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Archiv "Schwerpunkte ärztlicher Gesundheits-, Sozial-und Berufspolitik 1975/76" (06.05.1976)

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Vorstand und Geschäftsführung der Bundesärztekammer legen dem 79. Deutschen Ärztetag in Düsseldorf einen in Form und In- halt neu gestalteten Tätigkeitsbericht vor. Er wird nicht mehr wie bisher in einem Sonderheft veröffentlicht. In dieser Ausgabe des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES sind auszugsweise jene Teile daraus wiedergegeben, die gewissermaßen Basismaterial zu den Themen des diesjährigen Deutschen Ärztetages sind. Der kom- plette Tätigkeitsbericht als handliche Broschüre im Format DIN A 5 mit blauem, strapazierfähigem Einband ist gegen Voreinsendung (Scheck oder Vorab-Überweisung) einer Schutzgebühr von 10 DM einschließlich Porto und Verpackung erhältlich beim Deutschen Ärzte-Verlag, Dieselstraße 2, 5000 Köln 40.

Schwerpunkte ärztlicher Gesundheits-, Sozial-

und Berufspolitik 1975/76

Die Warnung des bekannten sozial- politischen Redakteurs der Tages- zeitung „Die Welt" vor einer Fort- setzung der „Hexenjagd gegen die Ärzte" charakterisiert treffend die Situation der ärztlichen Gesund- heits-, Sozial- und Berufspolitik des Berichtsjahres 1975/76. Die seit nunmehr fünf Jahren gezielt in breitester Öffentlichkeit vorgetra- gene Kritik am Berufsstand der Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland ist in ein neues Sta- dium getreten:

— Der anfänglich erhobene Vor- wurf ärztlicher Unterversorgung ist umgeschlagen in den Vorwurf be- wußter ärztlicher Überversorgung aus Gewinnsucht.

— Während in dem einen Teil der Publikumsorgane die Kritik Formen unverhüllter Wahrheitsverfälschung und kollektiver, bewußt provokan- ter Beleidigungen eines ganzen Berufsstandes angenommen hat, erheben sich erste prominente Stimmen der Warnung vor dieser Neuauflage einer Kollektivschuldlü- ge.

— Die Neo-Marxisten in SPD und DGB haben in der gesundheitspoli- tischen ideologischen Auseinan- dersetzung bis tief in die Bundes- tagsfraktion der SPD und bis tief in als bürgerlich bezeichnete Parteien sowie bis in Arbeitgeberverbände hinein an Boden gewonnen.

Wie wenig es den die Kampagne ganz offenbar initiierenden und steuernden Kräften um die Sache

geht, und wie sehr die publizisti- schen Mitläufer nur an das Ge- schäft mit der Sensation und mit dem Neidkomplex denken, das geht klar daraus hervor, daß die Argumentationsführung in der Sachthematik sich um einhundert- achtzig Grad gedreht hat, während das Angriffsziel das gleiche geblie- ben ist: Der Arzt als freier Beruf.

Wo gestern noch mangelnde tech- nologische Ausstattung der Arzt- praxen beklagt wurde, wird heute der angeblich technisch zu hohe Ausstattungsstand und dessen Nut- zung für die medizinische Versor- gung der Versicherten kritisiert. Wo gestern noch Versorgungslücken in der Regionalstruktur der kas- senärztlichen Versorgung behaup- tet wurden, wird heute regio- nale Massierung des medizini- schen Leistungsangebotes kriti- siert. Wo gestern noch in der sta- tionären Versorgung Tausende von Betten fehlten, werden heute Bet- tenberge kritisiert. Wo gestern noch angeblich mangelhafte Fort- bildung der Ärzte als katastrophal geschildert wurde, wird heute die breite Anwendung des wissen- schaftlichen und technischen Fort- schritts in der medizinischen Pra- xis den Ärzten als Beutelschneide- rei zum Vorwurf gemacht.

Zum ersten Mal allerdings zeigte sich im Berichtsjahr, daß verant- wortliche Fachjournalisten und ver- antwortliche Publikationsorgane die drohenden Gefahren einer sol- chen „Hexenjagd auf Ärzte" für die Patienten und für die ärztliche Ver-

sorgung von morgen erkennen.

Schon eine sorgfältige Auswertung des Öffentlichkeitsechos des 78.

