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ZUR NEUORIENTIERUNG DER AGRARPOLITIK Vergleichende Evaluation agrarpolitischer Konzepte

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Forschungsschwerpunkt Umweltpolitik

( Internationales Institut für Umwelt und Gesellschaft - IIUG ) Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

IIUG pre 87-10

ZUR NEUORIENTIERUNG DER AGRARPOLITIK Vergleichende Evaluation agrarpolitischer Konzepte

Oobst Conrad

Ich danke Herrn K. Bruckmeier für die kritische Durchsicht und Diskussion der Erstfassung dieser Arbeit.

Erscheint in gekürzter Fassung in: Tagungsband der 28. Oahrestagung der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V., Bonn 1988.

IIUG - Potsdamer Str. 58, 1000 Berlin (West) 30, Tel.: (030) - 26 10 71

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Zusammenfassung

Zur Neuorientierung der Agrarpolitik. Vergleichende Evaluation agrarpolitischer Konzepte

Die vergleichende Evaluation agrarpolitischer Reformvorschläge stößt auf vielfältige Schwierigkeiten. Der vorliegende Beitrag entwickelt daher zunächst ein Analyse- und Evaluationsraster für agrarpolitische Konzepte und faßt in einem weiteren A b ­ schnitt die zentralen Strukturprobleme des (EG-) Agrarmarktes zusammen.

Im folgenden Abschnitt werden verschiedene prototypische Re­

formkonzepte in der hier benutzten Klassifikation vorgestellt sowie auf die wesentlichen Schwachpunkte ihrer Prämissen hin­

gewiesen. Danach werden Reformstrategien und Auswirkungen der Konzepte tabellarisch mit Hilfe des Analyserasters dargestellt und anschließend sowohl an ihren eigenen Zielvorstellungen als auch im Hinblick auf generalisierte Kriterien bewertet.

Im abschließenden Abschnitt werden die wichtigsten in der Bun­

desrepublik Deutschland vertretenen agrarpolitischen Positio­

nen in diesen Zusammenhang eingeordnet und ihr Interessenhin­

tergrund sowie die Konsens- und Konfliktpunkte zwischen diesen Positionen aufgezeigt.

Summary

New Orientation of Agrarian Policy. Comparative evaluation of concepts on agrarian policy

The comparative evaluation of reform proposals in the field of agrarian policy frees a wide range of difficulties. This paper attempts, first of all, to establish an analytical and evalua- tory framework for concepts on agrarian policy. In the second section it summarizes the key structural problems of the agra­

rian market within the European Community. The thrid section introduces various prototypical reform concepts using the above mentioned classification and points out the main weak points of their premises. This is followed by tables display­

ing the concepts witk regard to their reform strategies and the ensuing consequences. This is done with the assistance of the analytical framework presented. These are then evaluated with reference to the respective goals of the strategies and to generalized criteria. In the final part the most important positions regarding agrarian policy in the Federal Republic of Germany are assessed in this context. The interests underlying these positions as well as the pretential consensus or con­

flict of interests between these are borne out.

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1. Einleitung

Je verfahrener die Situation, desto mehr haben Reformvorschläge Konjunk­

tur. Will man aber die Reformvorschläge vergleichend evaluieren, so stößt man auf vielfältige Schwierigkeiten. Zum einen setzt man sich leicht dem Vorwurf interessengeleiteter Bewertung aus, bei der die versteckten eige­

nen Beurteilungskriterien die Vergleichsergebnisse präjudizierenJ Diesem Vorwurf läßt sich nur durch Offenlegung der Prämissen und die Erörterung von deren Angemessenheit begegnen. Zum zweiten können die Reformziele differieren, auf die sich die Einschätzung der jeweiligen Reformstrate- gien und -maßnahmen beziehen muß. Des weiteren seien nur schlagwortartig benannt:

- Differenzen in der Diagnose der zentralen Ursachen der gegenwärtigen Misere von Agrarpolitik und Landwirtschaft;

- Differenzen in den Therapievorschlägen bei gleicher Diagnose;

- Annahmen über agrarexterne Randbedingungen (z.B. Entwicklung des Ar­

beit smarktes und des Ölpreises);

- Auswirkungen der Entwicklungsdynamik des Agrarsektors (z.B. von der Un­

terversorgung zur Überschußproduktion);

- Zeithorizonte und Übergangsprobleme von Reformvorschlägen.

Schließlich sei noch darauf verwiesen, daß an tagespolitischen Opportuni­

täten und wählerwirksamen Präsentationsformen orientierte Reformvorschlä­

ge aufgrund des dann bestehenden Vorrangs von Symbolpolitik kaum dem An­

spruch auf Konsistenz, Stringenz und Präzision genügen können, wenn es diesen gerade um die Vermittlung von Widersprüche verdeckenden, Identifi­

kationsmöglichkeiten anbietenden, eingängigen Wertvorstellungen mit Hilfe von Leerformeln und konsensstiftenden abstrakten Zielformeln geht, die

Als ein typisches Beispiel in diese Richtung kann man die vergleichende Evaluation der agrarpolitischen Positionen der bundesdeutschen Parteien von Schmitz (1986) ansehen, die die Elle deregulierter Agrarmärkte als Maßstab anlegt.

Dieselben politischen Instrumente können unterschiedlichen Zwecken die­

nen und von daher unterschiedlich beurteilt werden. Verschiedene agrar­

politische Reformstrategien mögen umgekehrt durchaus angemessen sein, insofern sie sich aus unterschiedlichen Zielen ableiten.

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wenig mit der jeweils real verfolgten Agrarpolitik zu tun haben müssen.

In Anbetracht dieser keineswegs erschöpfend aufgelisteten Gesichtspunkte, die eine vergleichende Evaluation agrarpolitischer Konzepte zu beachten hat, muß sich ein kurzes Papier zu diesem Thema bescheiden und beschrän­

ken. Es geht mir dabei im Grunde ebensosehr um den Aufriß des erforderli­

chen differenzierten Analyserasters wie um die Bewertung verschiedener agrarpoltischer Konzepte selbst. Letztere kann an dieser Stelle aber nur summarisch und ohne nähere Begründung im einzelnen erfolgen.3

Im Abschnitt 2 wird das verwendete Analyse- und Evaluationsraster vorge­

stellt und seine Grundstruktur erläutert. Im Abschnitt 3 werden die aus meiner Sicht zentralen Strukturprobleme des (EG-)Agrarmarktes zusammenge­

faßt. Abschnitt 4 stellt verschiedene prototypische agrarpolitische Re­

formkonzepte in der hier benutzten Klassifikation vor und weist auf die wesentlichen Schwachpunkte ihrer jeweiligen Prämissen hin. Im Abschnitt 5 werden dann Reformstrategien und Auswirkungen der Konzepte tabellarisch mit Hilfe des Analyserasters dargestellt und anschließend sowohl an ihren eigenen Ziel Vorstellungen als auch im Hinblick auf generalisierte Krite­

rien bewertet. Die Ausführungen im Text beschränken sich dabei auf die Benennung einiger weniger Ergebnisse, die in vergleichender Perspektive von besonderem Interesse sind. In Abschnitt 6 werden abschließend die wichtigsten in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen agrarpoliti- sehen Positionen in diesen Zusammenhang eingeordnet und ihr Interessen­4 hintergrund sowie die Konsens- und Konfliktpunkte zwischen diesen Posi­

tionen aufgezeigt.

2. Analyse- und Evaluationsraster für agrarpolitische Konzepte

Das hier vorgeschlagene Analyse- und Evaluationsraster besteht aus fol­

genden Hauptkomponenten:

--- ---

Insoweit zu bestimmten Fragestellungen jeweils eine Reihe von Arbeiten vorliegt, ist dieses Defizit nicht ganz so gravierend.

