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Archiv "Tinea capitis – aktuelles Erregerspektrum, mykologische Diagnostik und Therapie" (31.10.2003)

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A2872 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4431. Oktober 2003

M

icrosporum canis ist heute in Mitteleuropa der häufigste Er- reger einer Tinea capitis, wobei die Mehrzahl der Infektionen durch Katzenkontakt (vor allem bei Aufent- halt in südeuropäischen Ländern durch Kontakt mit dort streunenden Katzen) erfolgt. Tietz und Mitarbeiter (16) ana- lysierten 377 Fälle von Tinea capitis in Deutschland, die durch kulturellen Er- regernachweis gesichert waren. M. canis war mit 54,8 Prozent, der führende Er- reger. Danach folgten Trichophyton (T.) mentagrophytes mit 14,7 Prozent, T.

verrucosum mit 8,1 Prozent, T. violace- um mit 6,1 Prozent und T. tonsurans mit 3,8 Prozent. In einer Übersicht zum Er- regerspektrum der Tinea capitis nennen Schwinn und Mitarbeiter (14) für den Raum Würzburg folgende Zahlen: M.

canis 50 Prozent, T. verrucosum 22 Pro- zent,T. rubrum 14 Prozent,T. mentagro- phytes 4 Prozent und andere Dermato- phyten 10 Prozent. Jedoch zeigt das Er- regerspektrum deutliche geographische Unterschiede. So wird aus den USA über einen dramatischen Anstieg der T.-tonsurans-Infektionen berichtet (3), was sich jedoch nicht auf die deutsche oder österreichische Situation übertra- gen lässt (13).

Befallsmuster und Klinik

Je nach Infektionsform des Haares wird eine Ektothrixinfektion, wobei der Pilz, überwiegend in Form von Arthro- sporen sich an der Oberfläche des Haarschaftes befindet, von einer Endo- thrixinfektion unterschieden, bei der

der Erreger in den Haarschaft ein- dringt, ohne die Kutikula zu zerstören.

Typische Erreger für die ektotriche In- fektionsform sind M. canis und das früher in Europa endemische, jetzt aber kaum noch beobachtete M. audouinii.

Beispiele für die endotriche Infektion sind T. tonsurans und T. violaceum.

Klinik

Das klinische Bild der Tinea capitis kann sehr vielgestaltig sein und erlaubt jedoch keine sichere Zuordnung zum Erreger. Der Grad der Entzündungsre- aktion kann vollständig fehlen, wie bei- spielsweise bei der Tinea capitis micro- sporica (Abbildung 1), bei der sich auf dem Capillitium kreisrunde, scharf be- grenzte, haarlose Bezirke ausbilden, die von teilweise dichten, grau gefärbten Schuppen bedeckt sind. Die Größe der Herde ist variabel, sie können einzeln oder multipel und dann zum Teil kon- fluierend vorkommen. Die Haarschäfte brechen knapp über der Hautober- fläche ab. Auf diese Weise entsteht ein Bild, das einem Stoppelfeld ähnelt. Die Entzündungsreaktion ist dagegen bei der Tinea capitis superficialis trichophy- tica (Abbildung 2) vorhanden, die durch große unregelmäßig gestaltete erythematosquamöse Herde, in denen die Haare abgebrochen sind, gekenn- zeichnet ist. Haupterreger sind T. viola- ceum, T. tonsurans und fast ausschließ- lich bei afrikanischen Kindern T. souda- nense. Sehr ausgeprägte Entzündungs- reaktionen finden sich bei der Tinea ca- pitis profunda, die durch einzelne oder multiple rundliche, erheblich entzündli- che Herde charakterisiert ist, die mit follikulären Abszessen übersät sind.

Durch eitrige Absonderungen bilden sich Krusten. Die Haare im Herd lassen

Tinea capitis – aktuelles Erregerspektrum,

mykologische Diagnostik und Therapie

Zusammenfassung

Dermatophytosen im Kindesalter sind häufige Hauterkrankungen. Genaue epidemiologische Daten fehlen. Die Tinea capitis stellt hierbei aufgrund ihrer Bevorzugung des jungen Alters, ihrer hohen Infektiosität sowie Besonderhei- ten der Therapie eine große Herausforderung dar. Etwa die Hälfte aller Erkrankungen in Deutschland wird durch Microsporum canis hervorgerufen. Obwohl in Deutschland derzeit allein Griseofulvin die Zulassung zur Behand- lung einer Tinea capitis besitzt, versprechen die neueren Antimykotika, insbesondere Itracona- zol eine deutliche Verkürzung der Therapie- dauer. Die Besonderheiten der Pharmakokine- tik der modernen Antimykotika im vorpuber- tären Kindesalter werden besonders bespro- chen.