Deutschen Ärztetages in Hamburg hatte rein quantitativ eine weit aus- gewogenere Berichterstattung fest- gestellt, als dies noch über den Deutschen Ärztetag 1974 in Berlin der Fall gewesen war. Inzwischen distanzieren sich immer mehr se- riöse Journalisten und Medien vom medizinischen Schaustellergewer- be ä la „Stern" und kennen auch ihre ideologisch vorprogrammier- ten „Kollegen" in den anderen Me- dien recht gut.

Die besonders auf mittelfristige und langfristige Ziele angelegte neue Öffentlichkeitsarbeit der Bun- desärztekammer und der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung wur- de vor allem von denjenigen Jour- nalisten mit Aufmerksamkeit ver- folgt und begrüßt, die sich ihr kla- res Urteil erhalten haben und ihre journalistische Arbeit frei von ideo- logischen Vorurteilen leisten. Bei aller Notwendigkeit aktueller Re- aktion in der Öffentlichkeit bleibt dieses mittel- und langfristige Kon- zept die einzige Chance dauerhaf- ter Klimaverbesserung.

Aus der aktuellen Gesetzgebung Für die ärztliche Gesundheits-, So- zial- und Berufspolitik des Bericht- jahres sind aus der Gesetzgebung in Bund und Ländern vor allen Din- gen folgende Schwerpunkte zu nennen:

— Die Gesetzentwürfe der Bun- desregierung und des Bundesrates zur Änderung des Kassenarztrech- tes;

— Die neuen Kammergesetze in den Ländern auf Grund des höchst- richterlichen Urteils zur Facharzt- weiterbildung;

— Die neuen Krankenhausgesetze und Gesetzentwürfe in den Län- dern auf Grund der entsprechen- den Bundesgesetzgebung;

— Die Arbeit an der Neufassung des Arzneimittelgesetzes;

— Die Neufassung des Paragra- phen 218 des Strafgesetzbuches.

1270 Heft 19 vom 6. Mai 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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TÄTIGKEITSBERICHT '76 DER BUNDESÄRZTEKAMMER

Die Bemühungen der ärztlichen Or- ganisationen in der Diskussion um die Gesetzesentwürfe zur Weiter- entwicklung des Kassenarztrechtes waren darauf gerichtet,

— die Essentials des Kassenarzt- rechtes von 1955 zu erhalten.

— die Aktivitäten der ärztlichen Selbstverwaltung zur Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung rechtlich zu fundieren

und

— die Absichten derjenigen, die bei Gelegenheit der Beratungen dieser Gesetzesentwürfe eine Ver- änderung des bewährten Systems der gegliederten Krankenversiche- rung, der Vertragsfreiheit und der Selbstverwaltung herbeiführen wol- len, mit aller Entschiedenheit abzu- wehren.

Dabei war zu beachten, daß die ur- sprüngliche Motivation für diese Gesetzesentwürfe von der aktuel- len Diskussion über die Kostenent- wicklung im Gesundheitswesen überrollt wurde. Die Diskussion um das ursprüngliche Ziel dieser Ge- setzesvorhaben, nämlich etwa dro- hende Versorgungslücken durch rechtzeitige Bedarfsplanung und sy- stemkonforme Maßnahmen zu ver- meiden, wurde überdeckt durch die Diskussion zur

— Honorarpolitik im Rahmen der Kostenentwicklung des Gesund- heitswesens

und zur

— Einführung vorstationärer Dia- gnostik und nachstationärer Be- handlung durch die Krankenhäu- ser.

Es bleibt die Aufgabe der ärztli- chen Berufspolitik auch hinkünftig, durch verstärkte sachliche Infor- mation in der politisch interessier- ten wie in der allgemeinen Öffent- lichkeit für eine Weiterentwicklung einzutreten, die das derzeitige Sy- stem verbessert, statt es zu zerstö- ren oder durch ein schlechtes zu ersetzen.

Auf Grund höchstrichterlicher Ent- scheidung zur Frage der Facharzt-

weiterbildung wurden die Gesetz- geber der Bundesländer zur Neu- fassung der Kammergesetze ver- pflichtet. Auch hier galt es, Bestre- bungen entgegenzutreten, die die- se Gelegenheit zur Zersetzung der ärztlichen Selbstverwaltung und zur Verstärkung des staatlichen Di- rigismus mißbrauchen wollten.

