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Archiv "Apoptose" (23.06.2000)

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ie Apoptose hat eine lange Geschichte. Im zweiten nach- christlichen Jahrhundert be- schrieb als Erster Galenus Galen die Regression von larvalen und fetalen Strukturen im Laufe der Ontogenese, und bereits 1842 erkannte Carl Vogt, dass Zellen durch „programmierten“

Tod sterben können (211). 1951 konn- te der Embryologe Glucksmann den Tod embryonalen Gewebes auf den Tod einzelner Zellen zurückführen (11, 27, 58). Kerr, Wyllie und Currie schließlich beobachteten an toxinbe- handelten Leberzellen eine den ster- benden Embryonalzellen vergleich- bare Morphologie und prägten hier- für den umfassenden Begriff „Apop- tose“ (90). Dieser ist dem Griechi- schen entlehnt und beschreibt das Herabfallen der Blätter von den Bäu- men. Apoptose ist nicht nur in der Entwicklung von Bedeutung (209), sie spielt auch bei der Erhaltung der Ge- webehomöostase eine große Rolle. So werden Zellen, die durch virale Infek- tion oder durch Mutation geschädigt sind, durch Apoptose entfernt (200).

Die Apoptose ist durch eine Vielzahl von morphologischen Veränderungen definiert. Diese Veränderungen um- fassen das Schrumpfen der Zelle und die Kondensation des Chromatins, das zumeist in der Peripherie des Zell- kerns aggregiert. Die DNA wird durch Endonukleasen zwischen den

Nukleosomen charakteristisch ge- spalten. Dies führt zum Entstehen von DNA-Stücken mit einer Länge von 200 Basenpaaren und ganzzahligen Vielfachen davon. Die Zellmembran- stabilität geht verloren, und Ausstül- pungen der Zelle (Zeiose) werden be- obachtet. Schließlich werden mem- branumschlossene Säckchen abge- schnürt (Blebbing), die als apoptoti- sche Körperchen bezeichnet werden.

Parallel dazu wird ein Verlust der Membranasymmetrie beobachtet, der zur Exposition von Phosphatidylserin auf der Zelloberfläche führt. Im Ge- gensatz dazu ist die Nekrose durch ein Anschwellen der Zelle (Oncose) cha- rakterisiert. Dies führt zur Zerstörung der Plasmamembran und zur Freiset- zung des Inhalts des Zytosols und von Zellorganellen in den interzellulären Raum (Grafik 1). Eine inflammatori- sche Reaktion mit einhergehenden Gewebeschädigungen, die man so nur bei der Nekrose und nicht bei der Apoptose sieht, ist die Folge.

Nematode als Modellorganismus

Erste Hinweise auf die geneti- sche Grundlage der Apoptose ka- men aus der Entwicklungsbiologie.

Im Nematoden Caenorhabditis ele- gans wurden mehrere Gene, die die

Apoptose regulierend beeinflussen, identifiziert (73). Während der Ent- wicklung dieses Wurms sterben genau 131 der 1 090 somatischen Zellen durch Apoptose. Es sind immer Zellen der gleichen Entwicklungslinie, die ster- ben und nicht verschiedene Zellen.

Durch Mutationsanalysen wurden dann drei Gene identifiziert, die für die Apoptose dieser Zellen wichtig sind: ced-3 und ced-4 sind für die Aus- führung der Apoptose essenziell, während ced-9 die Aktivität von ced- 3 und ced-4 hemmt, und die Zellen somit vor Apoptose schützt (42). Mit egl-1 konnte später ein weiteres Gen des Apoptoseprogramms identifiziert werden (29). EGL-1 ist ein Apoptose induzierendes Protein, das mit CED- 9 wechselwirken kann. So entwickelte sich C. elegans als genetischer Mo- dellorganismus zum Verständnis der Apoptosemaschinerie, da analoge Proteine zu CED-3, CED-4, CED-9 und EGL-1 auch in Säugerzellen identifiziert werden konnten: CED-3 stellt eine Caspase, ein Protein spal- tendes Enzym dar, während CED-4 homolog zu dem Adapter Apaf-1 ist (234) und CED-9 und EGL-1 Homo- logien zu anti- beziehungsweise pro- apoptotischen Mitgliedern der Bcl-2- Familie aufweisen (vide infra).

Apoptose

Peter H. Krammer

Apoptose ist die häufigste Form von Zelltod im Organis- mus. So können Zellen des Immunsystems, wie die T- Lymphozyten, mithilfe des CD95 (APO-1/Fas) und ande- rer „Todessysteme“ Selbstmord begehen und andere T- Lymphozyten töten. Die Apoptose sensitiver T-Lympho- zyten ist von entscheidender Bedeutung für das Gleich- gewicht des Immunsystems, für Selbsttoleranz, Immun- suppression und das Abschalten einer Immunantwort.

Verminderte Apoptose kann zum Auftreten von Autoim-

mun- und Tumorerkrankungen füh- ren. Große Fortschritte sind bei der

Aufklärung der molekularen Mechanismen der Apopto- sesignalgebung gemacht worden. Diese Fortschritte sind von Bedeutung für die Erklärung der Pathogenese von Erkrankungen und in Zukunft auch für rationale Thera- pieansätze.

Schlüsselwörter: Apoptose, Todesrezeptor, Apoptosesig- nalweg

ZUSAMMENFASSUNG

Apoptosis

Apoptosis is the most common form of cell death in the organ- ism. Cells of the immune system such as T lymphocytes may use the CD95 (APO-1/Fas) system and other death systems to commit suicide or to kill other T lymphocytes. Apoptosis of sensitive T lymphocytes is important for the homeostasis of the immune system, for self-tolerance, immunosuppression and downregulation of an immune response. Reduced

apoptosis may lead to autoimmunity and tumors.

Recently, great advances have been made in the

elucidation of the molecular mechanisms of apoptosis signal- ling. These advances may have great impact on the explana- tion of the pathogenesis of diseases and, in the future, also for rational intervention strategies.

Key words: Apoptosis, death receptor, apoptosis signalling pathway

SUMMARY

D

Deutsches Krebsforschungszentrum, Abtei- lung Immungenetik, INF 280, Heidelberg

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Todesrezeptoren

Mit CD95 (APO-1/Fas) wurde 1989 zum ersten Mal ein Zellober- flächenrezeptor beschrieben, der in der Lage ist, Apoptose auszulösen (82, 144, 202, 228,). CD95 ist ein differenzi- ell glykosyliertes Transmembranpro- tein mit einer molekularen Masse von 42 bis 52 kDa, das in den meisten Säu- getiergeweben exprimiert wird (107, 219). Neben der Transmembranform gibt es auch lösliche Formen des Re-

zeptors (Splice-Varianten). CD95 ge- hört zur NGF-/TNF-Rezeptorfamilie (9, 181). Charakteristisch für diese Fa- milie sind zwei bis sechs extrazelluläre cysteinreiche Domänen. Die biologi- schen Effekte, die von den Rezepto- ren dieser Familie vermittelt werden, sind sehr unterschiedlich: Sie umfas- sen so verschiedene Prozesse wie Dif- ferenzierung, Proliferation, Aktivie- rung oder Apoptose (181).

