dem guten Beispiel folgen und diesen peinlichen Satz aus der (Muster-)Berufs- ordnung streichen.
Prof. Dr. Thomas Lempert, Dr. Enrico Völzke,
Schlosspark-Klinik, 14059 Berlin Priv.-Doz. Dr. Michael von Brevern, Park-Klinik Weißensee, 13086 Berlin
Die kleinen Geschenke
Kollege Dr. Grüner aus Osnabrück weist darauf hin, dass die Lesart der Ärztekam- mer Niedersachsen, bezahlten Referenten der Pharmaindustrie – im Gegensatz zu den übrigen Ärzten – freie Hand lässt und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.
Dies mag für sich zutreffend sein. Es rechtfertigt jedoch nicht die Gleichbe- handlung der übrigen Ärzte mit den „phar- maaffinen Eminenzen“, entspricht dies doch einer Forderung nach Gleichheit im Unrecht.
Nun geht es nach meinem Eindruck auch nicht darum, dass die niedersächsische Ärztekammer Ärzten unterstellt, „sich für ein warmes Essen und eine Hotelüber-
nachtung einem Pharmaunternehmen“
hinzugeben. Im referenzierten Artikel wird darauf abgestellt, dem „Eindruck . . . dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Ent- scheidung beeinflusst wird“, zu begegnen.
Dass größere Zuwendungen als das er- wähnte Essen, die Hotelübernachtung und vielleicht auch noch die Kongressgebühr nicht akzeptabel sind, dürfte unstrittig sein. Aber wie ist es mit eben diesen „klei- nen“ Zuwendungen, die für manch einen in unserem Land schon keineswegs mehr klein sind? Sind wir von derartigen „klei- nen“ Geschenken tatsächlich völlig unbe- einflusst? „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, „Tit for Tat“ oder, wie es die Soziologie nennt, Reziprozität. Kön- nen wir als relativ gut bezahlter Berufs- stand nicht die Souveränität aufbringen, auf derartige Zuwendungen zu verzichten?
Tun wir uns selbst nicht einen viel größe- ren Gefallen, wenn wir von derartigen Zu- wendungen grundsätzlich Abstand neh- men, um dem Eindruck der Beeinflussung zu begegnen?
Dr. Burkhard Kursch, 26506 Norden
BESCHNEIDUNGSGESETZ
Ärzteverbände kritisieren, dass sich für die be- troffenen Jungen nichts verbessert habe (DÄ 51–52/2013: „Ärzte halten an ihrer Kritik fest“
von Falk Osterloh).
Zwei Lager
Seit mit dem Urteil des Landgerichtes Köln im Mai 2012 die Problematik der Beschneidung in das Licht der Öffentlich- keit gerückt wurde, bildeten sich zwei La- ger mit extrem unterschiedlichen Ansich- ten. Das eine Lager beruft sich auf histo- risch angeblich unumstößliche Riten, dass nämlich die Beschneidung von Knaben bis zum achten Tag seit Moses` Zeiten vorgeschrieben sei. Ohne dieses Beschnei- dungsritual würde – so ein maßgeblicher Rabbiner in einer Fernsehschau mit May- brit Illner – das Judentum untergehen.
Dass dies nicht so ist, beweisen die meh- reren 100 000 aus der Sowjetunion ausge- siedelten nicht beschnittenen Juden. Sie waren nicht beschnitten, da dort die Be- schneidung untersagt war . . .
B R I E F E
Zum gleichen Lager der Beschneidungs- befürworter gehörten Muslime, obgleich hier viel kompromissbereitere Töne zu hören waren, zumal im Islam nicht eine Beschneidung im Babyalter gefordert wird.
Das andere Lager sieht im Vordergrund den Schutz der Menschenrechte jeder Per- son, der besonders dann zu wahren ist, wenn die betreffende Person (noch) nicht einwilligungsfähig und urteilsfähig ist.
Bis zum Zeitpunkt der Erreichung der Einwilligungsfähigkeit dürfen medizini- sche Eingriffe nur unternommen werden, wenn sie der Förderung und oder Erhal- tung der Gesundheit dienen.
Als angemessener Zeitpunkt in dieser Fra- ge wird aus gutem Grund das Alter um das 14. Lebensjahr genannt.
Ein zweiter Grund für die Absage der Be- schneidung von Knaben im Baby- und Kindesalter ist die auch im Grundgesetz verankerte rechtliche Gleichberechtigung beider Geschlechter.
Bei Mädchen ist die Beschneidung aner- kanntermaßen gesetzlich untersagt. Da das Grundgesetz eine rechtliche Gleich- stellung der Geschlechter festlegt, ist schon aus diesem Grund eine Beschnei- dung bei Knaben vor Erreichen der Ein- willigungs- und Urteilsfähigkeit nicht zu- lässig.
Ein dritter sehr einleuchtender Grund ist die kindliche Entwicklung bei Knaben im Genitalbereich. Sofern nicht am Genital herummanipuliert wird, ist die Vorhaut mit der Eichel so sehr verklebt, dass eine Trennung nur unter Schmerzen für das Kind möglich ist. Die Verklebung hat ei- nen guten Grund, vermeidet sie doch das Eindringen von Infektionen zwischen Vor- haut und Eichel.
Das am 12. Dezember in aller Eile be- schlossene Gesetz, das nunmehr sogar Nichtärzten juristisch die Beschneidung von Knaben bis zu sechs Monaten gestat- tet, verstößt also in mehrfacher Hinsicht gegen die Rechtsprinzipien unseres Staa- tes. Wer kann denn wirklich glauben, dass Jehova oder Allah einen gläubigen Menschen zurückweisen würde, wenn er erst im 14. Lebensjahr beschnitten wur- de? . . .
Als Arzt und Bundesbürger stehe ich na- türlich im zweiten Lager und hoffe, dass sich die einzelnen Organisationen und Personen dieses Lagers zu einem eindeuti- gen Aufruf gegebenenfalls einer Petition an den Bundestag aufraffen können.
Dr. med. Albrecht Pitzken, 51429 Bergisch Gladbach
Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 10|
7. März 2014 A 405B R I E F E
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