Schlüsselwörter: Pilzinfektion, Tinea capitis, Microsporum canis, Griseofulvin, Itraconazol, Terbinafin, Fluconazol

Summary

Tinea capitis – Current Infectious Organisms, Diagnostic Procedure and Treatment Dermatophytoses in children are frequent dis- eases with exact epidemiological data miss- ing. Among these Tinea capitis is a special challenge due to its preferred manifestation in early age, due to its high infectiosity and due to some peculiar aspects concerning therapy. About half of tinea capitis infections in Germany are caused by Microsporum canis.

Although in Germany griseofulvin is still the only drug licensed for treatment, newer anti- fungal agents, especially itraconazole offer the advantage to shorten the duration of treat- ment. Specific pharmocokinetic features of the modern antifungals in pre-pubertal chil- dren are discussed.

Key words: fungal disease, mycotic infection, dermatophytes, Tinea capitis, Microsporum ca- nis, griseofulvin, itraconazole, terbinafine, flu- conazole

1Ehemaliger Chefarzt der Hautklinik des Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt

2Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. phil. Johannes Ring), der Technischen Universität München

Claus Seebacher1 Dietrich Abeck2

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sich mit der Pinzette leicht herauszie- hen. Im weiteren Verlauf entwickeln sich furunkelähnliche Eiterherde. Sub- jektiv können Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen, daneben leichtes Fie- ber auftreten. Die regionären Lymph- knoten sind meist geschwollen. Häufig werden diese Knoten differen- zialdiagnostisch als Karbunkel fehl ge- deutet und dann chirurgisch inzidiert, allerdings ohne therapeutischen Effekt.

Haupterreger ist T. verrucosum.

Diagnostik

Die klinische Diagnose einer Tinea ca- pitis wird durch das Nativpräparat und die Pilzkultur gesichert. Aus dem Krankheitsherd werden Haare gezupft.

Im Nativpräparat lässt sich bei guter Präparation der ektotriche vom endo- trichen Pilzbefall der Haare unterschei- den. Die endgültige Diagnose erfolgt

durch die Pilzkultur auf einem Festme- dium, wobei im Hinblick auf die zu wählende Therapie die Bestimmung des Erregers bis zur Art erforderlich ist.

Eine diagnostische Hilfe, insbesondere bei Gruppenerkrankungen, kann die Untersuchung im so genannten Wood- licht sein. Hierbei handelt es sich um ei- ne UV-Lampe, die UVA-Strahlung von 365 nm emittiert. Zeigt sich eine gelb- lich-grüne Fluoreszenz, so ist die Dia- gnose einer Microsporumerkrankung (zum Beispiel M. canis) gesichert.Aller- dings ist die Sensitivität bei einer M.-ca- nis-Infektion des behaarten Kopfes nicht sehr groß und damit für eine Aus- schlussdiagnose nicht geeignet (10).

Therapie

Eine effektive Behandlung der Tinea capitis ist erst seit der Verfügbarkeit oraler Antimy- kotika möglich (3, 7). Eine systemische Behandlung ist erforderlich, da topische An- timykotika die vom Erreger befallenen Haarfollikel nicht ausreichend penetrieren kön- nen (3, 7). Für die orale Be- handlung kommen neben dem seit 1958 eingeführten klassi- schen Antimykotikum Griseo- fulvin die neueren Antimyko- tika Itraconazol, Terbinafin

oder Fluconazol infrage. In Deutschland besteht derzeit eine Zulassung lediglich für Griseofulvin. Somit erfolgt der Ein- satz der neuen Antimykotika, die Vortei- le gegenüber Griseofulvin hinsichtlich der Verkürzung der Therapiedauer auf- weisen, lediglich immer im Rahmen ei- nes individuellen Heilversu- ches, wobei dieser vor allem vor dem Hintergrund des Ur- teils des Bundessozialgerichts vom 19. März 2002 (Az: B1 KR37/00R) zu sehen ist: „Ein Fertigarzneimittel kann grund- sätzlich nur bei den Heilanzei- gen (Indikationen), für die es nach den geltenden Vorschrif- ten in Verkehr gebracht wer- den darf, zu Lasten der gesetz- lichen Krankenversicherung verordnet werden.“

Betont wird jedoch auch, dass es rechtlich dem Arzt nicht verboten ist, auf eigene Verantwortung (und mit dem Risiko der Haftung für eventuelle Schäden) diese Grenze zu überschreiten, wobei jedoch eine Leistungspflicht der Kassen grundsätzlich nicht besteht.