In eingehenden, wohlabgestimmten und stets außerordentlich sachbe- zogenen Beratungen ist es gelun- gen, in relativ kurzer Zeit in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Saarland Kammergesetze zu be- kommen, die den Grundsätzen de- mokratischer Selbstverwaltung ge- recht bleiben. Mit unterschiedli- chen Zeitverzögerungen ziehen die anderen Bundesländer nach.

Es bleibt vornehmste Aufgabe, die Gesetzesgeber in diesen Ländern davon zu überzeugen, daß allerorts die demokratische Selbstverwal- tung nicht geschmälert werden darf. Die Gesetze insgesamt müs- sen so harmonisiert sein, daß das Weiterbildungsrecht in der Bundes- republik Deutschland nicht zerglie- dert, kein Gefälle in den Qualifika- tionen eingeleitet und die Freizü- gigkeit der Ärzte nicht behindert wird.

Als unmittelbare Konsequenz aus der in einigen Bundesländern be- reits vollzogenen neuen Gesetzge- bung stellte sich der Bundesärzte- kammer die Aufgabe einer entspre- chenden Neufassung der Weiterbil- dungsordnung und einer Neufas- sung der Berufsordnung. Die von den zuständigen Gremien in lang- wierigen, sehr vielfältigen und mü- hevollen Beratungen erarbeiteten Vorlagen sind Verhandlungsgegen- stände unter eigenen Tagesord- nungspunkten des 79. Deutschen Ärztetages in Düsseldorf.

Krankenhausgesetzgebung

Auf der Grundlage der entspre- chenden Bundesgesetzgebung ist die Krankenhausgesetzgebung in den Ländern im Berichtszeitraum weiterentwickelt worden. Die be- stehenden Gesetze, die vorgeleg-

ten Gesetzesentwürfe sowie die bekanntgewordenen Gesetzespla- nungen weichen in den einzelnen Bundesländern nicht unerheblich voneinander ab. Die Diskussion um die Kostenentwicklung im Gesund- heitswesen hat ihrerseits Akzent- verschiebungen in der Diskussion um die Krankenhauspolitik ge- bracht.

Im Vordergrund der Diskussion auf Bundesebene stand dabei der Ge- danke der Einführung vorstationä- rer Diagnostik und nachstationärer Behandlung bzw. semistationärer Behandlung durch die Kranken- häuser als Institutionen. Die Dis- kussion konkretisierte sich

— in einer Empfehlungsvereinba- rung zwischen Krankenkassenver- bänden und Krankenhausgesell- schaft über entsprechende Modell- versuche in einer beachtlichen Zahl von Krankenanstalten

und

— in einem entsprechenden For- schungsauftrag des Bundesmini- steriums für Jugend, Familie und Gesundheit an das Deutsche Kran- kenhausinstitut.

Vertreter der Bundesärztekammer haben wiederholt mit Vertretern der beteiligten und interessierten Institutionen und Organisationen hierüber verhandelt. Dabei wurde kein Zweifel daran gelassen, daß in der semistationären Diagnostik und Therapie durch das Kranken- haus als Institution ein Einbruch in den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen gesehen wird, für den derzeit die Rechtsgrundlage fehlt.

Der Vorstand der Deutschen Kran- kenhausgesellschaft hat zwischen- zeitlich die Krankenkassenverbän- de wissen lassen, daß er eine Ver- wirklichung der Empfehlungsver- einbarung vor Kenntnis der Ergeb- nisse des an das Krankenhausinsti- tut erteilten Forschungsauftrages nicht für sinnvoll hält.

Die Bundesregierung hat die Neu- fassung des Arzneimittelgesetzes

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Tätigkeitsbericht '76

wiederholt als eines der wichtig- sten gesundheitspolitischen Geset- zesvorhaben der in diesem Jahr zu Ende gehenden Legislaturperiode bezeichnet. Die Arzneimittelkom- mission der deutschen Ärzteschaft als der zuständige wissenschaftli- che Fachausschuß der Bundesärz- tekammer und der Vorstand der Bundesärztekammer haben schon im Stadium der Referentenentwürfe sachverständig zu dem Gesetzes- vorhaben Stellung genommen. Die Vertreter der Bundesärztekammer und ihrer Arzneimittelkommission haben dabei die Absicht begrüßt, die durch die bisherige Arzneimit- telgesetzgebung vorrangig geför- derte Arzneimittelsicherheit durch den gesetzlich geforderten Nach- weis der Wirksamkeit von Arznei- mitteln zu ergänzen und weiterzu- entwickeln.

