Kopsch 2003). Am Übergang zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein entsteht eine sehr starke Beanspruchung, da hier das starre Kreuzbein, welches im Beckenring fixiert ist, nicht am dynamischen Ausgleich der darüber liegenden Segmente teilnehmen kann (Rössler et al. 2005). Jeder Wirbel, mit Ausnahme des Atlas, besteht aus dem kurzen zylinderförmigem Wirbelkörper, Corpus vertebrae mit Grund- und Deckplatte und dem schlankeren spangenförmigem Wirbelbogen Arcus vertebrae, der seinerseits einen Dornfortsatz Processus spinosus und zwei Querfortsätze Processi transversi trägt. Die benachbarten Wirbelkörper stehen über die zwischen ihnen liegenden Bandscheiben disci intervertebrales, vorderem und hinterem Längsband ligamentum longitudinale anterius et posterius und die zwischen den Processus articulares superiores et inferiores der Gelenkfortsätze gebildeten Facettengelenke miteinander in Verbindung. Die Querfortsätze sind durch die Ligamenta intertrasversaria, die Bogenplatten durch die Ligamnenta flava und die Dornfortsätze durch die Ligamenta inter- und supraspinalia verbunden. Die Facettengelenke weisen zudem eine derbe fibröse Gelenkkapsel auf. Die gesamten vorangehenden Strukturen in Verbindung mit der Rumpf- und Rückenmuskulatur tragen zur Stabilität der Wirbelsäule bei (Frick et al. 1992, Netter 2001).

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1.2.3 Bandscheibe

Die Wirbelkörper stehen durch Zwischenwirbelscheiben, Disci intervertebrales, in Verbindung. Der Mensch besitzt 23 Bandscheiben. Davon 6 zervikal, 12 thorakal und 5 lumbal. Die Bandscheiben beeinflussen Form und Bewegungsausmaß der Wirbelsäule. Im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule sind sie vorne höher, im Bereich der Brustwirbelsäule sind sie niedriger als hinten. Dadurch tragen sie zur Krümmung der Wirbelsäule bei, im Sinne einer Hals- und Lendenlordose sowie der Brustkyphose. Sie nehmen von kranial nach kaudal an Höhe und Fläche entsprechend der Wirbelkörper zu. Die Bandscheibenhöhe beträgt beim Erwachsenen ca. ein Viertel der präsakralen Wirbelsäule (Frick et al. 1992, Rauber und Kopsch 2003). Bandscheiben bestehen aus Anulus fibrosus, einem Faserring aus konzentrisch geschichteten Bindegewebslamellen und Faserknorpel, und dem Nucleus pulposus, einem zentral gelegenen Chondromukoid-Gallertkern. Der Anulus fibrosus besteht aus ca. 20 Lamellen, die straffe Kolagenfaserbündel Typ 1 und 2 sowie Fibrozyten enthalten. Die Fasern innerhalb einer Lamelle verlaufen parallel zueinander, gegensinnig (65° Winkel) zu den Fasern der folgenden Lamelle und verankern sich in schraubenförmigen Windungen an den hyalinknorpeligen Randleisten und Abschlussplatten der Wirbelkörper. Da die Bandscheibendicke entlang der Wirbelsäule variiert, ist die Faserverteilung und entsprechend die Dicke des Ringes auch pro Wirbelsäulensegment unterschiedlich. So sind die 5 lumbalen Bandscheiben ventral höher als dorsal, was aber zu einer größeren Dicke des Faserrings dorsal und dadurch entsprechend auch eine asymmetrische Verlagerung des Nukleus pulposus nach ventral führt. Im Gegensatz dazu befindet sich der Gallertkern in den thorakalen Bandscheiben zentral mit einem gleichmäßig dicken Faserring. Der Übergang in den Nucleus pulposus lässt sich durch seine hohe Anzahl an Glycosaminoglycanen und Typ 2 Kollagen ausmachen. Durch die hohe Wasserbindungskapazität der Glycane von ca. 80%

steht dieser unter innerem Druck und fungiert als Polster bzw. Wasserkissen, setzt aber auch die umgebenden Lamellen des Anulus unter Druck und hält diese gespannt (Bogduk 1987, Frick et al. 1992, Graichen und Putz 1999, Markolf und Morris 1974, Netter 2001). Ab dem dritten Lebensjahrzehnt und mit zunehmendem Alter nimmt der kolloidosmotische Druck des Nucleus ab, so dass der Wassergehalt sinkt (Auerbach et al. 2006, Frick et al. 1992). Aufgrund der

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sehr starken Beanspruchung der Lendenwirbelsäule macht sich der Turgorverlust (Turgor: vom Flüssigkeitsgehalt abhängiger Spannungszustand) hier am stärksten bemerkbar (Adams und Roughley 2006, Frick et al. 1992).

1.2.4 Bandapparat der Wirbelsäule

Der Wirbelsäulenbandapparat kann in Bänder der Wirbelkörper, der Facettengelenke und der Wirbelbögen unterteilt werden. Neben den Bandscheiben sind die Wirbelkörper durch ein hinteres und vorderes Längsband verbunden. Das von kranial nach kaudal breiter ausgeprägte Ligamentum longitudinale anterius ist mit der ventralen Fläche der Wirbelkörper und dem Periost fest verbunden. Das Ligamentum longitudinale posterius ist vor allem im kaudalen Bereich deutlich schmaler, verbreitert sich aber jeweils auf Höhe der Bandscheiben. Die Fasern beider Bänder erstrecken sich jeweils über 4-5 Wirbel und durchziehen nicht die gesamte Wirbelsäule. Deren hauptsächliche Funktion besteht in einer Hemmung der stärkeren Vorwärts- und Rückwärtsneigung der Wirbelkörper, sowie dem Schutz der Bandscheiben. Außerdem werden sie wie die Bandscheiben durch den Turgor des Nucleus pulposus angespannt und tragen so zur Erhaltung der Eigenform der Wirbelsäule bei (Brossmann et al. 2000, Frick et al. 1992, Graichen und Putz 1999, Rauber und Kopsch 2003). Die Facettengelenke, Articulationes intervertrebrales, werden von den Gelenkfortsätzen der Wirbelbögen gebildet und sind Diarthrosen. Deren Gelenkkapsel ist im Halswirbelsäulenbereich weit und schlaff, im Brust- und Lendenbereich eng und straff und wird durch längsverlaufende Bandzüge verstärkt. Sowohl Stellung als auch Form der Facettengelenke unterscheiden sich abhängig von der Wirbelsäulenregion. Entsprechend variiert auch die Richtung und das Bewegungsausmaß von Region zu Region. Die Gelenkflächen der Halswirbelsäule sind gegen die Horizontale wenig geneigt und erlauben eine umfangreiche Ventral- und Dorsalflexion, ferner Seitwärtsneigung und Rotation um die Längsachse. In der Brustwirbelsäule liegen die Gelenkflächen annähernd frontal, so dass eine Ventralflexion gut möglich ist. Die Dorsalflexion wird hier mechanisch durch die langen stark abgewinkelten Dornfortsätze gehemmt. In der Lendenwirbelsäule sind die Gelenke zwischen 1. und 2. Lendenwirbel fast sagittal orientiert. Von da aus abwärts stehen die Gelenke wieder zunehmend frontal.

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Dadurch ist der Bewegungsumfang um eine quere Achse möglich sowie eine stark eingeschränkte Rotation um die Längsachse (Bommas et al. 2006, Frick et al.

1992, Liu et al. 2006). Über die Wirbelbögen spannen sich die Ligamenta flava, Ligamenta interspinalia, Ligamentum supraspinale und die Ligamenta intertransversaria. Die Ligamenta Flava, gelbe Bänder aufgrund ihres Hauptanteils an elastischen Fasern, liegen dorsal der Foramina intervertebralia und vervollständigen die Wand des Spinalkanals zwischen den Wirbelbögen.