4 Damit beschränkt sich meine Darstellung im wesentlichen auf die bundes­

deutsche agrarpolitische Szenerie.

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1. Grobstruktur (agrar)politischer Programme und Konzepte und Kritik ih­

rer Prämissen;

2. Rekonstruktion der agrarpolitischen Konzepte entlang folgender, ana­

lytisch zu unterscheidender Dimensionen: Ziele, substantielle Maßnah­

men, politische Instrumente (moral suasion, markt- und rechtsförmige Instrumente), Verteilung von Nutzen und Kosten (z.B. Landwirtschaft, Verbraucher und Staat), Verteilung der Entscheidungs- und Durchfüh­

rungskompetenzen, Organisation der Programmimplementation;

3. Allgemeine Merkmale agrarpolitischer Konzepte wie Politikverständnis, Legitimation, Partizipation, soziale und institutionelle Basis, Zeit­

horizont, Detaillierungsgrad, Konfliktniveau, Ausmaß der Veränderungen gegenüber dem status quo, Interessenhintergrund, Komplexität;

4. Folgewirkungen in bezug auf Landwirtschaft, Verbraucher, Volkswirt­

schaft, Umwelt, Raum und Regionen, Drittländer und die Agrarpolitik selbst (feedback);

5. Konzeptinterne Evaluation in bezug auf Zielerreichungsgrad, Kohärenz und Konsistenz, Stringenz und Validität der unterstellten Zusammenhän­

ge, Angemessenheit der Mittel, Eindeutigkeit der Programmatik, Beach­

tung von Neben- und Sekundärwirkungen; funktionale Äquivalente etc.

6. Generelle Evaluation in bezug auf Systemkonformität und kulturelle Kompatibilität, Effektivität (zielbezogene Wirksamkeit der Programme), (ökonomische) Effizienz, administrative und rechtliche Praktikabili­

tät, politische Durchsetzbarkeit, Verteilungsgerechtigkeit, Wirkungs­

verzögerung.

Gegenüber stets möglichen Modifikationen, Ergänzungen und Kritik an Ein­

zelpunkten ist es wichtig, daß verschiedene Dimensionen der Evaluation agrarpolitischer Konzepte analytisch auseinandergehalten werden, so daß Kurzschlüsse in der Beurteilung vermieden, die politisch letztlich ent­

scheidende Bewertung der Konzepte unter eigenen normativen Vorgaben weit­

gehend getrennt vorgenommen oder die Verbesserung und Weiterentwicklung agrarpolitischer Programme erleichtert werden können. Dabei wird z.B.

deutlich, daß die in der agrarpolitischen Diskussion vielfach dominieren-

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. 4 -

de Gegenüberstellung von Markt und Staat nur eine unter mehreren wichti- gen Dimensionen der Evaluation ist.5

3. Strukturprobleme der Landwirtschaft

Als zentrale Problemlagen des Agrarsektors in der EG sind vor allem fol­

gende Punkte zu nennen, an denen sich agrarpolitische Auseinandersetzun- gen häufig festmachen:

1. Fehlallokation und Transfer von Ressourcen aus der Volkswirtschaft in den Agrarsektor bei weitgehender Einflußlosigkeit des Verbrauchers von Agrarprodukten;

2. Marktungleichgewichte und wachsende Produktion von Überschüssen auf­

grund von Preis- und Mengengarantien und Außenschutz für die Landwirt­

schaft mit der Folge von Ressourcenverschwendung durch aufgeblähte La­

gerhaltung, Denaturierung agrarischer Produkte, Exportsubventionen, Handelskonflikten mit anderen Agrarexportländern und Zerstörung land­

wirtschaftlicher Produktionsmöglichkeiten in Entwicklungsländern;

5 Da es ideale Märkte im Sinne der Wirtschaftswissenschaften nur unter entsprechenden, üblicherweise staatlich kontrollierten Rahmenbedingun­

gen bestenfalls annäherungsweise geben kann, ist es stets auch eine Frage theoretischer Terminologie, ob spezifische Regelungen als Spezi­

fizierung notwendiger Rahmenbedingungen für die Entfaltung freier Märk­

te oder als Störung des freien Spiels der Marktkräfte interpretiert werden. Selbst im Rahmen der zweifellos als Marktverzerrung einordnen­

baren EG-Agrarmarktordnungen entfaltet sich durchaus ein heftiger Wett­

bewerb.

6 Ihnen gegenüber sind z.B. Haushaltsprobleme eher als Folgekosten zu in­

terpretieren. So ließe sich der budgetäre Engpaß auf EG-Ebene grund­

sätzlich auch mittelfristig dadurch lösen, daß der an die EG abzufüh­

rende Anteil am nationalen Mehrwertsteueraufkommen weiter angehoben wird wie bereits 1984 (von 1 % auf 1,4 %). Die volkswirtschaftlichen Opportunitätskosten solcher Anhebungen stehen auf einem anderen Blatt.

Sie entstehen jedoch auch in geringerer Höhe auf dem gegenwärtigen Ni­

veau der Subventionierung des Agrarsektors.

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3. andauernder agrarstruktureller Wandel mit einer Abnahme der Zahl der Betriebe und der in der Landwirtschaft Beschäftigten und regional kon­

zentrierten Formen sozialer Deprivation;

4. ungleiche Verteilung von Finanzhilfen und Subventionen in bezug auf Länder und Regionen, Agrarprodukte und landwirtschaftliche Einkommen?, teilweise verdeckt durch die indirekten und impliziten Verteilungsme­

chanismen;

5. verzerrte Preisrelationen zwischen Vorleistungen und Endprodukten, zwischen verschiedenen Vorleistungen und zwischen verschiedenen agra­

rischen Erzeugnissen mit der Folge der Intensivierung, Spezialisie­

rung, regionalen Konzentration und der Ausbildung von Monokulturen (von Meyer 1983);

6. Schädigung der Umwelt durch landwirtschaftliche Aktivitäten auf dem Wege der Schadstoffemissionen und Landschaftsveränderung;

7. die Schwierigkeiten der Entwicklung ländlicher Regionen und der sozio- ökonomisehen Lebensfähigkeit benachteiligter Gebiete (less favoured areas);

8. die Zukunft von in der Landwirtschaft tätigen Personen im Hinblick auf Aufgabenstellung, Qualifikationsanforderungen und Beschäftigungsformen (z.B. Biomanager, Landschaftspfleger, Teilzeitlandwirt, Vertragsland­

wirtschaft);

9. zentrifugale Kräfte in der EG aufgrund zunehmender regionaler Dispari­

täten, nicht koordinierter nationaler Agrarpolitiken, unkoordinierter Verteilung von Subventionen und wachsenden Widerstands gegen Netto­

transferzahlungen innerhalb der EG auf der Grundlage finanzieller So­

lidarität.

Darüber hinaus ist im Hinblick auf die politische Durchsetzbarkeit agrar­

politischer Reformkonzepte die auf ideologischer, rechtlicher und insti-

Grob gesprochen erhalten die reicheren nördlichen Regionen mehr Zu­

schüsse als die ärmeren mediterranen Gebiete. Getreide-, Zucker- und Milchproduktion absorbieren mehr als 60 % des EAGFL-Fonds. Größere Be­

triebe erhalten mehr Subventionen als kleinere, weil diese überwiegend nach Produktionsmengen verteilt werden.

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- 6 -

tutioneller Ebene abgesicherte Versäulung und relative Abschottung des Q

Agrarsektors - insbesondere auf EG-Ebene - in Rechnung zu stellen.

