Prostatakarzinom: weniger Rezidive nach Radiatio der Beckenlymphknoten
Werden bei Männern mit hochriskan- tem Prostatakrebs die Beckenlymph- knoten präventiv mitbestrahlt, statt nur die Drüse selbst den Strahlen auszusetzen, hat das offenbar Vorteile mit Blick auf den Schutz vor Rezidiven.
I
n Mumbai, Indien, wurde untersucht, ob eine prophylaktische Bestrahlung der Beckenlymphknoten von Männern mit nicht metastasiertem, lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs (PCA) ohne Beteili
gung der regionalen Lymphknoten nütz
lich ist. An der Studie waren 224 Männer mit HochrisikoPCA beteiligt.
Die Patienten wiesen gemäß der Roach
Formel ein LymphknotenbefallRisiko von mindestens 20 % auf. 110 von ihnen erhielten eine Bestrahlung der Becken
lymphknoten, bei 114 wurde nur die Pro
stata bestrahlt. Alle Patienten wurden
zudem einer Androgendeprivation unter
zogen. Nach einem medianen Followup von 68 Monaten waren 36 biochemische Rezidive festzustellen, 7 nach Becken
bestrahlung und 29 nach alleiniger Bestrahlung der Prostata. Außerdem gab es 24 Todesfälle (11/13). 95 % der Patien
ten überlebten 5 Jahre lang ohne bioche
misches Rezidiv, wenn das Becken bestrahlt worden war. Nach Radiatio der Prostata waren es 81 %. Das ergab eine nicht adjustiert errechnete hochsignifi
kante Risikoreduktion von 77 %. Auch das krankheitsfreie Überleben nach 5 Jahren sprach mit 90 % (vs. 77 %) für die Beckenbestrahlung, ebenso die Freiheit von Fernmetastasen (96 vs. 89 %).
Relevante Unterschiede beim Gesamt
überleben zeigten sich aber nicht (93 vs.
91 %). Toxische Wirkungen der Strahlen vom Grad ≥ 2 traten nach Beckenbestrah
lung häufiger auf (20 vs. 9 %), die Effekte
auf den Gastrointestinaltrakt waren fast gleich verteilt (8 vs. 5 %). In der multi variablen Analyse waren die Becken
bestrahlung und der GleasonScore sig
nifikant mit dem Überleben ohne bioche
misches Rezidiv assoziiert. Der Effekt blieb über alle Subgruppen erhalten.
Allerdings schienen Patienten unter 66 Jahren mehr von der Radiatio des Beckens zu profitieren als ältere.
Fazit: Gegenüber der auf die Prostata begrenzten Strahlentherapie verbesserte die präventive Beckenbestrahlung das Überleben ohne biochemisches Rezidiv und das krankheitsfreie Überleben bei einem hochriskanten PCA. Die prophy
laktische Bestrahlung der Becken
lymphknoten sollte darum für Männer mit hochriskanten PCA routinemäßig als Standardverfahren erwogen werden, so die Studienautoren. Robert Bublak Murthy V et al. Prostate-Only Versus Whole- Pelvic Radiation Therapy in High-Risk and Very High-Risk Prostate Cancer (POP-RT): Outcomes From Phase III Randomized Controlled Trial.
J Clin Oncol. 2021;39(11):1234-42
Urothelkarzinom: Kombinationen enttäuschen
Lässt sich die Wirksamkeit von Durva- lumab bei fortgeschrittenen Urothel- karzinomen verbessern, wenn zusätzlich gezielt gegen Tumormuta- tionen behandelt wird? Eine Phase- Ib-Studie macht wenig Hoffnung.
I
mmuncheckpointinhibitoren sind der Therapiestandard für fortgeschrittene und metastasierte Urothelkarzinome mit Progress unter platinbasierter Chemotherapie. Für zielgerichtete Therapien gibt es hier dagegen noch wenig Evidenz.
Mediziner aus London haben untersucht, ob die Kombination von Immun und gezielten Therapien bei entsprechenden Mutationen das Therapieansprechen verbessern kann.
Getestet wurden Kombinationen des PDL1(„programmed cell deathligand 1“)Inhibitors Durvalumab mit dem FGFRInhibitor AZD4547 (bei Tumoren mit FGFRMutation), dem PARPInhi
bitor Olaparib (bei Tumoren mit und ohne HRDefizienz) und dem TORC1/2
Inhibitor Vistusertib (bei Tumoren mit Mutationen in TSC1/2 und RICTOR); in zwei weiteren Gruppen wurden Durva
lumab und AZD4547 als Monotherapie gegeben. An der Studie beteiligten sich 135 Patienten mit fortgeschrittenem/
metastasiertem Urothelkarzinom. Auf die einzelnen Gruppen entfielen zwi
schen 14 und 29 Patienten. Das mediane Followup betrug 4,8–6,1 Monate. Mit den Kombinationstherapien wurde im schlechtesten Fall eine Ansprechrate von 9 % (Durvalumab + Olaparib bei Tumo
ren ohne HRDefizienz) und im besten Fall von 36 % (Durvalumab + Olaparib bei Tumoren mit HRDefizienz) erreicht, mit den Monotherapien lag sie bei 31 % (AZD4547) respektive 28 %. Damit waren die Raten nicht relevant höher als die auch in anderen Studien mit Durva
lumab in Monotherapie erzielten Quo
ten und somit nicht ausreichend für eine
weitere Entwicklung, wie die Studien
autoren feststellen. Auch beim progres
sionsfreien und Gesamtüberleben schnitten die Kombinationstherapien ähnlich ab wie Durvalumab allein.
Nebenwirkungen von Grad 3/4 traten bei 10 % der Patienten mit alleiniger Immuntherapie auf, unter den Kombina
tionstherapien waren 24–48 % betroffen.
Fazit: Den Forschenden zufolge stützten ihre Daten die klinische Aktivität der FGFRInhibition und einer Durvalumab
Monotherapie – aber sie zeigen mit keiner der Kombinationen eine erhöhte Aktivi
tät. Angesichts von Aufwand, Kosten und Nebenwirkungen wecke dies Bedenken gegen die Kombination aus gezielter und Immuntherapie bei fortgeschrittenen Urothelkarzinomen. Beate Schumacher Powles T et al. An adaptive, biomarker-directed platform study of durvalumab in combination with targeted therapies in advanced urothelial cancer. Nat Med. 2021;27(5):793-801
Im Fokus Onkologie 2021; 24 (4) 37