Die ständige Veränderung der Vor- lagen zunächst in den Referenten- entwürfen, dann im Regierungsent- wurf, dann während der Beratun- gen in dem eigens hierfür einge- setzten Unterausschuß des Deut- schen Bundestages machten eine permanente Beratung und Entwick- lung von Stellungnahmen zu die- sem Gesetzesvorhaben notwendig.

Parallel dazu wurde mündlich und schriftlich zu den beim Bundeswirt- schaftsministerium ressortierenden Bemühungen zu besserer Markt- transparenz im Arzneimittelwesen Stellung genommen.

Wiederholt haben Vorstand der Bundesärztekammer und Präsi- dium des Deutschen Ärztetages zu den Beratungen und Beschlußfas- sungen über eine Neufassung des Paragraphen 218 des Strafgesetz- buches öffentliche Verlautbarungen abgegeben. Die langwierigen Bera- tungen, die ständig vom lebhafte- sten Interesse der breiten Öffent- lichkeit begleitet waren, machten immer wieder präzise Meinungsäu- ßerungen der Bundesärztekammer notwendig.

Die Ärzteschaft hat sich in dieser Diskussion stets dafür ausgespro- chen, daß eine Reform des Para- graphen 218 erfolgt. Die Vertreter

der Bundesärztekammer haben je- doch stets auch ebenso entschie- den der sogenannten Fristenlösung widersprochen. Auch die nach dem

Bundesverfassungsgerichtsurteil nunmehr verabschiedete Neufas- sung entspricht den Reformvorstel- lungen der Ärzteschaft nicht, weil sie einer „verdeckten Fristenrege- lung" gleicht. Der Gesetzestext geht davon aus, daß sogar die kri- minologische Indikation sowie auch die soziale Indikation aus

„ärztlicher Erkenntnis" festgestellt werden sollen, selbst wenn Auswir- kungen auf die Gesundheit der Schwangeren nicht geltend ge- macht werden können.

Der Entwurf sieht ferner vor, an- statt durch eine Gutachterstelle nach § 219 auch nichtmedizinische Indikationen durch jeden Einzelarzt feststellen zu lassen; dies bedeutet nach Auffassung der Bundesärzte- kammer eine Überforderung des Arztes. Mit Sicherheit sind daher bei der Verwirklichung der jetzt be- schlossenen Gesetzesänderung noch sehr erhebliche Probleme und Konflikte zu erwarten.

Ärztliche

Berufsordnung

Der 73. Deutsche Ärztetag hatte 1970 eine Neufassung der Berufs- ordnung verabschiedet und den Landesärztekammern zur Einfüh- rung empfohlen. Sie ist bisher nur in Bayern, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und dem Saarland in Kraft getreten. Die Aufsichtsbe- hörden in Bremen, Hamburg, Ber- lin, Baden-Württemberg, Westfalen- Lippe und Nordrhein verweigerten die Genehmigung zum Inkraftset- zen, da durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 1972 den Bundesländern die Verpflichtung auferlegt worden war, die statusbildenden Normen durch Landesgesetze zu regeln. Im Frühjahr 1975 traten die neuen Kammergesetze in Nordrhein- Westfalen und im Saarland in Kraft.

Am 19. Februar 1976 beschloß der

Landtag von Baden-Württemberg für diesen Bereich ebenfalls ein neues Gesetz. Auf der Basis der in Nordrhein-Westfalen und Saarland verabschiedeten Gesetze nahm die

„Ständige Konferenz zur Beratung der ärztlichen Berufsordnung" und

— in Vorbereitung dieser Erörte- rungen — der vom Vorstand gebil- dete neue Ausschuß „Berufsord- nung" die Überarbeitung der z. Z.

gültigen Berufsordnung für die deutschen Ärzte vor.

Die in der Zwischenzeit vom Vor- stand der Bundesärztekammer ge- billigten Vorschläge werden Ge- genstand der Beratungen des 79.