Da im folgenden verschiedene Reformkonzepte gerade im Hinblick auf ange­

strebte Veränderungen in der Landwirtschaft gegenüber der hier skizzier­

ten Situation eingeordnet werden, ist diese geraffte Darstellung zentra­

ler agrarpolitischer Problemlagen notwendig, um jene Problemsicht zu mar­

kieren, die die Evaluation der Konzepte wesentlich mitbestimmt.

4. Agrarpolitische Konzepte und ihre Prämissen

Folgende prototypische agrarpolitisch Reformkonzepte werden in diesem Beitrag unterschieden:g

A marktwirtschaftliche orientierte Konzepte B bürokratische Agrarpolitik

C sozial-, regional- und/oder umweltpolitische Umorientierung der Agrarpolitik

D kleinbauernorientierte Agrarpolitik E agrarökologische Reformkonzepte F systemkritische Agrarpolitik.

Marktwirtschaftlich orientierte Reformkonzepte (A) (vgl. exemplarisch Frankfurter Institut 1984) vertrauen auf den Selbstregulierungsmechanis­

mus des Marktes und sehen in der staatlichen Agrarpolitik und Marktlen­

kung die Hauptursachen für die gegenwärtige Misere der Landwirtschaft.

Der Staat sollte lediglich vernünftige ordnungspolitische Rahmendaten

Diese Einschätzung des Agrarsektors setzt vor allem auf der Struktur­

ebene und erst in zweiter Linie auf der Handlungsebene an, auf der sich konkrete Einflüsse von Interessengruppen nachweisen lassen. Auch auf Wahlkalküle von Politikern abzielende Erklärungen der realen Agrarpo­

litik seitens der Neuen Politischen Ökonomie greifen meines Erachtens zu kurz (vgl. Schmitt 1984, Haase 1983).

® Deren Taxonomie orientiert sich an Arnold 1985; vgl. auch Bechmann/

Gustedt 1985.

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setzen. Zu unterscheiden sind strikt marktwirtschaftliche Konzepte einer­

seits (Al ) , die einen funktionsfähigen selbstregulativen Allokationsme­

chanismus des Marktes auch in bezug auf die Umweltproblematik unterstel­

l e n ^ , und die neoklassische Umweltökonomie und Theorien der sozialen Ko­

sten berücksichtigende Konzepte andererseits, die durch Schaffung geeig­

neter, staatlich gesetzter Rahmendaten auf eine Internalisierung von Um­

weltkosten nach dem Verursacherprinzip abzielen (A 2). Marktwirtschaftli­

che Reformkonzepte basieren - als einzige der hier vorgestellten prototy- pischen Positionen - auf einer homogenen, konsistenten wissenschaftlichen Theorie mit einer historisch gewachsenen disziplinären Tradition, der ökonomischen Neoklassik. Von daher wird auch die Affinität der die agrar­

politische Diskussion auf Seiten der Wissenschaft beherrschenden Agrar­

ökonomen zu solchen Reformvorschlägen verständlich, wobei diese in ihren politischen Handlungsempfehlungen durchaus differieren k ö n n e n . M a r k t ­ wirtschaftlich orientierten agrarpolitischen Konzepten geht es primär um die Schaffung eines angemessenen ordnungspolitischen Rahmens für den Agrarsektor, wobei marktförmige Steuerungsinstrumente gegenüber bürokra­

tischen Regelungen präferiert werden. Substantielle Aussagen und Vorstel­

lungen über eine angemessene Agrarstruktur sind demgegenüber sekundär, da sich diese ja gerade über den Marktmechanismus naturwüchsig herausbilden sollten.

Zentrale Kritikpunkte marktwirtschaftlich orientierter Ansätze betreffen vor allem

- die (model 1 betonte) Idealisierung des Marktes durch Unterbelichtung seiner gesellschaftlichen Bedingungen und Voraussetzungen, deren Reali­

sierung zumindest anzuzweifeln ist;

So würde etwa die Zerstörung von Natur- und Kulturlandschaften entwe­

der zur Entwicklung einer zahlungskräftigen Nachfrage nach deren Er­

halt führen, oder aber es besteht kein echter gesellschaftlicher Be­

darf nach ihnen.

Man betrachte etwa die jüngsten Kontroversen um Flächenstillegung (Wolffram 1985 versus Henze 1985, Schmitt/Thoroe 1986), DeintensiVie­

rung (Weinschenk 1986 versus Schmitt 1987) oder den Wasserpfennig (Bo­

nus versus Scheele/Schmitt, im Wirtschaftsdienst 66/67).

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- die kritiklose Verabsolutierung und Ausdehnung ihrer Basisprämissen (Gesellschaft als marktvermittelte Interaktion von nutzenmaximierenden, ökonomisch zweckrationalen Individuen);

- die nicht auflösbare Werturteilsproblematik volkswirtschaftlicher Ko­

steninternalisierungsstrategien;

- die unzureichende Berücksichtigung naturwissenschaftlicher Kenntnisse über die Struktur und Dynamik ökologischer Zusammenhänge (Natur als amorphe Ressource);

- den mehr oder weniger stationären Charakter der Theorie, die etwa Tech- nikentwicklung exogenisiert.

Auch wenn man auf mehr Markt und auf Kosteninternalisierung abzielende Reformkonzepte in der Agrarpolitik begrüßt, bedürfen sie nach überein­

stimmender Ansicht ihrer Vertreter sozial flankierender Maßnahmen, um die mit ihnen verbundenen sozialen Härten aufzufangen. Zudem wird meist auf eine allmähliche Preisfreigabe und erst anschließenden Abbau des EG- Außenschutzes abgehoben. Die Konzepte bedeuten den weitgehenden Abschied von dem die bundesdeutsche Landwirtschaft immer noch prägenden Leitbild bäuerlicher Klein- und Mittelbetriebe. 12 Sie tendieren zu einer Unter­

schätzung der informationellen, machtmäßigen und den Vollzug betreffenden Voraussetzungen einer solchen Strategie. Wo lassen sich die politisch durchsetzungsfähigen Gruppierungen ausmachen, die die bestehende Versäu- lung des Agrarsektors mit all seinen vested interests und strukturell verankerten Verteilungskompromissen aufzubrechen und die konsequente An­

wendung des Verursacherprinzips zu realisieren in der Lage sind?

Gegenüber marktwirtschaftlichen Reformkonzepten setzt bürokratische Agrarpolitik (B) auf administrative Problemlösungen, letztlich auf Macht und weniger auf Geld als (politisches) Medium der Agrarpolitik. Ihr theo­

retischer Bezugspunkt ist im Weberschen Typus zweckrationaler Bürokratie zu sehen (Weber 1956). Komplementär hierzu ist die implizite Tendenz zum

"muddling through" (Lindblom 1965) zu nennen, wodurch sich für die büro­

kratische Agrarpolitik eine gewisse Janusköpfigkeit von stringentem Ver-

Der zu erwartende verstärkte Rückgang der Zahl der Betriebe impliziert nicht die Unrentabilität von Nebenerwerbslandwirtschaft und kleinen Intensivbetrieben.

