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Archiv "Sozial-Enzyklika: Warnung vor „Konsumismus“" (06.06.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EMU '

Sozial-Enzyklika:

Warnung vor

„Konsumismus"

Grundlegende Kritik übt die jetzt veröffentlichte jüngste Sozial- Enzyklika am „Konsumismus" und an der Umweltzerstörung. Übertrie- bener Konsum wird besonders scharf kritisiert. Papst Johannes Paul II.

fordert ein „groß angelegtes erziehe- risches und kulturelles Bemühen, das die Erziehung der Konsumenten zu einem verantwortlichen Verbrau- cherverhalten, die Weckung eines hohen Verantwortungsbewußtseins bei den Produzenten und vor allem bei den Trägern der Kommunikati- onsmittel sowie das notwendige Ein- greifen der staatlichen Behörden umfaßt". Besonders der Rauschgift- konsum sei Anzeichen einer „ern- sten Funktionsstörung des Gesell- schaftssystems". Die Droge ebenso wie die Pornographie und andere

„Konsumismusformen" versuchten die geistige Leere schwacher Men- schen auszufüllen, indem sie sich ih- re Anfälligkeit zunutze machen.

Mit dem Problem des „Konsu- mismus" eng verknüpft sei die Um- weltzerstörung. „Der Mensch, der mehr von dem Verlangen nach Be- sitz und Genuß als dem nach Sein und Entfaltung ergriffen ist, konsu- miert auf maßlose und undiszipli- nierte Weise die Ressourcen der Er- de und selbst ihre Existenz", mahnt der Papst. Kritik übt Johannes Paul II. in diesem Zusammenhang — wie erwartet — auch an der Abtreibung.

Der Mensch scheine mehr darauf be- dacht zu sein, die Quellen des Le- bens zu beschränken, zu unterdrük- ken und zu vernichten, „bis hin zur leider so weltweit verbreiteten Ab- treibung, als die Möglichkeiten des Lebens selbst zu verteidigen und zu eröffnen".

Die Sozial-Enzyklika von Johan- nes Paul II. trägt den Titel „Centesi- mus annus" („Die Hundertjahrfei-

er"). Sie wurde in Erinnerung an die Enzyklika „Rerum Novarum" von Leo XIII. herausgegeben, die vor 100 Jahren die soziale Frage aufge- griffen hatte. Die Kirchen taten sich im 19. Jahrhundert schwer mit den Problemen ihrer Zeit. Zwar rief der Protestant Johann Heinrich Wichern die „Innere Mission" ins Leben, und Adolf Kolping gründete die Gesel- lenvereine, die sich um wandern- de katholische Handwerksgesellen kümmerten, doch es blieb bei verein- zelten kirchlichen Hilfsansätzen, die von der Annahme ausgingen, daß die christliche Nächstenliebe des einzel- nen dem Elend der Industriearbei- terschaft abhelfen könnte.

Erst 1891, nach der Bismarck- schen Sozialgesetzgebung, erschien Leos XIII. Sozial-Enzyklika „Rerum Novarum", in der er Arbeiter und Unternehmer als Teile einer gottge- wollten Gesellschaft bezeichnete, deren Ordnung der Staat zu sichern habe. Johannes Paul II. weist in sei- ner Sozial-Enzyklika darauf hin, daß Leo XIII. immer wieder die notwen- digen Grenzen im Eingreifen des Staates betont habe: „Der Staat hat instrumentalen Charakter, da der einzelne, die Familie und die Gesell- schaft vor ihm bestehen und der Staat dazu da ist, die Rechte des ei- nen und der anderen zu schützen, nicht aber zu unterdrücken."

Eine Anschauung, die von Papst Johannes Paul II. unterstützt wird, der sich in seiner neunten Enzyklika als Verfechter der sozialen Markt- wirtschaft erweist. Doch bevor er diese Wirtschaftsform verteidigt, widmet er sich zunächst in mehreren Kapiteln den Irrtümern des Marxis- mus. Die Anhänger dieser Ideologie seien der Meinung gewesen, daß es erst nach Radikalisierung der sozia- len Gegensätze möglich wäre, durch

eine gewaltsame Auseinanderset- zung zu einer Lösung zu gelangen.

Die Ereignisse im Jahr 1989 hätten jedoch gezeigt, daß der Zusammen- bruch der Machtblöcke überall durch einen gewaltlosen Kampf er- reicht wurde.

