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Archiv "Pneumologie: Sputumdiagnose ist nicht verlässlich" (23.04.2004)

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ARS und die Vogelgrippe seien me- dienträchtig, aber selten. Ambulant erworbene Pneumonien, Lungen- karzinom, chronisch obstruktive Lun- genkrankheiten und Asthma dagegen seien das „tägliche Brot“ der Pneumo- logen, betonte Prof. Thomas Wagner (Frankfurt/Main) als Tagungspräsident beim 45. Kongress der Deutschen Ge- sellschaft für Pneumologie in Frankfurt.

Rund 240 000 Klinikaufenthalte wa- ren im Jahr 1998 den ambulant erwor- benen Pneumonien (Community Aquir- ed Pneumonia, CAP) zuzuschreiben.

Die Fallzahl liege damit eindeutig höher als für Herzinfarkte oder Schlaganfälle (Textkasten), erläuterte Prof. Norbert Suttorp (Charité Campus Virchow-Kli- nikum Berlin). Da auf einen stationär behandelten Patienten etwa zwei am- bulant behandelte Patienten kommen, sei von jährlich circa 750 000 CAP-Fäl- len auszugehen. Das bisher eher stief- mütterlich behandelte Krankheitsbild hat damit „ganz erhebliche Dimensio- nen“, was im Jahr 2002 auch das

Bundesministerium für Bildung und Forschung überzeugte: Seither wird das Kompetenznetz CAPNETZ gefördert (www.capnetz.de). Wie Suttorp als Sprecher der Einrichtung darlegte, wur- den als Erstes Defizite hinsichtlich Epi- demiologie, Erregerspektrum und de- ren Resistenz untersucht. Das Netz- werk verfolgt dazu Patienten in neun lokalen klinischen Zentren, die mit rund 500 niedergelassenen Ärzten ko- operieren. Circa 3 000 Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie sol- len landesweit erfasst werden. Alle kli- nischen und mikrobiologischen Daten werden zusammengeführt und in einer zentralen Material- und Datenbank verwaltet.

Inzwischen ist „Halbzeit“ bei der Re- krutierung, und die ersten Ergebnisse liegen vor – mit überraschenden Resul- taten. Beispielsweise sind die Erreger über die Sputumdiagnostik nur in vier von zehn Fällen zu identifizieren, womit stark kritisierte US-Daten bestätigt werden. Trotz Schulung ist das Sputum

nur in sechs von zehn Proben brauch- bar, zwei davon sind nicht verwertbar, in den restlichen vier sind die Erreger zu bestimmen. In Zukunft soll diese Diagnosemethode deshalb durch eine verlässlichere ersetzt werden – etwa den Antigentest im Urin. Hiermit sind Antigene von Legionellen und Pneu- mokokken zu identifizieren, was dann die gezielte Therapie einer Infektion mit „Schmalspur-Antibiotika“ erlaubt.

Unerwartetes auch beim Erreger- spektrum: Streptococcus pneumoniae ist die Nummer eins, gefolgt von Viren (überwiegend Influenzaviren). Überra- schenderweise liegen jedoch Legionel- len an dritter Stelle mit sechs bis acht Prozent. Chlamydien dagegen wurden mit maximal ein Prozent extrem selten nachgewiesen. Die Penicillin-Resistenz von Pneumokokken liegt mit unter fünf Prozent sehr viel niedriger als in den USA (60 bis 70 Prozent) und Spanien (40 bis 50 Prozent). Andererseits zeigt rund die Hälfte bereits eine Makrolid- Resistenz, Tendenz weiter steigend.

Vorsichtig formulierte Suttorp die Un- terschiede in der Behandlung, für die in Deutschland keine validierten Leitlinien bestehen: Ambulant sieht der Experte eher eine Übertherapie insofern, als häu- fig Breitband-Antibiotika wie Fluorchi- nolone eingesetzt werden.Im stationären Bereich dagegen besteht angesichts der Resistenzen bei der Behandlung mit klassischen Betalactam-Antibiotika eher eine Tendenz zur Untertherapie.