Eine Subfamilie der NGF-/TNF- Rezeptorsuperfamilie bilden die so

genannten Todesrezeptoren (Tabelle 1). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie Apoptose auslösen (155).

Strukturell wichtig für die Auslö- sung von Apoptose ist eine ungefähr 80 Aminosäuren lange intrazelluläre Domäne der Todesrezeptoren, die als Todesdomäne (Death Domain, DD) bezeichnet wird (80, 198). Die- se Domäne zeigt eine hohe Homolo- gie bei allen Todesrezeptoren.

Todesrezeptoren wie CD95 und TNF-R1 können durch agonistische,

stimulierende Antikörper aktiviert werden. Unter physiologischen Be- dingungen aber werden die Todesre- zeptoren durch Bindung spezifischer Liganden aktiviert. Wie die Rezep- toren bilden auch die Liganden (mit Ausnahme von NGF) eine Familie, die TNF-Familie (Tabelle 1). Der Li- gand von CD95, CD95L (APO- 1L/FasL), ist ein glykosyliertes Transmembranprotein mit einer mo- lekularen Masse von 40 kDa (189, 194, 229). Im Gegensatz zu CD95 ist

die Expression von CD95L auf akti- vierte T-, B-, und NK-Zellen, sowie auf Zellen einiger nichtlymphoider Organe wie Hoden (229) und die vordere Augenkammer beschränkt (64). Ferner wurde die Expression von CD95L in verschiedenen neo- plastischen Zellen gezeigt (67, 143, 187). Neben der membranständigen wurde auch eine lösliche Form von CD95L beschrieben, die dadurch entsteht, dass eine Metalloprotease CD95L oberhalb der Zellmembran abschneidet (89, 121, 196).

Die physiologische Bedeutung der Apoptose

Apoptose spielt eine fundamen- tale Rolle im Organismus. Sie ist ver- antwortlich für die Homöostase von Geweben und für die Beseitigung von alten, verletzten, mutierten oder „ge- fährlichen“ Zellen. Im Immunsystem ist sie der Hauptmechanismus, über den potenziell autoreaktive oder nutzlose Immunzellen beseitigt wer- den. T-Zellen durchlaufen im Thy- mus die Prozesse der positiven und negativen Selektion. Durch negative Selektion findet die Eliminierung von T-Zellen statt, deren T-Zell-Rezepto- ren (TCR) mit Komplexen aus kör- pereigenen Peptiden und MHC rea- gieren und die damit potenziell auto- reaktiv sind (51, 84, 92, 142, 212). Auf ähnliche Weise werden im Knochen- mark B-Zellen mit einem nichtfunk- tionellen B-Zell-Rezeptor durch Apoptose beseitigt (146). Auch wer- den nach dem Gipfel einer Immun- antwort aktivierte T-Zellen, die nicht mehr benötigt werden, durch Apop- tose eliminiert. Dies bezeichnet man als aktivierungsinduzierten Zelltod (Activation Induced Cell Death, AICD) (28, 37, 154). Die Stimulation des TCR auf bereits aktivierten T- Zellen führt zu einer verstärkten Pro- duktion von CD95L, der an CD95 bindet. Dadurch wird Apoptose aus- gelöst und die Zellen werden besei- tigt (4, 18, 37, 86). Der AICD spielt damit eine wesentliche Rolle bei der Homöostase des Immunsystems. Des Weiteren benutzen auch zytotoxische T-Zellen das CD95-System, um virus- infizierte oder maligne entartete Ziel- zellen zu eliminieren (165). Ferner Necrosis

Apoptosis Grafik 1

Der Unterschied zwischen Necrosis und Apoptosis. Necrosis findet sich bei Zellschädigung, zum Beispiel durch Hitze. Die Zellen schwellen an, es kommt zu Wassereinstrom, es bilden sich Löcher in der Zellmembran, das Zy- toplasma fließt aus, und es kommt zu einer Entzündungsreaktion mit Einströmen von Granulozyten in das Ne- krosegebiet. Die Apoptose ist die häufigste Form des Zelltodes im Organismus. Die Zellen zeigen zunächst wil- de Bewegungen (das „boiling“-Stadium: boiling, kochend), dann wirft die Zelle verpackte Bläschen ab (das

„blebbing“-Stadium: blebbing, Bläschen werfend), der Zellkern zerreißt, das Chromatin kondensiert und die Reste der Zellen werden sehr schnell von Fresszellen oder kannibalischen Nachbarzellen aufgenommen. Es kommt nicht zu einer Entzündungsreaktion.

(3)

scheint das CD95-System auch an der Homöostase der Leber (1) beteiligt zu sein.

Bei Mäusen sind mehrere Mu- tationen im CD95-System beschrie- ben worden, die dessen Bedeutung verdeutlichen. Diese Mäuse zeigen eine Vergrößerung von Lymphkno- ten und Milz (Lymphadenopathie) und Autoimmunsympto-

me. Die lpr-Mutation (für Lymphoproliferation) be- trifft CD95, dessen Expres- sion durch die Insertion ei- nes Transposons in das zweite Intron des CD95- Gens stark verringert wird (2, 26, 120, 219). Bei der lprcg-Mutation wird die Sig- naltransduktion von CD95 durch einen Aminosäu- reaustausch in der Todes- domäne verhindert (125).

Bei gld-Mäusen (Generali- zed Lymphoproliferative Disease) betrifft der Defekt CD95L. Ein Aminosäure- austausch im extrazellulä- ren Bereich von CD95L verhindert die Bindung des Liganden an den Rezeptor (193). Auch beim Menschen wurden Mutationen des CD95-Systems beschrieben (50, 163). Sie führen wie die Mausmutationen zur Ausbildung eines autoim- mun-lymphoproliferativen Syndroms (ALPS) oder Ca- nale-Smith-Syndrome, das eine massive Lymphadeno- pathie, die Akkumulation von nichtmalignen T-Zel- len und Anzeichen von Au- toimmunität zeigt. Diese

Krankheitsbilder und der Sterbede- fekt der T-Lymphozyten verdeutli- chen, dass das CD95-System maß- geblich an der Apoptose im Immun- system beteiligt ist.

