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Archiv "Furcht vor „Ansteckung“: Eine gelungene Sendung über Krebsnachsorge" (05.09.1991)

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zahlreichen Abtreibungen, die oft unter unmenschlichen Bedingungen vorgenommen werden. Die „Aktion Perestroika" bemüht sich, ein Joint Venture für den Bau einer Fabrik von Kondomen zu vermitteln. Diese sollen für jedermann erschwinglich sein; außerdem müßte ein Teil der Produktion an Kliniken geliefert werden, die eine Beratung für Frau- en einrichten möchten oder schon eingerichtet haben. Erste konkrete Verhandlungen mit einer deutschen Firma haben bereits stattgefunden.

Weitere Partner, die sich an diesem Joint Venture beteiligen, werden noch gesucht, da die sowjetische Fir- ma nicht über genügend Devisen verfügt.

Damit die Organisation ihre Projekte weiterführen kann, braucht sie Unterstützung. Informationen sendet die „Aktion Perestroika" auf Anfrage zu. Spendenkonten: Postgi- roamt Frankfurt, BLZ 500 100 60, Kto. 31 717-608; Frankfurter Spar- kasse, BLZ 500 502 01, Kto. 281 000.

Anschrift des Verfassers:

Aktion Perestroika e. V.

Anton Stucki Oberemserstraße 9 W-6270 Idstein

Furcht vor „Ansteckung"

Eine gelungene Sendung über Krebsnachsorge

Über die Krankheit Krebs, in welcher Form sie auch auftreten und welches Organ des menschlichen Körpers sie auch befallen mag, ge- hen in der „gesunden" Bevölkerung noch immer irrige und zum Teil abenteuerliche Vorstellungen um.

Das tritt vor allem dort zutage, wo Krebspatienten in größerer Zahl am öffentlichen Leben teilnehmen — etwa, wenn sie nach ihrer Primärthe- rapie über längere Zeit nachbehan- delt werden. Zum Beispiel im Um- feld des oberbayerischen Oberau- dorf, wo sich die Klinik Bad Trissl in zwei Jahrzehnten den Ruf hochqua- lifizierter Nachbehandlung Krebs- kranker erworben hat. Dort ist es vorgekommen, daß Friseurkundin-

nen nicht auf einem Stuhl sitzen wollten, den vor ihnen eine Patientin der Klinik eingenommen hatte. Käu- ferinnen durften ein Kleidungsstück nicht anprobieren, wenn sie die Fra- ge „Sind Sie Trissl-Patientin?" arglos bejaht hatten. Die im Wochenpro- gramm der Klinik regelmäßig ange- botene Schwimmstunde mußte in ein entfernteres Hallenbad verlegt wer- den, weil die Patienten im nahegele- genen Schwimmbad nicht erwünscht waren . . .

„Wer sich aufgibt,

ist schon halb verloren"

An solchen Vorkommnissen ist eine nahezu unglaubliche Unkennt- nis abzulesen. Selbst gründliche me- dizinisch-wissenschaftliche Aufklä- rung, wie sie immer wieder unter- nommen wird, bleibt offenbar von der Angst vor dem „Unheimlichen"

so überlagert, daß sogar mittelbare Kontakte mit erkrankten Menschen gescheut werden. Man fürchtet Übertragung der Krankheit oder An- steckung.

Daß es Chancen gibt, die grotes- ken Vorurteile aufzulockern und die auf ihnen beruhende Furcht vor dem Umgang mit Krebskranken abzubau- en, demonstrierte kürzlich das Re- gionalprogramm Oberbayern des Bayerischen Rundfunks. In der viel- gehörten Sendung „Zu Besuch bei . . ." vermittelten die Reporterin- nen Gabi Toepsch und Isabella Schmidt, ausschließlich auf eigene Eindrücke und unvorbereitete State- ments gestützt, ein an Fakten orien- tiertes Bild von den Krebspatienten und der Nachsorgearbeit in der Kli- nik Bad Trissl.

