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■ Der tropische Ozean im Latte Macchiato

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Academic year: 2022

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B R E N N P U N K T

20 Physik Journal 17 (2018) Nr. 3 © 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Richtung, der durch die Abkühlung des Getränks vom Rand des Glases her entsteht. Einerseits will die abkühlende Flüssigkeit am Rand nach unten sinken, andererseits will die leichtere Flüssigkeit weiter unten mit ihrer hohen Espresso- konzentration aufsteigen. Das System löst diesen Konflikt durch eine Seitwärtsströmung auf, welche die kältere Flüssigkeit von außen nach innen transportiert: Daher entstehen sog. Konvektionsrollen in horizontalen Schichten, in denen die Flüssigkeit gut gemischt ist.

Die horizontale Schichtung kann viele Stunden anhalten (Abb. 1a). Die Stabilität der Konvektionsrollen be- stimmt dabei die Dicke der Schich- ten: Werden die Konvektionsrollen zu hoch und stark, zerfallen sie in vertikaler Richtung in zwei kleine- re. Numerische Simulationen bestä- tigen dieses Szenario (Abb. 1b).

Die außergewöhnliche Stabi- lität der Schichtung erklärt sich dadurch, dass die molekulare Dif- fusion rund tausendmal langsamer ist als die thermische Diffusion. Die Situation ähnelt der im tropischen Ozean [8]: Auch dort gibt es den auftriebsgetriebenen Wettstreit zweier skalarer Felder mit unter- schiedlichen Diffusionskonstanten, nämlich der Salzkonzentration und Macchiato [5]. Bei dessen Zube-

reitung wird heißer Espresso in heiße Milch geschüttet, wobei eine Schichtung entstehen kann. Dies geschieht aller dings nur, wenn man den heißen Espresso schnell genug zur Milch gibt. Für das verwendete Modellsystem aus zwei Salzlö- sungen mit verschiedener Dichte fanden die Wissenschaftler einen Wert von rund 0,2 m/s. Erst ab die- ser Geschwindigkeit schafft es der heiße, leichtere Espresso, genügend tief unter die schwerere Milch zu fließen. Diese Schichtung ist jedoch instabil (Infokasten): Es kommt zum Wettstreit zwischen der dichte- getriebenen Auftriebskraft in vertikaler Richtung und dem Tem- peraturgradienten in horizontaler

G

etränke des Alltags haben es Fluidphysikern angetan – als Inspiration und um immer wieder wunderbare und wichtige physika- lische Phänomene zu erklären. Am berühmtesten ist sicher der Kaffee- fleck: 1997 fanden Robert Deegan und Kollegen von der Universität Chicago die Ursache für den ring- förmigen Fleck, der von einem verdunstenden Kaffeetropfen übrig bleibt. Er entsteht durch die Strö- mung der kolloidalen Kaffeeteil- chen zum Rand des Tropfens, wo die Flüssigkeit aus geometrischen Gründen bevorzugt verdampft [1].

Die Veröffentlichung wurde inzwi- schen mehr als 3000-mal zitiert.

Der Kaffeefleck ist paradig- matisch für viele Probleme aus der Physik der Mikrofluide mit Phasenübergängen. Er inspirierte die Fluidphysiker auch, einen verdampfenden Ouzotropfen zu untersuchen und hierbei die Phy- sik und Chemie von Mischungen, bestehend aus drei Flüssigkeiten (ternär), besser zu verstehen [2, 3].

Diese sind beispielsweise in der Diagnostik oder der Prozesstechno- logie relevant. An einem eintrock- nenden Whiskytropfen kann man dagegen etwas über das Wechsel- spiel zwischen kapillaren Effekten, Coatings und oberflächenaktiven Substanzen lernen [4].

In dieser Tradition steht auch die neue Arbeit von Howard Stone und Kollegen aus Princeton zur Fluiddynamik in einem Latte

Der tropische Ozean im Latte Macchiato

Bei der Zubereitung eines Latte Macchiato entsteht nur dann eine Schichtung, wenn der Espresso schnell genug in die Milch gegeben wird.

Abb. 1 Im Latte Macchiato ist deutlich eine horizontale Schichtung zu erken- nen (a). Das Bild wurde 20 Minuten nach der schnellen Einfuhr des Espressos in die Milch aufgenommen. Eine entspre- chende numerische Simulation dieses Prozesses mit den Navier-Stokes-Glei-

chungen (b), gekoppelt an die Advekti- onsgleichungen für Temperatur und Konzentration, zeigt das gleiche Phäno- men: links die Dichte ρ der Flüssigkeit mit der gleichen horizontalen Schich- tung, rechts die Vortizität ω =     × u, wo- bei u (x, t) das Geschwindigkeitsfeld ist.

a b

t = 30 min

ρ (kg m–3) ω (s–1)

