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Archiv "Bei Metastasierung bestimmt die Lebensqualität die Therapiewahl" (01.04.1994)

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THEMEN DER ZEIT TAGUNGSBERICHT

Mammakarzinom: Schwerpunktthema auf dem 21. Deutschen Krebskongreß

Bei Metastasierung bestimmt

die Lebensqualität die Therapiewahl

Nach wie vor kann bei der Behandlung des metastasie- renden Mammakarzinoms das definitive Ziel — die Hei- lung — nicht erreicht werden. Trotz zahlreicher neuer medikamentöser Strategien liegt die mittlere Überlebens- zeit der Betroffenen bei etwa zwei Jahren. Eine längerfri- stige Lebensverlängerung ist nur bei kompletter Remissi- on nach Primärtherapie zu erreichen. Die Erhaltung der

Lebensqualität bestimmt daher zunehmend die Therapie- entscheidung des Arztes. Behandlungsmaßnahmen sollten vordringlich darauf gerichtet sein, so der Tenor auf dem 21. Deutschen Krebskongreß in Hamburg, den Patientin- nen möglichst lange ihre körperliche Aktivität zu erhalten, tumorbedingte Beschwerden zu unterdrücken und das psychische Befinden zu stabilisieren.

Da der Chemotherapie beim metastasierenden Mammakarzinom im Hinblick auf die Lebensverlänge- rung der Patientin deutliche Grenzen gesetzt sind, traten in den letzten Jahren hormonelle Behandlungsfor- men in den Mittelpunkt des Interes- ses: Dazu gehören Analoga des Go- nadotropin-Releasing-Hormons, An- tiöstrogene, Aromatasehemmer und Antigestagene. In klinischen Studien sowie in Tierversuchen haben diese Substanzgruppen gezeigt, daß sie Re- missionen von einer Dauer einleiten können, die der Chemotherapie ver- gleichbar sind. Darüber hinaus sind diese Wirkstoffe wesentlich verträgli- cher als die Zellgifte.

Wie Prof. Manfred Kaufmann (Universität Heidelberg) auf dem 21.

Deutschen Krebskongreß in Ham- burg berichtete, sollte bei den mei- sten Patientinnen am Beginn der pal- liativen Maßnahmen die Hormonthe- rapie stehen, da Östrogene das Wachstum hormonabhängiger Mam- makarzinome verstärken. Endokrine Therapiemaßnahmen haben daher zum Ziel, entweder die Östrogenpro- duktion zu unterdrücken oder die In- teraktion zirkulierender Östrogene mit den zellulären Rezeptoren zu hemmen „Etwa ein Drittel aller Pa- tientinnen mit metastasierendem Mammakarzinom spricht auf eine Hormontherapie an — unter Um- ständen auch Frauen mit Hormonre- zeptor-negativem Tumor", so Kauf- mann. Falls möglich, sollte daher die Analyse des Rezeptorstatus an den

Metastasen wiederholt werden. Kon- traindiziert ist die Hormontherapie bei ausgedehnter viszeraler Metasta- sierung.

Welche Substanzgruppe zum Einsatz kommt, hängt im wesentli- chen vom Menopausenstatus der Pa- tientin ab. Im Gegensatz zur irrever- siblen chirurgischen Kastration (Ovarektomie) bieten Analoga des Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) prämenopausalen Frauen die Möglichkeit der temporären Hor- monausschaltung — was der ohnehin schwierigen psychischen Situation der Patientin entgegenkommt. Nach Angaben von Kaufmann hemmen GnRH-Analoga nicht nur die Sekre- tion des hypophysären Gonadotro- pins, sondern sie wirken auch direkt auf die Tumorzellen.

Progression nach elf Monaten beobachtet

„Dieser antitumoröse Effekt wird auf den Nachweis von GnRH- Bindungsstellen auf Mammakarzi- nomzellen zurückgeführt", erklärte Kaufmann Die Remissionsraten, die mit verschiedenen GnRH-Analoga erzielt wurden, liegen zwischen 31 und 47 Prozent; eine Progression der Erkrankung wurde nach durch- schnittlich elf Monaten beobachtet.