Eindrucksvoll war in dieser Hör- funksendung, wie die Patienten von sich aus viele Dummheiten und Ah- nungslosigkeiten richtigstellten, oh- ne expressis verbis dazu aufgefordert zu sein. Übereinstimmend stellten sie sich als Menschen dar, die nicht anders sind als andere kranke Men- schen — wenn es in ihrem Fall auch der tückische Krebs ist, unter dem sie mehr oder weniger schwer zu lei- den haben. Viele hoben ohne aus- drückliches Stichwort hervor, daß ih- nen die (oft mehrfache) Nachbe-

handlung ein zufriedenstellendes Weiterleben eröffnet.

Eine durch die Krankheit be- grenzte Lebenszeit wurde nicht in Abrede gestellt, zugleich aber auf den hohen psychischen Wert der si- cheren Möglichkeit verwiesen, in die Klinik so oft zurückkommen zu kön- nen, wie es erforderlich ist. Zehn Jahre lang von den gleichen Ärzten, oft auch von den gleichen Pflegekräf- ten, betreut zu werden, erschien als Wohltat. Oft seien erst bei wieder- holten Aufenthalten in Bad Trissl gewisse Veränderungen des Krank- heitsbildes erkannt und bei der Wei- terbehandlung berücksichtigt wor- den: „Zuhause hätte man das gar nicht bemerkt." Entschieden wurde übrigens die Verwechslung der dia- gnostisch und therapeutisch hochge- rüsteten Klinik mit einem Kurheim zurückgewiesen.

In überraschendem Konsens klang die Bereitschaft an, das Schicksal Krebs auf sich zu nehmen, ja: Gewinn daraus zu ziehen. „Wer sich aufgibt, ist schon halb verloren", hieß es da, oder „Man erlebt jeden Tag viel bewußter und ist für jeden Tag dankbar."

Auch von den Belastungen der Behandler und Betreuer war die Re- de: daß sie bei sehr jungen und sehr alten Patienten schwerer seien als bei Kranken mittleren Alters, und wie schwierig es sei, Kontakte zu de- primierten Menschen aufzunehmen, die sich isoliert, oft auch von ihren Angehörigen allein gelassen fühlen.

Wie es aber immer wieder gelinge, die menschliche Beziehung herzu- stellen. Mit Selbstverständlichkeit billigten die Patienten daher den Schwestern den Wunsch nach Aus- gleich, Freizeit und Urlaub zu —

„möglichst weit weg von der Klinik".

Das Bild, das die Autorinnen dieser Sendung von Krebskranken und ihrer Nachsorge vermittelten, war rund. Neben den Kranken ka- men Vertreter aller patientenbezo- genen Arbeitsgruppen der Klinik zu Wort. Kein wichtiger Gesichtspunkt und keine nötige Funktion wurde ausgespart. Nur für eine wie immer geartete Notwendigkeit, sich von Krebspatienten aus Furcht vor An- steckung fernzuhalten, gab es keinen noch so kleinen Anlaß — einfach, weil A-2888 (46) Dt. Ärztebl. 88, Heft 36, 5. September 1991

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Altersstandardisierte Sterberaten von Deutschen

und in Deutschland lebenden Ausländern, 1984 bis 1986

(ICD 140 — 208) BN insgesamt (ICD 150 — 159) BN d.Verdauungsorg.

(ICD 160 — 165) BN d.Atmungsorgane (ICD 390 — 459) Kht.d.Kreislaufsys.

(ICD 410 — 414) Ischäm. Herzkrankh.

0 50 100 150 200 250

(ICD 415 — 448) sonst. Herzkrankh.

(ICD 520 — 579) Kht.d.Verdauungsorg.

(ICD 810 — 819)

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Verkehrsunfälle (ICD 950 — 959) Suizid

pro 100.000 Deutsche

Ausländer

es ihn aus der Sache heraus nicht ge- ben kann.

Der Sendung wäre über die vol- ständige Information hinaus ein zu- sätzliches Verdienst zuzusprechen gewesen, wenn es ihr — vielleicht auch nur teilweise — gelungen wäre, in die durch nichts begründbare Mauer abergläubischer Vorurteile eine Bresche zu schlagen. KG

Gastarbeiter gesünder?