Folgerungen für Pathomechanismen

Die Aufklärung der Funktion des CD95-Systems hat Konsequen- zen für das Verständnis der Entste- hung von Krankheiten, die durch „zu- viel“ oder durch „zuwenig“ Apoptose

gekennzeichnet sind. Außer bei gene- tischen Defekten des CD95-Systems bei Maus und Mensch und den da- raus resultierenden Autoimmunphä- nomenen gibt es bisher noch keine di- rekten Hinweise auf seine Störungen bei Autoimmunerkrankungen. Da je- doch das CD95-System an der Im- munregulation und peripheren Selbst-

toleranz beteiligt ist, könnte „zu we- nig“ Apoptose auch durch Störungen im Bereich der Regulatormoleküle und Signalmoleküle zustande kommen.

Diese könnten eine defekte Signalge- bung verursachen. Die Entstehung von Autoimmunkrankheiten könnte man sich schließlich folgendermaßen vorstellen: Ständig präsente Auto- antigene bewirken eine permanen- te Stimulation von autoreaktiven T- Zellen. Aufgrund der permanenten Stimulation schalten die T-Zellen den Apoptosesignalweg auf resistent, können nicht mehr absterben und

schädigen den Organismus durch Se- kretion inflammatorischer Zytokine.

Auch die Massenzunahme von Tumoren ist erklärbar als die Summe von ungesteuertem Wachstum und reduziertem Zellsterben durch eine verminderte Apoptoserate. Hier könnten intrazelluläre antiapoptoti- sche Programme, die durch geneti- sche Veränderungen akti- viert sind, die Apoptose- sensitivität negativ beein- flussen und bei der Tu- morentstehung und bei der Resistenzentwicklung von Tumoren, zum Beispiel im Verlauf einer Chemothera- pie, mitwirken (67, 187).

„Zuviel“ Apoptose fin- det sich zum Beispiel bei manchen Erkrankungen der Leber (53, 95, 186). Es gibt Hinweise, dass bei der He- patitis spezifische antivirale Killer-T-Zellen die vom Vi- rus befallenen CD95-positi- ven Leberzellen angreifen und durch CD95L abtöten.

In Bezug auf die Leberschä- digung durch Alkohol lässt sich spekulieren, dass toxi- sche Alkoholabbauproduk- te ein Apoptoseprogramm, das zur Selbstzerstörung der Leberzellen führt, anschal- ten.

Auch bei AIDS findet sich mit Progression der Erkrankung eine gestei- gerte Apoptose der Lym- phozyten. Hier ist die Fra- ge, ob eine gesteigerte Apoptose neben direktem Virusbefall eine der Ursa- chen für die T-Helferzell- depletion ist. Es gibt Hinweise dar- auf, dass bei HIV-infizierten Perso- nen die durch das CD95/CD95L-Sy- stem vermittelte Apoptose krank- haft gesteigert ist. Allerdings wurden auch CD95-unabhängige Mechanis- men beschrieben, die zur verstärkten Apoptose von Lymphozyten bei AIDS beitragen können. Die Steige- rung der CD95-vermittelten Apop- tose findet sich auch in solchen Zel- len, die nicht durch das Virus infi- ziert sind. Generell ist bei HIV-infi- zierten Personen sowohl die Expres- sion von CD95 auf T-Lymphozyten Tabelle 1

Die „Todesrezeptoren“ der TNF-Rezeptor-(TNF-R-)Familie und ihre entsprechenden Liganden (L)

Rezeptor Ligand

CD95 CD95L

TRAIL-R1-4, OPG TRAIL (APO-2L)

OPG TRANCE (RANKL/OPGL)

TNF-RI, TNF-RII TNFa, Lymphotoxin a(LTa)

LTb-R LYMPHOTOXIN b(LTb)

CD40 CD40L (TRAP/gp39)

CD30 CD30L

CD27 CD27L (CD70)

4-IBB 4-IBBL

OX 40 OX-40L (gp34)

NGF-R1 NGF

Itoh et al., 1991; Oehm et al., 1992; Loetscher et al., 1990; Schall et al., 1990; Smith et al., 1990; Dembic et al., 1990; Stamenkovic et al., 1989; Durkop et al., 1992; Camerini et al., 1991; Mallett et al., 1990; Kwon et al., 1989; Radeke et al., 1987; Chinnaiyan et al., 1996a; Bodmer et al., 1997; Kitson et al., 1996; Marsters et al., 1996; Screaton et al., 1997b; Montgomery et al., 1996; Hsu et al., 1997; Kwon et al., 1997; Nocentini et al., 1997; Yang et al., 1997b;

Schneider et al., 1997; Pan et al., 1997; Walczak et al., 1997;

MacFarlane et al., 1997; Screaton et al., 1997a; Sheridan et al., 1997; Degli-Esposti et al., 1997a; MacFarlane et al., 1997; Sheridan et al., 1997; Pan et al., 1997; Mongkolsapaya et al., 1998; Degli-Es- posti et al., 1997b; Marsters et al., 1996; Pan et al, 1998; Anderson et al., 1997; Simonet et al., 19; Kwon et al., 1999; Pitti et al., 1998;

Yu et al., 1999; Suda et al., 1993; Pennica et al., 1984; Shirai et al., 1985; Wang et al., 1985; Gray et al., 1984; Browning et al., 1993;

Gauchat et al., 1994; Graf et al., 1992; Hollenbaugh et al., 1992;

Smith et al., 1993; Goodwin et al., 1993a; Godfrey et al., 1994;

Goodwin et al., 1993b; Chicheportiche et al.; 1997; Marsters et al., 1998; Mauri et al., 1998; Wiley et al., 1995; Pitti et al., 1996; Ander- son et al., 1997; Lacey et al., 1; Yasuda et al., 1998; Wong et al., 1997; Hahne et al., 1998; Schneider et al., 1999; Shu et al., 1999;

Harrop et al., 1998; Kwon et al., 1999; Mukhopadhyay et al., 1999.

(4)

als auch die Produktion von CD95L stark erhöht. In Modellsystemen mit virusinfizierten T-Lymphozyten in der Zellkultur konnte gezeigt wer- den, dass die Steigerung der CD95- vermittelten Apoptose unter ande- rem durch eine durch virale Genpro- dukte erhöhte CD95L-Produktion zustandekommt. Entscheidend hier-

für ist das in virusinfizierten Zellen produzierte Molekül Tat.