Aufgrund ihrer elastischen Fasern stehen sie auch bei aufrechter Haltung unter Spannung. Deren Funktion ist es, eine übermäßige Vorwärtsneigung der Wirbelsäule zu vermeiden. Die Ligamenta interspinalia dehnen sich zwischen zwei übereinander liegenden Dornfortsätzen aus. Im Lendenbereich stehen sie mit der Faszie der autochtonen Rückenmuskulatur in Verbindung. Bei der Ventralflexion bremsen sie die Bewegung in der Endstellung, bei der Dorsalflexion wirken sie einer Dorsalverschiebung des jeweils kranial gelegenen Wirbels entgegen. Das Ligamentum supraspinale erstreckt sich über die Dornfortsatzspitzen vom 7. Hals- bis zum 4. Lendenwirbel (selten bis zum Kreuzbein) und ist nach kaudal kräftiger. Auch dieses Band dient der Hemmung übermäßiger Ventralflexion, wie schon die zwei zuvor genannten. Die Ligamenta intertransversaria stellen schwächere Bandzüge dar, welche sich zwischen Querfortsätze im Brustbereich bzw. Processus accessorii im Lendenbereich erstrecken (Frick et al. 1992, Rauber und Kopsch 2003).

1.2.5 Blut- und Nervenversorgung

Jeder Wirbel wird von den paarig angelegten posterioren Ästen der Segmentarterien der entsprechenden Region versorgt. Die zuständigen Segmentarterien für die Lendenwirbel 1 bis 4 entspringen der Aorta als Arteriae lumbales, wohingegen die Segmentarterien für den 5. Lendenwirbel den Arteriae iliolumbales entspringen. Der venöse Abfluss verläuft parallel zur arteriellen Versorgung über die Segmentvenen und zwei Venengeflechten, Plexus venosi vertebrales externi und interni in die Venae Lumbales ascendentes und schließlich in die Vena iliaca communis im kaudalen Bereich oder in die Venae azygos/hemiazygos im kranialen Anteil der Lendenwirbelsäule (Frick et al. 1992).

Die Ernährung der bei älteren Kindern und Erwachsenen gefäßlosen

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Bandscheiben erfolgt hauptsächlich durch Diffusionsprozesse aus den Arteriae nutriens der gut durchbluteten Spongiosa. Neben den Diffusionsprozessen spielen auch osmotische Kräfte eine wesentliche Rolle zur Nährstoffverteilung. Hier wird dem wechselnden Belastungsdruck eine wesentliche Bedeutung zugeschrieben.

Bei einer Druckerhöhung tritt Flüssigkeit aus der Bandscheibe aus. Entlastung bzw. Extension führen wiederum zur Flüssigkeitsaufnahme (Krämer 2006).

Kleinere, ins äußere Drittel des Anulus reichenden Gefäße, sind von untergeordneter Bedeutung (Nachelmson 1960, Bao und Yuan 2000). Die Innervation des Wirbelkanals, der Gelenkkapseln der Facettengelenke sowie die Hinterfläche der Wirbelkörper erfolgt durch Zweige der Rami meningei der Spinalnerven, welche durch die Foramina intervertebralia in den Wirbelkanal eintreten. Die Schmerzen beim Bandscheibenprolaps werden im Bereich des reich innervierten Längsbands perzipiert (Frick et al. 1992).

1.2.6 Biomechanik der Wirbelsäule

Wie bereits weiter oben erwähnt gehören die Stütz- und Haltefunktion des Rumpfes bei gleichzeitiger Gewährleistung der Beweglichkeit, eine dynamische Ausgleich- bzw. Federungsfunktion der auf den Körper einwirkenden Schwerkraft und Muskelzuges sowie eine Leit- und Schutzfunktion für das Rückenmark und die segmental austretenden Spinalnervenwurzeln zu den Hauptaufgaben der Wirbelsäule (Rössler und Rüther 2005). Die im aufrechten Stand und bei Belastung zustande kommenden statischen und dynamischen Belastungen nehmen nach den Gesetzen der Schwerkraft in kraniokaudaler Richtung zu. Die unteren Lendenwirbel sind daher erheblich stärker beansprucht als die oberen Wirbelsäulenabschnitte (etwa im Verhältnis 1:10) (Rössler und Rüther 2005).

Entsprechend sind auch die Bandscheiben und Wirbelkörper von kranial nach kaudal zunehmend dimensioniert (Graichen und Putz 1999, Rössler und Rüther 2005). Die Wirbelsäule des Neugeborenen ist im Liegen ein gerader Stab, der im Lumbalbereich leicht nach dorsal konkav und im Thorakalbereich angedeutet nach dorsal konvex ist. Die Halslordose bildet sich erst aus, wenn der Säugling beginnt, den Kopf selbst zu halten. Der Schwerpunkt des Kopfes liegt beim Erwachsenen ventral des Atlantookzipitalgelenks, so dass der Kopf durch Zuggurtung des Muskel-, Bandapparats gehalten werden muss. Die

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Lendenlordose prägt sich aus, wenn der Säugling gegen Ende des ersten Lebensjahres den aufrechten Gang erlernt. Ihre Entstehung hat dieselben auslösenden Faktoren wie die Halslordose. Die exzentrische Anordnung der Masse von Oberkörper und Bauchorganen, deren Schwerpunkt ventral einer gerade gestreckten Wirbelsäule läge, wird durch die Ausbildung einer lordotischen Krümmung zentriert und führt zu einer axialen Belastung der Lendenwirbel. Im Brustbereich bildet sich den beiden lordotischen Wirbelsäulenkrümmungen eine Brustkyphose engegen. Die Krümmungen der Wirbelsäule gewährleisten im Verbund mit den muskulären und ligamentären Zuggurtungen eine aufrechte Körperhaltung, obwohl die von der Wirbelsäule getragene Last exzentrisch angeordnet ist (Frick et al. 1992).

1.3 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

Wirbelsäulenleiden entstehen hauptsächlich auf degenerativer Basis. Sie sind so alt wie die Menschheit selbst und obwohl sie als sogenannte Zivilisationsschäden gelten, haben archäologische Funde bewiesen, dass auch schon unsere Vorfahren darunter litten. Dies hängt hauptsächlich damit zusammen, dass die Beschwerden oft schon im jungen Alter auftreten und nicht an die hohe Lebenserwartung der heutigen Menschen gebunden sind (Krämer 2006). Etwa zwei Drittel der Wirbelsäulenerkrankungen treten im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, bevorzugt zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr (Krämer 2006). So macht der lumbale Bandscheibenvorfall in den Segmenten L5/S1 und L4/L5 etwa 90% aller Bandscheibenvorfälle aus. Degenerative Wirbelsäulenleiden gehen aber nur bedingt direkt von den Bandscheiben aus, daher auch die Bezeichnung im Englischen: „Degenerative disc disease“. Schon Schmorl 1932, Hirsch 1960, Schmorl und Junghanns 1968 und Coventry 1968 zeigten in pathologisch- anatomischen Untersuchungen, dass jeder Mensch nach dem 30. Lebensjahr degenerative Veränderungen der Bandscheiben aufweist (Coventry 1968, Hirsch 1960, Schmorl 1932, Schmorl und Junghanns 1968). Die genaue Prävalenz und Inzidenz sind nicht bekannt, da in vielen Fällen keine klinischen Symptome mit den physiologischen Alterungsprozessen einhergehen (Jensen et al. 1994, Rohlmann et al. 2006, Tsantrizos et al. 2005). Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule hängen von der konstitutionellen Leistungsfähigkeit des Gewebes

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(genetische Faktoren) sowie der Größe der einwirkenden Belastung (berufliche Exposition) ab (Flamme 2005, Rössler und Rüther 2005, Berchtold et al. 2008).