Relativ

hohes Sterberisiko der Deutschen

Daß Ausländer in Deutschland unter schlechteren Gesundheitsver- hältnissen als die Einheimischen le- ben, darauf deuten verschiedene Forschungsbefunde. Seit langem ist bekannt, daß die in Deutschland le- benden Neugeborenen und Säuglin- ge ausländischer Eltern eine erhöhte Sterblichkeit aufweisen. Ebenfalls bekannt ist, daß die in Großstädten der Bundesrepublik lebenden aus- ländischen Kleinkinder, verglichen mit deutschen, eine zwei- bis drei- fach höhere Unfallhäufigkeit aufwei- sen.

Sind die gesundheitlichen Le- benschancen auch bei Ausländern im Erwerbsalter ungünstiger als bei erwachsenen Deutschen? Zur Be- antwortung dieser Frage wurde die Todesursachenstatistik der Jahre 1984, 1985 und 1986 für die im Alter von 25 bis 64 Jahren Verstorbenen ausgewertet. Da das Durchschnitts- alter der Ausländer deutlich unter dem der deutschen Bevölkerung liegt, wurde eine Altersstandardisie- rung durchgeführt, das heißt, es wur- den gewichtete Raten entsprechend der Zusammensetzung des Modells der Weltbevölkerung berechnet (truncated rates). So konnte eine Verzerrung der Ergebnisse durch den Einflußfaktor Alter weitgehend kontrolliert werden.

Das Ergebnis ist auf den ersten Blick verblüffend: Deutsche weisen ein erheblich höheres Sterberisiko auf als Ausländer, die in Deutsch- land ihren Wohnort haben. Die

Übersterblichkeit der Deutschen be- trägt (im Mittel der Jahre 1984 bis 1986) bei Männern etwa 100 Pro- zent, bei Frauen etwa 130 Prozent.

Deutsche haben nicht nur ein höhe- res Mortalitätsrisiko auf der Basis der Gesamtsterblichkeit, diese Diffe- renzen lassen sich für die wichtigen einzelnen Todesursachen nachwei- sen (Abbildung oben).

Lediglich die Sterblichkeit infol- ge von Verkehrsunfällen macht hier eine Ausnahme: Diesbezüglich fal- len die Unterschiede deutlich gerin- ger aus. Die Ursachen der ermittel- ten Sterblichkeitsunterschiede sind bislang weitgehend unerforscht. Bei der Ausländerbevölkerung der hier ausgewerteten Jahrgänge handelt es sich überwiegend um sogenannte Ar- beitsmigranten („Gastarbeiter"), de- ren größte Teilgruppen Türken, Ju- goslawen, Italiener und Griechen sind. Aufgrund der Stärke der Diffe- renzen sind mögliche biologische be- ziehungsweise genetische Unter- schiede von Deutschen und Auslän- dern allenfalls als Teilerklärung plausibel. Dagegen ist zu vermuten, daß die zu beobachtende relativ ge- ringe Sterblichkeit der Ausländer

auf ihr Einwanderer- und Rückkehr- verhalten zurückgeführt werden kann. Solche „Selektionseffekte" las- sen sich deshalb annehmen, weil Einwanderer in der Regel unter ge- sundheitlichen Aspekten eine positi- ve Auswahl ihrer Heimatbevölke- rung darstellen und weil mit ihrer Neigung zu rechnen ist, bei ernsthaf- ter Krankheit vorzeitig in ihre Hei- mat zurückzukehren.

Sollten diese Hypothesen zutref- fen, so müßte die in Deutschland verbleibende Ausländerbevölkerung als die statistische Gesamtheit, auf die sich die Berechnungen bezieht, ein geringeres Sterblichkeitsrisiko aufweisen als die deutsche Bevölke- rung, was auch belegt wurde.

Die Analysen zum Mortalitätsri- siko von Deutschen und von in Deutschland lebenden Ausländern wurden am Zentralinsitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI), Köln, durchgeführt und als Teil des Buches „Dringliche Gesundheitspro- bleme der Bevölkerung in der Bun- desrepublik Deutschland" (Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 1990) publiziert.

Ingbert Weber, ZI, Köln Dt. Ärztebl. 88, Heft 36, 5. September 1991 (49) A-2889

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