Tat kann von virusinfizierten T- Lymphozyten ausgeschieden und von nichtinfizierten T-Zellen aufge- nommen werden. Auch in diesen T- Zellen sensibilisiert Tat die CD95- vermittelte Apoptose und könnte so zum Tod und zur Depletion auch nichtinfizierter aktivierter T-Zellen beitragen. Ebenfalls verstärkend auf diesen Vorgang wirkt sich der Effekt eines Proteins der Virushülle, gp120, aus. Das gp120 bindet an den CD4- Rezeptor von T-Helferzellen und sen-

sibilisiert die CD95-vermittelte Apop- tose besonders in diesen Zellen. Das molekulare Verständnis dieser Zu- sammenhänge lässt die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze er- hoffen. Noch ist keine direkte, aus- reichend erfolgreiche Therapie zur Eliminierung der infizierenden Vi- ren in Sicht. Deshalb zielen solche

Ansätze darauf ab, durch Neutrali- sierung der Tat- oder gp120-Effekte die CD95-vermittelte Apoptose auf Normalmaß zu reduzieren (13, 32, 54, 108, 127, 220). Schließlich scheint das CD95-System auch bei der Ent- wicklung von neurodegenerativen Erkrankungen wie multipler Sklero- se (31) beteiligt zu sein.

Das Ziel der Therapie bei allen Erkrankungen mit „zuviel“ Apopto- se ist das „Zuviel“ zurückzuschrau- ben. Bei den Erkrankungen mit „zu- wenig“ Apoptose, wie bei Tumoren, wäre der entgegengesetzte thera-

peutische Ansatz angezeigt, nämlich Apoptoseresistenz zu brechen, Apop- tosesensitivität wiederherzustellen und so die Tumorzellen auszuschal- ten. Es ist zu erwarten, dass sich die hier geschilderten therapeutischen Ansätze auf der Basis des Verständ- nisses der molekularen Grundlagen von Apoptose verwirklichen lassen.

Da das Apoptoseprogramm jedoch ein in allen Körperzellen angelegtes Programm ist, müssen Therapie- ansätze erdacht werden, mit denen es gelingt, ein therapeutisches Fen- ster zu definieren, in dem im We- sentlichen kranke und nicht etwa ge- sunde Körperzellen erfasst werden.

Eine besondere Herausforderung wäre es, Apoptose gezielt nur in definierten Zellen zu verstärken oder zu verhindern. Hierzu sind in Zukunft Entwicklungen mit neuen und originellen Konzepten erforder- lich.

Die Signaltransduktion von CD95

Da die CD95-vermittelten Sig- nale am besten erforscht sind, soll die Signalgebung über CD95 als Bei- spiel für die Signalwege, die von anderen Todesrezeptoren ausgelöst werden, dienen. Die Entdeckung von spezifischen Rezeptoren, die Apoptose auslösen, war die Grund- lage zum Studium der zur Apoptose führenden Signalwege. Die Struktur des TNF-R1 im Komplex mit LTa lie- ferte erste Hinweise, wie das Todes- signal ausgelöst wird. Es kommt zu einer Trimerisierung von Rezepto- ren durch die Liganden, was zur Wei- terleitung des Todessignals in das In- nere der Zelle führte (10). Verglei- chende Modellstudien ergaben, dass CD95 und andere Familienmitglie- der ebenfalls durch ihre trimerisier- ten Liganden in eine Dreierkonfor- mation gebracht werden (152).

Funktionelle Studien ergaben, dass ein CD95-Dimer keine Apoptose auslösen kann, wohingegen ein mul- timerisierter Rezeptor in der Lage ist, das apoptotische Signal in die Zelle weiterzuleiten (36). Daraus kann geschlossen werden, dass das erste Signal zur Apoptoseinduktion durch CD95 eine Trimerisierung Schematische Abbildung der Apoptose-Sig-

nalwege in Typ-I- und Typ-II-Zellen. Trime- risierende CD95-Liganden (CD95L, rot) tri- merisieren die CD95-Rezeptoren (CD95, gelb) in der Zellmembran (grüner Strich).

Die intrazellulären Todesdomänen (rot) von CD95 interagieren mit den Todes- domänen des Adapters FADD/MORT1, was dessen Anlagerung hervorruft. Ebenfalls durch homologe Interaktion der Todesef- fektordomänen von FADD und Procaspase- 8 (dunkelblau) kommt es zur Bildung ei- nes Proteinkomplexes, des den Tod indu- zierenden Komplexes (DISC, Death Indu- cing Signalling Complex). Die Funktion ei- nes weiteren DISC-Moleküls, Cap3, ist noch nicht geklärt. Das Proenzym (Zymogen) Procaspase-8 wird am DISC autokatalytisch gespalten und in das aktive Enzym (Caspa- se-8) überführt. Die aktive Caspase-8 (In- itiatorcaspase) ist ein Heterotetramer und besteht aus jeweils zwei identischen klei- nen und großen Untereinheiten (dunkel- und hellrosa). Aktive Caspase-8 aktiviert weitere Caspasen, die Effektorcaspasen, zum Beispiel Caspase-3. Die Effektorcaspa- sen spalten Todessubstrate, die zum mor- phologischen und biochemischen Bild der

Apoptose führen. DISC-Bildung und Apoptose können durch FLIP-Moleküle verhindert werden. Der Signalweg in Typ-I-Zellen zeichnet sich durch eine reine Caspasenkaskade aus. Der Signalweg in Typ-II-Zellen benutzt Mito- chondrien als Verstärker. Bei diesem Signalweg sind die DISC-Bildung und die Aktivierung von Caspase-8 redu- ziert. Die geringe Aktivität von Caspase-8 reicht aus, um das Molekül BID zu spalten, das zur „Aktivierung“ von Mitochondrien führt, die Cytochrom C freisetzen. Dieses bildet mit Apaf-1 das Apoptosom. Am Apoptosom wird Caspase-9 aktiviert; diese aktiviert ihrerseits Effektorcaspasen, wie Caspase-3. Die „Aktivierung“ der Mito- chondrien, die Bildung des Apoptosoms und Apoptose können durch Moleküle wie Bcl-2 und Bcl-xL verhindert werden. Ein dritter Signalweg über AIF ist noch nicht ganz aufgeklärt (wie im Text erläutert).

Grafik 2

CD95L CD95 DISC

c-FLIP CASP-8

CASP-3

Typ I Typ II

Apoptose

CASP-9 CASP-8 AIF

Cyt c · Apaf-1

Todessubstrate Bid

Bcl-2 Bcl-xL CAP3

MORT1FADD

(5)

oder eine Multimerisierung des Re- zeptors darstellt. Dies kann entwe- der durch die Bindung von CD95L oder von agonistischen, stimulieren- den Antikörpern (202) ausgelöst werden.