Deutschen Ärztetages in Düssel- dorf sein. Einer der wichtigsten Punkte ist die Übernahme der in den Landesgesetzen verankerten Neufassung der sog. „General- pflichtenklausel". Ferner wurden Vorschriften über die Zusammen- arbeit von Ärzten, die Möglichkeiten und den Nachweis einer erfolgten Fortbildung aufgenommen und die den ärztlichen Notfalldienst betref- fenden Bestimmungen präzisiert.

Neu eingefügt ist auch ein Hinweis über den Abschluß einer Haftpflicht- versicherung und die Meldung von bekanntwerdenden Arzneimittel- nebenwirkungen.

Zahlreiche weitere Formulierungen wurden aufgrund der in der Ver- gangenheit gewonnenen Erfahrun- gen ergänzt. Aus systematischen Gründen sind die bisher in der Weiterbildungsordnung enthalte-

nen Vorschriften über Vertretung von Ärzten und die Beschränkung von Chefärzten auf eine Kranken- haustätigkeit in die Berufsordnung überführt worden.

In die Berufsordnung wurde auch der vom Deutschen Ärztetag gefaß- te Beschluß eingearbeitet, daß die Formulierung „Gemeinschaftspra- xis" auf dem Arztschild geführt werden darf.

Die bisher in der Berufsordnung aufgeführten Bestimmungen über Zusatzbezeichnungen sind in die Weiterbildungsordnung überführt

1272

Heft 19 vom 6. Mai 1976

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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worden, um den neu in Kraft getre- tenen Facharztgesetzen Rechnung zu tragen. [Die Einführung neuer Zusatzbezeichnungen wird an an- derer Stelle des Tätigkeitsberichts behandelt — Redaktion.]

Ärztliche Weiterbildung

Die Entwicklung der Facharztord- nung, die seit 1968 als Weiterbil- dungsordnung bezeichnet wird, wurde im Tätigkeitsbericht 1973/74 im einzelnen dokumentiert (DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT, Sonder- nummer 26 a/1975, Seite 1967 ff.).

Dabei wurde auch über Vorge- schichte, Verfahren und Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes vom Jahre 1972 berichtet.

Nach fast zweijährigen Vorarbeiten hatte die Konferenz der Gesund- heitsminister der Länder 1974 den Musterentwurf für ein Landesge- setz über das Facharztwesen ver- abschiedet, zu dem der Deutsche Ärztetag 1974 ausführlich Stellung nahm. Auf der Basis dieser Vorstel- lungen hat die Regierung des Lan- des Nordrhein-Westfalen nach Er- örterungen mit den Vertretern der Heilberufe dieses Landes als erste einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ohne Gegenstimmen am 12. 3. 1976 vom nordrhein-westfälischen Land- tag verabschiedet wurde. Der Wortlaut des nordrhein-westfäli- schen Gesetzes ist, soweit er die Änderung des Ärztekammergeset- zes betrifft, im Tätigkeitsbericht 1974/75 im Auszug dokumentiert.

Damit war Nordrhein-Westfalen als erstes Bundesland dem Auftrag nachgekommen, „die statusbilden- den Normen des Facharztwesens gesetzlich zu regeln". Die seit Jahrzehnten bewährte Selbstver- waltung der Heilberufe auf dem Gebiet der ärztlichen Weiterbil- dung konnte dadurch auch für die Zukunft gesichert werden. Kurze Zeit später wurde ein fast gleich-

lautendes Gesetz im Saarland be- schlossen.

Der 78. Deutsche Ärztetag befaßte sich nach einem Referat des Vor- sitzenden der Ständigen Konferenz

„Ärztliche Weiterbildung", Prof. Dr.

Sewering, mit der „Fortentwicklung der Weiterbildungsordnung" und gab dabei insbesondere der Hoff- nung Ausdruck, daß in allen ande- ren Bundesländern gleichlautende Landesgesetze verabschiedet wür- den, um entsprechend der Ent- scheidung des Bundesverfassungs- gerichtes den Freiraum der ärzt- lichen Selbstverwaltung nicht mehr einzuengen als unbedingt notwen- dig.

In der Diskussion wurde insbeson- dere bedauert, daß die Bestim- mung, nach der Weiterbildungs- stätte und der Weiterbildende we- nigstens einmal zu wechseln sind, bestehengeblieben ist, jedoch be- grüßt, daß durch die zuständige Ärztekammer abweichende Bestim- mungen getroffen werden können.