Orale Behandlung der Tinea capitis

Die zurzeit gültigen Therapieempfeh- lungen für die infrage kommenden An- timykotika aufgrund der internationa- len Studien nennt die Tabelle 1. Prinzi- piell sprechen alle Therapien beim Vor- liegen einer endotrichen Infektion (zum Beispiel Trichophyton spp.) deut-

lich besser an als bei einem ektotrichen Befallsmuster (zum Beispiel M. canis), was die Bedeutung des kulturellen Er- regernachweises unterstreicht.

Offene Therapiestudien liegen für die einzelnen Substanzen in unter- schiedlicher Anzahl vor. Gupta und Mitarbeiter (6) stellten die bis 1998 pu- blizierten Untersuchungen zusammen.

Während für Terbinafin und Itracona- zol publizierte Daten für mehrere hun- dert Patienten vorlagen, war die pu- blizierte Datenlage für Fluconazol mit 83 beziehungsweise Griseofulvin mit 132 dokumentierten Fällen deutlich schlechter. Nur wenige Studien wurden publiziert, die unterschiedliche Antimy- kotika vergleichend untersuchen.

In einer Doppelblindstudie mit Itra- conazol (100 mg/die) versus Griseoful- vin (500 mg/die) bei kindlicher Tinea capitis betrug die Behandlungsdauer sechs Wochen. Die Heilungsraten wa- ren für beide Präparate identisch. Erst acht Wochen nach Abschluss der Be- handlung waren 13 von 17 der mit Itra- conazol und 11 von 14 der mit Griseo- fulvin behandelten Kinder pilzfrei. Die Verträglichkeit von Itraconazol war et- was besser (12).

In diesem Zusammenhang ist auf die Studie von Gupta und Mitarbeitern (9) hinzuweisen, die randomisiert 200 Kin- der mit einer von Trichophyton-Arten verursachten Tinea capitis umfasste. Je 50 Kinder erhielten Griseofulvin 20 mg/kg KG täglich für sechs Wochen, Terbinafin: > 40 kg KG: 250 mg, 20 bis 40 kg: 125 mg, < 20 kg: 62,5 mg zwei oder drei Wochen, Itraconazol 5 mg/kg KG täglich, zwei oder drei Wochen, Fluco-

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Abbildung 1: Haarloses schuppendes Areal im Scheitel- bereich mit fehlender Entzündungsreaktion bei Tinea capitis; Erreger: M. canis.

Abbildung 2: Haarloses, entzündlich gerötetes Areal im Scheitelbereich mit im Randbereich Auflagerungen von Schuppenkrusten bei Tinea capitis; Erreger:

M. canis.

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nazol 6 mg/kg täglich, zwei oder drei Wochen. Klinisch und mykologisch ge- heilt waren nach zwölf Wochen: Griseo- fulvin 46/50 (92 Prozent), Terbinafin 47/50 (94 Prozent), Itraconazol 41/50 (82 Prozent) und Fluconazol 41/50 (82 Prozent). Jedoch war in dieser Studie der in Deutschland häufigste Erreger einer Tinea capitis, M. canis nicht ver- treten.