Der den Tod induzierende Signalkomplex

Die Aggregation der Todes- domänen von CD95 ist für die Über- mittlung des apoptotischen Signals essenziell (77, 80). Da der intrazel- luläre Teil von CD95 selbst keinerlei enzymatische Funktion aufweist, muss das Signal durch rezeptorasso- ziierte Moleküle übertragen werden.

Die Identifizierung von Proteinen, die stimulationsabhängig nur an kreuzvernetztes CD95 binden, hat dieses Konzept bestätigt (91). So konnte gezeigt werden, dass ver- schiedene Proteine nur an durch CD95L (Grafik 2)stimulierte CD95- Rezeptoren (Grafik 2) binden. Der Komplex zwischen aktivierten CD95- Rezeptoren und den assoziierten Sig- nalmolekülen wurde „den Tod indu- zierender Signalkomplex“ genannt (DISC, Death Inducing Signalling Complex) (Grafik 2).

Die Bildung des DISC ist wie die Signaltransduktion von intakten Todesdomänen (rot intrazellulär in den gelben CD95-Rezeptoren und in FADD/MORT1 Grafik 2) abhängig (91). Damit war eine erste Korrelation zwischen der Bildung des DISC und der Übertragung des apoptotischen Signals gegeben. Zunächst werden die Adapter FADD/MORT1 in den DISC rekrutiert. Dies passiert durch homo- loge Interaktion der Todesdomäne (Death Domain, DD) von FADD mit den DD von trimerisierten CD95-Rezeptoren. FADD hat aber auch noch eine so genannte Todesef- fektordomäne (dunkelblau, Death Effector Domain, DED). Damit at- trahiert es Procaspase-8 (ein Eiweiß spaltendes Enzym; vide infra) in den DISC. Dies geschieht wieder durch homologe Interaktion mit der DED (dunkelblau) von Procaspase-8. Die- ses Proenzym (Zymogen) wird nun autokatalytisch gespalten und am DISC in aktives Enzym, die Caspa- se-8, überführt. Dies ist die erste

Caspase einer Caspasenkaskade, weswegen sie auch Initiatorcaspase genannt wird. Die aktive Caspase-8 spaltet und aktiviert dann weitere Caspasen wie zum Beispiel Caspase- 3 (Effektorcaspasen), die schließlich zelluläre Substrate (Todessubstrate) spalten. Die Spaltung dieser zel- lulären Substrate bestimmt das mor- phologische und biochemische Bild der Apoptose. Zu diesen Substraten gehören viele Proteine, unter ande- rem Proteine des Zellgerüsts wie Ak- tin und Plectin. Kein Wunder also, dass die Zelle bei der Apoptose in so

spektakulärer Weise stirbt (vide su- pra). Darüber hinaus spalten und in- aktivieren die Effektorcaspasen- Proteine, die DNA-spaltende Enzy- me (Endonukleasen) hemmen. Dies bewirkt, dass diese Enzyme jetzt in den Zellkern wandern und dort die DNA „geordnet“ zerstückeln, näm- lich zwischen den DNA-Schutzpro- teinen, den Nukleosomen. Da diese auf der DNA in definierten Abstän- den aufgereiht sind, stellt sich die zerstückelte DNA bei biochemi- scher Analyse auf einem Gel in cha- rakteristischer Weise als „DNA-Lei- ter“ dar (5, 16, 23, 24, 41, 43, 46, 68, 76, 85, 113, 114, 139, 166).

Die hier beschriebenen DISC- Moleküle interagieren mit einigen weiteren Molekülen im DISC, deren Funktion unklar ist. Dennoch sind wahrscheinlich die wesentlichen Komponenten der CD95-vermittel- ten Signalkette aufgeklärt.

Die FLIP-Moleküle

CD95-Rezeptoren sind auf den meisten Zellen exprimiert, und das Apoptoseprogrammm ist den mei- sten Zellen inhärent. Dies ist eine gefährliche Situation, die bedingt, dass die Auslösung von Apoptose streng reguliert werden muss und dass es potente inhibitorische Me- chanismen geben muss. Modulation und besonders Hemmung von Apoptose kann auf vielen verschie- denen Ebenen stattfinden. Nur zwei sollen hier diskutiert werden. Eine Ebene sind die Mitochondrien, an denen Mitglieder der Bcl-2-Familie wirken (vide infra). Allgemein exi- stiert das Prinzip der Mehrfachsiche- rung. Daher ist eine andere Ebene der Sicherung die des DISC, also di- rekt am Beginn der Apoptosesignal- kaskade.

Unter dem Namen FLIP (Grafik 2), Casper, I-FLICE, FLAME-I, CASH, CLARP, MRIT und Usurpin wurden Moleküle beschrieben, die eine Homologie mit der DED zeigen und deren pro- oder antiapoptoti- sche Funktion noch nicht ganz ge- klärt ist. Werden die FLIP von Vi- ren (zum Beispiel Herpes Virus) ge- macht, heißen sie v-FLIP (v für vi- ral), werden sie von Zellen gemacht, Tabelle 2

Mitglieder der Caspasen-Familie

Caspase-1 ICE

Caspase-2 ICH-1, Nedd-2

Caspase-3 CPP-32, Yama, Apopain Caspase-4 ICH-2, TX, ICE-rel-II Caspase-5 ICE-rel-III, TY Caspase-6 Mch2

Caspase-7 Mch3, ICE-LAP3, CMH-1

Caspase-8 FLICE, MACH, Mch5 Caspase-9 Mch6, ICE-LAP6 Caspase-10 Mch4, FLICE2 mCaspase-11 mICH-3, mCASP-11 mCaspase-12 mCASP-12

Caspase-13 ERICE Caspase-14

Cerretti et al., 1992; Thronberry et al., 1992; Kumar et al., 1994; Wang et al., 1994; Tewari et al., 1995; Fernandes-Al- nemri et al., 1994; Nicholson et al., 1995;

Faucheu et al., 1995; Kamens et al., 1995;

Munday et al., 1995; Munday et al., 1995;

Faucheu et al., 1996; Fernandes-Alnemri et al., 1995a; Fernandes-Alnemri et al., 1995b; Duan et al., 1996a; Lippke et al., 1996; Muzio et al., 1996; Boldin et al., 1996; Fernandes-Alnemri et al., 1996;

Duan et al., 1996b; Srinivasula et al., 1996;

Fernandes-Alnemri et al., 1996; Vincenz et al., 1997; Wang et al., 1996; Van de Cra- en et al., 1997; Van de Craen et al., 1997;

Humke et al., 1998; de Craen et al., 1998;

Hu et al., 1998; Ahmad et al., 1998.