Im Hinblick auf die vorgesehene Teilung der Zuständigkeit hinsicht- lich der Ermächtigung zur Weiter- bildung und der Zulassung von Weiterbildungsstätten wurde ange- regt, durch entsprechende Verwal- tungsverfahren wenigstens zu er- reichen, daß diese Ermächtigung und Zulassung als eine einheitli- che Maßnahme betrachtet wird, auch wenn es nach dem Gesetzes- text zwei getrennte Verwaltungs- akte sind.

Das Gesetz schreibt eine Prüfung am Ende der jeweils vorgeschrie- benen Mindest-Weiterbildungszeit vor. Bei der Feststellung des Prü- fungsergebnisses sind sowohl alle vorgelegten Nachweise und Zeug- nisse über die absolvierte Weiter- bildungszeit als auch die vom An- tragsteller mündlich dargelegten Kenntnisse zu beurteilen. „Das Nä- here" über die Prüfung wird in der Weiterbildungsordnung geregelt.

Dem Deutschen Ärztetag war der Entwurf eines Kataloges der in Zu- kunft in die Weiterbildungsordnung aufzunehmenden Gebiete, Teilge- biete und Bereiche — und deren entsprechende Gebiets-, Teilge-

biets- und Zusatzbezeichnungen — sowie eine erste Zusammenstel- lung der Arztbezeichnungen, deren gemeinsame Führung als Folge des Beschlusses des Bundesver- fassungsgerichts zugelassen wer- den sollte, zur Kenntnis gebracht worden. Nach der Aussprache faß- te der 78. Deutsche Ärztetag im Mai 1975 die nachfolgende Ent- schließung:

„Die Länder Nordrhein-Westfalen und Saarland haben Gesetze für die Weiterbildung von Ärzten ver- abschiedet. Diese Gesetze tragen dem Beschluß des Bundesverfas- sungsgerichtes vom Mai 1972 Rechnung und übertragen wie bis- her der ärztlichen Selbstverwaltung die Aufgabe, die berufsrechtlichen Bestimmungen dem jeweiligen Stand der medizinischen Entwick- lung anzupassen.

Angesichts der dringenden Not- wendigkeit, baldmöglichst in allen Bundesländern entsprechende Ge- setze in Kraft zu setzen, fordert der Deutsche Ärztetag die übrigen Landesregierungen auf, in ihren Bereichen dafür Sorge zu tragen, daß gesetzliche Regelungen glei- cher Art verabschiedet werden wie in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland; eine enge Zusammenar- beit mit den Landesärztekammern ist dabei unbedingt erforderlich.

Nur durch ein derartiges Vorgehen kann sichergestellt werden, daß in allen Ländern der Bundesrepublik durch die Landesärztekammern Berufs- und Weiterbildungsordnun- gen verabschiedet werden können, die die einheitliche Basis für die Berufsausübung in unserem Staate gewährleisten."

In der Folgezeit beschäftigten sich die Regierungen der Bundesländer mit Entwürfen zu diesem Gesetz.

Als drittes Land verabschiedete der Landtag von Baden-Württem- berg das neue Kammergesetz am 19. Februar 1976. Nach dem Stand Ende Februar 1976 ergibt sich in den Bundesländern folgendes Bild:

Entwürfe für die gesetzliche Rege-

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Tätigkeitsbericht '76

lung des Facharztwesens liegen in Bayern, Hamburg, Berlin, Nieder- sachsen, Schleswig-Holstein und Hessen vor. Mit der Verabschie- dung ist im Laufe des Jahres 1976 zu rechnen. In Rheinland-Pfalz und Bremen sind zeitliche Vorstellun- gen zur Verabschiedung der Ge- setze noch nicht bekanntgeworden.

Abweichende Vorstellungen von den bisher verabschiedeten Geset- zestexten sind in Hamburg und Berlin geäußert worden. Die Ärzte- kammern in diesen Bereichen ste- hen im engen Kontakt mit den auf- sichtsführenden Behörden. Ziel dieser Erörterung ist sicherzustel- len, daß in allen Bundesländern in den wichtigen Fragen der ärztli- chen Berufsausübung übereinstim- mende gesetzliche Regelungen ge- troffen werden.