Für die Behandlung eine durch M.

canis bedingte Tinea capitis liegen meh- rere Studien vor. Mehr als 100 Kinder wurden mit 5 mg/kg Itraconazol täglich über einen Zeitraum von zwei bis maxi- mal zwölf Wochen behandelt, wobei al- le zwei Wochen entsprechende mikro- biologische Untersuchungen durchge- führt wurden (8). Vier Kinder

benötigten zwei Wochen, 37 Kinder vier Wochen, 32 Kin- der sechs Wochen sowie 28 Kinder acht Wochen um eine klinische und mykologische Heilung zu erzielen. Nach 12 Wochen war diese bei allen behandelten Kindern er- reicht, sodass die Autoren eine Therapiedauer von vier bis acht Wochen bei einer durch M. canis verursachten Tinea capitis empfehlen. Die Daten- lage für Terbinafin zeigt ein ungünstigeres Ansprechen ge- genüber M. canis. 165 Kinder, bei denen eine durch M. canis (n=163) oder M. audouinii

(n=2) hervorgerufene Tinea capitis be- stand, wurden entweder 6, 8, 10 oder 12 Wochen mit Terbinafin (3 bis 6 mg/kg KG täglich) oder mit 20 mg/kg Griseo- fulvin täglich behandelt. Komplette Heilung mit Griseofulvin wurde in 84 Prozent erreicht, für Terbinafin konn- ten unabhängig von der Einnahmedau- er lediglich Heilungsraten von etwas mehr als 60 Prozent erzielt werden (11).

Sicherheitsprofil

Da es sich bei Tinea-capitis-Erkrankun- gen in den meisten Fällen um Erkran- kungen bei Kindern handelt, sind Aspekte der Medikamentenverträg- lichkeit von besonderem Interesse. All- gemein zeichnen sich sowohl Griseoful- vin als auch die neueren Antimykotika

Itraconazol, Terbinafin und Fluconazol durch eine sehr gute Verträglichkeit, auch bei der Gabe an Kindern aus und erlauben eine sichere Behandlung (3).

Leichtere Unverträglichkeiten in Form von Kopfschmerzen, Nausea, Durchfall, Flatulenz und Magen- schmerzen können bei allen Substanzen auftreten. Die Häufigkeit liegt bei Itra- conazol bei etwa 7 bis 12 Prozent, bei Fluconazol bei etwa 16 Prozent und bei Terbinafin bei etwa 10 Prozent (3). Die- se Nebenwirkungen bestehen in der Regel jedoch nur vorübergehend, so- dass ein Behandlungsabbruch in den meisten Fällen nicht notwendig ist.

Arnzeimittelexantheme können auf- treten und bedingen einen sofortigen

Therapieabbruch. Schwerwiegende Me- dikamentenunverträglichkeiten im Sin- ne eines Steven-Johnson- beziehungs- weise Lyell-Syndroms wurden im Zu- sammenhang mit der Einnahme von Griseofulvin, Itraconazol und Terbina- fin berichtet. Hierbei handelte es sich je- doch ausschließlich um erwachsene Pa- tienten.

Leberfunktionsstörungen während der Behandlung können ebenfalls bei allen Systemantimykotika auftreten, sind in der Regel jedoch nur leicht und er- lauben eine Fortsetzung der Behandlung.

Die gute Verträglichkeit der Sub- stanzen konnte in aktuellen Studien bei der Behandlung von kindlichen Tinea- capitis-Erkrankungen bestätigt wer- den. In einer Vergleichsstudie zwischen Griseofulvin (n=30) und Terbinafin (n=134) wurde bei Einnahme von Gri-

seofulvin in einem Fall das Auftreten ei- ner Somnolenz, in der Terbinafin-Grup- pe das Auftreten von Somnolenz in zwei Fällen, gastrointestinale Nebenwirkun- gen in weiteren zwei Fällen sowie je- weils einmal das Auftreten einer Urtica- ria sowie einer Neutropenie beobach- tet(11).

Bei 6 von 107 mit Itraconazol behan- delten Kindern traten Nebenwirkungen auf, die in drei Fällen als durch Medika- mente bedingt angesehen wurden. Die aufgetretenen Beschwerden, Diarrhö in zwei und Bauchschmerzen in einem Fall führten nicht zu einem Therapieab- bruch (8).

Eine Kontrolle des Differenzialblut- bildes sowie der Leberenzyme vor The- rapiebeginn, bei klinischen Anzeichen einer Unverträglichkeitsreaktion unter der Einnahme von Systemantimykotika und nach Beendigung der oralen Medi- kation hat sich bewährt.

Ursachen des

unbefriedigenden Ansprechens

Die hier dargestellten, zum Teil nicht sehr überzeugenden Ergebnisse, vor al- lem mit Terbinafin bei M.-canis-Infek- tionen, stehen scheinbar im Wider- spruch zur hervorragenden In-vitro- Aktivität gegen Dermatophyten, die im Nanogrammbereich liegt. Hierfür sind pharmakokinetische Besonderheiten bei Kindern vor der Pubertät und der Wirkungsmechanismus sowohl der Azole als auch der Allylamine auf die Pilzzelle verantwortlich.