Weitere Risikofaktoren sind Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen (Bertagnoli et al. 2006, Goldberg et al. 2000). Die Bandscheibe lebt von der Bewegung. Bei starken Belastungen (Bücken, Tragen, Heben) kommt es nach Entlastung zu einer vermehrten Anflutung der Bandscheibe mit Wasser, welches dann verstärkt abgegeben wird (Krämer 2006). Bezüglich der Qualität der Belastung zeigen kurze, kräftige Belastungen eine massive Erhöhung des intradiskalen Drucks mit einer Flüssigkeitsverschiebung des Nucleus zur weniger belasteten Seite. Längere gleichmäßige Druckbelastungen führen hingegen unter Abgabe und späterer Wiederaufnahme von Flüssigkeit zu einer voll reversiblen Bandscheibenerniedrigung (Wenker und Schirmer 1979). Durch die aufrechte Körperhaltung verlieren die Bandscheiben an Flüssigkeit, so dass die Körpergröße am Abend bis zu 3 cm geringer als noch am Morgen sein kann (Frick et al. 1992).

Die Bandscheibendegeneration wird nach Kirkaldy-Willis in drei Stadien eingeteilt: Dysfunktion, Instabilität und Restabilisierung (Errico 2005, Kirkaldy- Willis und Farfan 1982).

1.3.1 Dysfunktion

Wie schon erwähnt werden die Bandscheiben in den ersten Jahren durch einspriessende Gefäße ernährt, welche im Alter obliterieren. Die Ernährung erfolgt von nun an durch Diffusion über die Deck- und Grundplatten. Lumbale Bandscheiben sind die größten nicht vaskularisierten Gebilde des menschlichen Körpers (Debrunner 2002, Di Martino et al. 2005, Krämer und Grifka 2007, Iwashina et al. 2006).

Chondrose bezeichnet das erste Anzeichen der Degeneration und geht mit einem Wasserverlust und konsekutiv einem Höhenverlust der Bandscheibe einher. Das normale Verhältnis an Chondroitinsulfat und Keratansulfat verändert sich.

Chondroitinsulfat-Moleküle haben eine wesentlich höhere Wasserbindungskapazität als Keratansulfat-Moleküle, dadurch verliert der Nucleus pulposus Wasser und die Bandscheibe an Höhe. In der MRT Diagnostik erscheinen solche Bandscheiben viel dunkler und werden im Englischen als

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„black disc disease“ bezeichnet (Adams und Roughley 2006, Debrunner 2002, Errico 2005, Flamme 2005, Petersilge 2006, Schnake et al. 2006). Die durch Höhenminderung resultierende Gefügelockerung mit ungedämpfter Lastübertragung von der Boden- auf die benachbarte Deckplatte führt zu subchondraler Sklerosierung auch als Osteochondrose bekannt (Pennekamp et al.

2005, Petersilge 2006, Reith et al. 2006).

1.3.2 Instabilität

Die oben beschriebene Minderung der Bandscheibenhöhe führt zu einem Spannungsverlust des Anulus fibrosus, woraus eine Instabilität des Bewegungssegments ausgeht. Durch den Wasserverlust im Nucleus pulposus sinkt der hydrostatische Druck und verursacht eine erhöhte ungleichmäßige axiale Last auf die Wirbelkörper schon beim aufrechten Gang. Diese Instabilität und Überlastung macht sich in den Bandscheiben besonders bemerkbar, vor allem durch Spalten- und Rissbildung im Anulus fibrosus (Di Martino et al. 2005, Errico 2005, Rauschmann et al. 2004, Reith et al. 2006, Schnake 2006, Tsantrizos et al.

2005). Es kommt zur Überdehnung des Anulus durch den Gallertkern und zur Vorwölbung. Diese Vorwölbung des Faserrings wird als Protrusion der Bandscheibe bezeichnet (Adams und Roughley 2006, Kahn et al. 2004). Im weiteren Verlauf kann das Gewebe des Nucleus unter erhöhtem intradiskalem Druck durch den aufgelockerten Faserring vorfallen, prolabieren. Es entsteht eine Nucleus pulposus Hernie (Kahn et al. 2004, Reight et al. 2006). Am leichtesten kann sich das Bandscheibengewebe nach dorsal und dorsolateral vorwölben. Es kommt dadurch zur Kompression der Nervenwurzel, die durch das Foramen intervertebrale den Wirbelkanal verlässt. Durch massive Vorwölbung oder durch den Vorfall der Bandscheibe kommt es zur Raumforderung im Wirbelkanal oder im Foramen intervertebrale, so dass die Nervenwurzeln zunächst gereizt und durch weiteren Druck geschädigt werden (Adams und Roughley 2006, Reight et al. 2006). Diese Erscheinungen treten zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr mit einem Maximum um das 40. Lebensjahr auf. Nach dem 60. Lebensjahr trocknen die Bandscheiben soweit aus, dass sich das Gewebe verfestigt und keine Neigung zur Verlagerung mehr zeigt (Krämer und Grifka 2007).

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Es gibt zwei Möglichkeiten der Instabilitätsentwicklung im Bewegungssegment bei fortschreitender Bandscheibenhöhenminderung. Eine Variante ist die Subluxation eines Wirbelkörpers mit dem Resultat eines Wirbelgleitens, Spondylolisthesis. Die zweite Variante besteht in einer vertikalen Subluxation, im Sinne einer axialen Schrumpfung der Bandscheibe. Bei dieser zweiten Variante kommt es zu einer Annäherung zweier Wirbelkörper mit Verlust der normalen Lordose der Lendenwirbelsäule (Debrunner 2002, Errico 2005, Hopf et al. 2002, Pennekamp 2005). Bei stärkerer Belastung kommt es zu plötzlichen Schmerzattacken, die man sich durch Einklemmungen an den Wirbelbogengelenken erklärt. Außerdem kommt es dadurch zu Intervertebralarthrose und Änderungen des Spannungszustandes der kräftigen intervertebralen Haltebänder (Ligamentosen, M. Baastrup) und zu ungünstigen Rückwirkungen auf die umgebende Muskulatur (Insertionstendopathien, Muskelhartspann, Myogelosen) (Debrunner 2002, Krämer und Grifka 2007).

1.3.3 Restabilisierung

Bei fortschreitender Degeneration folgt auf die Instabilitätsphase des Bewegungssegments eine kompensatorische Stabilisationsphase. Hier kommt es durch weiteren Höhenverlust der Bandscheibe zu einer Versteifung im Bewegungssegment (Errico 2005).

Reaktive Veränderungen gehen dabei vom gut durchbluteten Knochen der Deck- und Bodenplatten aus. Der verstärkte Dehnungsreiz am Periost der Wirbelkörper führt in Kombination mit der Instabilität zum Anbau neuen Knochengewebes im Sinne von spondylophytären Randzacken, Spondylosis deformans. Diese Randzackenanbauten können in Form von Spangen den Bandscheibenraum ganz umklammern und das Bewegungssegment vollständig ankylosieren (Debrunner 2002, Errico 2005). Zusätzlich kommt es durch die Höhenminderung im Bewegungssegment zur Inkongruenz der kleinen Wirbelbogengelenke mit sekundär degenerativen Veränderungen, Spondylarthrose, die mit plötzlichen Blockierungen und lokaler Beschwerdesymptomatik einhergehen. Durch entsprechende knöcherne Anbauten (Spondylophyten) kann es auch zur Einengung des Spinalkanals und der Foramina intervertebralia kommen. Hieraus

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resultiert das Krankheitsbild der degenerativen Spinalkanalstenose mit entsprechenden, durch Wurzel- oder Cauda-Kompression bedingten Komplikationen (Petersilge 2006, Rauschmann et al. 2004). Die oben genannte wieder gewonnene Stabilisierung bedeutet eine gewisse Selbstheilung der betroffenen Bewegungssegmente. Allerdings ist die normale Funktion der Wirbelsäule als funktionelle Einheit gestört. Nicht selten entstehen dann Beschwerden in darüber- oder darunterliegenden Wirbelsäulenabschnitten, welche die verlorene Beweglichkeit zu kompensieren versuchen (Errico 2005).