Entwurf der Neufassung der Weiterbildung

Nach fast ununterbrochenen Bera- tungen der für die ärztliche Weiter- bildung zuständigen Gremien, so- weit erforderlich nach entspre- chenden Beratungen mit den für die einzelnen Gebiete, Teilgebiete und Bereiche zuständigen wissen- schaftlichen Gesellschaften und Verbänden, legte die Ständige Kon- ferenz „Ärztliche Weiterbildung"

am 11. Februar 1976 den Entwurf einer neuen Weiterbildungsord- nung vor, der vom Vorstand der Bundesärztekammer am 20. Febru- ar 1976 verabschiedet wurde und nach redaktioneller Überarbeitung den Delegierten des 79. Deutschen Ärztetages zusammen mit dem Ent- wurf einer neuen Berufsordnung Anfang März 1976 als Beratungsun- terlage für die Erörterung des dies- jährigen Deutschen Ärztetages zu- ging.

Die Neufassung der Berufs- und Weiterbildungsordnung wird we- sentlicher Verhandlungsgegen- stand des kommenden Deutschen Ärztetages in Düsseldorf sein.

Das Kapitel „Arzt und Kranken- haus" wird auf Seite 1307 ff.

wiedergegeben.

NACHRICHTEN

Nach Redaktionsschluß:

Die Kassenärztliche Bundesvereini- gung und die Bundesverbände der Orts-, Betriebs-, Innungs- und Land- wirtschaftlichen Krankenkassen haben sich im Rahmen ihrer part- nerschaftlichen Selbstverwaltung in Ergänzung der bereits eingelei- teten Maßnahmen zur Dämpfung der Kostenentwicklung der gesetz- lichen Krankenversicherung dazu entschlossen, den Kassenärztli- chen Vereinigungen und den Kran- kenkassen Empfehlungen für die Gestaltung ihrer regionalen Vergü- tungsregelungen bis zum Ende des Jahres 1977 zu geben. Im einzelnen ist folgendes vereinbart worden:

1. Der Zuwachs der Gesamtvergü- tung für Laboratoriumsleistun- gen als für die Vermehrung der Ausgaben primär ursächlicher Faktor soll für die Jahre 1976 und 1977 auf jeweils 4 Prozent begrenzt werden. Den Aus- gangswert dafür bildet die Ge- samtvergütung des Jahres 1975, gemindert um die bereits früher vertraglich vereinbarte Absen- kung von rund 24 Prozent. Die Steigerung der Aufwendungen für Laboratoriumsuntersuchun- gen wird damit auf eine Größen- ordnung beschränkt, die eine Berücksichtigung der berechtig- ten Ansprüche der Versicherten auf eine umfassende Diagnostik und Teilnahme an der medizini- schen Fortentwicklung auch in Zukunft unter Beachtung des ökonomisch Vertretbaren er- möglicht.

2. Die Vergütungssätze für kassen- ärztliche Leistungen sollen für das Jahr 1977 linear um 4 Pro- zent erhöht werden.

3. Unter Berücksichtigung der Tat- sache, daß die Kosten der An- wendung moderner Medizin in behutsamer Anpassung an die wissenschaftliche Entwicklung im wohlverstandenen Interesse aller in finanzierbaren Grenzen gehalten werden müssen, soll der Zuwachs an Gesamtvergü- tungen für kassenärztliche Lei- stungen in den Jahren 1976 und 1977 jeweils 8 Prozent gegen- über dem Vorjahr nicht überstei- gen. Soweit die Steigerung der Gesamtvergütung für 1976 über diesen Vomhundertsatz hin- ausgeht, ist der Erhöhungsbe- trag im Jahre 1977 entsprechend zu senken.

4. Ausgenommen sind von den Be- grenzungsregelungen die Vergü- tungen für die gesundheitspoli- tisch bedeutsamen und letztlich auch kostensparenden Leistun-

gen der Mutterschaftsvorsorge und der Krankheitsfrüherken- nung. Ebenfalls ausgenommen sind die Vergütungen für ärztli- che Beratungen über Fragen der Empfängnisregelung, für recht- lich zulässige Sterilisationen und Schwangerschaftsabbrüche.

Außer Betracht bleibt auch die Vermehrung der Leistungen, die auf Epidemien (z. B. Grippewel- len) zurückgeht.

Empfehlungsvereinbarung abgeschlossen

Gemeinsame Presseerklärung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesverbände

der Orts-, Betriebs-, Innungs- und Landwirtschaftlichen Krankenkassen

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Heft 19 vom 6. Mai 1976

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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