(6)

heißen sie c-FLIP (c für cellular). C- FLIP gibt es als c-FLIPs(s für short) und c-FLIPl(l für long). In artifiziel- len Systemen in der Gewebekultur, experimentell überexprimiert in Zel- len, aber vielleicht auch natürlich in Geweben, verhindern sie die Apop- tose, indem sie die Rekrutierung von Caspase-8 in den DISC und deren Aktivierung verhindern (FLIP steht für FLICE [dem ursprünglichen Na- men von Caspase-8] Inhibitory Pro- tein). Vielleicht gebrauchen Viren die v-FLIP, um Apoptose zu verhin- dern, und um damit eine Virus- produktion zu erhalten. Mit Sicher- heit sind die c-FLIPs wichtige Modu- latoren der Apoptose, die zum Bei- spiel von Tumoren hergestellt in ge- fährlicher Weise in den Tumorzellen Apoptose verhindern (79, 162, 168).

Die Caspasen-Familie

Die Klonierung des C.-elegans- Gens ced-3 ergab, dass CED-3 Ho- mologien zu der menschlichen Pro- tease ICE aufweist (230). Dies war der erste Hinweis, dass Proteasen bei der Induktion von Apoptose betei- ligt sind. Bis heute sind mindestens 14 verschiedene ICE-homologe Pro- teasen aus Mensch und Maus identi- fiziert worden, die sich in verschie- dene Gruppen aufteilen (Tabelle 2, Grafik 3).

Aufgrund eines Cysteins im ak- tiven Zentrum und der besonderen Spezifität dieser Proteasen, nach ei- nem Aspartat zu spalten, wurden sie Caspasen (Cystein-Aspartasen) ge- nannt (5). Caspasen werden als inak- tive Enzymvorstufen, also als Zymo- gene, synthetisiert. Die Aktivierung der Caspasen geschieht durch pro- teolytische Spaltung nach definier- ten Aspartatresten. Dies führt zur Freisetzung einer großen und einer kleinen aktiven Untereinheit (Gra- fik 3). Auf der großen Untereinheit liegt das aktive Zentrum. Analysen der Kristallstruktur von Caspase-1 und Caspase-3 ergaben, dass das ak- tive Enzym aus zwei großen und zwei kleinen Untereinheiten in Form ei- nes a2b2-Heterotetramers aufgebaut ist (131, 164, 214, 222).

Die Aktivierung von Caspasen wurde für eine Vielzahl apoptoti-

scher Stimuli beschrieben. Darüber hinaus ist Granzym B, eine Serinpro- tease, die zytotoxische T-Lympho- zyten als Effektormolekül einsetzt, in der Lage, Caspasen in Zielzellen von Killerzellen zu aktivieren, um damit die Signalkette zu deren Abtö- tung anzustoßen (52).

Die Inhibition von Caspasen blockiert die meisten Formen von Apoptose. Caspasen nehmen daher eine wesentliche Rolle in der Apoptose ein. Mit der Identifizie- rung von Caspase-8 war zum ersten Mal die Verbindung zwischen Todes- rezeptoren und Caspasen hergestellt.

Bisher war es jedoch noch nicht ge-

lungen, eine einzelne Caspase als es- senziellen Teil der Apoptosemaschi- nerie zu identifizieren. So zeigen Caspase-3-defiziente Mäuse keinen generellen Apoptosedefekt (100).

Dies verdeutlicht, dass aufgrund der großen Anzahl von Caspasen eine gewisse Redundanz auf der Effektor- ebene besteht, sodass eine Caspase das Fehlen einer anderen Caspase ausgleichen kann. Im Gegensatz da- zu spielt Caspase-8 als Bindeglied zwischen Todesrezeptoren und Ef- fektorcaspasen eine essenzielle Rol- le, da Caspase-8-defiziente Zellen re-

sistent gegenüber CD95-vermittelter Apoptose sind (207).

Berichte über einen direkten Zusammenhang von Caspasenakti- vität mit bestimmten Krankheitsbil- dern liegen seit kurzem für M. Alz- heimer und Caspase-3 (56) sowie Chorea Huntington und Caspase-1 vor (145).

Die Bcl-2-Familie

Eine prominente Rolle in der Regulation der Apoptose spielen die Proteine der Bcl-2-Familie, deren Namensgeber ursprünglich das On-

kogen bcl-2 war, das als Folge ei- ner chromosomalen Translokation in follikulären B-Zell-Lymphomen überexprimiert ist (203). Im Gegen- satz zu anderen Onkogenen besteht die Funktion von Bcl-2 nicht darin, Proliferation zu stimulieren, sondern Zellen vor Apoptose zu schützen (71, 208). Die Familie der Bcl-2-ähn- lichen Proteine umfasst antiapopto- tische Moleküle (Bcl-2, Bcl-xL, Bcl- w, Mcl-1, A1/Bfl-1) und Moleküle, die Apoptose auslösen oder verstär- ken können (Bax, Bak, Bcl-xS, Bad, Bid, Bik, Bim, Hrk, Bok) (30, 97).

mCaspase-12 Caspase-13 (ERICE) Caspase-5 (ICErei-III, TY) Caspase-4 (TX, ICH-2, ICErei-II) mCaspase-11 (ICH-3) Caspase-1 (ICE)

Caspase-7 (Mch3, ICE-LAP3, CMH-1) Caspase-3 (CPP32,Yama, apopain) Caspase-6 (Mch2)

Caspase-8 (FLICE, MACH, Mch5) Caspase-10 (Mch4/FLICE2) Caspase-2 (ICH-1) Caspase-9 (ICE-LAP6, Mch6)

inaktives Zymogen Pro-Caspase

Autoproteolyse des Intermediats

Prädomäne

aktives Enzym

QACRG

Caspase oder GrzB p20

(p20/p10)2

Tetramer p10 Grafik 3

Die Familie der Caspasen. Links: Darstellung der bekannten Mitglieder der Caspasen-Familie gemäß ihrer aus der Ähnlichkeit abgeleiteten Verwandtschaft. Rechts: Allgemeines Aktivierungsschema der Caspasen. Die Spal- tung zwischen der großen und der kleinen Untereinheit führt zur autoproteolytischen Freisetzung der Pro- domäne und zur Bildung des aktiven Enzyms, eines Heterotetramers aus je zwei kleinen und zwei großen Un- tereinheiten. Caspasen können durch „Triggering“ der Todesrezeptoren, wie CD95 (siehe Grafik 2), oder durch Granzym B (GrzB) in Zielzellen von Killerzellen aktiviert werden.

(7)

Die Funktion von Bcl-2 wird durch die Entdeckung unterstrichen, dass CED-9 aus C. elegans und Bcl-2 so- wohl homologe Proteine als auch funktionell austauschbar sind (70).