In der Tabelle 2 sind die Wirkstoff- konzentrationen der wichtigsten An- timykotika im Schweiß, Sebum, Stra- tum corneum und im Haar aufgeführt.

Alle vier Präparate weisen hohe Kon- zentrationen im Stratum corneum auf.

Hierzu parallel erfolgt auch die Wirk- stoffaufnahme über die keratinogenen Zonen der Haarwurzel in den Haar- schaft. Alle vier Präparate sind in der Lage, die Pilzinfektion an ihrer Quelle, der Haarwurzel, sicher zu beseitigen, allerdings nach unterschiedlich langer Behandlungsdauer (Griseofulvin >

Terbinafin). Die in der Tabelle 2ange- gebenen Wirkstoffkonzentrationen im Haar sind bei Erwachsenen ermittelt worden und können nicht auf Kinder A

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Abbildung 3: Tinea capitis bei zwei Geschwisterkindern.

Jeweils sehr stark entzündlich gerötete, haarlose Areale mit einzelnen Pusteln sowie teils gelblichen, teils hä- morrhagischen Schuppenkrusten; Erreger: M. canis.

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vor der Pubertät übertragen werden.

Untersuchungen von Wildfeuer und Mitarbeiter (18) haben gezeigt, dass Fluconazol nicht gleichmäßig im Haar verteilt ist, sondern über die Haarwur- zel in den Haarschaft eingebaut wird, nach Beendigung der Medikation dort verweilt und mit dem Haarwachstum nach distal gelangt (Grafik). Es gibt keinen vernünftigen Grund für die An- nahme, dass Itraconazol oder Terbina- fin sich anders verhalten. Daraus ergibt sich, dass die Antimykotikumkonzen- tration am distalen Ende eines etwa 20 cm langen Haares bei einem kleinen Mädchen innerhalb einer Behand- lungsdauer von acht Wochen praktisch nicht messbar ist, wenn man das Haar- wachstum mit 1 bis 2 cm pro Monat ver- anschlagt. Diesbezügliche Untersu- chungsergebnisse bei Kindern waren nicht eruierbar. Terbinafin und Itraco- nazol weisen sehr hohe Konzentratio- nen im Sebum auf. Damit kann Wirk- stoff von außen auf oder auch per diffu- sionem in das Haar gelangen. Diese Möglichkeit wird von Gupta und Mit- arbeiter (5) auf der Grundlage von Langzeituntersuchungen zur Itracona- zolkonzentration im Haar Erwachse- ner diskutiert. Dieser Mechanismus ist bei Kindern nicht wirksam, denn die menschlichen Talgdrüsen entwickeln

sich erst mit der Pubertät unter dem Einfluss der Sexualhormone zu voller Größe und Funktion. Damit bleibt der pharmakokinetische Vorteil der Wirk- stoffkumulation im Talg für vorpuber- täre Kinder ohne therapeutischen Nut- zen. Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Wirkungsmechanismus der Azole und Allylamine. Sie haben ihren Hauptangriffspunkt an der Zellmem- bran, durch die Hemmung der Ergo- sterolbiosynthese (17). Dadurch entfal-

ten sie ihre volle Wirksamkeit nur ge- gen proliferierende Pilze, nicht aber ge- gen Pilzsporen oder Myzel in der Ru- hephase, die kein Ergosterol neu syn- thetisieren. In entsprechenden Versu- chen mit T. mentagrophytes als Test- keim, war in der Wachstumsphase mit 20 ng/mL Terbinafin vollständige und mit 2 ng/mL weitgehende Fungizidie erreichbar, derselbe Stamm in der Ru- hephase wurde erst mit der 1000-fa- chen Menge (20 µg/mL) restlos abgetö- tet (15). Bei Einsatz von M. canis als Testkeim wurden identische Ergebnis- se erzielt (Seebacher, unpublizierte Daten).