1.4 Folgen der Degeneration und Klassifizierung der Wirbelsäulenkrankheiten

Die oben genannten Stadien der Wirbelsäulendegeneration führen zu Änderungen der biomechanischen Verhältnisse. Bis zu einem gewissen Grad entsprechen sie physiologischen Alterungsprozessen. Schon im Alter von 18 Jahren finden sich im MRT bei bis zu 40% der Jugendlichen degenerative Veränderungen der Bandscheiben. Nach dem 50. Lebensjahr sind bis zu 90% der Männer und 60%

der Frauen betroffen. Ab dem 70. Lebensjahr lassen sich bei jedem Menschen degenerative Änderungen nachweisen. Von diesen wird jedoch nur ein geringer Teil klinisch manifest, so dass man nur von Krankheit sprechen kann, wenn massive Veränderungen ungewöhnlich früh zu starken Beschwerden führen (Adams und Roughley 2006, Debrunner 2002, Flamme 2005).

1.4.1 Wirbelkörperdegeneration, Osteochondrose

Die Osteochondrose wird als sekundäre Veränderung der Bandscheibendegeneration angesehen. Es entstehen dabei degenerative Prozesse mit Beteiligung von Endplatten, Nucleus pulposus und Anulus fibrosus. Hierbei kommt es zu Verschmälerung des Zwischenwirbelraums und zu reaktiven Veränderungen der Wirbelkörper (Adams und Roughley 2006, Pennekamp et al.

2005, Reight et al. 2006). Die Verschmälerung ist häufig die Ursache eines Lumbalsyndroms (Petersilge 2005). Durch die Wirbelkörperannäherung und die knöchernen Anbauten resultiert eine Einengung der Foramina intervertebralia

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und damit eine Gefährdung der darin verlaufenden Nerven. Der Höhenverlust bewirkt zusätzlich eine segmentale Instabilität mit anschließender Überdehnung der Kapseln der Facettengelenke, welche aufgrund ihrer Rezeptorenvielfalt als Schmerzursache eine große Rolle spielen (Pennekamp et al. 2005). Radiologische Merkmale sind eine Höhenminderung der Zwischenwirbelabstände sowie spondylophytäre Anbauten an den Wirbelkörpern (Kahn et al. 2004).

1.4.2 Bandscheibendegeneration und -vorfall

Die pathoanatomischen und pathophysiologischen Gegebenheiten im Laufe des Alterungsprozesses der spinalen Bewegungssegmente prädisponieren besonders im mittleren Lebensalter und an der Lendenwirbelsäule zum Auftreten von Massenverschiebungen von Bandscheibengewebe (Debrunner 2002). Diese Verschiebungen können in alle Richtungen erfolgen, haben aber Konsequenzen bzw. lösen dann Beschwerden aus, wenn Verlagerungen nach dorsal oder lateral in den Wirbelkanal erfolgen (Adams und Roughley 2006).

Es wird zwischen Protrusion und Prolaps unterschieden. Bei der Protrusion oder Vorwölbung sind Anulus fibrosus und hinteres Längsband noch intakt, beim Prolaps oder Vorfall sind diese Strukturen bereits durchbrochen. Beim Prolaps werden freie oder gebundene Bruchstücke, auch Sequester, unterschieden. Freie Sequester befinden sich frei im Epiduralraum. Bei den gebundenen besteht noch Verbindung zu Bandscheibenstrukturen. Das prolabierte Gewebe, welches den Anulus fibrosus durchbrochen hat, kann sich in alle Richtungen verschieben. Am häufigsten ist eine Verlagerung seitlich entlang der Nervenwurzeln.

Verlagerungen nach oben oder nach unten werden jedoch auch beobachtet.

Seltener gibt es mediane Bandscheibenvorfälle, welche nach dorsal auf Durasack und die nach kaudal verlaufenden Nervenstränge der Cauda equina drücken (Debrunner 2002, Kahn et al. 2004, Reith et al. 2006). In Extremfällen kommt es hier zu einem Cauda Syndrom mit Reithosenanästhesie, Potenzstörungen sowie motorischen Ausfällen beider Beine. Häufiger ist jedoch der mediolaterale Prolaps (nach hinten seitlich), welcher einseitig eine Nervenwurzel bedrängt (Niethard und Pfeil 2005).

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1.4.3 Spondylolyse und -olisthesis

Bei der Spondylolisthesis handelt es sich um das Gleiten der Wirbelsäule gegenüber dem darunter liegenden Wirbel (Reith et al. 2006). Bezogen auf die Ursache können verschiedene Typen der Olisthese unterschieden werden (Debrunner 2002). Meyerding hat dieses Wirbelgleiten in 5 Grade klassifiziert, je nach Ausmaß der Translationsbewegung von 0 bis 100% (Grad 1: 1-25%, Grad 2:

26-50%, Grad 3: 51.75%, Grad 4: 76-100%, Grad 5 > 100%) (Reith et al. 2006).

Als besondere Form der degenerativen Erkrankungen der Lendenwirbelsäule ist die degenerative Spondylolisthese, auch Pseudospondylolisthese zu sehen (Debrunner 2002). Hier zeigt sich progredientes Gleiten des kranialen Wirbels eines Bewegungssegments mit der gesamten darüber liegenden Wirbelsäule, aufgrund einer massiven Schädigung der Bandscheibe sowie der unteren Gelenkfortsätze (Debrunner 2002). Als prädisponierend hierfür wird eine starke horizontale Stellung der Facettengelenke angenommen. Am stärksten betroffen ist das Bewegungssegment L4/L5 (ca. 80%) (Reith et al. 2006). Durch das Gleiten des Wirbelkörpers erfährt auch der Wirbelbogen eine Verschiebung zum darunterliegenden, woraus schon bei mäßiger Ausprägung eine symptomatische Spinalkanalstenose resultieren kann (Debrunner 2002). Diese Stenose wird im weiteren Verlauf durch die körpereigenen kompensatorischen Vorgänge wie Flavum- und Facettengelenkhypertrophie verstärkt (Pennekamp et al. 2005).

1.4.4 Arthrose der Wirbelgelenke, Spondylarthrose

Die Bandscheibendegeneration mit Höhenminderung des Zwischenwirbelraums wurde lange Zeit als erste degenerative Veränderung angesehen, welche die weiteren sekundären degenerativen Veränderungen der Facettengelenke und Bänder durch die Lastverschiebungen und durch vermehrte Translationsbewegungen erst bedingen (Rauschmann et al. 2004, Reith et al.

2006). Jedoch bestehen heute Hinweise zur Annahme, dass Facettengelenksveränderungen auch ohne Vorliegen von Zwischenwirbelraum- verschmälerungen auftreten (Liu et al. 2006). In den Facettengelenken kann parallel zur Bandscheibendegeneration über eine synoviale Entzündungsreaktion eine Chondropathie mit Ergussbildung entstehen. Es kommt zu einer Dehnung der

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empfindlichen Gelenkskapsel (Dysfunktion) (Rauschmann et al. 2004).