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

0,8 0,4 0 –0,4 –0,8 –1,2 1050

1040 1030 1020 1010 1000

Der Wettstreit zwischen der horizon- talen thermischen Diffusion und der vertikalen Massendiffusion wird − wie in der Hydrodynamik üblich − durch einen dimensionslosen Parameter be- schrieben. Diesen kann man als verall- gemeinerte Rayleigh-Zahl Ra ansehen, wie sie aus der reinen thermischen Konvektion zwischen einer heißen un- teren Platte und einer kalten oberen bekannt ist (Rayleigh-Bénard-Konvekti- on [6]). Dort ist die Rayleigh-Zahl Ra  = gα ΔT L3/(ν κ), wobei ΔT der Tem- peraturunterschied zwischen den Plat-

ten ist, L ihr Abstand, g die Erdbe- schleunigung, α der thermische Expan- sionskoeffizient, ν die kinematische Viskosität und κ die thermische Diffu- sivität. Hier jedoch ist L durch

α ΔT ρw / (– dρ/dz) zu ersetzen [7], wobei (– dρ/dz)/ρw der normierte Salzkonzen- trationsgradient ist. Dieser nimmt mit zunehmender Injektionstiefe des Es- pressos − also zunehmender Injektions geschwindigkeit − ab. Da- durch wird Ra größer, bis die konvekti- ve Instabilität entsteht, die sich in den Konvektionsrollen ausdrückt.

D I F F U S I O N I M W E T T S T R E I T

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B R E N N P U N K T

© 2018 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 17 (2018) Nr. 3 21 der Temperatur. Im Ozean sorgt die

Verdunstung an der Oberfläche für eine hohe Salzkonzentration: Das salzigere, schwerere Wasser sinkt nach unten, und Konvektionsrol- len entstehen. Andererseits ist die Temperaturschichtung stabil, da das Wasser an der Oberfläche wär- mer und damit leichter ist. Auch hier − bei der doppelten diffusiven Konvektion bzw. der thermohali- nen Konvek tion [9] − resultiert eine horizontale Schichtung von Wasser mit etwa konstanter Temperatur und großen Temperatursprüngen zwischen den Schichten. Diese Si- tuation hat manch einer vielleicht schon beim Baden im Meer erfühlt.

Wer die Experimente mit Kaffee, Whisky, Ouzo oder Latte Macchiato als Spielerei abtut, irrt gewaltig: Einerseits lernen wir von diesen Prozessen wichtige Physik, Chemie oder Materialkunde mit vielen möglichen Anwendungen.

So schlagen Howard Stone und Kollegen vor, die von ihnen un- tersuchte Methode − die schnelle

Injektion einer leichten Flüssigkeit in eine schwere − zu nutzen, um weiche Materialien in der Produk- tion so zu schichten, dass sich die Eigenschaften stufenweise ändern.

Andererseits sind die Entschlüsse- lungen dieser alltäglichen Phäno- mene Beispiele par excellance für die Herangehensweise des Physi- kers: ein beobachtetes Phänomen in ein sauberes Experiment mit wohl- definierten Kontrollparametern übersetzen, genaue Beobachtungen ausführen und Daten aufnehmen, eine Theorie und ein Modell ent- wickeln, diese durch Berechungen und numerische Simulationen bestätigen und schließlich Voraus- sagen machen, wie sich das System unter anderen Kontrollparametern verhält.

Sich mit der Fluidphysik dieser alltäglichen Systeme zu beschäf- tigen, eignet sich daher vorzüglich für die Ausbildung von Physikstu- dierenden und Promovierenden.

Eine solche Herangehensweise ist viel motivierender und breiter

Prof. Dr. Detlef Lohse, Physics of Fluids, Max-Planck Center Twente for Complex Fluid Dyna- mics, Department of Science and Techno- logy, University of Twente

angelegt als nur ein kleines Räd- chen zu sein für ein spezielles De- tail eines großen Ganzen.

Detlef Lohse [1] R. D. Deegan et al., Nature 389, 827

(1997)

[2] H. Tan et al., PNAS 113, 8642 (2016).

[3] D. Lohse, Physik Journal, Februar 2017, S. 29

[4] H. Kim et al., Phys. Rev. Lett. 116, 124501 (2016).

[5] N. Xue et al., Nat. Commun. 8, 1960 (2017)

[6] G. Ahlers, S. Grossmann und D. Lohse, Physik Journal, Februar 2002, S. 31 [7] C. F. Chen et al., Int. J. Heat Mass

Transf. 14, 57 (1971)

[8] A. von der Heydt, Physik Journal, November 2011, S. 23

[9] R. W. Schmitt, Annu. Rev. Fluid Mech.

26, 255 (1994); T. Radko, Double-diffu- sive convection, Cambridge University Press, Cambridge (2013); M. Kellner und A. Tilgner, Phys. Fluids 26, 094103 (2014); Y. Yang, R. Verzicco und D.

Lohse, PNAS 113, 69 (2016)

Referenzen

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