Im Sebum von Erwachsenen wurden 45,1µg/mL Terbinafin bestimmt, eine Menge, die sogar sporozid wirkt, nur kommt dieser Vorteil bei Kindern nicht zum Tragen. Die Unterschiede im An- sprechen auf die Behandlung mit Ter- binafin zwischen M.-canis-Infektionen und solchen mit Trichophyton spp., wie sie in den zitierten Studien offenbar wurden, sind auf den endo- beziehungs- weise ektotrichen Befall der Haare zurückzuführen. Die Infektion des Haares mit M. canis erfolgt zunächst im Haarfollikel. Der Erreger setzt sich dann als Myzel und Arthrosporen am Haarschaft (ektotrich) fest. Die Haare brechen zum Teil einige Millimeter über der Kopfhaut ab. Im Follikel werden die Pilze unter dem Einfluss des Antimyko- tikums abgetötet, nicht aber am Haar- schaft, da sie sich hier überwiegend in

A

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´Tabelle 1 ´

Systemische Therapie der Tinea capitis mit Ausnahme von Infektionen, die durch Microsporum canis bedingt sind

Dosierung/Tag Therapiedauer

Griseofulvin 10 mg/kg/ KG 8 Wochen,

(Fulcin S, Likuden M, griseo 125 (intern. heute 20 mg/kg/KG gegebenenfalls auch

von ct) die Regel; Gabe: einmal deutlich länger

täglich nach dem Essen)

Itraconazol*1 5 mg/kg KG 4 Wochen

(Sempera liquid) (Gabe: einmal täglich zu- sammen mit der Haupt- mahlzeit)

Terbinafin*1 < 20 kg: 62,5 mg 4 Wochen

(Lamisil Tabletten) 20–40 kg: 125 mg

> 40 kg: 250 mg täglich

Fluconazol*2 Dosisfindungsunter- 20 Tage

(Diflucan Derm suchungen noch nicht ab-

als Saft) geschlossen (10) 4–8 Wochen

6 mg/kg/KG täglich 8 mg/kg/KG einmal wöchentlich

*1Präparate für Kinder noch nicht zugelassen. *2 Für Kinder > 1 Jahr bei Fehlen einer Alternative zugelassen.

Bei Infektion durch M. canis: bei Griseofulvin (20 mg/kg/KG täglich) für mindestens 12 Wochen oder Itraconazol (5 mg/kg/KG) für mindestens 6 Wochen

´Tabelle 2 ´

Wirkstoffkonzentrationen von vier systemischen Antimykotika*1

Schweiß Sebum Stratum Haare

corneum

Griseofulvin*2 200–300 nicht untersucht 20,6 nicht untersucht 2x500 mg/die, 14 Tage

Terbinafin*2 0 45,1 9,1 2,6

250 mg/die, 12 Tage

Itraconazol*3 nicht untersucht nicht untersucht 0,132–1,467 0,073 100 mg/die, 28 Tage

Itraconazol 0,072 4,640 0,007 nicht untersucht

200 mg/die, 7 Tage

Fluconazol*4 4,58 nicht untersucht 73 nicht untersucht

50 mg/die, 12 Tage

Fluconazol nicht untersucht nicht untersucht 127 0,8, nach 4 Mo-

200 mg/die, 5 Tage naten nach

letzter Einnahme

*1Angaben in µg/mL beziehungsweise µg/g; *2nach Faergemann et al.; *3nach Wildfeuer et al. (18); *4nach Cauwenbergh et al.

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der Ruhephase als Sporen befinden und die zur Fungizidie benötigten Wirk- stoffkonzentrationen nicht erreicht werden können. Im Gegensatz zum Griseofulvin, Fluconazol und in gerin- gerem Maße auch zu Itraconazol wird Terbinafin nicht mit dem Schweiß aus- geschieden. Allerdings wirken Griseo- fulvin, Fluconazol und Itraconazol in den nachgewiesenen Konzentrationen im Schweiß nicht fungizid, sondern nur protektiv im Hinblick auf die Ausbrei- tung der Infektion.

Unterstützende topische Behandlung sinnvoll

Die zusätzliche Lokalbehandlung mit ei- nem topischen Antimykotikum vom fun- giziden Wirkungstyp zum Beispiel Ciclo- piroxolamin, Terbinafin (10 mg/g wirken auch gegen ruhende Dermatophyten fungizid), Tolnaftat oder Tolciclat wird insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verringerung der Infektionsgefahr für andere Personen empfohlen (6, 16).