Anschließend kommt es zu einer vermehrten Beweglichkeit der betroffenen Segmente (Instabilität). Schließlich kommt es durch das Fortschreiten der Abnutzungserscheinungen und die progrediente Entstehung von Spondylophyten zu einer zunehmenden Versteifung des Bewegungssegments (Restabilisierung) (Pennekamp et al. 2005, Reith et al. 2006). Bei der Versteifung verringern sich oft die Beschwerden; jedoch kommen neue Symptome durch die Entstehung einer Spinalkanalstenose hinzu. Die arthrotisch veränderten Facettengelenke mit ihren vom Ramus dorsalis ausgehenden Schmerzrezeptoren lassen sich als Gelenkschmerzen gut erklären (Debrunner 2002, Witzmann und Hejazi 2001).

1.4.5 Segmentale Instabilität

Unter segmentaler Instabilität versteht man den Verlust der Fähigkeit der Wirbelsäule, die Verlagerung ihrer Elemente unter physiologischer Belastung aufrechtzuerhalten (Witzmann und Hejazi 2001). Diese Instabilität beginnt mit der Entwässerung der Bandscheibe (Adams und Roughley 2006). Klinisch relevant wird diese jedoch bei auftretenden Schmerzen, Reizungen der Cauda oder der Nervenwurzeln bis hin zur Deformität und neurologischen Ausfällen (Berchtold 2008, Höpf et al. 2004, Witzmann und Hejazi 2001).

1.4.6 Wirbelkanalstenose

Unter Wirbelkanalstenose versteht man eine knöcherne Einengung des Spinalkanals (Witzmann und Hejazi 2001). Die fortschreitende Bandscheibendegeneration führt zu einer Minderung des Zwischenwirbelraums mit anulärer Protrusion (von ventral), zu einer fortschreitenden Spondylarthrose sowie nicht selten zu einer Hypertophie und Einwölbung des Ligamentum flavum in den Spinalkanal (von dorsolateral) (Kahn et al. 2004, Mayer HM 2001).

Abhängig von Lokalisation und Ausmaß der Einengung können zentrale, laterale und foraminale Stenosen voneinander unterschieden werden (Mayer HM 2001).

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1.4.7 Nozizeption im Bewegungssegment

Der neuropathische Rückenschmerz hat unterschiedliche Auslösemechanismen.

Klassischerweise entsteht er durch mechanische Kompromittierung der Nervenwurzel, z.B. einen Bandscheibenvorfall oder eine Wirbelkanalstenose.

Andererseits kann es auch zu einer chemischen Schädigung der Nervenwurzel durch Entzündungsmediatoren aus einer degenerierten Bandscheibe kommen (Flamme 2005).

Alle Strukturen des Bewegungssegments können ein Schmerzsyndrom verursachen. Die vertebragenen Kreuzschmerzen lassen sich Strukturen im lumbalen Bewegungssegment zuordnen. Ausgangspunkte hierfür lassen sich dem anterioren Teil (diskogen) oder in den posterioren Strukturen des Bewegungssegments (arthroligamentär) zuordnen. In jedem Bewegungssegment gibt es sechs verschiedene Schmerzquellen:

1. Bandscheibe (Anulus) und Ligamentum longitudinale posterius 2. Ligamentum flavum

3. Ligamentum interspinosum 4. Dura mater

5. Periost und Knochengewebe 6. Gelenkkapsel und Facettengelenk

Diese Bereiche werden durch Äste der Nervi sinuvertebrales und Rami mediales der Rami posteriores nervi spinales sensibel innerviert (Flamme 2005).

1.5 Klinische Symptomatik

Der Begriff Lumbalsyndrom bezeichnet Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Neben den Begriffen der Lumbago und Lumbalgie, welche sich auf lokale Geschehen beschränken, werden radikuläre, als Ischialgie bekannt, sowie pseudoradikuläre Formen unterschieden (Becker et al. 2004, Pennekamp et al. 2005).

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Sowohl radikuläre als auch pseudoradikuläre Syndrome werden durch Schmerzen ausgezeichnet, die in die unteren Extremitäten ausstrahlen. Bei den radikulären Syndromen liegt die Ursache in einer Reizung der Nervenwurzel, die durch einen Bandscheibenschaden ausgelöst (primär diskogen) wird. Die Ursachen des pseudoradikulären Schmerzes sind auf die Facettengelenke zurückzuführen (sekundär diskogen bzw. arthrogen) und deshalb auch als Facettensyndrom bekannt. Radikuläre Beschwerden werden durch Reizung oder Kompression einer Nervenwurzel durch Bandscheibenmaterial hervorgerufen. Die Schmerzausstrahlung erstreckt sich dabei entlang der Dermatomgrenzen streng abhängig von der Höhe des betroffenen Segments. Hier können Sensibilitätsstörungen, motorische Ausfälle sowie Reflexstörungen auftreten.

Diese segmentale Zuordnung ist bei pseudoradikulären Schmerzen nicht gegeben (Krämer und Grifka 2007, Debrunner 2002, Carragee 2005).

1.5.1 Lokales Lumbalsyndrom

Chronische Kreuzschmerzen ohne Nervenwurzelsymptomatik sind meist degenerativer Natur und werden als Lumbalgie bezeichnet. Tritt der Schmerz plötzlich und einschießend auf spricht man vom Hexenschuss oder Lumbago. Die Lumbalgie ist eine unspezifische Schmerzmanifestation verschiedenster degenerativer Prozesse des Bewegungssegments, muskulärer oder statischer Natur, sowie durch Reizzustände der Bandscheibe (Diskusruptur) oder dem Intervertebralgelenk (Facettensyndrom). Eine Dura Kompression durch Bandscheibengewebe (Protrusion, Prolaps) oder eine ossäre Stenose des Spinalkanals sind weitere Ursachen eines lokalen Lumbalsyndroms. Auslöser können einzelne der oben genannten Faktoren sein, aber auch Überlagerungen sind durchaus möglich (Rössler und Rüther 2005).

Klinik: die Lumbalgie kann sich in Form chronischer, meist in der Intensität wechselhafter oder nach beschwerdefreien Intervallen rezidivierender Kreuzschmerzen äußern oder kann akut als Hexenschuss nach Gelegenheitsbewegungen, wie Bücken oder Heben eines schweren Gegenstands auftreten (Rössler und Rüther 2005). Der Schmerz bewirkt gleichzeitig eine reflektorische Kontraktur der segmental zugehörigen Rückenmuskulatur. Neben

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dem meist in der Tiefe der Kreuzgegend empfundenen Schmerz kommt es auch zu einer Blockierung der Beweglichkeit. Daraus entsteht eine Steilstellung der Lendenwirbelsäule mit Abflachung der Lendenlordose. Da die muskuläre Verspannung meist einseitig überwiegt ist der Rumpf zu einer Seite verzogen. Die Patienten geben Schmerzen mit Ausstrahlung in die verspannte Rückenmuskulatur oder in die proximale Extremitätenmuskulatur an. Es handelt sich hier um einen pseudoradikulären Schmerz, da eine segmentale Zuordnung nicht möglich ist. Intradurale Drucksteigerung wie durch Husten, Niesen oder Pressen sowie Lageveränderungen verschlimmern die Symptomatik (Rössler und Rüther 2005).

1.5.2 Facettensyndrom

Hierunter sind die von den lumbalen Wirbelgelenken ausgehende Kreuzschmerzen zu verstehen, mit Ausstrahlung in die Beine – ohne segmentale Zuordnung. Die Beschwerden treten durch eine Hyperlordosierung der Lendenwirbelsäule auf. Die Wirbelgelenke werden dadurch überlastet. Auch eine allmähliche Höhenminderung des Zwischenwirbelraums sowie Ermüdungserscheinungen der Rumpfmuskulatur führen zu Belastungsschmerzen.