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waltungsvollzug und inkonsistenten Politikprogrammen, von frei schwebendem agrarpolitischen Willen der Spitze der Bürokratie und der Abhängigkeit agrarpolitischer Maßnahmen von wechselnden Macht- und Einflußverhältnis­

sen ergibt. Bürokratische Agrarpolitik will

"das bisherige Planungsinstrumentarium konsequent mit Hilfe von Quoten und Kontingenten für Produktionsmitteleinsatz und Erzeugung, Verbraucher­

subventionierung zur Erhöhung des Inlandsverbrauchs und verstärkter Raum­

und Umweltplanung erheblich ausbauen. Diese Strategien erkennen zwar deutlich den sich zuspitzenden Gegensatz zwischen einzel- und volkswirt­

schaftlichen Interessen, stoßen jedoch an drei wesentliche Grenzen. Auch sie knüpfen an Symptomen an - insbesondere Produktionsmengen und Kosten -, nicht aber am einzelbetrieblichen Rentabilitäts- und Konkurrenzprin­

zip, an dem raschen technologischen Wandel, an der geringen Marktmacht der Landwirte gegenüber der vor- und nachgelagerten Industrie und an der zunehmenden intra- und intersektoralen Konkurrenz um Boden und Marktan­

teile. Zweitens ist fraglich, ob die hierzu nötigen Kontrollen und Pla­

nungen durchführbar sind." (Arnold 1985: 751)

Schließlich belegen auch die bisherigen Erfahrungen mit verschiedenen Formen von Produktionskontrollen in der Landwirtschaft, daß bürokratische Agrarpolitik bei der Festlegung von limitierenden Kontingenten und Quoten nicht unbeeinflußt von den vested interests der Agrarproduzenten zu agie­

ren in der Lage ist, sondern eher die Kräfteverhältnisse im Agrarsektor widerspiegelt. 13 Will bürokratische Agrarpolitik mehr sein als Resultante politischer Macht- und Interessenkonstellationen (politics determine pol­

icies) und den Agrarsektor eigenständig mitgestalten, benötigt sie ein hohes Durchsetzungsvermögen und Sanktionspotential. Eine durchsetzungsfä­

hige bürokratische Agrarpolitik setzt letztlich einen autoritären Staat voraus und stellt insofern eine problematische Lösungsvariante dar (vgl.

Ronge 1978).

Konzepte, die auf eine sozial- (C 1), regional- (C 2, und/oder umweltpo­

litische (C 3) Umorientierung der bisherigen Agrarpolitik abzielen und etwa von der SPD, dem DGB oder dem Sachverständigenrat für Umweltfragen vertreten werden, bemühen sich um eine Umlenkung der durch die bisherige Agrarmarktpolitik in der Überschußfinanzierung und Verwaltung gebundenen Mittel auf sinnvolle Zwecke mit Hilfe einer Kombination von marktwirt-

T3---

Zucker- und Milchquoten in der EG haben bekanntlich keineswegs die Überschußproduktion verhindert.

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schaftlichen und staatsinterventionistischen Elementen. Solche (pragmati­

schen) Reformvorschläge verweisen explizit auf wenn auch relativ abstrak­

te und allgemeine inhaltliche Ziel vorsteilungen über eine angemessene Struktur von (umweltverträglicher) Landwirtschaft und ländlichem R a u m / 2*’

Um diese Ziele zu erreichen, legen sich diese Reformkonzepte nicht auf einen bestimmten Typus von Agrarpolitik fest, sondern bevorzugen je nach Einzelprogramm und Situation unterschiedliche Politikinstrumente, setzen also auf "procedural rationality" (March/Simon 1958). Allerdings geben sie nur die generelle Richtung und kaum die konkrete Ausgestaltung der agrarpolitischen Reform vor. Sie verfügen nicht über ein konsistentes theoretisches Konzept über die Struktur des Politik-Ökonomie-Verhältnis­

ses als wesentliche Grundlage von Agrarpolitik wie die beiden ersten Ty­

pen A und B, haben also ein Theoriedefizit. Durch ihre in der Form flexi­

ble Anlage tragen solche pragmatischen Reformkonzepte einer inhaltlichen Neuorientierung der Agrarpolitik jedoch deren Interessengebundenheit und Konflikthaftigkeit Rechnung und bemühen sich, mit Hilfe eines geeigneten Instrumentenmix ihre Zielvorstellungen auf einem politisch, sozial und wirtschaftlich realisierbaren Niveau anzugehen. Dennoch tendieren sie zu einer Unterschätzung der ökonomischen Hintergründe der Agrarkrise, insbe­

sondere des einzelbetrieblichen Profitmotivs und der zwischenbetriebli­

chen Konkurrenz sowie der intersektoralen wirtschaftlichen Abhängigkeiten der Agrarbetriebe (Arnold 1985: 752) und zu einer Überschätzung der "vo- luntaristischen" Veränderbarkeit von Agrarpolitik. Ähnlich wie die mei­

sten anderen Reformkonzepte auch müssen sie mehr oder weniger kontrafak­

tisch die Existenz oder doch absehbare Entwicklung einer Konstellation der politischen Kräfteverhältnisse unterstellen, die die Durch- und Um­

setzung ihrer sozial-, regional- und/oder umweltpolitischen Zielvorstel­

lungen zuläßt. Eine solche pragmatisch-gemäßigte Agrarpolitik setzt zwangsläufig auf piece-meal-Fortschritt, etwa im Umweltschutz, wobei aus der agrarstrukturellen Entwicklungsdynamik resultierende Umwelteffekte tendenziell etwas unterschätzt werden. 15 Je nach den dominierenden Ziel-

Marktwirtschaftliche oder bürokratische Reformvorschläge beziehen sich allenfalls implizit auf spezifische agrarische Leitideen.

Beispielhaft sei auf die Ohnmacht von administrativer Kontrolle der Umweltbelastungen aus agroindustrieller Tierproduktion bei entspre­

chenden Macht- und Einflußkonstellationen (vgl. Kleinschmidt/Eimler 15

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11

Vorstellungen einer inhaltlichen agrarpolitischen Umorientierung fallen die konkreten Vorschläge unterschiedlich aus (vgl. z.B. Priebe 1985 und SRU 1985).

Eine aktive Agrarpolitik zugunsten der Klein- und Mittelbetriebe (D), insbesondere durch ein System gestaffelter Preise, wie sie von der bun­

desdeutschen Agraropposition um das "Bauernblatt" (vgl. Poppinga/Schmidt 1986), aber auch von den Grünen gefordert wird, zielt auf den Erhalt der jetzigen Agrarstruktur ab und ist am Leitbild des mittelbäuerlichen Be­

triebs orientiert. Sie verbindet agrarsozial- und agrarumweltpolitische Ziele, indem sie unterstellt, daß durch den Erhalt von Klein- und Mittel­

betrieben der ökologisch negative Agrarstrukturwandel verhindert wird.

Streng genommen handelt es sich um einen ständischer Interessenpolitik nahekommenden Partialansatz, der primär auf die Zurückdrängung agroindu- strieller und großbäuerlicher Betriebsformen und Interessen abhebt. Theo­

retische Anleihen finden sich in der einfluß- und interessentheoretisch angelegten Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap).

Ein stringentes agrarpolitisches Gesamtkonzept hinsichtlich inhaltlicher Ausrichtung der Landwirtschaft und angemessener Politikinstrumente stellt dieser Reformvorschlag nicht bereit. Teilweise wäre er in das Konzept C 1 einer sozialpolitischen Umorientierung integrierbar. 1 ß Fragwürdige Annah­

men dieses kleinbäuerlichen Reformkonzepts betreffen zum einen die um­

weltpolitische Idealisierung des Klein- und Mittelbetriebs, der keines­

wegs per se umweltfreundlicher wirtschaftet^, zum zweiten Illusionen über die Chancen einer solch weitgehenden Umorientierbarkeit staatlicher Agrarpolitik, die über supplementäre Zugeständnisse hinausgehen müßte, und zum dritten eine Unterschätzung der Reversibilität der vorherrschen- den Ökonomisierung der Landwirtschaft 18 und ihrer weitgehenden Eingliede-

1984) und auf die Interdependenzen von Preisen, Produktionsintensitä­

ten und Umweltschäden der Agrarproduktion (vgl. de Haen 1985b) ver­

wiesen.