Ungeklärt ist laut Kaufmann derzeit, wie prämenopausale Frauen mit Mammakarzinom weiter behandelt werden sollen. Denn die Patientin-

nen werden durch die Hormonthera- pie in den postmenopausalen Status versetzt, doch gelten für sie damit au- tomatisch die Therapieregime von Karzinompatientinnen nach den Wechseljahren, welche beispielswei- se die Behandlung mit dem Anti- östrogen Tamoxifen vorsehen?

Mögliche Vorteile einer Kombi- nation von GnRH-Analoga mit Anti- östrogenen (Tamoxifen) werden der- zeit in einer randomisierten multi- zentrischen Studie überprüft. Im Vergleich zur GnRH-Analoga-Mo- notherapie, so erste Zwischenergeb- nisse, zeigt die Kombination lediglich einen geringen Vorteil bezüglich der Remissionsdauer, nicht dagegen hin- sichtlich der Ansprechraten oder der Gesamtüberlebenszeit. „Bei der Sub- gruppen-Analyse von Patientinnen mit Knochenmetastasen aber wies die endokrine Kombinationstherapie verbesserte Ansprechraten auf", er- klärte Kaufmann in Hamburg.

Auch nach den Wechseljahren und erloschener Ovarfunktion pro- duziert der weibliche Organismus noch Östrogene, die das Tumor- wachstum unterstützen können. Die wichtigste Östrogenquelle in der Me- nopause ist die Transformation von Androstendion (Androgen) zu Öst- ron (Östrogen), die in sämtlichen Körpergeweben stattfindet — also auch in Tumorzellen. Um diese Um- wandlung zu unterdrücken, werden bisher unspezifische Aromatasehem- mer wie Aminoglutethimid einge- setzt.

A-896 (32) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 13, 1. April 1994

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Die häufigsten

Zahl der jährlich an Krebs erkrankenden...

...Frauen

.Noweenaff

Darm Gebärmutter Lymphome und Leukämien Magen Lunge Eierstöcke Bauchspeicheldrüse Harnblase

Gallenblase

BGA-Schätzun s für die alten Bundesländer, Stand 1991

...Männer

Lunge 24 500

Darm 18 600

Prostata 18 300 Harnblase M 11 000 Lymphome und •

Leukämien 9 900 Magen • 8 700 Mund, Rachen s 6 900 Niere 4 100 Bauchspeicheldrüse 3 800 Kehlkopf 2 800 34 600

22 700, 16 000

9 900 8 400 6 500':::;,.

6 400 4 700 4 100 • 3 700

Krebsarten

OGlobus 1787

Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsamtes (Berlin) erkranken in Westdeutschland jährlich mehr als 270 000 Frauen und Männer an Krebs. Drei Viertel der Erkrankten sind 60 Jahre alt oder älter. Die häu- figste Krebsart ist bei Frauen Brustkrebs und bei Männern Lungenkrebs. An zweiter Stelle steht bei Frau- en und Männern Darmkrebs. Am dritthäufigsten sind bei Frauen die Gebärmutter und bei Männern die Prostata betroffen. Da es in den alten Bundesländern kein einheitliches Krebsregister gibt, basieren diese Angaben auf Zahlen aus dem saarländischen Krebsregister sowie auf der Statistik der Sterbefälle im Saarland und in Westdeutschland. Globus/Statistische Angaben: Bundesgesundheitsamt (BGA)

THEMEN DER ZEIT

Wie Prof. K. Höffken (Tumor- zentrum Jena) berichtete, läßt sich mit dem Wirkstoff bei einem Viertel der Patientinnen für neun bis elf Mo- nate eine partielle Remission erzie- len. Aminoglutethimid hat jedoch den Nachteil, daß es zusätzlich die Steroidproduktion in den Nebennie- ren beeinträchtigt (Aminoglutethi- mid verhindert die Umwandlung von Cholesterol zu Pregnenolon — eine Vorläuferreaktion für die Synthese von Kortikosteroiden).

