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Archiv "„Supervirus“-Studien: Publikation mit „entschärftem“ Inhalt" (13.04.2012)

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A 760 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 15

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13. April 2012

„SUPERVIRUS“-STUDIEN

Publikation mit „entschärftem“ Inhalt

Der monatelange Streit zwischen Virologen, zwei Wissenschaftsmagazinen und einer US-Regierungsorganisation über brisante Forschungsergebnisse und ihren potenziellen Missbrauch, geht mit einem Kompromiss zu Ende.

N

un also doch: Nach heftigen internationalen Diskussionen über Freiheit und Grenzen der Wis- senschaft hat das National Science Advisory Board for Biosecurity (NSABB), ein von der US-Regie- rung geschaffenes Gremium zur Abwehr von bioterroristischen An- schlägen, zwei umstrittene Studien zum H5N1-Supervirus zur Publika- tion freigegeben. Zuvor hatten die Autoren das Manuskript allerdings überarbeitet und „entschärft“.

Der Streit war Ende letzten Jah- res entbrannt, als die US-Regie- rungsorganisation erstmals die bei- den renommierten Wissenschafts- magazine „Science“ und „Nature“

aufgefordert hatte, Detailergebnisse virologischer Studien nicht zu ver- öffentlichen, aus Angst, Terroristen könnten diese Informationen als Bauanleitung für eine Biowaffe missbrauchen (Dtsch Arztebl 2012;

109[4]: A 149).

Furcht vor Bioterrorismus

Den Forschergruppen um Ron Fou- chier vom Erasmus Medical Center in Rotterdam und um Yoshihiro Ka- waoka von der Universität von Wis- consin in Madison war es unabhän- gig voneinander – und nur in Tier- versuchen – gelungen, das hochpa- thogene Vogelgrippevirus H5N1 so zu mutieren, dass es im hohen Grad per Tröpfcheninfektion übertragbar ist. Und sie berichteten im Septem- ber auf einem Influenza-Kongress in Malta, dass dafür nur minimale Veränderungen des avianen H5N1- Virusgens ausreichten.

Damit nahm das Bedrohungssze- nario seinen Lauf. Der hochpatho- gene Erreger der Vogelgrippe, der aufgrund seiner geringen Infektio- sität für Menschen bisher nur weni- ge Todesfälle verursacht hat, könnte durch bioterroristische Vorhaben zum Auslöser einer Pandemie mit

vielen Millionen Todesfällen wer- den. Fouchier und Kawaoka indes argumentieren, dass ihre Arbeiten wichtige Grundlagen für die Ent- wicklung eines Impfstoffes gegen ein H5N1-„Supervirus“ schaffen.

Im Dezember schließlich emp- fahl das NSABB, die bevorstehen- den Publikation in „Science“ (Fou- chier et al.) und „Nature“ (Kawaoka et al.) zu stoppen. Dieses Ansinnen führte nicht nur zu Protesten gegen die Zensurmaßnahmen einer US-

Behörde, auch die Öffentlichkeit diskutierte, ob die Sicherheitsvor- kehrungen, unter denen derartige Experimente durchgeführt werden, ausreichend sind, um eine verse- hentliche Freisetzung aus dem La- bor zu verhindern.

Daraufhin kündigten die beiden Wissenschaftler Ende Januar ge- meinsam in einem offenen Brief in

„Nature“ und „Science“ an, ihre Arbeit für die nächsten 60 Tage zu stoppen. Im Februar befasste sich auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem strittigen Thema; 22 nach Genf eingeladene Experten dis- kutierten mit Fouchier und Kawaoka

und kamen nach zwei Tagen zu dem Schluss, dass die Experimente veröf- fentlicht werden sollten. Inzwischen hat das NSABB eine Kehrtwende vollzogen, nachdem die Forscher ih- re Manuskripte überarbeitet haben.

Die nun beschriebenen Daten ent- hielten keine Informationen, die ei- nen unmittelbaren Missbrauch zur Gefährdung der öffentlichen Ge- sundheit ermöglichten, sagte Paul Keim, Vorsitzender der NSABB.

„Wir haben neue, verlässliche Infor- mationen über den Nutzen und über die Risiken der Forschung.“ Worin sich die neuen Versionen der Manu- skripte genau unterscheiden, weiß bislang nur ein kleiner Kreis.

Fouchier wird weiter forschen

Auf einer Pressekonferenz anlässlich des Europäischen Kongresses für Klinische Mikrobiologie und Infek- tionskrankheiten (ECCMID) am 3.

April in London gab Fouchier dem Deutschlandfunk zufolge jedenfalls so viel bekannt, dass die Publikation insgesamt ausführlicher geworden sei. Zwar beschreibe er wie in der ersten Version, auf welche Weise die H5N1-Viren verändert worden seien, aber auch, warum seine Er- gebnisse für die Grippeforschung so wichtig seien. Und er stellte auch klar, dass das mutierte Virus längst nicht so gefährlich sei, wie viele bisher angenommen hätten.

Fouchier, dessen Arbeiten finan- ziell von den National Institutes of Health unterstützt worden sind, will sobald wie möglich an dem Projekt weiter arbeiten. Das freiwillige 60-tägige Moratorium war Ende März abgelaufen. Die amerikani- sche Regierung gab indes bekannt, ihre Forschungsaktivitäten an hoch- gefährlichen Erregern wie auch Ebola oder Milzbrand auf den Prüf- stand stellen zu wollen.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Elektronen -

mikroskopische Darstellung des Vogelgrippevirus vom Typ A/H5N1.

Dieses Virus war 2004 während eines Ausbruchs in Vietnam isoliert worden.

Foto: SPL

M E D I Z I N R E P O R T

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