Die Volumenabnahme im Zwischenwirbelraum führt zum Elastizitätsverlust der Bandscheiben, woraufhin die restlichen Bestandteile der lumbalen Bewegungssegmente, Facettengelenke und Bänder, fehl- und überbeansprucht werden (Krämer 2006).

Klinik: Die Facettensyndrome sind belastungsabhängig und verschwinden wieder bei Horizontallagerung. Die Beschwerden äußern sich durch Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in Gesäß, Leisten, Unterbauch und Oberschenkel. Die Schmerzen werden als diffus und großflächig bezeichnet. Es besteht ein Rüttel- und Klopfschmerz über den betroffenen Segmenten (Krämer 2006).

1.5.3 Radikuläre Syndrome

Als radikuläre Syndrome werden jene bezeichnet, bei denen sich die Beschwerden entlang der segmentalen Projektion der Nervenwurzel manifestieren. Im Beispiel

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des Verlaufs des Nervus ischiadicus zeigen sich diese an der Hinterseite des Oberschenkels und je nach Lokalisation der Läsion an der Hinter- oder Außenseite des Unterschenkels. Ursächlich hierfür ist eine Protrusion oder ein Prolaps der unteren Lendenbandscheiben mit Pelotierung oder Kompression einer Spinalwurzel. Mehr als 90% der Nervenwurzelirritationen spielen sich in den Segmenten L4/L5 und L5/S1 ab, entsprechend den Spinalwurzeln L5 und S1.

Eine Spinalkanalstenose mit Nervenwurzelirritation kann ebenfalls die Ursache für eine Ischialgie sein (Rössler und Rüther 2005).

Klinik: Eine Ischialgie kann alleine oder in Kombination mit Kreuzschmerzen als Lumboischialgie auftreten. Charakteristisch sind über Monate oder Jahre sich abwechselnde Kreuzschmerzen mit beschwerdefreien Intervallen, bis schließlich eine Irritation der Spinalwurzel die erste Ischiasattacke auslöst. Auch bei der Ischialgie bestehen lagewechsel-, bewegungs- oder perineuraldruckabhängige Beschwerden. Die Schmerzen bewirken eine fixierte Zwangshaltung sowie einen reflektorischen Muskelhartspann. Durch die Irritation oder Kompression der Nervenwurzel kommt es zu Sensibilitätsstörungen im betroffenen Dermatom. Je nach Lokalisation können Störungen des Achillessehnenreflexes (Läsionshöhe S1), des Tibialis-posterior-Reflexes (Läsionshöhe L5) oder des Patellarsehnenreflexes (Läsionshöhe L3 oder L4) sowie Muskelschwäche, Femoralgien bzw. muskuläre Inaktivitätsatrophie bei längerem Bestand der Symptomatik auftreten. Bei einem medianen Massenprolaps kann es durch Kompression der Kaudafasern zu einem Cauda equina Syndrom kommen, welches mit einer Kombination neurologischer Störungen einhergeht (Blasen- und Mastdarmstörungen, Reithosenanästhesie, Potenzstörungen sowie motorischen Ausfällen der Beine und fehlenden Reflexen) und eine dringliche Operationsindikation darstellt (Rössler und Rüther 2005, Witzmann und Hejazi 2001).

1.5.4 Spinalkanalstenose, Claudicatio spinalis

Unter Spinalkanalstenose versteht man jede Form einer Einengung des Wirbelkanals unter Ausschluss von Entzündungen, Tumoren und kompletten Bandscheibenvorfällen. An der Einengung können sowohl knöcherne

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(Wirbelbogen, Wirbelkörper) als auch Weichteilstrukturen (Bandscheibe, Bindegewebe) beteiligt sein. Eine Wirbelkanalstenose kann je nach Ursache segmental oder generalisiert vorkommen. Auch nach Operationen können durch Narbenplatten oder appositionellem Wachstum am inneren Wirbelbogen Stenosen entstehen. Ursächlich sind meist kombinierte Einengungen auf degenerativer Basis (osteophytäre Reaktion der Facettengelenke, Vorwölbungen der hinteren Bandscheibengrenzen und Verschiebungen der Wirbel gegeneinander bei Bandscheibendegeneration) in Kombination mit einer anlagebedingten, idiopathischen Wirbelkanalstenose (Krämer 2006).

Klinik: Die Betroffenen geben langjährige therapieresistente Kreuz- und Ischiasschmerzen an. Die Beschwerden reichen von Lumbalgien über einseitigen Ischialgien bis hin zu polyradikulären Symptomen. Die Claudicatio spinalis äußert sich durch Parästhesien, Schmerzen und Krämpfen der unteren Extremitäten, die entweder nach einer bestimmten Gehstrecke oder langem Stehen auftreten. Aus der Positionsabhängigkeit und Segmentbezogenheit der Beschwerden ergibt sich ein differentialdiagnostischer Hinweis gegenüber gefäßbedingten Schmerzen (Krämer 2006).

1.5.5 Postdiskektomiesyndrom

Bei einer lumbalen Bandscheibenoperation treten in 10% bis 20% der Fälle Beschwerden auf, die sich nur zu einem Drittel auf neu aufgetretene Bandscheibenvorfälle in der gleichen oder einer benachbarten Etage zurückführen lassen. Diese Beschwerden sind unter dem Sammelbegriff Postdiskektomiesyndrom bekannt. Ursächlich hierfür sind Segmentinstabilitäten durch Volumenreduktion der Bandscheiben mit Höhenminderung im Zwischenwirbelraum. Außerdem kommt es postoperativ zu Verwachsungen und Narbenbildung im Spinalkanal, die eine erneute Dauerirritation von Nervenwurzel und meningealen Ästen bewirken können. Diese Schmerzen indizieren eine Revisionsoperation nur bei vorhandener Instabilität, wobei jeder erneute Eingriff ein größeres Risiko für die Chronifizierung von Rückenschmerzen darstellt.

Mehrere Untersuchungen haben erwiesen, dass eine zweite Operation das Ergebnis nur in 40 bis 50% der Fälle verbessert und bei einem vierten

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chirurgischen Eingriff die Erfolgsquoten unter 20% liegen (Büttner-Janz et al.

2002, Krämer und Grifka 2007, Krödel 2008).

1.6 Klinische und apparative Diagnostik

Klinische Diagnostik: Am Anfang aller diagnostischen Maßnahmen sollte auch bei lumbalen Beschwerden die klinische Untersuchung stehen. Eine Schmerzdifferenzierung ist hier oft schwierig aufgrund der Komplexität des Bewegungssegments, dessen Teilelemente sich gegenseitig beeinflussen.

Schädigungen an einer Stelle des Systems können sich auf das gesamte Bewegungssegment sowie auf benachbarte Segmente auswirken. Durch die bestehenden Möglichkeiten der Anamnese, der klinischen Untersuchung und der bildgebenden Diagnostik soll eine differentialdiagnostische Einengung in Richtung der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung und ein Ausschluss entzündlicher, systemischer, neoplastischer oder psychischer Ursachen erfolgen.

Bei der Anamnese wird nach Dauer und Art des Schmerzes, Ausstrahlung, Verstärkung beim Husten, Niesen und Pressen, motorischen Lähmungen, Gefühlsstörungen, Blasen-, Darm- und Potenzstörungen gefragt. Dadurch können bereits Hinweise über Höhenlokalisation und Krankheitsprozess gewonnen werden. Bei der klinischen Untersuchung sollte eine ausgiebige Untersuchung der Wirbelsäule, der Rückenstrecker, Gesäß und Beinmuskulatur, der Motorik, der Eigenreflexe und der Sensibilität der unteren Extremität sowie nach Zeichen vegetativer Störungen erfolgen. Am stehenden Patienten wird auf Zwangshaltungen und schmerzhafte Bewegungseinschränkungen geachtet. Durch die Finger-Boden-Abstand Prüfung wird die Beweglichkeit der Wirbelsäule untersucht. Die Palpation erlaubt eine Aussage über muskuläre Verspannungen.

