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Archiv "Gesundheitssurvey des Robert-Koch-Instituts: Zivilisationskrankheiten nehmen zu" (29.06.2012)

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A 1376 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 26

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29. Juni 2012

B

undesgesundheitsminister Da- niel Bahr macht seinem Amt alle Ehre: Am Abend des 15. Juni nahm der versierte Läufer, der auch schon Marathonläufe absolviert hat, am Berliner Staffelfest teil. Seine Teilnahme untermauerte wirkungs- voll sein Statement vom Vor mit - tag: „Wir müssen Lust und Laune auf gesundheitsbewusstes Verhalten machen“, sagte Bahr bei der Vorstel- lung der ersten Ergebnisse der „Stu- die zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (DEGS) des Robert- Koch-Instituts (RKI). Der erhobene Zeigefinger sei dabei fehl am Platz.

Stattdessen will der Minister die Präventionsmaßnahmen der Kran-

kenkassen hinterfragen und plant für den Herbst auch gesetzgeberische Maßnahmen. Diese sollen eng mit dem Nationalen Krebsplan und ei- nem Aktionsplan Diabetes verknüpft sein. Grundlage für diese Initiative seien die im Rahmen der DEGS ge- wonnenen Daten zum Gesundheits- status der Bevölkerung. Die DEGS liefert als die größte Studie dieser Art seit dem Bundesgesundheitssurvey 1998 unter anderem Daten zu Über- gewicht, Diabetes, körperlicher Akti- vität, psychischer Gesundheit und Funktionseinschränkungen im Alter.

Im Auftrag des Bundesgesund- heitsministeriums seien zwischen 2008 und 2011 Daten von mehr als

8 000 Erwachsenen im Alter von 18 bis 79 Jahren aus 180 Studienorten er- hoben und ausgewertet worden, teilte RKI-Präsident Prof. Dr. med. Rein- hard Burger mit. Auf dem Programm standen Befragungen, Laboruntersu- chungen von Blut- und Urinproben sowie körperliche Untersuchungen.

„Die Ergebnisse sind allerdings nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Dr. med. Bärbel-Maria Kurth, Leite- rin der Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung am RKI. In den wenigen Monaten nach Abschluss der Messungen habe man nur deskriptiv ausgewertet, später wolle man sich noch grundlegender mit dem Datensatz beschäftigen und kausale Zusammenhänge und zeitli- che Abläufe erfassen. Denn das Be- sondere an der DEGS ist die Ver- gleichbarkeit mit den Daten des Bundesgesundheitssurveys von 1998:

Von den jetzt untersuchten Teilneh- mern waren knapp 4 000 bereits da- mals dabei. So lasse sich nicht nur feststellen, woran die Deutschen ge- rade leiden, sondern auch, wie sich die Krankheiten über die Jahre ent- wickelten, erklärte Kurth. Dabei sind folgende Trends zu erkennen:

Die adipösen Deutschen werden noch dicker: Der DEGS zufolge sta- gniert beziehungsweise sinkt sogar Dicke Männer

werden dicker: In allen Altersgruppen nimmt die Adiposi-

tasprävalenz zu.

GRAFIK 1

Zeitliche Veränderungen der Adipositasprävalenz 45

40 35 30 25 20 15 10 5 0

1990/92 1998 2008/11 1990/92 1998 2008/11 Frauen

Männer

Survey-Zeitpunkte

in Prozent Alter 55–69

45–54 35–44 25–34

Quelle: RKI

GESUNDHEITSSURVEY DES ROBERT-KOCH-INSTITUTS

Zivilisationskrankheiten nehmen zu

Nach der Studie zur „Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ sind Adipositas und Diabetes auf dem Vormarsch. Die Untersuchung liefert Ansätze für die Prävention.

Foto: dpa

M E D I Z I N R E P O R T

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29. Juni 2012 A 1377 die Zahl der übergewichtigen Deut-

schen seit der letzten Erhebung 1998 – allerdings auf hohem Niveau:

Mehr als zwei Drittel (67,1 Prozent) der deutschen Männer zwischen 18 und 79 Jahren sind übergewichtig.

Bei den Frauen weisen 53 Prozent einen Body-mass-Index (BMI) über 25 auf. „Besorgniserregend“ ist für Kurth jedoch, dass die Anzahl der adipösen Menschen – also mit einem BMI größer als 30 – weiter steigt.

Vor allem bei den Männern nahm die Adipositasprävalenz in den letz- ten zehn Jahren zu (von 18,9 Pro- zent auf 23,3 Prozent), wobei be- sonders junge Männer betroffen sind.

Bei den Frauen veränderte sich die- ser Wert dagegen nur leicht von 22,5 Prozent auf 23,9 Prozent. Auf- fallend ist jedoch, dass der Anteil Adipöser mit steigendem sozioöko- nomischem Status kleiner wird.

Die Zahl der Diabetiker steigt:

Der hohe Anteil der Übergewichti- gen in Deutschland scheint seinen Preis zu haben: Der DEGS zufolge stieg die Lebenszeitprävalenz eines Diabetes mellitus von 5,2 Prozent der Gesamtbevölkerung 1998 auf heute 7,2 Prozent. Die erfasste Prä- valenz sei jedoch noch niedriger als bisherige Schätzungen aus Versor- gungsdaten, erklärte Dr. med. Chris- ta Scheidt-Nave vom RKI.

