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Archiv "Toll-like-Rezeptoren: Neue Zielstruktur für immunstimulierende Medikamente" (20.04.2007)

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A1072 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 16⏐⏐20. April 2007

M E D I Z I N R E P O R T

D

ie Entwicklungsbiologin Prof.

Dr. rer. nat. Christiane Nüß- lein-Volhard, Direktorin am Max- Planck-Institut für Entwicklungs- biologie in Tübingen, erinnert sich genau an den Moment, der dem Toll-Gen der Fruchtfliege seinen Namen gab. Sie saß ihrem Kollegen Prof. Eric F. Wieschaus gegenüber an einem Doppelmikroskop, das zwei Personen gleichzeitig die Un- tersuchung desselben Objekts er- laubt. „Als wir eines Tages eine Em- bryonenmutante sahen, deren Ent- wicklung ventralisiert war, waren wir beide vollkommen überrascht und haben spontan ‚toll‘ gerufen.

Bis dahin kannten wir nur dorsali- sierte Embryonen“, sagte Nüßlein- Volhard zum Deutschen Ärzteblatt.

Sie hat gemeinsam mit Wieschaus, heute an der Princeton University in

New Jersey, und dem inzwischen verstorbenen amerikanischen For- scher Edward B. Lewis 1995 den Medizin-Nobelpreis für grundle- gende Erkenntnisse zur genetischen Kontrolle der Embryonalentwick- lung erhalten.

Das Toll-Gen, so stellte sich spä- ter heraus, steht nicht nur im Dienst der Embryonalentwicklung, sondern auch der Infektabwehr. Wie „toll“

die Entdeckung des Fruchtfliegen- Gens auch für die Humanmedizin ist, wird in den letzten Jahren im- mer deutlicher: 1997 wurde der erste Toll-ähnliche Rezeptor (Toll- like-receptor, TLR) beim Säugetier identifiziert. Seither boomt die For- schung. Die Paul-Martini-Stiftung hatte zu einem Workshop nach Bonn eingeladen, der einen Überblick gab, wie TLR als Angriffspunkte für

neue Medikamente genutzt werden können.

TLR gehören zu einer Genfami- lie, von der beim Menschen bislang zehn verschiedene Varianten identi- fiziert worden sind (TLR 1 bis 10).

Die TLR haben eine zentrale Bedeu- tung für die angeborene Immunab- wehr. So können die TLR 2, 4, 5 und 6 – sie sitzen in der Plasmamembran von Monozyten, natürlichen Killer- zellen, Mastzellen oder myeloiden dendritischen Zellen – bakterielle Lipoproteine und Lipopolysacchari- de erkennen sowie virale Proteine.

Spezialisierung auf Einzel- oder Doppelstrang

Die intrazellulär und häufig in En- dosomen von Immunzellen expri- mierten TLR 3, 7, 8 und 9 binden dagegen vor allem bakterielle und

TOLL-LIKE-REZEPTOREN

Neue Zielstruktur für

immunstimulierende Medikamente

Die Entwicklung selektiver Inhibitoren oder Aktivatoren der Toll-like-Rezeptoren ist eine wichtige Strategie zur Bekämpfung hochinfektiöser Krankheitserreger.

Die Fruchtfliege Drosophila ist ein Universalmodell für die Biologie:

Proteine, die die Embryonalentwick- lung und Infektab- wehr bei dem Insekt steuern, findet man in ähnlicher Form auch beim Men- schen. Sie erhielten den Namen Toll- like-Rezeptoren (TLR). Zehn unter- schiedliche TLR wurden bisher im humanen System entdeckt.

Foto:picture-alliance/OKAPIA KG

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 16⏐⏐20. April 2007 A1073

M E D I Z I N R E P O R T

virale Nukleinsäuren. Dabei haben die verschiedenen intrazellulären TLR ihre eigenen Vorlieben: Man- che erkennen hauptsächlich einzel- strängige, andere doppelsträngige RNA, wieder andere unmethylierte DNA mit vielen Cytidin-Guanosin- Dinukleotiden (CpG), die für Bakte- rien charakteristisch ist.

TLR stimulieren nicht nur unspe- zifische Abwehrmechanismen, son- dern stellen über direkte und in- direkte Effekte auch die Weichen für die Bildung spezifischer Im- munreaktionen und des immunolo- gischen Gedächtnisses. So können dendritische Zellen, die verschiede- ne TLR synthetisieren, auch B- und T-Lymphozyten aktivieren.

Krebsimpfung mit TLR- Agonisten und Tumorantigen

Dabei sind die myeloiden dendriti- schen Zellen (mDC) besonders auf Antigenpräsentation spezialisiert, die plasmazytoiden dendritischen Zel- len – neben den Langerhans-Zellen die dritte Subpopulation dendriti- scher Zellen – vor allem auf die Bil- dung von Zytokinen nach Akti- vierung durch Virus-DNA. Wo auch immer aber die TLR membrange- bunden vorkommen, treffen sie auf einen Bindungspartner und lösen über Adaptermoleküle die Produkti- on von Transkriptionsfaktoren und von Zytokinen aus.

TLR sind ideale Zielstrukturen für künstliche Agonisten, die Im- munreaktionen gegen Tumoren oder Krankheitserreger verstärken sol- len. So wird das Molekül TLR 9 mit synthetischen CpG-haltigen Oligo- nukleotiden für die Therapie von Autoimmun-, Krebs- und Infektions- krankheiten angesteuert. Eine Vari- ante in der Krebstherapie ist die Kombination mit Tumorantigenen, um auch eine spezifische T-Zellant- wort zu induzieren.

