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Körperliche Aktivität in Gruppen: Bedeutung für die subjektive Gesundheit älterer Menschen

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Academic year: 2021

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Körperliche Aktivität in Gruppen:

Bedeutung für die subjektive

Gesundheit älterer Menschen

Dissertation

zur Erlangung des Grades eines Doktors Public Health des Fachbereiches 11 (Human- und Gesundheitswissenschaften)

an der Universität Bremen

vorgelegt von Jörn Eden

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Verfasser: Jörn Eden

Rembrandtstraße 23 28209 Bremen

Erster Gutachter: Prof. Dr. Rainer Müller Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Dietrich Milles Tag des Kolloquiums: 15.07.2004

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 6

1.1 Problemstellung ... 6

1.2 Ziele der Dissertation ... 8

1.3 Aufbau der Dissertation ... 8

2 Theoretischer Rahmen ... 9

2.1 Gesundheit im Alter ... 9

2.1.1 Abgrenzung von objektiver und subjektiver Gesundheit ... 9

2.1.2 Objektive Gesundheit im Alter ... 11

2.1.3 Subjektive Gesundheit im Alter ... 15

2.1.4 Einflussfaktoren der subjektiven Gesundheit ... 18

2.2 Körperliche Aktivität im Alter ... 26

2.2.1 Interventionspotenziale im Alter ... 26

2.2.2 Geschlechterspezifisches Gesundheitsverhalten ... 27

2.2.3 Umfang der körperlichen Aktivität ... 29

2.2.4 Physische Gesundheitseffekte ... 32

2.2.5 Psychosoziale Gesundheitseffekte ... 33

2.2.6 Effekte auf die subjektive Gesundheit ... 34

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3 Methodik ... 41

3.1 Operationalisierung der subjektiven Gesundheit ... 41

3.1.1 Kritik an eindimensionalen Modellen ... 41

3.1.2 Multidimensionalität durch Ressourcenorientierung ... 42

3.1.3 Ressourcenorientiertes Modell ... 43

3.2 Fragebogenentwicklung ... 48

3.3 Datenerhebung und Datenauswertung ... 57

3.4 Teilnehmerstruktur ... 59

4 Entwicklung der subjektiven Gesundheit ... 65

4.1 Mittelwertvergleich ... 65

4.2 Korrelation der Subskalen-Veränderungen ... 70

4.3 Zusätzliche Indikatoren ... 72

5 Unterschiede nach Teilgruppen ... 78

5.1 Lebensalter ... 78 5.1.1 Mittelwertvergleich ... 78 5.1.2 Bivariate Einflussprüfung ... 87 5.1.3 Zusammenfassung ... 94 5.2 Krankheitsanzahl ... 97 5.2.1 Mittelwertvergleich ... 97 5.2.2 Bivariate Einflussprüfung ... 106 5.2.3 Zusammenfassung ... 112

(5)

5.3 Partnerschaft ... 115 5.3.1 Mittelwertvergleich ... 115 5.3.2 Bivariate Einflussprüfung ... 120 5.3.3 Zusammenfassung ... 126 5.4 Bewegungsaktivität ... 128 5.4.1 Mittelwertvergleich ... 128 5.4.2 Bivariate Einflussprüfung ... 133 5.4.3 Zusammenfassung ... 138 6 Multivariate Einflussprüfung ... 140 6.1 Ergebnisse ... 140 6.2 Diskussion ... 146 7 Zusammenfassung ... 152 7.1 Theoretischer Hintergrund ... 152 7.2 Ergebnisse ... 153 7.3 Ausblick ... 168 8 Literaturverzeichnis ... 171 9 Tabellenverzeichnis ... 179 10 Abbildungsverzeichnis ... 184

(6)

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Alternsforschung gewinnt aufgrund der demografischen Entwicklung an gesellschaftlicher Relevanz (ENGELN 2003, 117). Sie strebt als ein Ziel an, dass die Menschen „bei psycho-physischem Wohlbefinden ein hohes Lebensalter erreichen“ (WAHL / TESCH-RÖMER 1998, 77).

Ob der Prozess des Älterwerdens in diesem Sinne „erfolgreich“ gestaltet werden kann, hängt nicht nur vom eigenen biografischen Hintergrund ab. Auch gehen wesentliche Voraussetzungen für einen Alternsprozess, der von Wohlbefinden und Gesundheit begleitet wird, vom bestehenden Al-tersbild der Gesellschaft aus (WALTER / SCHWARTZ 2001, 227).

Das Bild von „Gesundheit im Alter“ wird derzeit noch durch das biomedizi-nische Krankheitsmodell oder Defizitmodell geprägt (WALLER 1996, 14). Dieses orientiert sich an zunehmenden körperlichen und kognitiven Defizi-ten. Dabei setzen Stereotypen das Alter gleich mit körperlichem Abbau, Abhängigkeit und Unproduktivität. Das Defizitmodell unterstellt geringe oder sogar fehlende Entwicklungsmöglichkeiten des älterwerdenden Men-schen (BUNDESAMT FÜR GESUNDHEIT 1997, 111).