Die zusätzliche Lokalbehandlung mit ei- nem Antimykotikum vom fungiziden Wirkungstyp sollte sich nicht nur auf den sichtbar befallenen Bezirk beschränken, sondern auch die Haare der Umgebung in ihrer gesamten Länge mit einbeziehen, da sich auch hier einzelne Pilzsporen befinden können.

Weitere unterstützende Maßnahmen

Die Zeit bis zum Erlöschen der Infek- tiosität unter der Behandlung, und das gilt für alle Formen der kindlichen Ti- nea capitis, ist auch von der Länge der infizierten Haare abhängig.

Ein Zurückschneiden der Haare sollte daher die Behandlungsdauer der kindlichen Tinea capitis, auch die M.- canis-Infektion, mit einem systemi- schen Antimykotikum erheblich ver- kürzen. Diese Annahme wird durch Untersuchungsergebnisse von Aste et al. (1) eindrucksvoll gestützt. 336 Kin- der im Alter zwischen einem Monat und 13 Jahren mit einer Tinea capitis, darunter 278 mit M. canis als Erreger, wurden mit Griseofulvin behandelt.

Die Dosierung betrug 20 bis 25 mg/kg

KG täglich. Die befallenen Areale wur- den einmal wöchentlich rasiert. Bei allen Kindern war nach 30 bis 40 Tagen eine klinisch und mykologisch gesi- cherte Heilung erreicht. Durch die Ra- sur der befallenen Stellen auf dem be- haarten Kopf wird die Infektionslast deutlich verringert. Diese sollte zu Be- ginn der Behandlung und nochmals nach drei bis vier Wochen erfolgen.

Beendigung der Behandlung

Der Erfolg der Behandlung muss durch wiederholte Pilzuntersuchungen kon- trolliert werden. Erst bei negativem Na- tivpräparat und negativer Kultur kann die Behandlung beendet werden.

Wichtige

Verhaltensmaßregeln

Die gemeinsame Benutzung von Käm- men, Bürsten, Handtüchern oder Kopf- bedeckungen ist unbedingt zu vermei- den. Eine Befreiung vom Kindergarten- /Schulunterricht nach Einleitung der to- pischen und systemischen Therapie ist in der Regel nicht notwendig. Lediglich bei nässenden Herden sollte eine Befreiung

bis zum Abtrocknen der Läsio- nen erfolgen. Friseurbesuche sind bis zum nachgewiesenen Erlöschen der Infektion zu un- terlassen.

Aufdeckung der Infektionsquelle

Immer müssen mögliche Infek- tionsquellen untersucht wer- den. Eine Untersuchung der Familienmitglieder mit ent- sprechender kultureller Ab- klärung ist empfehlenswert.

Insbesondere Haustiere sollten sehr intensiv durch mykolo- gisch versierte Tierärzte unter- sucht und bei Vorliegen einer Pilzinfektion auch konsequent behandelt werden. Wichtig ist es auch an asymptomatische Überträger, wie etwa Katzen oder Meerschweinchen zu den- ken. Nicht selten erfolgt der Er- werb der Infektion durch Katzenkontakt im Ausland, und die anschließende Über- tragung auf die zu Hause gebliebene Katze ist möglich.

Künftig sind weitere vergleichende Untersuchungen mit den neuen Antimy- kotika erforderlich, um konkrete Emp- fehlungen zur Dosierung und Behand- lungsdauer machen zu können und vor allem um die amtliche Zulassung zur Be- handlung der Tinea capitis im Kindesal- ter zu erlangen.

Manuskript eingereicht: 6. 1. 2003, Manuskript ange- nommen: 11. 7. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 2872–2877 [Heft 44]

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 4431. Oktober 2003 AA2877

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit4403 abrufbar ist.

Anschriften der Verfasser:

Prof. Dr. med. Claus Seebacher Merseburger Straße 5

01309 Dresden

E-Mail: Claus.Seebacher@gmx.de Prof. Dr. med. Dietrich Abeck Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie

am Biederstein der TU München Biedersteiner Straße 29 80802 München Fluconazolkonzentration im Haar, vier Monate nach En- de einer 5-tägigen Einnahme von 200 mg/die. Die Wirk- stoffkonzentration verteilt sich nicht gleichmäßig über die Länge des Haares, sondern wächst mit dem Haar nach distal (modifiziert nach Wildfeuer A et al.: mycoses 1994. [18]).

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