Als Aufgabe für die weitere Zukunft hat sich das Netzwerk molekularbiolo- gische Untersuchungen gestellt, denn essenzielle Fragen zur In- teraktion von Erreger und Wirt sind nur unzu- reichend verstanden. In- zwischen hat sich gezeigt, dass bei Pneumokokken- Pneumonien bestimmte Zytokine (IL-15) not- wendig sind, um die In- fektion zu überwinden.

Es ist zu prüfen, ob ein betroffener Patient die- sen Faktor bildet und ob er sich als prognostisches Zeichen eignet.

Rund zwölf Prozent der Allgemeinbevölke- rung weisen eine chronisch M E D I Z I N R E P O R T

A

A1144 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1723. April 2004

Pneumologie

Sputumdiagnose ist nicht verlässlich

Das Kompetenznetz „CAPNETZ“ legt erstmals systematische Daten zur Epidemiologie, Mikrobiologie und Resistenz der ambulant erworbenen Pneumonie vor.

Erstdiagnose bei der Aufnahme ins Krankenhaus

Infektionskrankheiten

Obere Atemwegsinfektion 118 371 Ambulant erworbene Pneumonie 238 659

Sepsis 17 949

Tuberkulose 12 904

Virushepatitis 10 927

Meningitis 2 837

Aids 5 448

Andere häufige Erkrankungen

Arterieller Hypertonus 185 083

Schlaganfall 161 758

Myokardinfarkt 132 501

Herzinsuffizienz 251 272

(Quelle: Statistisches Bundesamt, 1998, modifiziert) Textkasten

Streptococcus pneumoniae führt die Liste der Erreger an, die für die ambulant erworbene Pneumonie verantwortlich sind.

Foto:Wyeth-Ayerst Laboratories

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obstruktive Lungenfunktionsstörung auf. Das Tückische daran ist jedoch, dass nur 30 Prozent der Betroffenen subjektiv Symptome empfinden, eine Vielzahl sucht deshalb keinen ärztli- chen Rat. Damit eine chronische Bron- chitis in Zukunft sicher zu erkennen ist, wird nach Angaben des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Pneumo- nie, Prof. Helgo Magnussen (Großhans- dorf), derzeit ein intelligentes Spiro- meter entwickelt, das Fehlmessungen vermeidet. Im Herbst, so hofft der Pneu- mologe, werden dazu die entsprechen- den Daten vorgelegt werden.

Klar messbare Fortschritte sind bei der cystischen Fibrose erzielt worden:

Die Lebenserwartung ist in den ver- gangenen zwei Jahrzehnten um 20 Jah- re gestiegen; knapp die Hälfte der Be- troffenen erreicht das Erwachsenen- Alter. Wagners ältester Patient ist 56 Jahre alt.

Defizite bei Diagnose und Therapie der Tuberkulose

Die Tuberkulose zeigt in Deutschland bei einer Inzidenz von zehn pro 100 000 Einwohner und Jahr eine konstante jährliche Abnahme um fünf bis acht Prozent. Der Anteil von im Ausland ge- borenen Patienten lag 2002 bei 42 Pro- zent. Mit einer steigenden Zahl von Zu- wanderern, speziell auch aus dem Osten, erwartet Prof. Robert Lodden- kemper (Berlin) jedoch eine steigende Resistenz. In Russland werden heute bereits in mehr als 30 Prozent Resisten- zen berichtet, wobei in der Bevölkerung zu zehn Prozent bereits multiresistente Tuberkulosestämme vorliegen (in Ge- fängnissen weitaus höhere Werte).

Wie der Kliniker anhand einer „Fin- gerprinting-Studie“ aus dem Jahr 2004 belegte, bestehen in Deutschland Pro- bleme bei Erkennung und Therapie der Erkrankung: In 57 Prozent der Fälle dauert es über einen Monat – bei beste- hendem Verdacht in 28 Prozent der Fäl- le ein bis zwei Monate –, bis nach dem ersten Arztkontakt die Diagnose ge- stellt und damit die Infektionskette un- terbrochen wird. Das zur Therapie emp- fohlene initiale Schema mit vier Medi- kamenten wird nur bei 57 Prozent auch umgesetzt. Dr. Renate Leinmüller

Dermatologie

Gefährliche

„Tattoos“

Die verwendeten Farben sind nicht auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft.