Noch in diesem Jahr soll ein neuer spezifischer steroidaler Aro- matasehemmer, das 4-Hydroxyan- drostendion, in Deutschland zugelas- sen werden. Dieses synthetische De- rivat des natürlichen Androstendions hemmt kompetitiv das Enzym Aro- matase. Nach den ersten Erfahrun- gen liegt die Rate objektiver Tumor- rückbildungen beim Einsatz als hor- monelle Folgetherapie bei 23 Pro- zent. Bei weiteren 24 Prozent kann eine langfristige Stabilisierung der Erkrankung (13 bis 33 Monate) er- reicht werden. Die Rate der Neben- wirkungen (Übelkeit, Hitzewallun- gen, Müdigkeit, Kopfschmerzen) ist gering. Im Gegensatz zu Amino- glutethimid beeinträchtigt 4-Hydro- xyandrostendion die Steroidsynthese nicht und erfordert keine zusätzliche Kortikoidmedikation.

Noch mindestens zwei Jahre wird es dauern, erläuterte Prof. W.

Jonat (Universität Hamburg-Eppen- dorf), bis eine völlig neue Substanz- klasse — die Antigestagene — zur Therapie des metastasierenden Mammkarzinoms auf den Markt kommt. Antigestagene sind kompeti- tive Antagonisten der Progesteronre- zeptoren. Sie wurden ursprünglich zur Unterbindung Progesteron-ab- hängiger Prozesse in der Gynäkolo- gie sowie zur Fertilitätskontrolle ent- wickelt. Die erste antigestagene Sub- stanz ist das Mifeproston (RU 486), welches in vitro und in vivo antitu- moröse Effekte ausübt.

Allerdings kam es aufgrund der antiglucorticoiden Wirkung von RU 486 zu einem Anstieg von Cortisol und durch Aktivierung der Neben- nieren zur vermehrten Bildung von Androstendion (und folglich Östradi- 01). Demgegenüber besitzt der Wirk- stoff Onapriston wesentlich geringe-

TAGUNGSBERICHT

re antiglucorticoide Eigenschaften.

Die antitumoröse Wirkung der Anti- gestagene beruht darauf, daß sich bei einem hohen Prozentsatz auf den Mamma-Karzinomzellen Progeste- ronrezeptoren nachweisen lassen.

„Die tumorhemmende Wirkung von Onapriston ist jedoch nicht mit einem antihormonalen Effekt gleich- zusetzen", erklärte Jonat. „Nach Bin- dung an den Progesteronrezeptor löst Onapriston vielmehr eine termi- nale Differenzierung der Karzinom- zelle aus." Dieser Mechanismus sei verbunden mit einem vermehrten Auftreten von programmiertem Zell- tod (Apoptose). Derzeit wird die Wirkung von Onapriston in einer Phase-II-Studie bei postmenopausa- len Patientinnen geprüft, die nicht mehr auf Tamoxifen ansprachen.

Bei der überwiegenden Mehr- heit der Patientinnen mit metasta- sierten Mammakarzinomen treten während des Krankheitsverlaufes Knochenmetastasen auf, die mit Schmerzen, Immobilisierung der Pa- tientin und pathologischen Frakturen verbunden sein können. Die metasta- tische Knochendestruktion ist die

Folge einer Aktivierung der Osteo- klasten durch verschiedene Tumor- zellprodukte. Zusätzlich zur spezifi- schen Therapie (Hormone, Chemo- therapie) hat sich die adjuvante Be- handlung mit Biphosphonaten als sinnvoll gezeigt. Sie hemmen die Osteoklastentätigkeit und damit die Knochenresorption.

Auf molekularer Ebene unter- drücken sie sowohl die Formation als auch die Auflösung von Hydroxyapa- titkristallen, in dem sie rasch an die Knochensubstanz binden und die physiko-chemischen Eigenschaften der Kristalle so verändern, daß diese gegenüber hydrolytischen Einflüssen resistent werden. In jüngster Zeit konnte in einer placebokontrollier- ten, randomisierten Doppelblindstu- die gezeigt werden, daß nach 12mo- natiger Biphosphonattherapie signi- fikant weniger Hyperkalziämien, Wirbelfrakturen und neue Osteoly- sen auftreten. Ein für die Patientin- nen besonders wichtiger Therapieef- fekt von Biphosphonaten ist die meist nach wenigen Tagen einsetzen- de Schmerzlinderung.

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 13, 1. April 1994 (33) A-897

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