A
A1022 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 15⏐⏐14. April 2006
E
s ist zweifellos ungerecht, diese beiden Messen zu vergleichen, die fast zeit- gleich im März stattfinden.Da ist zum einen die seit 19 Jahren fest etablierte Alt- meistermesse mit zunehmend größerem Anteil an moder- ner und zeitgenössischer Kunst in Maastricht und an- dererseits die Frankfurter Kunstmesse, die seit Jahren kränkelt.
Doch der neue umtriebige Leiter Michael Neff hat schon im Vorfeld die Latte hoch ge- legt, indem er zwar nicht mit Maastricht, aber doch mit der Art Basel gleichziehen und gar die Art Cologne vom Thron stoßen möchte. Dann muss er sich aber auch gefallen lassen, dass man ihn nach die- sen Maßstäben misst. Und da drängt sich vom Frankfurter Messeslogan „high&low“ doch eher das „low“ für die Ver- anstaltung auf. Zwar sind ei- nige Pluspunkte zu vermel- den, so ist der Gesamtein- druck erfrischend unkonven- tionell. Es fehlt die übliche strenge Kojeneinteilung. Das häufig kleinkarierte wohnzim- merhafte Ambiente vieler Kunstmessen ist einer span- nenden Ausstellungsarchitek- tur gewichen, die mit Modulen arbeitet. Naturgemäß kom-
men in diesem Umfeld große Installationen besonders gut zur Geltung wie die von Jona- than Meese und Tal R oder die Serie mit den acht Matrusch- kas von Tatjana Doll. Aber sind diese den berühmten russischen Schachtelpuppen nachempfundenen mit Lack- farbe bemalten Figuren mehr als ein Hingucker für den Au- genblick?
Dr. Michael Peters, der Geschäftsführer der Messe Frankfurt zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis der Galeri- enauswahl. Es sei gelungen, die „crème de la crème“ der Galerien aus dem europäi- schen Raum nach Frankfurt zu holen, wobei aus der Be- werberzahl von 230 Galerien lediglich 48 ausgewählt wur- den. Da Vorgabe der Messe- leitung die „One Artist Show“
war, sind nicht viel mehr als 50 Künstlerinnen und Künst- ler vertreten. Das ist für eine Messe, für die man mögli- cherweise mehrere Stunden Anfahrtszeit benötigt, recht wenig. Etliche Besucher mo- nierten, sie seien in einer hal- ben Stunde „durch gewesen“.
Und tatsächlich, vieles hat man schon oft gesehen (Frank Bauer, Bernard Frize, Imi Knoebel, Katharina Siever- ding), vieles ist belanglos, und
nur weniges, das neu ist, ist auch interessant, wie die com- putergenerierten Landschaf- ten von Studer/van den Berg.
Die Wiederbegegnung mit Arbeiten des früh verstorbe- nen Uwe Lausen auf dieser Messe kommt einem Aha- Erlebnis gleich. Die 40 Jahre alten, noch immer verstören- den, aber formal stimmigen Bilder, stellen die meisten der „provokativen“ Arbeiten der jungen Künstler in den Schatten.
Wenn man schon bei den heute so beliebten Anglizis- men bleiben will, so gebührt der TEFAF (The European Fine Art Fair) allemal das Prädikat „high“. Wie jedes Jahr fasziniert die absolute Qualität der Exponate und die stilvolle Präsentation.
Pünktlich zum Rembrandt- jahr werden zwei Gemälde des Meisters angeboten, zu Preisen die allerdings exor- bitant sind und dem in Ar- mut gestorbenen Künstler gut getan hätten. Der „Jüngling mit rotem Wams“ ist bei Noortman Master für 27 Mil- lionen Euro zu finden und die durchgeistigte Darstellung des Apostels Jakobus, datiert 1661, bietet die New Yorker Sander-O-Reilly-Handlung für 45 Millionen Dollar an. Ob diese Gemälde einen poten- ten Käufer fanden, ist nicht bekannt,dagegen konnte Bern- heimer-Colnaghi das Ölgemäl- de „Christus – die Kinder seg- nend“ von Lucas Cranach dem Älteren für einen sie- benstelligen Euro-Betrag ver- kaufen. Reich bestückt ist wie immer der Sektor der An- tiquitäten. Neben europäi- schen Möbeln, wie einer in-
tarsierten Roentgen-Schreib- kommode bei Mühlbauer werden auffallend viele klas- sische chinesische Möbel und chinesisches Kunsthandwerk angeboten, wohl in Erwar- tung einer zunehmenden Nachfrage aus den fernöst- lichen Wirtschaftsboomlän- dern. Die Galerie Laue aus München zeigt Bernsteinob- jekte von außergewöhnlicher Kunstfertigkeit aus dem 16.
bis 19. Jahrhundert mit dem einzigen existierenden Stück aus dem Bernsteinzimmer Friedrichs I.
Ausbau der modernen Abteilung
Ganz bewusst wird auf der TEFAF der Ausbau der mo- dernen Abteilung gefördert, und so sind erstmalig so wich- tige Galerien wie Jan Krugier mit raren Bildern von Picasso und Jawlensky und Wilden- stein/New York mit frühen Werken von Mondrian und Objekten von Judd dabei.
Magritte wird gleich von drei Galerien angeboten. Aber auch die Zeitgenossen wissen zu überzeugen. So hat die Ga- lerie Werner/Köln ihre Mann- schaft (Baselitz, Lüpertz, Penck) aufgefahren, zeigt aber auch Highlights der klassi- schen Moderne.
Als Resümee bleibt festzu- halten: Die TEFAF in Maas- tricht behauptet auf dem Ge- biet der Altmeisterkunst un- angefochten ihre führende Po- sition, und auch auf dem Ge- biet der Kunst der Moderne beginnt sie eine ernst zu neh- mende Konkurrenz für die wichtigsten Messen weltweit zu werden. Helmut Jaeschke
Frankfurt und Maastricht
Die Latte hoch gelegt
Die TEFAF in Maastricht behauptet auf dem Gebiet der Altmeisterkunst
unangefochten ihre führende Position.
Feuilletonhigh&low – Fine Art Fair Frankfurt: Galerie Voss/Düs- seldorf mit einem Diptychon von Frank Bauer
Foto:Gerda Jaeschke
KUNST MESSEN