Außerdem habe sich das soziali- stische Wirtschaftssystem als untaug- lich erwiesen: „Man kann den Men- schen nicht einseitig von der Wirt- schaft her begreifen und auch nicht aufgrund der bloßen Zugehörigkeit zu einer Klasse. Der Mensch wird am umfassendsten dann erfaßt, wenn er im Kontext seiner Kultur ge- sehen wird, das heißt, wie er sich durch die Sprache, die eigene Ge- schichte und durch die Grundhaltun- gen in den entscheidenden Ereignis- sen des Lebens, in der Geburt, in der Liebe, im Tod, darstellt." Das Um- bruchjahr 1989, in dem die meisten kommunistischen Regime gestürzt wurden, biete ein Beispiel „für den Erfolg des Verhandlungswillens und evangelischen Geistes gegenüber ei- nem Gegner, der entschlossen war, sich nicht von sittlichen Normen ein- grenzen zu lassen".

Die Familie: Das

„Heiligtum des Lebens"

Johannes Paul II. betont die so- zialen Verpflichtungen des Eigen- tums und der Weltwirtschaftskrise, denn die marxistische Lösung sei zwar gescheitert, in der Welt bestün- den jedoch nach wie vor Formen der Ausgrenzung und Ausbeutung, be- sonders in der Dritten Welt. Als das wirksamste Instrument für die Anla- gen der Ressourcen und für die beste Befriedigung der Bedürfnisse habe sich der freie Markt erwiesen. Das gelte allerdings nur für jene Bedürf- nisse, die bezahlbar sind und damit einen angemessenen Preis erzielen können. Es sei eine strenge Pflicht der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu verhindern, daß die fundamenta- len menschlichen Bedürfnisse unbe- friedigt bleiben und daß die davon betroffenen Menschen zugrunde ge- hen.

Als eine zentrale Zukunftsauf- gabe nennt die Enzyklika die Aner- kennung der Familie als das „Heilig- Dt. Ärztebl. 88, Heft 23, 6. Juni 1991 (21) A-2037

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tum des Lebens". In der auf Ehe be- gründeten Familie schaffe die gegen- seitige Hingabe von Mann und Frau eine Lebensatmosphäre, in der das Kind geboren werde und seine Fä- higkeiten entfalten könne.

Die Enzyklika warnt vor den al- ten Formen des „Totalitarismus und Autoritarismus", die noch nicht voll- ständig besiegt seien. In den Indu- strieländern gebe es bisweilen eine geradezu besessene Propaganda für die rein utilitaristischen Werte, ver- bunden mit einer „Enthemmung der Triebe" und einem Drang zum un- mittelbaren Genuß. In einigen Län- dern zeigten sich neue Formen eines religiösen Fundamentalismus. „Ver- schleiert, aber auch offen wird den Bürgern eines anderen Glaubensbe- kenntnisses die freie Ausübung ih- rer bürgerlichen und religiösen Rechte verwehrt." Ohne die Ach-

Für Dr. Günther Krause, Bun- desminister für Verkehr, liegt das rechte Maß so etwa in der Mitte. In Zukunft sollen es höchstens 0,4 Pro- mille sein, mit denen man gerade noch straffrei auf Deutschlands Stra- ßen unterwegs sein darf. Noch in diesem Jahr will Krause eine gesetz- liche Regelung herbeiführen, die ei- ne einheitliche Rechtslage für den Problembereich Alkohol im Straßen- verkehr schafft. Statt 0,8 (im We- sten) und 0,0 (im Osten) dann 0,5 in ganz Deutschland.

Daß Promille-Grenzen unter- halb eines bestimmten Niveaus, aber oberhalb der absoluten Null-Lösung, rein „politische Grenzwerte" sind, räumt das Bundesverkehrsministeri- um auch in der aktuellen Diskussion ein. Dennoch: Neuere wissenschaft- liche Untersuchungen scheinen die bisherige West-Regelung fragwürdi- ger denn je zu machen. „Es zeigt sich", heißt es beispielsweise in einer umfangreichen Literaturstudie, die Professor Dr. Hans-Peter Krüger

tung des natürlichen Grundrechtes, die Wahrheit zu erkennen und nach ihr zu leben, könne es keinen Fort- schritt geben.