1 ß Die Differenzen zwischen Poppinga und Priebe betreffen eher die Mittel als die Ziele der Agrarpolitik (gestaffelte Preise versus flächenbezo­

gene Ausgleichszahlungen).

17 Gerade hieran zeigt sich die Notwendigkeit differenzierter Analysen unterschiedlicher Umweltprobleme der Landwirtschaft.

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rung in den vor- und nachgelagerte Industrien umfassenden Agrarsektor und das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der BRD bzw. EG. Wenn auch in ländlichen Gebieten nur mehr ein kleiner Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist, wo sollen dann die politisch durchsetzungsfähi­

gen sozialen Träger für eine solche kleinbäuerliche Agrarpolitik herkom- men? Gerade wenn dieser Reformansatz deutlicher als die anderen Konzepte auf die ungleichen Interessenlagen und Kräfteverhältnisse innerhalb des Agrarsektors und die weitgehenden Abhängigkeiten und die externe Determi­

niertheit der Entscheidungen und Handlungsweisen des einzelnen Landwirts abhebt, stellt sich diese Frage umso mehr.19

Agrarökologische Positionen (E), wie sie insbesondere im Bereich des or­

ganischen Landbaus deutlich werden, zielen auf die Orientierung und Un­

terordnung von Produktions- und Reproduktionsformen an bzw. unter natür­

liche Begrenzungen und ökologische Prinzipien, wobei gerade die Landwirt­

schaft nach dieser Auffassung ein besonderes - weil biologisches - Gewer­

be ist und sich letztlich politischen und ökonomischen Maßstäben ent­

zieht. Einer ökologisch orientierten Wirtschaftsweise geht es darum, die Naturabhängigkeit gesellschaftlicher Produktion und Reproduktion selbst in die Konzeptualisierung von Kosten und Allokationsmechanismen einzu­

bringen, wobei sie für einen ökonomischen, d.h. haushälterischen Umgang mit natürlichen Ressourcen eintritt. Es geht nicht um Umwelt- und Natur­

schutz gegen wirtschaftliche Eingriffe, sondern um deren ökologisch-öko­

nomisch optimale Nutzung (conservation statt preservation). Das Erforder­

nis etwa einer ökologischen Produktionsfunktion bedingt, daß ökologische Bedingungszusammenhänge verstärkt in die ökonomische Analyse miteinbezo-

1 o

Damit ist die Tendenz ausschließlicher Orientierung der landwirt­

schaftlichen Produktion an betriebswirtschaftlichen Rentabilitätskal­

külen gemeint mit der Konsequenz des agrarsozialen Strukturwandels, von Intensivierung, Mechanisierung, Rationalisierung, Spezialisierung, innerer Aufstockung, steigender Kapitalintensität, regionaler Konzen­

tration und der Auslagerung von Stufen der Nahrungsmittel Produktion in vor- und nachgelagerte Industrien (vgl. von Meyer 1983, de Haen 1985a, SRU 1985).

Agrarumweltpolitisch sind eine Reihe von Vorschlägen dieser agrarpoli­

tischen Linie begrüßenswert (vgl. Poppinga/Schmidt 1986), jedoch sind eine gewisse Einseitigkeit und ideologische Voreingenommenheit in die­

ser Hinsicht nicht zu übersehen.

19

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gen werden, zumindest in der Form von ökologisch-ökonomischen Kreislauf­

modellen mit entsprechenden Energie-, Material-, Güter- und Wertströmen.

Agrarökologische Positionen verfügen streng genommen über kein (konsi­

stentes) agrarpolitisches Konzept, über keine Theorie der (Agrar-)Poli- tik, insofern sich ihre Überlegungen im wesentlichen auf die landwirt­

schaftliche Produktion beschränken, deren ökologische Ausrichtung die Agrarpolitik eben zu fördern hätte. Es läßt sich daher allenfalls von einem Partialansatz sprechen, der grundsätzlich in das Reformkonzept C 3 einer umweltpolitischen Umorientierung der Agrarpolitik integrierbar wäre.

Kritikpunkte agrarökologischer Positionen betreffen vor allem folgende Aspekte:

- Die Entwicklung eindeutiger ökologischer Produktionsfunktionen kann un­

ter anthropozentrischer Perspektive Werturteilsproblemen nicht entge­

hen, sollen sie mehr als abstrakt-globale Leitlinien sein (z.B. keine Übernutzung von natürlichen Ressourcen).

- Die Ableitung ökonomischer Imperative aus ökologischen und physikali­

schen Gesetzmäßigkeiten beruht auf einem Kategorienfehler mit bedenkli­

chen Konsequenzen einer in der Tendenz deterministischen Gesellschafts- konzeption.

- Auch eine ökologische Ökonomie schonender Ressourcen- und Umweltnutzung kann sich der Frage nicht entziehen, welches die Opportunitätskosten bestimmter Maßnahmen des Natur- und Umweltschutzes sind.

- Die Möglichkeiten des technischen Fortschritts und von (Super-)Back- stop-Technologien 20 werden unterschätzt.

- Die Vorstellungen über gesellschaftliche Struktur und Dynamik grenzen bisweilen ans Naive mit der Konsequenz, daß sich die Ansätze zur poli­

tischen Realisierung einer ökologischen Umwelt- und Ressourcenökonomie

20 Als Backstop-Technologien bezeichnet man solche Technologien, die, ge­

messen an menschlichen Zeiträumen, die Verknappung ausschöpfbarer Res­

sourcen für bestimmte Zwecke aufgrund entsprechender Substitutionsmög­

lichkeiten im Prinzip zu verhindern vermögen, z.B. Wasserstofftechno­

logien und Schneller Brüter im Bereich der Energiegewinnung (vql.

Meixner 1981).

i

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vielfach auf moralische Appelle beschränken, abgestützt durch Dooms- day-Drohungen.

Der organische Landbau (vgl. Vogtmann 1985) zeigt vor allem praktische, ökologisch bedeutsame Alternativen der Landbewirtschaftung auf. Aller­

dings erscheint das Festhalten am diffusen Leitbild des bäuerlichen Fa­

milienbetriebes problematisch. Von seinem Ansatz her ist er weit weniger staatszentriert als die anderen Reformkonzepte und läuft damit auch nicht Gefahr, falsche Hoffnungen auf eine Neuorientierung staatlicher Agrarpo­

litik zu setzen. Sozial ist er auf eine entsprechende Umorientierung der Verbraucher angewiesen und bemüht sich um den Aufbau von Erzeuger-Ver- braucher-Genossenschaften und mehr Direktvermarktung. Jedoch werden dabei eher Lücken und Frei räume des bestehenden Agrarsystems ausgenutzt als dieses politisch in Frage gestellt. Die Integrierbarkeit "biologischer"

Anbauprodukte in bestehende Vermarktungsformen, etwa durch Bioecken in Supermärkten, dürfte durchaus gegeben sein. Insofern dürften agrarökolo­

gische Positionen ebenso wie eine kleinbäuerliche Agrarpolitik auf abseh­

bare Zeit keine Chance haben, zum Paradigma der Agrarpolitik aufzu­

steigen.

Ansätze einer systemkritischen Agrarpolitik (F), wie von Arnold (1985) andeutungsweise skizziert, spielen bislang in der agrarpolitischen Dis­

kussion keine Rolle und werden daher hier nicht weiter erörtert.