Mit der Prüfung der Druckdolenz des Nervus ischiadicus über den Valleixschen Punkten wird der Tonus und die Trophik der Gluteal- und dorsalen Beinmuskulatur überprüft. Motorische Ausfälle lassen sich einfach beim stehenden Patienten durch den Hacken- und Zehenspitzengang nachweisen.

Muskelatrophien werden durch Umfangmessungen der Ober- und Unterschenkelmuskulatur im Seitenvergleich ausgeschlossen. Klassisch ist auch die Untersuchung eines eventuell vorhandenen Nervendehnungsschmerzes durch den Lasègueschen Handgriff. Eine zusätzliche Schmerzverstärkung tritt meist bei

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Anwendung des Bragardschen Handgriffs und spricht für eine Schädigung der ersten Sakralwurzel. Die Eigenreflextestung vor allem der Patellar- und Achillessehnenreflexe erlaubt die Höhenlokalisation. Die Sensibilitätsstörungen entlang der Dermatome geben Auskunft über die betroffene Spinalnervenwurzel (Pennekamp et al. 2005, Reith et al. 2006, Wenker und Schirmer 1979).

Apparative Diagnostik: Neben der klinischen Diagnostik spielen Röntgen- aufnahmen, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) eine wesentliche Rolle. Die konventionellen Röntgen Aufnahmen der Wirbelsäule in zwei Ebenen (AP und seitlich) können Aufschluss über destruierende Prozesse (Tumor, Metastasen, Frakturen) sowie über das Ausmaß der Degeneration mit osteochondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen geben. Durch Funktionsaufnahmen in Flexion und Extension können die Stellung der Lendenwirbelsäule sowie translatorische Instabilitäten identifiziert werden.

Jedoch ist die Bandscheibe in der Röntgendiagnostik nicht darstellbar, so dass nur indirekt über ihren Zustand Aussage getroffen werden kann. In der CT-Diagnostik wird auch das Diskusgewebe dargestellt und ist gegenüber den knöchernen Strukturen gut abgrenzbar. Trotzdem lässt sich das Ausmaß einer Nervenwurzel- oder Spinalkanalkompression schlecht beurteilen, da Myelon und Nervenwurzeln sich von Wurzeltaschen und Subarachnoidalraum kaum abgrenzen lassen. Die MRT-Untersuchung stellt derzeit die beste Methode zur Differenzierung und Diagnostik von Wirbelsäulenerkrankungen dar. Sie gibt nicht nur Auskunft über das Ausmaß der Schädigung der Bandscheibe, sondern auch über den Zustand der Nervenwurzeln. Auch entzündliche Reaktionen z.B. aktivierte Spondyarthrosen lassen sich zuverlässig darstellen. Die Ergebnisse der MRT-Untersuchung korrelieren besser mit den intraoperativen Befunden (90%) als die der Computertomographie (77%) (Koebbe et al. 2002, Reith et al. 2006, Pennekamp et al. 2005).

Zur weiteren Diagnostik gehören die selektive Infiltrationsdiagnostik (Faccettengelenke, Iliosakralgelenke, Spinalnerven) zum Ausschluss nicht bandscheibenbedingter Schmerzursachen sowie die Diskographie zum direkten Nachweis diskogener Beschwerden (Mayer HM 2001, Rauschmann et al. 2004, Höpf et al. 2004).

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1.7 Therapie: konservativ - interventionell - operativ

Bei der Therapie unspezifischer Rückenschmerzen wird zwischen konservativen und operativen Verfahren unterschieden. Die konservative Therapie zielt auf eine Beschwerdebeseitigung ohne Veränderungen in der Pathoanatomie. Die operative Therapie hingegen soll die Ursachen angreifen und beseitigen. Die Vorgehensweise ist entsprechend der Klinik, Ätiologie sowie dem Ansprechen auf verschiedene Behandlungsmethoden sehr komplex (Mayer 2001, Reith et al.

2006).

1.7.1 Prinzipien der konservativen Therapie

Die konservative Therapie ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. schwere Paresen) der operativen vorzuziehen. Hier handelt es sich um eine Kombination physikalischer und medikamentöser Maßnahmen mit dem Ziel der Entlastung der Lendenwirbelsäule. Durch körperliche Schonung und spezielle physiotherapeutische Übungen wird eine Entlastung der Lendenwirbelsäule angestrebt. Die Schmerzsymptomatik wird durch Analgetika - meist nichtsteroidale Antirheumatika oder kurzweilig auch Opioide - durchbrochen bzw. gelindert. Auch Muskelrelaxantien, Akupunkturbehandlung sowie lokale Injektionen von Lokalanästhetika und/oder Steroiden sind gängige Behandlungsmöglichkeiten.

1.7.2 Interventionelle Therapie

1.7.2.1 CT-gesteuerte periradikuläre Therapie

Unter den lokalen Injektionen ist die periradikuläre Infiltrationstherapie hervorzuheben. Hier werden Nervenwurzelirritationen nach Vorführen einer Feinnadel unter CT-Kontrolle an die betroffene Nervenwurzel mit einem Gemisch aus einem Lokalanästhetikum und einem Depotkortikosteroid „umspült“ (Krämer 2006).

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1.7.2.2 Facettengelenkinfiltration

Die sensiblen Fasern der Facettengelenke werden vorübergehend durch eine Blockade mit einem Lokalanästhetikum unterbrochen. Der therapeutische Wert der Facetten-Thermokoagulation wurde aufgrund einer enttäuschenden nachhaltigen Wirkung wieder aufgegeben (Krämer 2006).

Welche der therapeutischen Maßnahmen angewandt werden hängt von der klinischen Manifestation der Erkrankung ab, wobei eine Kombination mehrerer Behandlungskonzepte sich als sehr effizient erweist. In Abhängigkeit vom subjektiven Beschwerdeempfinden werden nach zwei bis fünf Tagen die passiven Therapieformen zugunsten der aktiven Maßnahmen reduziert. Eine rasche Wiederaufnahme der normalen alltäglichen Aktivität (Ausnahme: Heben schwerer Lasten, Torsionsbewegungen unter Belastung und Vibrationen) ist besonders wichtig und muss dem Patienten nahegelegt werden, da es bei längerer Bettruhe bzw. Schonung zu einer Chronifizierung der akuten Schmerzen kommen kann (Awad und Moskovich 2006, Bischoff 2005, Carragee 2005, Deyo und Weinstein 2001, Wenker und Schirmer 1979).

1.7.3 Operative Therapie

1.7.3.1 Minimal invasive Dekompression

Neben der konservativen, nicht invasiven Therapie und der operativen, invasiven Therapie entwickelten sich in den letzten Jahren immer innovativere Techniken um die Weichteilverletzung, Narbenbildung sowie die postoperativen Komplikationen und stationäre Aufenthaltsdauer zu minimieren. Heute sind diese minimal invasiven Operationstechniken weitgehend etabliert (Mayer und Korge 2002, Mayer et al. 2002). Solche minimal invasiven Verfahren, wie die Nukleotomie dienen zur offenen partiellen Abtragung eines Bandscheibenvorfalls oder eines Sequesters von dorsal.

Die Indikationsstellung zur operativen Behandlung unspezifischer Rückenschmerzen ist von mehreren Faktoren abhängig. Eine Operation ist nur dann sinnvoll, wenn eine lokalisierte Ursache für die Beschwerden vorliegt,

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welche auch nachweislich operativ behoben werden kann (Carragee 2005, Krämer et al. 2005).