F

ast jeder zehnte Deutsche trägt ein Tattoo. Auch die Zahl derjenigen, die sich als Ersatz für das Schminken mit einem so genannten Permanent Make- Up bestimmte Stellen der Gesichtshaut einfärben lassen, nimmt zu. Dabei gehen die Tätowierten unter Umständen ein ge- sundheitliches Risiko ein, das derzeit wis- senschaftlich nur bedingt abgeschätzt werden kann. Wie das Bundesinstitut für Riskobewertung (BfR) mitteilt, können die mit Hilfe von Nadel-

stichen in die mittlere Hautschicht (Dermis) eingebrachten Farbpig- mente in tiefere Haut- schichten gelangen, dann über die Blutbahn im Körper verteilt und um- gewandelt werden.

Schwere allergische Hautreaktionen sowie Entzündungen sind nach Mitteilungen der Der- matologen die häufig- sten unerwünschten Fol- gen einer Tätowierung.

Allergische Reaktio- nen werden in den mei- sten Fällen auf den Wirkstoff Para-Phenyl-

endiamin (PPD) zurückgeführt. Er wird in Henna zum Abdunkeln ver- wendet und gelangt beim Anfertigen schwarzer Henna-Tattoos auf oder in die Haut. Personen, die einmal gegenüber PPD sensibilisiert sind, können lebens- lang allergische Reaktionen gegen diese Substanz oder gegen Farben mit ähnli- cher chemischer Struktur zeigen. Metall- haltige Bestandteile der Farbmischungen können ebenfalls Allergien auslösen.

Weitere Gefahrenquellen sind Ver- unreinigungen in den Farbmischungen sowie bestimmte Azo-Farbstoffe, die in

krebserzeugende aromatische Amine ge- spalten werden können. Diese chemi- sche Reaktion kann auch bei der Entfer- nung von Tätowierungen mittels der La- sertechnik ablaufen. Weitere mögliche Folgen einer Tattoo-Entfernung sind Narben, Pigmentstörungen der Haut und Entzündungen.

Im Gegensatz zu Farbstoffen in kos- metischen Mitteln zum Auftragen auf die Haut (wie Rouge, Lidschatten oder Eyeliner) sind die Farben, die für Täto- wierungen und Permanent Make-Up verwendet werden, hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen nicht geprüft. Auch über die Langzeitwir- kung dieser Fremdstoffe im Organis- mus ist bisher nichts bekannt, obwohl sie dort in der Regel ein Leben lang ver- bleiben.

Während kosmetische Mittel, die auf die Haut aufgetragen werden, durch das deutsche Lebensmittel- und Bedarfsge- genständegesetz, die europäische Kos- metik-Richtlinie und die deutsche Kosmetik- Verordnung gesetzlich geregelt sind, unterlie- gen Tätowierfarben ge- genwärtig noch keiner vergleichbaren Rege- lung. Es gibt, so die Bundesbehörde, keine gesetzlich festgelegten Vorschriften hinsicht- lich der Reinheit, Qua- lität und der Prüfung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Tätowierfarben.

Das BfR empfiehlt daher, für Tätowierun- gen und Permanent Make-Up bis zu einer gesetzlichen Regelung nur Farbmittel zu verwenden, die den Anforderungen der europäischen Kosmetik-Richtlinie und der deutschen Kosmetik-Verordnung entsprechen und die für die Verwen- dung in kosmetischen Mitteln geprüft und zugelassen sind. Allerdings ist auch damit nicht sicher gewährleistet, dass keine unerwünschten Reaktionen auf- treten können.

Die Ärzteschaft wird gebeten, dem BfR gesundheitliche Beeinträchtigungen, die möglicherweise durch Tätowierungs- farben verursacht wurden, zu melden. EB M E D I Z I N R E P O R T

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A1146 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1723. April 2004

Foto:BilderBox

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