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Archiv "Die Mendelssohns: Eine begabte Familie" (21.01.2005)

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V A R I A

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 3⏐⏐21. Januar 2005 AA149

A

m Anfang steht der Phi- losoph Moses Mendels- sohn (1729–1786). Er ist der Begründer einer verzweig- ten Familie, die über fünf Ge- nerationen hinweg das Kul- tur- und Wirtschaftsleben in Deutschland beeinflusste. Der bekannteste Vertreter dürfte heute der Komponist Felix- Mendelssohn-Bartholdy sein.

Bekannt und einflussreich waren die Bankiers. In deren ehemaligem Bankhaus in der Berliner Jägerstraße wurden während der Jüdischen Kul- turtage im November vorigen Jahres zwei Bücher vorge- stellt, die auch mit den un- bekannteren Vertretern des Clans bekannt machen.

Zu den Mendelssohns zäh- len auch Naturwissenschaft- ler, Historiker und nicht zu- letzt eigenwillige, emanzi- pierte Frauen. Nur ein Arzt gehörte zur Familie. Und der war ein schwarzes Schaf,

ein Revolutionär und Aben- teurer. Arnold Mendelssohn (1817–1854), ein Enkel von Moses, begann seine Berufs- laufbahn als Armenarzt in Berlin. Dort lebte er mit Fer- dinand Lassalle, dem führen- den Sozialisten, in einer Wohngemeinschaft. Er wur- de in die Hatzfeld-Affäre verwickelt, zu Zuchthaus verurteilt, kam aber auf In- tervention seiner Bankiers- verwandtschaft wieder frei, musste aber ins Exil. In Österreich geriet er als unga- rischer (!) Revolutionär vors Kriegsgericht, in Jerusalem gründete er ein Hospiz, nahm als türkischer Militärarzt am Krimkrieg teil und starb bei einem Gewaltmarsch in Meso- potamien.

Kurz – eine Biografie, die für einen dicken Abenteuer- schmöker überreichen Stoff liefert. Elke Steiner hat Ar- nolds Leben in einen Comic

gegossen. Ein eindrucksvolles Bild eines ungewöhnlichen Mannes ist so entstanden.

Steiner, die auch im Deut- schen Ärzteblatt biografische Comics veröffentlicht hat (Herbert Lewin und Käte Frankenthal), zeigt einmal mehr, dass der Comic vorzüg- lich geeignet ist, auch ernste Themen darzustellen. „Stei- ners Comics sind weder ko- misch, noch enthalten sie Sprechblasen“, bemerkte die Journalistin Katja Lüthje bei der Präsentation. Ihre Comics seien gekennzeichnet durch einen wiedererkennbaren Stil, der an Linolschnitte erinnere, und eine gewisse Sperrigkeit der Figuren, mit denen Stei- ner aber „sichtbar liebevoll umgeht“.

Zusammen mit Arnold porträtiert Steiner auch des- sen Cousine Dorothea Schle- gel (1764–1839).Auch die hat- te ein bewegtes, wenn auch völlig anders geartetes Le- ben. Dorothea war ein Frau, die mit vielen Konventionen brach, sie ließ sich scheiden, lebte mit dem acht Jahre jün- geren Friedrich Schlegel zu- nächst in wilder Ehe, bekann- te sich zu ihren Überzeugun- gen, anfangs den Idealen der Romantik, später, nach dem Übertritt zum Katholizismus, der Religion.

Die Mendelssohns waren jüdischer Herkunft, ent- stammten sehr einfachen Ver- hältnissen und arbeiteten sich hoch. Viele blieben Juden, viele konvertierten zum Chri- stentum. Man schloss Ehen mit jüdischen, aber bald auch mit christlichen Partnern, siehe Dorothea oder auch Fanny Hensel, die Schwester des Komponisten und selbst eine begabte Musikerin, die mit dem Maler Wilhelm Hen- sel verheiratet war.

Kurze Porträts in Text und Bild der Mendelssohns der er- sten bis vierten Generation hat der Historiker Hans-Gün- ter Klein in einem kleinen und edel gemachten Band zusam- mengestellt. „Philosophischer Geist, künstlerische Gabe und kaufmännische Fähigkeiten“, resümierte Klein bei der Buchvorstellung im alten Mendelssohn-Bankhaus, „wa- ren das Besondere an den Mendelssohns.“ Nach dem Studium von Kleins Buch und des Comics ist als weitere Ga- be der Wagemut hinzuzufügen.

Die Familientradition sei bis zur vierten Generation noch intakt gewesen, stellte Klein fest. Sie brach erst nach 1933 abrupt ab, „als der Name Mendelssohn aus dem öffentlichen Leben verbannt wurde“. Norbert Jachertz

Die Mendelssohns

Eine begabte Familie

Zum Clan gehörten Wissenschaftler, Bankiers, Künstler, aber auch schwarze Schafe wie der Arzt und Revolutionär Arnold Mendelssohn.

Hans-Günter Klein:

Die Mendelssohns im Bildnis, 102 Sei- ten, Berlin (Gebr.

Mann Verlag), 2004, 24,90 Euro

Elke Steiner: Die anderen Mendels- sohns, 64 Seiten, Berlin (Reprodukt, Bülowstraße 52, 10783 Berlin), 12 Euro

Feuilleton

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