Die sich im folgenden Abschnitt anschließende Evaluation der hier vorge­

stellten prototypisehen agrarpolitischen Reformkonzepte leidet unter dem methodologischen Mangel, daß die Selektion gerade dieser Konzepte nicht näher begründet und ihr Verhältnis untereinander nicht weiter untersucht wurde. Gerade weil diese Modelle teils auf recht unterschiedlichen kon­

zeptionellen und theoretischen Ebenen angesiedelt sind und sich daher auf verschiedene Weise auf die Agrarpolitik beziehen, ist aus ihrer synopti­

schen Darstellung und Bewertung keine Präferenz zugunsten eines bestimm­

ten Reformkonzeptes ableitbar, und dies unabhängig von den vorgegebenen Eval uati onskri teri e n .

(17)

- 15 -

Die Auswahl der vorgestellten Reformansätze läßt sich nur pragmatisch be­

gründen. Sie schließt sowohl an die aktuelle Reformdiskussion als auch an bestehende agrarpolitische bzw. landwirtschaftliche Diskussionslinien an, die historisch gewachsen und verankert sind. Sie gestattet bei (normati­

ver) Vorgabe vorrangiger Evaluationskriterien die partielle Präferenz für bestimmte Reformorientierungen und die Verknüpfung kompatibler Elemente verschiedener Reformkonzepte zur Optimierung einer Neuorientierung der Agrarpolitik.

Die Alternative der Gegenüberstellung von auf gleicher Ebene angesiedel­

ten (fiktiven) Reformkonzepten im Rahmen eines Artikels würde zum einen zu sehr von der stattfindenden agrarpolitischen Reformdiskussion abheben und sich zum andern auf wenige Beurteilungsdimensionen beschränken müs­

sen. Absicht dieser Arbeit ist es aber gerade, von der üblichen partiel­

len agrarökonomischen Evaluation von Politikkonzepten mit Hilfe von Mo- dellrechnungen und vielfältigen ceteris paribus-Klauseln zu umfassenden gesellschaftspolitischen Bewertungen vorzustoßen, auch wenn sie selbst nur einen heuristischen Anstoß in diese Richtung geben kann.

5. Synoptische Darstellung und Bewertung agrarpolitischer Konzepte

Die im vorigen Abschnitt vorgestellten prototypisehen agrarpolitischen Reformkonzepte werden nun mit Hilfe des Analyserasters vergleichend eva­

luiert (Tabellen 1 und 2 ). Dabei handelt es sich hier zunächst nur um eine Darstellung zu heuristischen Zwecken. Eine fundiertere Evaluation würde die präzise Beschreibung der verschiedenen agrarpolitischen Konzep­

te erfordern, auf die Bezug genommen wird (vgl. Koester/Tangermann 1976), die Begründung der Auswahl und die Operationalisierung der Bewertungskri­

terien sowie die genauere Explikation und Begründung der einzelnen Beur­

teilungen, gegebenenfalls den Verzicht auf pauschalisierte Bewertungen, und die differenziertere Behandlung der Implikationen verschiedener Kon­

zepte. Die hier durchgeführte Evaluation kann ihre mangelnde Transparenz und Objektivierbarkeit nicht verleugnen; es handelt sich, methodologisch betrachtet, um eine Ad hoc-Bewertung, wobei bewußt auf eine zusammenfas­

sende Gesamtevaluation der dargestellten Reformkonzepte verzichtet wird.

(18)

Tabelle 1: Synoptische Darstellung agrarpolitischer Konzepte

Typus A (Harkt) B (Bürokratie) C (üaorientierung) D (Kleinbauer) E (Ökologie)

ZENTRALE CHARAKTERISTIKA

Hauptziele Kostengünstige Versorgung»

Produktivitätssteigerung*

Marktgleichgewicht, Umwelt­

schutz (A2), kaum inhalt­

liche (gebrauchswertbezoge- nene) Ziele

Erhaltung eines ausgedehnten Agrarsektors, Einkoaaenssi- cherung ihres Klienteis, Konfliktainiaierung (Harkt- gleichgewicht), keine eige­

nen bzw. widersprüchliche Ziele

Sozialorientierte Einkoa-

■enssicherung und Erhaltung der Lebensfähigkeit eines agrarisch strukturierten ländlichen Rauaes (CI), ua- weltverträgliche Landwirt­

schaft (C3)

Existenzsicherung der Klein- und Mittelbauern, Erhaltung der Lebensfähigkeit eines agrarisch strukturierten ländlichen Rauaes

Uaweltverträgliche Land­

wirtschaft durch ökologi­

schen Landbau, (Existenz­

sicherung der Klein- und Mittelbauern)

Substantielle Maßnahmen, politische Instrumente

Allmähliche Preisfreigabe, Abbau von Garantiemengen und Außenschutz, Umweltsteuern (A2), zeitlich befristete, personenbezogene Ausgleichs­

zahlungen

Quotenregelungen, adaini- strierte Preise, Förderung von Produktionsalternativen (z.ß. Biosprit), Förderung von Flächenstillegungen, Ex­

portförderung, bürokrati­

sche Harktordnungen

Allaähliche Preisfreigabe, direkte Einkoaaenstransfers (flächengebunden: Priebe), llawel tauf lagen, Uaweltsteu- ern auf Produktionsaittel, finanzielle Unterstützung benachteiligter Gebiete, ökologische Agrarstruktur­

politik, Biotopverbund- systeae, aoral suasion

Sozial und regional gestaf­

felte, an den Produktions­

kosten orientierte Preise, Begrenzung von Betriebsgrä- Ben, Uaweltauflagen, gewerk­

schaftliche Organisation der Bauern, Erzeuger-Verbrau- cher-Genossenschaften

Verbreitung und Forderung des ökologischen Landbaus, Erzeuger-Verbraucher-Ge- meinschaften, Umweltauf- auflagen, Begrenzung von Betriebsgrößen, ökolo­

gische Beratung, moral suasion

Kosten- und Nutzenvertei­

lung (ia Vergleich zu»

Status quo)

Verbraucher (+)

Staat (♦, aittelfristig)

Agrobusiness (~)^

Verbleibende Landwirte (-) Ausscheidende Landw. (-,o) Volkswirtschaft (-)

Verbraucher (-)

Staat (— ,o)

Agrobusiness ( + ) Verbleibende Landwirte (+) Ausscheidende Landw. (~,o) Volkswirtschaft (+)

Verbraucher (+)

Staat (0)

Agrobusiness (-)

Verbleibende Landwirte (0) Ausscheidende Landw. (0) Volkswirtschaft (+)

Verbraucher (-)

Staat (-)

Agrobusiness (-)^

Verbleibende Landwirte(+,-)^

Ausscheidende Landw. (?) Volkswirtschaft (-)

Verbraucher (-,+)4

Staat (-)

Agrobusiness (-) Verbleibende Landwirte(+) Ausscheidende Landw. (?)^

Volkswirtschaft (?)