Diabetes mellitus verbreitet sich jedoch nicht nur besonders unter Adipösen, sondern auch unter Män- nern über dem 70. und Frauen un- ter dem 40. Lebensjahr. Im Hin- blick auf die Dunkelziffer gehen die RKI-Forscher nach Untersuchung des Blutzuckers (Nüchtern- oder Gelegenheitsglukose im Serum) so- wie des HbA1c davon aus, dass bei 0,7–2,1 Prozent der Bevölkerung ein unerkannter Diabetes vorliegt.

Menschen sind körperlich ak- tiver als vor zehn Jahren: Aller- dings gibt es seit 1998 auch positive Veränderungen – die Deutschen werden sportlicher. 51,7 Prozent der Männer und 49,5 Prozent der Frauen sind der DEGS zufolge re- gelmäßig mindestens einmal pro Woche körperlich aktiv. Damit ist der Anteil der sportlich Aktiven seit 1998 um 13,1 Prozentpunkte bei den Männern und um 16,2 Prozent- punkte bei den Frauen gestiegen.

Nach Ansicht der Weltgesund- heitsorganisation (WHO) ist das aber noch zu wenig: Ihr zufolge sollten Menschen idealerweise 2,5 Stunden pro Woche Sport trei- ben. Diese empfohlene körperliche Mindestaktivitätszeit erreichen in Deutschland jedoch nur 25,4 Pro- zent der Männer und 15,5 Prozent der Frauen. Die Erhebung zeigte ferner, dass Frauen viel häufiger als Männer von Sportangeboten ange- sprochen werden: 9,4 Prozent der Männer, aber 19,5 Prozent der Frauen nehmen diese wahr.

Möglicherweise mehr psychi - sche Erkrankungen: Mit großer Spannung erwartet wurden die Er-

gebnisse zur psychischen Gesund- heit der Deutschen. Die Frage: Sind wir wirklich psychisch stärker be - lastet als vor zehn Jahren?, bewegt viele Menschen. „Möglicherweise“, meint Prof. Dr. med. Hans-Ulrich Wittchen von der Technischen Uni- versität Dresden. „Gewisse Zunah- meeffekte“ gebe bei der Prävalenz der Depression, jedoch keine epide- mische Zunahme, erklärte der Psych - iater. Vor allem unter jüngeren Men- schen scheine die Wahrscheinlich- keit, dass psychische Erkrankungen aufträten, erhöht zu sein.

Das Thema psychische Gesund- heit sei in einem Zusatzmodul bei mehr als 5 000 Teilnehmern vertieft worden, erläuterte Wittchen. Da der Zeitraum von zehn Jahren seit der letzten Untersuchung jedoch relativ klein sei, sei erst genau zu prüfen, ob ein bedeutsamer Zunahmeeffekt

vorliege. Von der weiteren Auswer- tung erwarte er auch im internatio- nalen Vergleich einmalig differen- zierte und umfassende Daten.

Bei nahezu allen 8 000 DEGS- Teilnehmern wurde hingegen mittels Fragebogen und computergestützten ärztlichen Interviews das Vorliegen einer Depression, von Schlafstörun- gen und chronischem Stress unter- sucht. Dabei berichteten 8,1 Prozent der Befragten von aktuellen Sym - ptomen einer Depression (10,2 Pro- zent der Frauen und 6,1 Prozent der Männer). Die Wahrscheinlichkeit war dabei unter den 18- bis 29-Jähri- gen mit fast zehn Prozent am höchs- ten. Die niedrigsten Werte fanden die Forscher bei den über 65-Jähri- gen (6,3 Prozent).

Eine starke Abhängigkeit zeigte die Prävalenz von Depressionen mit dem sozioökonomischen Status.

Während 13,6 Prozent der Menschen mit niedrigem Status über Symptome klagten, waren es unter denjenigen mit hohem Status nur 4,6 Prozent.

Zudem gaben 4,2 Prozent der Teilnehmer an, dass ein Arzt oder Psychotherapeut bei ihnen ein Burn- out-Syndrom festgestellt hat (Frau- en 5,2 Prozent, Männer 3,3 Pro- zent). Betroffen sind vor allem die 50- bis 59-Jährigen (6,6 Prozent), deutlich weniger die 18- bis 29-Jäh - rigen (1,4 Prozent). Während ein höherer sozioökonomischer Status eher vor Depression „schützt“, ist er jedoch häufiger mit dem Burn- out-Syndrom assoziiert.

Eine Schlafstörung von mindes- tens dreimal pro Woche gab etwa jeder Vierte an (30,8 Prozent der Frauen, 22,3 Prozent der Männer).

Nationales Gesundheitsziel: Ge- sund älter werden. Untersucht (aber noch nicht ausgewertet) wurde mit der DEGS auch die Gesundheit im Alter. Dazu wurden bei mehr als 1 800 Personen im Alter von 65 bis 79 Jahren international etablierte Tests zur Erfassung alltagsrelevan- ter Funktionsfähigkeiten eingesetzt, etwa zu Greifkraft, Mobilität, Gleich- gewicht (Balancetest) und kogniti-

ven Leistungen.

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann

Eine ausführliche wissenschaftliche und alle Themen umfassende Basispublikation zu den Ergebnissen der DEGS soll 2013 erfolgen.

Diabetes mellitus auf dem Vor- marsch: Sowohl bei Männer als auch bei Frauen steigt die Prävalenz.

GRAFIK 2

Zeitlicher Trend Lebenszeitprävalenz des Diabetes 8

6

4

2

0

in Prozent

Männer Frauen Gesamt 7,0

5,7 7,4

4,7

7,2

5,2

Quelle: RKI

BGS98 Bevölkerung 1997 DEGS1 Bevölkerung 2010

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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