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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de Abonnement für „klartext“ und „standpunkt“ unter: http://www.dgb.de/service/newsletter Nr. 32/2012 27. September 2012
DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik
Die Zeit ist reif – Verteilungsgerechtigkeit herstellen
Das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern ist zerrüttet. Ob Betreuungsgeld, Frauenquote oder Rentenfrage – CDU, CSU und FDP sind sich nicht grün.
Nun liefert der Entwurf des 4. Armuts- und Reichtums- berichts neuen Zündstoff. Dieser Bericht offenbart die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung und den Fakt, dass Teile der Bevölkerung zu wenig haben, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Vize- kanzler Rösler wiegelt den Bericht postwendend als
„nicht ressortabgestimmt“ und Forderungen nach Um- verteilung als „nicht zustimmungsfähig“ ab. Schärfer formuliert es der ehemalige „sozialdemokratische“
Wirtschaftsminister Clement. Er sieht in diesem Bericht gar einen „Aufruf zum Klassenkampf“.
Nun, der Bericht steht weder im Verdacht, umver- teilungspolitisches Teufelswerk zu sein, noch zieht er immer die richtigen Schlüsse. Doch zeigt er, dass die Zahl derer, die von der ökonomischen und gesellschaft- lichen Entwicklung hierzulande abgehängt werden, stetig wächst. Da sind Äußerungen dieser Vertreter von Einzelinteressen nicht nur fern jeder Realität - sondern herbe Schläge ins Gesicht vieler Millionen Betroffener.
Gegner der Umverteilung führen gerne an, dass die deutsche Volkswirtschaft doch vergleichsweise gut dastehe. Auch liege die Arbeitslosigkeit auf einem historisch niedrigen Stand. Davon profitiere doch jede/r.
Somit sei Umverteilung unnötig. Überhaupt werde ja schon mehr als genug umverteilt. Nun, dies ist mitnich- ten der Fall. Die Fakten sprechen eine andere Sprache.
Vom wirtschaftlichen Erfolg profitieren nur wenige.
Die Ergebnisse des Berichts zeigen: Reiche werden reicher, Arme ärmer. Diese Spaltung hat sich in den letzten Jahren gar verstärkt – und zwar schneller als anderswo. Die von Armut bedrohte Gruppe wuchs von
unter 12 % im Jahr 2000 auf nahezu 16 % im Jahr 2009. Der Anteil der Niedriglohnbeschäftigung stieg von ca. 18 % im Jahr 1998 auf 23 % in 2010. Minijobs boomen: Über 7 Millionen Bundesbürger gehen einer geringfügigen Beschäftigung nach. Auch gibt es eine große Kluft zwischen Einkommen von Männern und Frauen. Der Personenkreis, der überschuldet ist, wuchs in den letzten 5 Jahren um 9 % auf 3,7 Millionen.
Die Missstände sind offensichtlich. Die Forderungen nach einer gerechteren Steuer- und Verteilungspolitik werden lauter – nicht nur von den „Maulhelden der Umverteilung“ (Clement), sondern auch von breiten Bevölkerungsschichten. Die Akzeptanz für politische Maßnahmen, die die Einkommensunterschiede ver- ringern würden, nahm in den letzten Jahren stetig zu (siehe Graphik). Über zwei Drittel der Deutschen wür- den solche Maßnahmen befürworten, lediglich 18 % ablehnen. Das sah vor 10 Jahren noch anders aus.
Gegen den Willen des Volkes kann die Politik auf Dauer nicht regieren. Die Zeit ist reif für eine Vermögensab- gabe, die Wiederbelebung der Vermögensteuer und höheren Erbschaftsteuern. Die Verteilungsfrage ist keine Neidfrage, sondern eine der gesellschaftlichen und ökonomischen Vernunft.
Verteilungsfrage liegt der Bevölkerung am Herzen
Zu s timmu n g z u s ta a tlic h e n Ma ß n a h me n , u m Ein ko mme n s u n te rs ch ie d e zu ve rrin g e rn in D e u ts c h la n d
53,5
67,3
28,6
17,9
17,9 14,8
0 10 20 30 40 50 60 70 80
2002 2004 2006 2008 2010
Angaben in Prozent
z u s timme n d g e s a mt
a b le h n e n d g e s a mt
we d e r / n o c h
Qu e lle : In s titu t fü r So z ia lfo rs c h u n g u n d Ge s e lls c h a fts p o litik a u f Ba s is Eu ro p e a n So c ia l Su rve y