Koapetenzverhalten (vorwiegend)

Harkt, staatliche Rahaen- vorgaben auf EG- und natio­

naler Ebene

EG und nationale Regierung (widersprüchlich)

EG, nationale Regierung, Landesregierung, Harkt (aufeinander abgestiaat)

Baufirnvertretung, Erzeuger- Verbraucher-Genossenschaft- ten, nationale Regierung, EG

Nationale Regierung, Lan­

desregierung, Organisatio­

nen des ökologischen Land­

baus, Erzeuger-Verbrau- cher-Geaeinschaften Organisation der Prograae-

iapleaentation (vorwiegend)

Markt, Steuerverwaltung und -kontrolle

Agrarbehörden auf allen Ebenen, landwirtschaftliche Beratung

Agrar-, Uawelt-, Steuerver­

waltung, Agrar- und Unwelt­

verbände

Erzeuger-Verbraucher-Genos- senschaften, Umweltverwal- tung und Gewerbeaufsicht

Organisationen des ökolo­

gischen Landbaus, Erzeu- ger-Verbraucher-Gemein- schaften, landwirtschaft­

liche Beratung, Agrar- und Umweltbehörden

(19)

HEITERE MERKMALE Politikverständnis

Markt statt Staat, Nichtpolitik

Politik als Resultat von Bargaining, auddling through, politics determine policy

Inhaltliche Politikgestal­

tung, policy determines politics

Staat als Hülse für externe Interessen, gewerkschaft­

liche Opposition gegen das Agrobusiness

Ökologische Gebrauchswert­

orientierung vor Ort, Nachrangigkeit von Politik

Politikorientierung Redistributiv Distributiv Redistributiv, regulativ Redistributiv, regulativ Regulativ

Medium der Polik, Politikinstrumentierung

Geld Markt prozedurale Rationalität (Markt) ?

primärer Objektbezug Agrarpolitik Agrarpolitik Landwirtschaft Agrarpolitik Landwirtschaft) Landwirtschaft

Soziale und Institutionelle Basis

Verbraucher, Industrie ins- gesamt (Agrarökonomie)

Agrobusiness, Großbauern, Agrarverwaltung CDU/CSU (FDP)

Verbraucher, neuer Mittel­

stand (Nebenerwerbsland­

wirte), Gewerkschaften SPD (FDP)

Klein- und Mittelbauern (Grüne)

Ökologiebewegung, umwelt- bewußte Verbraucher, Grüne

Legitimation durch Freie Marktwirtschaft Tradition, Status quo Sozialer Konsensus, ratio­

naler Diskurs

Kritik von Agroindustrie und Großbauerntum,von inner- agrarischen Disparitäten

Ökologie- und Industria­

lismuskritik

Vorrangigkeit landwirt­

schaftlicher (Teil-) Interessen

+

Konfliktniveau - national

Anfangs hoch, später aäSig Nit zunehmender Nittelknapp­

heit und Legitimations­

problemen steigend

Hoch, solange der soziale Konsensus nicht groß ist

Hoch Hoch

- international Gering Hoch Gering^

Gering Gering^

Ausmaß der Veränderungen (ia Vergleich zur gegenwär- wärtigen Agrarpolitik)

GroB (weitgehende Abschaf­

fung der GAP, Einführung von Umweltsteuern (A2), Wegfall der Stützung des Agrar­

sektors

Näßig (Ausweitung des Quotensystems)

GroB (sowohl inhaltlich als auch in der Instrumen­

tierung)

Mittel in bezug auf Politik­

instrumentierung, groß in bezug auf agrarinterne Um­

verteilung, gering in bezug auf den Gesamttransfer in den Agrarsektor

Groß (besonders inhalt­

lich, aber auch in der Instrumentisierung)

Zeithorizont Längerfristig Kurz- und mittelfristig Längerfristig Mittelfristig Längerfristig

Komplexität Gering r - 6

Gering Hoch Gering Mittel

Detaillierung Gering Hoch Nittel bis hoch Hoch Mittel

(20)

Tabelle 1 (Fortsetzung): Synoptische Darstellung agrarpolitischer Konzepte

Typus A (Markt) 3 (Bürokratie) C (Uaorientierung) D (Kleinbauer) E (Ökologie)

wissenschaftliche Theorie­

tradition

+ (Neoklassik) - - (eklektizistische

Theorieanleihen)

- (Partialtheorie: Staao- kapansatz)

- (Partialtheorie:ökologi- sche Kreislaufwirtschaft) FQLGEWIRKUNGEN FÜR

GroBbauern Doainierend, aber geringere Gewinne je Produktivität

Gewinner Verlierer durch Preissenk­

ungen und Uaweltauflagen, aber dennoch doainierend

Verlierer durch gestaffelte Preise und Begrenzung von BetriebsgröBen

Es geht ua ökologischen Landbau, nicht ua Be­

triebsgröBen; Verlierer sind spezialisierte Be­

triebe und Großbetriebe aufgrund von Auflagen Klein- und Mittelbauern Als Gruppe verschwindend

— Nebenerwerb, Hofaufgabe

weiter abnehaend Gestützt (C1,C2), begrenzte Möglichkeiten durch Land­

schaftspflege

Gewinner und wirtschaftlich abgesichert

Nebenerwerbslandleute Neutral, falls rentabel Benachteiligt Analog Kleinbauern überwiegend Gewinner, kaua präzisiert

Ausscheidende Landwirte GroBe Zahl, Absicherung durch Einkoaaensübertra- gungen

Benachteiligt, begrenzt ab­

gesichert durch Einkoaaens- übertragungen

Absicherung durch Einkoa- aensübertragungen

? ?

Flächennutzung Flächenfreisetzung, Segregationstendenzen in gröBerea Uafang

Subventionierte Flächen­

stillegung und -uawidaung

Begrenzte Flächenfreisetzung und -uawidaung

Wenig Änderungen Wenig Änderungen (aehr Grünland), ia Detail große Änderungen

Landschaftsbild Abhängig von Uaweltsteuern (A2), aber groBgliedrig

Eher groBgliederig Erhaltung bäuerlicher Kul­

turlandschaft (CI), Biotop- verbundssysteae

Erhaltung und Wiederherstel­

lung bäuerlicher Kulturland­

schaft

Erhaltung und Wiederher­

stellung artenreicher bäuerlicher Kulturland­

schaft

AgrarStrukturwandel Beschleunigt Gebreast Stark gebreast (CI), leicht

uagelenkt

Gestoppt und teils rück­

gängig gewacht

Gestoppt und uagelenkt

Ländlicher Raun Ausdünnung Langsaae Ausdünnung Weitgehender Erhalt (C1.C2), partielle Ausdünnung (C3)

Langsaae, nicht agrarisch bedingte Ausdünnung

Langsaae* nicht agrarisch bedingte Ausdünnung Selbstversorgung ait

Nahrungsaittein

Meist nicht gegeben* nicht angestrebt

ÜberschuÖproduktion, be­

grenzt durch Quoten

Begrenzt gegeben Weitgehend gegeben Weitgehend gegeben?

(21)

Agrobusiness Uasatzeinbußen durch Dein­

tensivierung und Abbau der Überschüsse, verstärkt in­

ternational agierend

Voraussichtlicher Haupt­

gewinner

Wie bei Typ A Voraussichtlicher Haupt­

verlierer

Voraussichtlicher Haupt­

verlierer

Verbraucher Gewinnegdurch leichte Preis­

senkung

Verlierer durchgWeitere Preiserhöhungen

Neutral Verliejgr durch Preiser­

höhung

Preiserhöhungen, Quali­

tätsverbesserung, sehr pflanzliche Nahrung Umweltbelastung Abhängig von Uaweltsteuern

(AZ), sonst je nach Bela­

stungsart verschieden, Aus­

weis von Naturschutzflächen, Deintensivierung

Unterschiedlich nach Bela­

stungsart, eher zunehmend, begrenzt durch Quoten

Verbesserung durch Deinten­

sivierung, Biotopverbund- systeae, Naturschutzflächen

Unterschiedlich nach Be­

lastungsart, Verbesserun­

gen nicht gesichert

Verbesserung durch Dein­

tensivierung und Biotop­

verbundsysteme

Volkswirtschaft Gewinner durch effizientere Ressourcenallokation

Verlierer durch ineffiziente Ressourcenallokation

Eher positiv Verlierer durch ineffizien­

te Ressourcenallokation

EG GrSBere Verluste der Süd­

regionen, Auflösung der EG- Agrarbürokratie

Abhängig von der konkreten Programmgestaltung

Positiv für benachteiligte Gebiete (C1,C2), analog BRD, abhängig von der konkreten Programmgestaltung