Ebenso weist das C.-elegans-Protein EGL-1 Homologien mit den pro- apoptotischen Bcl-2-Familienmit- gliedern wie Bik, Bid oder Bad auf (29). Obwohl bisher viele Funktio- nen für Bcl-2 beschrieben sind, ist der genaue Grund für die anti- apoptotische Wirkung dieses Proteins bisher unverstanden. Bcl-2 besitzt ei- ne Transmembran-Domäne am C- Terminus, die zu einer Insertion in die äußere Mitochondrienmembran, die Kernmembran und das Endoplas- matische Retikulum führt (83, 96, 132). Durch Deletion dieser Domäne verliert Bcl-2 weitgehend seine anti- apoptotische Wirkung (197).

Die Proteine der Bcl-2-Familie können miteinander interagieren (216). Die Signifikanz der Dimerisie- rung ist bis heute noch unklar. Struk- turanalysen von Bcl-xL ließen eine Ähnlichkeit mit porenbildenden bakteriellen Toxinen erkennen (136, 151). Eine porenbildende Aktivität in künstlichen Membranen wurde für Bcl-2, Bcl-xL und Bax gezeigt (7, 130, 171). Die Verbindung zwischen dieser Funktion von Bcl-2 und der Inhibition von Apoptose ist aller- dings weitgehend unverstanden.

Dass die Porenbildung und die He- terodimerisierung bei der Regulati- on der Apoptose unabhängig von- einander eine Rolle spielen, wurde für Bcl-xL berichtet (129).

Für Bcl-2 gibt es widersprüchli- che Berichte über seine Fähigkeit, CD95-vermittelte Apoptose zu inhi- bieren. Die Berichte reichen von In- hibition (8, 87, 106, 119, 195, 206) über einen partiellen Effekt (15, 81, 128) bis hin zu keiner beobachteten Wirkung von Bcl-2 auf CD95-ver- mittelte Apoptose (23, 25, 77, 128, 135, 188, 191). Neuere Ergebnisse zeigen, dass Bcl-2 die Signalgebung in so genannten Typ-I-Zellen (Gra- fik 2), die auf der oben beschriebe- nen Caspasenkaskade beruht, nicht hemmt (167, 169). Wohl aber hemmt es die Signalgebung in so genannten Typ-II-Zellen (Grafik 2), bei denen (vide infra) die Mitochondrien im Mittelpunkt stehen. Hiermit be-

kommt auch die Lokalisation von Bcl-2 in der Mitochondrienmembran einen Sinn.

In Typ-II-Zellen ist die DISC- Bildung und die Caspase-8-Aktivie- rung aus bisher unbekannten Grün- den nicht ausreichend, um eine Cas- pasenkaskade zur Apoptosesignal- gebung zu ermöglichen. Das hier zu beobachtende Signal muss also ver- stärkt werden. Dies geschieht durch Spaltung von BID, einem Mitglied der Bcl-2-Familie, und Überführung in gespaltenes BID (65, 109, 116).

Das gespaltene BID „aktiviert“ nun die Mitochondrien (vide infra), die Cytochrom C freisetzen, das kom- plexiert mit zytoplasmatischem APAF-1 und ATP das „Apoptosom“

bildet, das zur Attraktion und Akti- vierung von Caspase-9 führt (Grafik 2), die schließlich weitere Effektor- caspasen, zum Beispiel Caspase-3, aktiviert. Insgesamt spielen also bei diesem Apoptosesignalweg die Mi- tochondrien eine wesentliche Rolle (167, 183). Dies wird im Folgenden näher erläutert.

Die Rolle der Mitochondrien

Neuere Studien haben Mito- chondrien zu einem zentralen Be- standteil der Apoptose gemacht (98). So kann während der Apoptose ein Abfall des mitochondrialen Transmembranpotenzials (❧ym) noch vor der DNA-Fragmentierung beobachtet werden (156, 232). Ver- ursacht wird dieser Abfall des Trans- membranpotenzials durch einen Vorgang, den man Permeabilitäts- transition (PT) nennt und der durch das Öffnen von Poren der inneren Mitochondrienmembran gekenn- zeichnet ist (12). Diese Poren sind permeabel für Moleküle bis zu ei- nem Molekulargewicht von circa 1500 Da. Die molekulare Zusam- mensetzung der PT-Poren ist noch nicht vollständig bekannt, doch wur- de eine Beteiligung von Hexokinase, Cyclophilin D, dem Adeninnucleo- tid-Translocator (ANT) sowie dem spannungsabhängigen Anionenka- nal (VDAC) gezeigt (97). Eine Blockierung der PT-Bildung hemmt verschiedene Formen der Apoptose

(97, 157). Dies bezieht sich sowohl auf den Signalweg in Typ-II-Zellen als auch auf den im Folgenden be- schriebenen Signalweg, bei dem AIF eine Rolle spielt. Mit AIF (Apopto- sis Inducing Factor) konnte ein Fak- tor isoliert werden, der eine DNA- Fragmentierung in Zellkernen auszulö- sen vermag (190, 192). AIF besitzt Proteaseaktivität und ist in der Lage, Caspase-3-ähnliche Caspasen zu ak- tivieren (Grafik 2). Ferner verur- sacht AIF eine Chromatinkondensa- tion sowie die Exposition von Phos- phatidylserin auf der Außenseite der Plasmamembran.

Ein weiterer Faktor, der von

„apoptotischen Mitochondrien“ frei- gesetzt wird, ist Cytochrom c (112).

Dies ist ein essenzieller Bestandteil der mitochondrialen Atmungskette, der Elektronen von der Cytochrom- c-Reduktase auf die Cytochrom-c- Oxidase überträgt. Cytochrom c ist mit der inneren Mitochondrienmem- bran auf der Seite des Intermembran- spalts assoziiert. Das Cytochrom-c- Apoprotein wird im Zytoplasma syn- thetisiert und gelangt über einen spe- ziellen Mechanismus in die Mito- chondrien, wo es seine Hämgruppe erhält und zum komplett gefalteten Holocytochrom c wird. Dieses Holo- protein kann unter normalen Um- ständen den Intermembranspalt nicht mehr verlassen. Bei der Induktion von Apoptose über den CD95-Re- zeptor in Zellen, die den Typ-II-Sig- nalweg beschreiten, trägt Cytochrom c, in das Zytoplasma freigesetzt (wie oben beschrieben), zur Caspasenakti- vierung bei.

