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Archiv "Omnibus mit Schlagseite" (14.08.1975)

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Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

Omnibus mit Schlagseite

„Ruckzucktherapie für Arbeiter" — mit dieser Überschrift versah das

„INFAS-Meinungsforschungsinsti- tut" in Bonn-Bad Godesberg die Veröffentlichung der Ergebnisse ei- ner sogenannten „Omnibus"-Um- frage (so heißen die Aktionen, die man bei einem anderen, bezahlten Auftrag „mitlaufen" läßt, die also dann praktisch wohl jemand be- zahlt, der sie nicht bestellt hat — abgesehen von den institutseige- nen „Omnibussen").

Nun — das Wortspiel, das sich aus der Ruck-zuck-Überschrift erge- ben könnte, hat leider schon je- mand anderes gemacht. Und des- halb bleibt uns nur übrig, etwas ernsthafter darauf hinzuweisen, daß beim Omnibus-Verfahren wohl bis- weilen mancherlei Sorgfaltspflich- ten, die man sonst einem zahlen- den Auftraggeber gegenüber anzu- wenden verpflichtet ist, leicht au- ßer acht gelassen werden. Denn so schlecht wie diese Umfrage und insbesondere ihre publizistische Auswertung ist ansonsten das An- sehen des Godesberger INFAS- Instituts gar nicht.

Da hat man also dessen Angaben zufolge so nebenbei 1200 Leute be- fragt, wie lange sie das letzte Mal beim Arzt gewartet haben. Die Zah- len werden in einer Tabelle aufge- führt, untergliedert einmal nach drei Bildungsstufen, einmal nach Berufsgruppen.

Die Zahl 1200 aber ist auch die einzige absolute Zahlennennung in der ganzen INFAS-Veröffentlichung.

In den Tabellen stehen lediglich Prozentsätze. Deshalb kann der Leser nur raten, welche Ergebnisse signifikant und welche Ergebnisse wegen zu kleiner absoluter Zahlen irrelevant sind. Dabei wäre durch- aus Platz dafür gewesen, neben die Prozentsatz-Spalten noch eine Spalte „n" zu setzen — hat man das bei INFAS aus Nachlässigkeit oder aber vielleicht mit Absicht weggelassen?

Daß der Zufall eine Rolle spielte, das läßt sich mehrfach auch aus den angegebenen Prozentsätzen nachweisen. Denn es ist nicht ein- zusehen, warum im Gegensatz zum sonstigen Trend einmal mittendrin ein Knick in der Kurve zu sehen ist, für den es keine vernünftige Be- gründung gibt, und warum ein an- dermal, ebenfalls entgegen dem Trend, eine weit überhöht erschei- nende Ziffer auftaucht.

Ebenso scheint man bei der Frage- stellung die sonst übliche Probe nicht gemacht zu haben, ob die Fragen sich überhaupt sinngemäß beantworten lassen. „Wie lange hat Sie der Arzt persönlich behan- delt?" wurde gefragt. Antwortgrup- pen sind: gar nicht, eine Minute, zwei bis drei, drei bis fünf, fünf bis zehn, zehn bis fünfzehn, fünfzehn Minuten und mehr, weiß nicht und keine Angabe.

Wer so fragt, der unterstellt offen- bar, daß 1200 Leute entweder beim letzten Arztbesuch die Zeit gestoppt haben oder exakt Zeiten schätzen können — Zeiten, in de- nen man alles andere zu denken und zu reden hat, aber nicht Minu- ten schätzen. (Der alte jiddische Witz fällt einem da ein: Wenn du eine Minute auf der heißen Ofen- platte sitzen mußt, dann ist das lange; wenn du aber fünf Minuten eine hübsche Schickse auf dem Schoß hast, dann ist das kurz.) Wenn man so weit gekommen ist, dann wundert man sich nicht mehr darüber, daß die INFAS-Leute bei der Kommentierung der Umfrage sich wundern mußten — weil ihnen manches Ergebnis wohl nicht paß- te (weil es für die Ärzteschaft recht günstig ausfiel und daher in der Kommentierung heruntergespielt werden „mußte"). Denn:

Neunundsechzig Prozent der Befragten fühlten sich beim Arzt in den besten Händen, fünfundvierzig Prozent meinten, der Arzt verdiene

zuviel — und nun kommt der Knüller: einunddreißig Prozent (höchster Prozentsatz bei den hier vorgegebenen Antworten) meinten, der „Verwaltungsaufwand der Kas- sen" sei an der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen schuld. Daß es an den Ärzten liege, meinen nur dreiundzwanzig Prozent — und das, obwohl doch mehr gemeint haben, die Ärzte verdienen zu viel. Wenn ein solcher Quatsch herauskommt, hätte man den Meinungsteil der Umfrage lieber dem Papierkorb an- vertrauen sollen.

Aber diese grobe Unstimmigkeit haben die bei INFAS anscheinend gar nicht gemerkt. Denn gera- de die letzte Frage ist ziemlich unintelligent gestellt (was wir an- nehmen möchten; die Alternative wäre: bösartig und manipulativ).

Noch mal: Woran liegen die stei- genden Kosten — und drei vorge- gebene Antworten zur Auswahl: die

„hohen Forderungen der Ärzte", der „Verwaltungsaufwand der Kas- sen" oder „daß mehr Leute krank werden". Plus: Weiß nicht, keine Angabe. Wo, bitte, bleibt die nahe- liegende Frage nach dem Kranken- haus?

Übrigens: Der Verdacht der Mani- pulation ist doch nicht ganz auszu- schalten. Denn bei solchen Mei- nungsfragen mit Antwortvorgaben müssen normalerweise Mehrfach- nennungen vorkommen. Die Pro- zentsätze der Antworten aber (23, 31, 30, 16) ergeben wunderbarer- weise exakt 100.

Das ist ein Ergebnis, bei dem man ausnahmsweise frei nach Morgen- stern sagen muß: Es kann nicht sein, weil es nicht sein darf.

Und nun braucht man sich darüber, daß der INFAS-Kommentar im zweitbesten Juso-Klassenkampfstil gehalten ist (anders als bei den Ju- sos ist er immerhin nicht ganz hu- morlos abgefaßt), auch nicht mehr zu wundern. Was man aber — wirklich rein spaßeshalber — gern mal wissen möchte: Wer hat wohl diesen Omnibus bezahlt? bt

2292 Heft 33 vom 14. August 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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