Hohes Konfliktniveau wegen Preisdifferenz, positiv für benachteiligte, negativ für begünstigte Gebiete

Abhängig von der konkreten Programmgestaltung, öko­

logisch positiv

Drittländer Im Prinzip günstig für Agrarexportländer und Ent­

wicklungsländer

Negativ für Agrarexportlän­

der, positiv für Importlän­

der, Zerstörung der Eigen­

versorgung in Entwicklungs­

ländern, insgesamt abhängig von konkreter Programmge­

staltung

Wie bei Typ A Wie bei Typ A, ungungstig für Futternittelexportgüter

Wie bei Typ A, ungünstig für Futternittelexporteure

Agrarpolitik (Feedback)

Positiv, aber verstärkte re­

gional- und sozialpolitische Probleme

Selbststabilisierung bis zum Zusammenbruch

Labil Hachtpolitisch und durch mögliche kontraproduktive Folgeeffekte labil

Stabil bei ausreichender gesellschaftlicher Legi­

timationsbasis

(22)

- 20 -

Anmerkungen zu Tabelle 1

1) Aufgrund von Wachstumsmöglichkeiten entwicklungsfähiger Betriebe kön­

nen Einkommensverluste aufgrund gesunkener Preise durch rentable Pro­

duktion möglicherweise wettgemacht werden (vgl. Koester/Tangermann 1976).

2) Großbetriebe werden bei den Verlierern, kleinere Betriebe bei den Ge­

winnern sein.

3) Offen, da ein Ausscheiden im Konzept nicht in größerem Maß vorgesehen ist.

4) Abhängig vom Wertmaßstab: höheren Kosten steht höhere Qualität der Lebensmittel gegenüber.

5) Konflikte könnten sich vor allem aus rigorosen Qualitätskontrollen von Importware ergeben.

6) Die Vielzahl von einzelnen Marktregelungen beruht auf einem simplen Politikansatz, der sich nicht gerade durch sachliche Differenziert­

heit und Reichweite auszeichnet. Kurz gesagt, bürokratische Agrarpo­

litik ist kompliziert, aber nicht komplex.

7) Unklar aufgrund nicht eindeutiger Aussagen zur Rolle von Agrarimpor­

ten.

8) Insofern der Anteil der Erzeugerpreise am Endpreis von Lebensmitteln im allgemeinen unter 50 % liegt, werden Preissenkungen dem Verbrau­

cher nur relativ begrenzt zugute kommen.

9) Diese müssen allerdings nicht über der Inflationsrate liegen. In den letzten Jahren sind die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise teils ge­

sunken.

10) Nur falls Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften und Direktvermarktung zu geringeren Kosten durch verkürzte Absatzwege führen sollten, muß es nicht zu Preissteigerungen für den Verbraucher kommen.

(23)

Tabelle 2: Synoptische Evaluation agrarpolitischer Konzepte

Typus A (Markt) B (Börokratie) C (Umorientierung) D (Kleinbauer) E (Ökologie)

KONZEPTINTERNE EVALUATION Stringenz und Abgabesicher­

heit der Zusamaenhänge

Überwiegend Unterschiedlich Unterschiedlich Begrenzt o .1)

Begrenzt

Kohärenz und Konsistenz Hoch 2)

Niedrig 3)

Mittel , von konkreter Pro­

grammgestaltung abhängig {CI, C2, C3)

Mittel 4)

Niedrig

Angemessenheit der Mittel +■ (*) {♦) (♦) 0

Eindeutigkeit der Prograaaatik

+ - von konkreter Programm­

gestaltung abhängig (CI, C2, C3)

5J 0

ZielerfUllung Hoch Mittel Mittel, von konkreter

Programmgestaltung abhängig

Unterschiedlich Mittel1’

Beachtung von Nebenwirkungen Begrenzt Begrenzt Ja Gering Begrenzt

Beachtung von Sekundärfolgen Gering Gering Begrenzt Gering Gering

Betrachtung funktionaler Äquivalente

Nein T .. . 6)

Teilweise Ja7’

Nein Teilweise1 ’

GENERELLE EVALUATION

Systemkonformität 8)

0 +

kulturelle Kompatibilität - + O3 ’ 0 O9’

Effektivität + 0 0 o/+7TÖ5 O1’

Effizienz (+ )11}

- 0 0 ,12’

Administrative Praktibilität + - 0 - ,13)

rechtliche Praktibilität + 0 + 0 +

politische Durchsetzbarkeit (-) + (-) - -

Verteilungsgerechtigkeit +/-14’ 15)

+ 16)

+ 0

Hirkungsverzögerung 17)

+ 18)

+ + 0 +•

(24)

- 22 -

Anmerkungen zu Tabelle 2

1) Hoch, soweit konkrete Maßnahmen des ökologischen Landbaus betreffend;

problematisch in bezug auf die Realisierbarkeit des Gesamtmodells (z.B. unerwünscht große Milch- und Rindfleischproduktion aus Gründen des Leguminosenanbaus und der Stickstoffzufuhr durch organischen Dün­

ger); gering, sobald es über den ökologischen Landbau hinausgeht (vgl. Abschnitt 4).

2) Vom Grundkonzept her (Quoten und Preiserhöhungen) hoch, aber in der Praxis gering.

3) Von konkreter Programgestaltung abhängig (CI, C2, C3).

4) Die konkreten Forderungen erscheinen in ihrer Auswahl im Hinblick auf die übergeordnete Zielsetzung teils beliebig und unzureichend be­

gründet.

5) Es ist öfters unklar, ob es um reine Interessenvertretung der Klein­

bauern oder um weiterreichende Zielsetzungen, etwa umweltpolitischer Natur, geht. Hier wird teilweise vorschnell eine Übereinstimmung in der Programmatik unterstellt.

6) Auf der Ebene spezifischer Maßnahmen werden unterschiedliche Modelle verglichen. Die verschiedenen Vorschläge wie Flächenstillegung, Grün­

brache, "Spätrübenanbau" dienen alle dem Zweck der Einkommensabsiche­

rung.

7) Vor- und Nachteile verschiedener politischer Instrumente und unter­

schiedlicher substantieller Maßnahmen werden zumindest ansatzweise gegeneinander abgewogen (z.B. SRU 1985).

8) Bezogen auf die Gesamtgesellschaft mit der Dominanz marktwirtschaft­

lich organisierter Produktionsbereiche.

9) Unter Berücksichtigung wachsenden Umweltbewußtseins.

10) Hoch, bezogen auf das Hauptziel.

11) Geringer unter Berücksichtigung der Folgeprobleme.

12) Abhängig von Kontext und der Kriterienspezifikation; problematisch auch wegen des Forschungsrückstands im Bereich des Ökologischen Land­

baus.

13) Von geringerer Bedeutung.

14) Je nach Maßstab.

15) Nur bei Anlegung des externen Maßstabs sozialer Gerechtigkeit und des Verzichts auf nicht sozial begründete Sektorsubventionen.

16) Nur innerhalb der Landwirtschaft.

17) Durch inverse Reaktionen und geringe Umstellungsflexibilitäten der Landwirte.

18) Durch Dominoeffekte (z.B. erhöhte Fleischproduktion und verstärkter Grünlandumbruch durch Milchquoten).

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