Auch (oder gerade) im 20. Jahr- hundert könnten all diejenigen, die nach Orientierung und Wertmaßstä- ben suchen, auf die christliche Lehre zurückgreifen. Die katholische Kir- che, die auf Schutz der Umwelt und des Lebens, Erhalt der Familie sowie Hilfe für die Dritte Welt setzt, dürfte bei vielen Menschen Anklang fin- den. Aber solange sie ihre Positionen in Fragen der Empfängnisverhütung oder der Emanzipation der Frau nicht revidiert, wird man auch Jo- hannes Paul II. wie seinem Vorgän- ger vor 100 Jahren vorwerfen müs- sen, daß er in der Einschätzung der gesellschaftlichen Situation am Ende des 20. Jahrhunderts nicht mit der Zeit geht. Kli

vom Psychologischen Institut der Universität Würzburg im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums erstellt hat, „daß ab 0,3 Promille Blutalko- holkonzentration bereits nachweis- bare Wirkungen feststellbar sind. Ab 0,5 Promille treten deutliche Beein- trächtigungen auf: Rasch wechseln- de Verkehrssituationen, unvorher- sehbare Ereignisse, Mehrfachanfor- derungen an den Fahrer oder Situa- tionen mit aggressionsauslösenden Reizen werden schlecht bewältigt."

Krüger kommt nach der Prüfung von rund 100 000 einschlägigen Lite- raturangaben, der persönlichen Sich- tung von etwa 8000 Artikeln und der Extrahierung von 1126 relevanten Wirkungsbefunden zu dem Schluß:

„Eine Absenkung des Gefahren- grenzwertes auf 0,5 Promille ist zu befürworten." Für Werte über 0,7 Promille seien die medizinisch-psy- chologisch nachweisbaren Leistungs- minderungen generell so extrem, daß ein Grenzwert nicht weiter begrün- det werden müsse. Für Werte unter

0,7 Promille ließe sich hingegen un- ter Angabe besonderer Bedingungen jeder Grenzwert rechtfertigen. Bei Grenzwerten über 0,3 Promille kön- ne die Begründung mit den Ergeb- nissen aus wissenschaftlichen Studi- en allein nicht geführt werden. Dazu bedürfe es zusätzlicher Argumente.

Überwiegend junge Menschen betroffen

Eines dieser Argumente ist das erhöhte Unfallrisiko. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes star- ben im vergangenen Jahr fast 1500 Menschen bei Verkehrsunfällen, die unter Alkoholeinfluß geschahen.

Das sind 18 Prozent aller Verkehrs- toten in den alten Bundesländern — im Vergleich zu Unfällen ohne Al- koholeinwirkung eine überdurch- schnittlich hohe Unfallschwere. Die meisten Unfälle dieser Art ereignen sich an den Wochenenden, beson- ders an Samstagen. Etwa 70 Prozent der Alkoholunfälle fallen in die Zeit von 18 Uhr abends bis 4 Uhr mor- gens, während im selben Zeitraum nur 30 Prozent aller Unfälle regi- striert werden.

„Die Masse der ,Alkoholtäter`

ist relativ jung", sagt Sigrid Nicode- mus vom Statistischen Bundesamt.

„31 Prozent sind zwischen 18 und 25 Jahre, weitere 30 Prozent zwischen 25 und 34." Auch in den neuen Bun- desländern sind überwiegend junge Menschen in Alkoholunfälle verwik- kelt. Und auch dort lag in den letzten Jahren der Anteil der Unfälle unter Alkoholeinfluß in vergleichbarer Höhe, trotz der 0,0-Promille-Marke.

Allerdings: Nach Öffnung der Gren- zen kam es in den neuen Bundeslän- dern zu einem dramatischen Anstieg der Verkehrsunfälle insgesamt — be- sonders aber der Alkoholunfälle mit Personenschaden. Ein Anstieg um 72 Prozent gegenüber dem Vorjahr wurde registriert. Noch schlimmer die Entwicklung bei den Unfalltoten durch Alkohol am Steuer: 94 Prozent mehr, das sind insgesamt 509 im Straßenverkehr getötete Menschen.

Zahlen wie diese legen den Schluß nahe, daß eine gesetzlich festgelegte Promille-Grenze allein offenbar nicht ausreicht, um das Pro-

Alkohol am Steuer

Bald 0,5-Promille-Grenze in ganz Deutschland?

A-2038 (22) Dt. Arztebl. 88, Heft 23, 6. Juni 1991

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