Mit dem Verständnis dieses Pro- zesses konnte den Mitgliedern der Bcl-2-Familie eine neue Rolle in der Regulation der Apoptose zugewie- sen werden: So sind die antiapoptoti- schen Bcl-2-Familienmitglieder in der Lage, PT-Bildung und die Frei- setzung von AIF und Cytochrom c aus Mitochondrien zu hemmen (94, 191, 192, 225, 233). Die Grundlage für den Bcl-2-vermittelten, generel- len Schutz von Mitochondrien vor apoptotischen Veränderungen ist noch unklar. Jedoch könnte die Fähigkeit von Bcl-2 und Bcl-xL, Po- ren in Membranen zu bilden, und die teilweise Lokalisation dieser Protei- ne in der äußeren Mitochondrien-

(8)

membran mit dieser Funktion ver- knüpft sein (231). Für das pro- apoptotische Familienmitglied Bax konnte eine direkte Interaktion mit einem an der PT-Porenbildung betei- ligten Molekül nachgewiesen wer- den, die als essenziell für die PT-Bil- dung postuliert wird (124).

Der Mechanismus der Cyto- chrom-c-induzierten Caspasenakti- vierung wurde mittels zellfreier Sy- steme aufgeklärt und führte zu der Identifizierung des menschlichen CED-4 Homologs Apaf-1 (234).

Cytochrom c bindet an Apaf-1, wel- ches unter Verbrauch von ATP zur Aktivierung von Caspase-9 führt (110, 160, 183), was die Aktivierung weiterer Caspasen zur Folge hat und letztlich zur DNA-Fragmentierung führt.

Resümee

Es gibt mehrere Apoptosesi- gnalwege mit folgenden Signalschrit- ten: Erstens einen Signalweg mit To- desrezeptoraktivierung, DISC-Bil-

dung, Caspasenkaskade und Spal- tung zellulärer Substrate (in Typ-I- Zellen), zweitens einen Signalweg mit „wenig“ DISC-Bildung, einer Signalamplifikation über BID (ge- spalten) aktivierte Mitochondrien, der Bildung eines Apoptosoms und folgender Effektorcaspasenaktivie- rung (in Typ-II-Zellen) und drittens einen Signalweg, bei dem AIF aus den Mitochondrien freigesetzt wird, das Caspasen-unabhängig wirkt. Es ist anzunehmen, dass noch weitere Apoptosesignalwege als die hier ge- schilderten, existieren. Da wir diese aber bis jetzt nicht verstehen, ist zu erwarten, dass sich die Forschungs- aktivität in Zukunft auf diese kon- zentriert. Die Aufklärung der Sig- nalwege und die Charakterisierung der bei ihnen wichtigen molekularen Interaktionsmechanismen hat Kon- sequenzen für die Erklärung der Pa- thogenese vieler Erkrankungen.

Darüber hinaus stehen uns nun Mo- leküle aus den Signalwegen zur Ver- fügung, die das Ziel therapeutischer Interaktionen sein können. Hierbei könnten niedermolekulare Substan-

zen von Nutzen sein, die die Interak- tion der Signalmoleküle entweder abschwächen oder verstärken. Sol- che Substanzen würden dann die Apoptose abschwächend oder ver- stärkend modulieren. Wenn es dann noch gelänge, sie gezielt oder selek- tiv einzusetzen, könnten Erkrankun- gen mit „zu wenig“ oder „zu viel“

Apoptose positiv beeinflusst werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A-1752–1759 [Heft 25]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Son- derdruck beim Verfasser und über das Inter- net (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. med. Peter H. Krammer Abteilung Immungenetik

Deutsches Krebsforschungszentrum Im Neuenheimer Feld 280

69120 Heidelberg E-Mail:

P.Krammer@dkfz-heidelberg.de

Therapie der Wahl beim Transitio- nalzellkarzinom der Blase ist die stadi- engerechte radikale Zystektomie oder die externe Hochdosis-Strahlenthera- pie. Eine Multicenterstudie untersuch- te den Wert einer neoadjuvanten Che- motherapie des Transitionalzellkarzi- noms. Randomisiert kontrolliert wur- den vor der Operation oder Bestrah- lung 485 Patienten mit drei Zyklen ei- ner Polychemotherapie (Cisplatin, Me- thotrexat, Vinblastin) behandelt, 491 Patienten erhielten keine Chemothera- pie. Die neoadjuvante Chemotherapie führte zu einer Verbesserung der Drei- Jahres-Überlebenszeit um 5,5 Prozent von 50,0 auf 55,5 Prozent. Die mittlere Überlebenszeit stieg durch die Chemo- therapie von 37,5 auf 44 Monate. Inter- essanterweise wiesen 32,5 Prozent der nach Chemotherapie entfernten Bla- sen bei der histopathologischen Aufar- beitung kein Tumorgewebe mehr auf.

Die Verbesserung der klinischen Er- gebnisse durch die neoadjuvante Che- motherapie ist jedoch nach Ansicht der Autoren nicht ausreichend, um es als neue Standardtherapie beim Transitio- nalzellkarzinom zu empfehlen. acc International collaboration of trialists:

neoadjuvant cisplatin, methotrexate, and vinblastine chemotherapie for muscle-in- vasive bladder cancer: a randomised con- trolled trial. Lancet 1999; 354: 533–540.

BA06/30894 Trial, Cancer Division, Clini- cal Trial Unit, 282 Euston Road, London NW1 2DA, England.

Blasenkarzinom: Neoadjuvante Chemotherapie enttäuschend

Bei Patienten mit einer chroni- schen Autoimmun-Hepatitis findet man häufig eine Hypergammaglobu- linämie und verschiedene Autoanti-

körper; ein ähnlicher Befund ist jedoch auch nicht selten bei Patienten mit chronischer Hepatitis C zu erheben.

Die Autoren untersuchten den Einfluss von 600 mg Ursodesoxycholsäure, für ein Jahr verabreicht, auf verschiedene Laborparameter bei Patienten mit ei- ner autoimmunassoziierten chroni- schen Hepatitis C. AST (Glutamat- Oxalactat-Transaminase), ALT (Gluta- mat-Pyruvat-Transaminase) und Gam- ma-GT (Glutamat-Transferase) sowie die ANA-(antinukleäre Antikörper-) und ASMA-(Antikörper gegen glatte Muskulatur-)Titer nahmen unter der Therapie mit Ursodesoxycholsäure sig- nifikant ab, sodass die Autoren emp- fehlen, bei einer autoimmunassoziier- ten chronischen Hepatitis C einen The- rapieversuch mit Ursodesoxycholsäure

zu unternehmen. w

Nakamura K, Yoneda M, Takamoto S et al.: Effect of ursodeoxycholic acid on auto- immune-associated chronic hepatitis C. J Gastroenterol Hepatol 1999; 14: 413–418.

Second Department of Medicine, Asahi- kawa Medical College, Asahikawa, Japan

Ursodesoxycholsäure

bei Hepatitis C

Referenzen

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