Aktuell stehen zur Behandlung der degenerativen Bandscheibenerkrankung nach Ausräumen der Bandscheibe (Diskektomie) zwei verschiedene Verfahren zur Verfügung: die Spondylodese (Fusion) und die Bandscheibenendoprothetik.

Bei der Fusion wird versucht, bewegungsabhängige Schmerzen und Instabilitäten der Wirbelsäule durch eine Versteifung eines oder mehrerer Bewegungssegmente zu beheben. Im Gegensatz hierzu versucht die Arthroplastie eine funktionelle Rekonstruktion sowie die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Beweglichkeit im Bewegungssegment mittels flexibler Stabilisationsverfahren oder künstlicher Bandscheiben zu erhalten (Denozière und Ku 2006, Höpf et al. 2004, Leivseth et al. 2006).

In den letzten Jahren wurde eine Vielfalt neuer Implantate und Operationstechniken vorgestellt. Aus dieser großen Auswahl stellt der lumbale Bandscheibenersatz die innovativste und erfolgversprechendste Technik dar (Guyer und Ohnmeiss 2003, Höpf et al. 2002, Mayer HM 2005, Szpalski et al.

2002).

1.7.3.2 Spondylodese (Fusion)

Die Fusion gehört zu den Standardverfahren in der Wirbelsäulenchirurgie (Mayer HM 2005). Die ersten Arthrodesen wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Behandlung tuberkulöser Osteomyelitiden und Spondylitiden eingesetzt. Seit 1950 hat sich das Spektrum verbreitert und beinhaltete die operative Versorgung von Deformitäten, Frakturen aber auch Tumoren und Metastasen der Wirbelsäule.

Im weiteren Verlauf gelang durch die Entwicklung der spinalen Instrumentation eine intraoperative Wiederherstellung der spinalen Bandscheibenhöhe sowie der Wirbelsäulenkurvatur, wobei die sofortige postoperative Stabilität eine rasche Mobilisierung der Patienten begünstigte. Heute ist die Fusion ein Standardverfahren mit reproduzierbaren Ergebnissen nicht nur für die oben genannten Krankheitsbilder, sondern wird auch bei degenerativen und therapierefraktären Rückenschmerzen angewandt (Mayer HM 2005, Mayer M

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2003). Es werden pro Jahr weltweit über eine Million lumbale Fusionen durchgeführt mit weiterhin steigender Tendenz (Mayer HM 2002, Mayer M 2005). Beispielhaft ist die Zuwachsrate dieser Operation in den USA. Diese betrug zwischen 1996 und 2001 fast 113%, mit einer Gesamtzahl von 122 000 Eingriffen im Jahr 2001 (Baur-Melnyk et al. 2006, Kahn et al. 2004).

Das chirurgische Ziel einer Versteifung ist neben der Wiederherstellung der physiologischen Stellung, die permanente Ruhigstellung eines oder mehrerer Bewegungssegmente durch das Herbeiführen einer knöchernen Fusion.

Grundüberlegung dieses Verfahrens ist, dass der bestehende disko- oder arthrogene Schmerz bewegungs- bzw. belastungsabhängig ist. Nach der kompletten knöchernen Konsolidierung der Fusionsstrecke ist zu erwarten, dass die Beweglichkeit aufgehoben und die Belastung neutralisiert ist. Dieser Zustand vermag eine komplette Beschwerdefreiheit zu bewirken (Mayer HM 2001, Mayer M 2005).

Fusionsoperationen sind Eingriffe, in denen ein oder mehrere Bewegungssegmente in funktionell starre Wirbelsäulenabschnitte umgewandelt werden. Das resultierende unphysiologische Bewegungs- und Belastungsmuster muss durch die darüber und darunter liegenden Segmente der Lendenwirbelsäule kompensiert werden (Mayer M 2005). Die Veränderungen führen bei mangelnder Adaptationsfähigkeit der Nachbarsegmente zu einer nicht unerheblichen konsekutiven Komorbidität aufgrund unerwünschter Effekte nach Fusionsoperationen. Der Begriff Anschlussdegeneration bezeichnet die beschleunigte Degeneration der Nachbarbandscheiben und Wirbelgelenke durch die Mehrbelastung. Außerdem kommt es zu Irritationen der Iliosakralgelenke oder des iliolumbalen Bandapparats. Nicht selten sind auch Beschwerden im Bereich der Knochenentnahmestellen am Beckenkamm. Sie können das postoperative Bild dominieren (Marr Thomas et al. 2005, Mayer HM 2001, Schulte et al. 2005).

Komplikationen bei Fusionsoperationen sind Pseudarthrosen in 3 bis 15% der Fälle, Beckenkammmorbidität in ca. 11% der Fälle, Implantatversagen, Anschlussdegenerationen und eine insuffiziente, postoperative sagittale Balance (Mayer HM 2001, Siepe et al. 2006). Laut internationalen Studien beträgt die eingriffsrelevante Komplikationsrate über 10% (Marr Thomas et al. 2005).

Außerdem ist die Anschlussdegenerationsrate mit erneuten Rückenschmerzen

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nach Fusionsoperationen auf 29% in Langzeitstudien geschätzt worden (Errico 2005). Trotz technischen Fortschritts ist in den letzten Jahren keine wesentliche Verbesserung des klinischen Ergebnisses oder der Lebensqualität von Fusionspatienten zu vermerken (Errico 2005, Schulte et al. 2005).

1.8 Lumbale Bandscheibenprothese (Arthroplastie) 1.8.1 Klinische Erfahrungen und Konzepte

Bei der Suche nach alternativen Behandlungstechniken zur Fusion stand das Ziel im Vordergrund, die degenerierte Bandscheibe komplett zu entfernen ohne die Beweglichkeit des operierten Segments zu beeinträchtigen. Somit sollte postoperativ ein biomechanischer Zustand ähnlich dem eines gesunden Segments erzielt und den Langzeitproblemen der fusionierenden Verfahren vorgebeugt werden (Anderson und Rouleau 2004, Leivseth et al. 2006, Schulte et al. 2005).

Die Ziele der lumbalen Bandscheibenprothesenimplantation sind die Entfernung der degenerierten Bandscheibe, die Wiederherstellung der Bandscheibenhöhe, der segmentalen Stabilität sowie des physiologischen segmentalen Lordosewinkels unter Erhaltung der Beweglichkeit des Segments (Anderson und Rouleau 2004, Mayer HM 2005). Durch die Wiederherstellung des Zwischenwirbelraums kommt es auch zu einer indirekten Erweiterung der Foramina intervertebralia und somit zur Entlastung der Nervenwurzeln, aber auch zur Entlastung für die Wirbelbogengelenke. Außerdem soll die Bandscheibenprothese die Vorspannung des Restes des Anulus fibrosus, des dorsalen Bandapparats sowie der Wirbelbogengelenkkapseln wiederherstellen (Mayer HM 2005). Eine wiederhergestellte physiologische Segmentlordose sowie ein physiologischer Bewegungsumfang sind die Hauptvoraussetzungen für die angestrebte sagittale Rebalancierung wodurch auch die Nachbarsegmente vor einer beschleunigten Degeneration geschützt werden (Anderson und Rouleau 2004, Mayer HM 2005).

Die Pseudarthroseproblematik sowie die Beckenkammmorbidität werden als mögliche Komplikationen durch das Verfahren der Bandscheibenprothesenimplantation umgangen. Bei auftretenden Komplikationen nach einer Bandscheibenprothesenimplantation kann immer noch auf die Fusion zurückgegriffen werden (Schulte et al. 2005).

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