Prof. Dr. med. Daniel Speiser vom Ludwig-Institut für Krebsfor- schung an der Universität Lausanne berichtete in Bonn, wie CpG-Oligo- nukleotide als Adjuvans verwendet und dabei auch mit herkömmlichen Adjuvanzien kombiniert werden kön- nen. So habe ein synthetischer Ago- nist von TLR 9 (CpG 7909) in Kom- bination mit inkomplettem Freund-

Adjuvans plus einer Mischung von Melanom-Antigenen in einer Pilot- studie mit 24 Melanompatienten (Stadium III/IV) nach der vierten Vakzinierung im Abstand von jeweils einem Monat zu einer zehnfachen Steigerung antigenspezifischer CD8- positiver T-Zellen bei allen Proban- den geführt. Kommerzialisiert wer- den TLR-9-basierende Therapiestra- tegien durch das Unternehmen Coley Pharmaceuticals, das seine deutsche Niederlassung in Langenfeld hat.

Drei Klassen von CpG-Oligonu- kleotiden induzieren die TLR-9- vermittelte Sekretion verschiedener Zytokine unterschiedlich stark. Ab- hängig von Indikation und Kom- binationspartnern lässt sich das Verhältnis von erwünschten zu un- erwünschten Effekten über die ver- schiedenartigen CpG-Oligonukleo- tide optimieren.

CpG-Oligonukleotide sind für verschiedene Indikationen in klini- scher Prüfung. In einer Phase-II- Studie mit 112 Patienten, die an nicht kleinzelligem Bronchialkarzi- nom (NSCLC Stadien IIIb/IV) er- krankt waren und eine Standard- Chemotherapie (Taxan plus Cispla- tin) erhielten, lebte jene Gruppe, die

zusätzlich zu den Zytostatika CpG 7909 erhielt, mit durchschnittlich 12,2 Monaten knapp doppelt so lan- ge wie die Probanden im Kontrollarm (6,8 Monate im Mittel).

Jetzt wird in zwei Phase-III-Stu- dien, die Coley für das Unterneh- men Pfizer Oncology durchführt, die Wirksamkeit des CpG-Oligonu- kleotids intensiver geprüft mit Pati- enten, die an metastasiertem NSCLC erkrankt sind. Oligonukleotide wer- den auch für die Behandlung anderer Tumoren, wie Nierenzellkarzinom, Brustkrebs, kutanes T-Zell- sowie Non-Hodgkin-Lymphom, klinisch untersucht.

Individueller RNA-Cocktail gegen malignes Melanom

Ebenfalls in klinischer Prüfung ist der TLR-9-Agonist CpG 10101: Die Substanz soll die Immunantwort bei Hepatitis-C-infizierten Patienten verstärken. In einer Phase-Ib-Studie mit vorbehandelten Probanden wur- den zwei von 15 Patienten nach zwölf Wochen Standardtherapie mit Interferon plus Ribavirin HCV-ne- gativ, gegenüber sieben von 14 Pa- tienten, die zusätzlich CPG 10101 erhalten hatten.

Gereinigte, einzelsträngige mes- senger-RNA (mRNA), die mit Prot- amin vor dem Abbau geschützt wer- de, sei ein guter TLR-vermittelter Immunstimulus, betonte Prof. Dr.

rer. nat. Hans-Georg Rammensee von der Universität Tübingen. Der Ansatz der Tübinger Arbeitsgruppe:

Ein Cocktail stabilisierter mRNA- Moleküle, die die genetische In- formation für möglichst mehrere Tumorantigene, zum Beispiel eines Melanoms, enthalten, soll sowohl unspezifische als auch spezifische Immunreaktionen ankurbeln.

„Wir haben gesehen, dass sol- che Cocktails spezifische IgG- und T-Zell-Immunantworten auslösen können, wenn sie Melanompatien- ten intradermal injiziert wurden“, sagte Rammensee zum DÄ. Er kön- ne sich vorstellen, dass künftig mRNA-Cocktails als Vakzine gegen Krebs individuell mit Bauanleitun- gen für die beim einzelnen Patienten vorhandenen Tumorantigene zusam- mengestellt würden. I Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

TOLL-LIKE-REZEPTOREN

Eine erste Abwehrfront gegen Krankheitserreger bilden Systeme der angeborenen Immunität: In den Körper einge- drungene Bakterien oder Viren müssen rasch als potenzi- elle Pathogene erkannt werden. Eine Gruppe von Rezep- torproteinen, die sogenannten Toll-ähnlichen Rezeptoren (TLR), sind spezialisiert auf die Erkennung von molekula- ren Fingerabdrücken, über die Bakterien von Viren unter- schieden werden können. Während solche Fingerabdrücke von Bakterien, wie beispielsweise Endotoxin oder bakteri- elle Lipoproteine, schon seit Längerem bekannt sind, war lange Zeit unklar, anhand welcher molekularer Fingerab- drücke die unspezifische Immunabwehr Viren identifiziert.

Heute ist bekannt: TLR erkennen virale Proteine und Nu- kleinsäuren.

Bislang sind bei Vertebraten 13 verschiedene TLR identifiziert worden, davon zehn beim Menschen. Durch den Kontakt mit Krankheitserregern werden die TLR sti- muliert. Dadurch wird eine Signalkette in der Zelle ange- stoßen, die zur Aktivierung von Abwehrmechanismen des Immunsystems, wie beispielsweise der Bereitstellung von Makrophagen, und zur Produktion von Zytokinen führt.

Toll-like-Rezeptoren finden sich bei allen Säugetieren, treten aber auch bereits im Pflanzenreich und bei Insekten auf.

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