Von Alternsforschern wie STAUDINGER (2001, 112) werden solche Stereo-typen eines defizitgeprägten Alternsprozesses als zu einseitig zurückge-wiesen. Höhere Lebensjahre sollten nicht nur als Phase abnehmender Ge-sundheitsressourcen und zunehmender Gesundheitsrisiken betrachtet werden. Vielmehr stehen den tatsächlichen Verlusten auch potenzielle Ge-winne gegenüber (KRUSE 2001, 16). Veränderungsprozesse im Alter sind nicht nur biologisch schicksalhaft, sondern sie können durch Interven-tionsmaßnahmen positiv beeinflusst werden (WAHL / TESCH-RÖMER 1998, 77).

Als Folge wendet sich der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (KRUSE 2002, 6) bereits von einem Altersbegriff ab, der ausschließlich körperlich determiniert ist. Eine Definition von „Gesund-heit im Alter“ wird empfohlen, die neben der physischen auch psychische und soziale Dimensionen berücksichtigt.

Erkennbar werden die Veränderungspotenziale des Alters in der subjekti-ven Gesundheit; der Bewertung des Gesundheitszustandes aus subjektiver Sicht (KRUSE 2002, 12). Während für objektive Gesundheitsindikatoren (wie der Krankheitsanzahl) mit dem Alter eine mittlere Verschlechterung festzustellen ist, beurteilen viele Ältere ihre Gesundheit weiterhin als gut. Denn die subjektive Gesundheit bildet nicht nur objektive Gesundheitsver-änderungen ab. Vielmehr hat sie eine eigenständige Bedeutung (BOR-CHELT 1996, 465). Neben der objektiven Gesundheitssituation gehen auch

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das Erleben von Krankheiten und Verlusten, individuelle Konzepte von Gesundheit sowie die allgemeine Lebenszufriedenheit in die Beurteilung der eigenen Gesundheit ein (KRUSE 2002, 12).

So gibt nach SCHWARZER / KNOLL (2001, 79) eine gute Gesundheitsbe-urteilung durch einen älteren Menschen die erfolgreiche Anpassung sowohl an physiologische, funktionale, psychologische und soziale Veränderungen des Alternsprozesses wieder. Alternsforscher sehen den subjektiven Ge-sundheitstatus als Indikator für erfolgreiche Anpassungsprozesse an; und damit für ein „erfolgreiches“ Altern (KRUSE 2003, 420). Dieses Konzept verfolgt nicht nur das Überwinden von objektiven Defiziten, sondern es orientiert sich ebenfalls am möglichst erfolgreichen Mobilisieren von Res-sourcen.

Die Gesundheitsressourcen älterer Menschen werden allerdings von der Öffentlichkeit und von Professionellen im Gesundheitssystem noch unter-schätzt (WALTER 2002, 23). Oftmals sind Interventionsmaßnahmen ein-seitig auf die Verhinderung oder Kompensation von körperlichen Defiziten ausgerichtet (Prävention). Hierbei können individuelle Ressourcen nicht ausreichend unterstützt werden (WALLER 1996, 14).

KRUSE (2002, 13) fordert daher, im Sinne einer Ressourcenförderung die subjektive Gesundheit und ihre Entwicklung intensiver zu untersuchen. Der Blick soll deshalb in dieser Dissertation auf die Veränderbarkeit (Pla-stizität) der subjektiven Gesundheit gelenkt werden.

Nicht nur über die Entwicklung, sondern auch über das Zustandekommen der subjektiven Gesundheit im Alter liegen erst wenige Erkenntnisse vor. Diese wird in der Alternsforschung kaum als unabhängige Variable berück-sichtigt. Als abhängige Variable ist sie noch seltener zu finden (VON DEM KNESEBECK 1998, 8).

Verfahren zur Selbstbeurteilung sind noch nicht standardisiert. Bislang können die verwendeten eindimensionalen Gesundheitsindikatoren nicht ausreichend auf die multidimensionale Aussagekraft der subjektiven Ge-sundheit eingehen (MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 1). Ein Anknüpfen an individuelle Ressourcen, Fähigkeiten und Motivationen ist durch die verschiedenen Globalindikatoren nicht möglich (GUNZELMANN et al. 2000, 147). Deshalb möchte ich die subjektiv wahrgenommene Ge-sundheit hier multidimensional erheben.

Forschungsbedarf ist also vorhanden: Zum einen zu den multidimensiona-len Determinanten und zum zweiten zu den Veränderungspotenziamultidimensiona-len der subjektiven Gesundheit.

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1.2 Ziele der Dissertation

Die Arbeit wird als erstem Ziel nachgehen, die multidimensionale Rele-vanz der subjektiven Gesundheit für ältere Menschen zu belegen.

Zweitens möchte ich nachweisen, dass für die subjektive Gesundheit eine positive Veränderbarkeit auch im Alter gegeben ist. Diese Plastizität soll über subjektive Gesundheitseffekte in Bewegungsgruppen überprüft wer-den.

Damit wird die Bedeutung von körperlicher Aktivität in Gruppen für die subjektive Gesundheit im Alter erforscht.

Die Frage soll beantwortet werden, ob sich durch eine Teilnahme an Be-wegungsprogrammen der subjektive Gesundheitsstatus verbessert.

Weiterhin überprüfe ich relevante Einflussfaktoren: In wieweit beeinflus-sen demografische Faktoren, der Familienstand, der objektive Gesund-heitszustand oder das bisherige Gesundheitsverhalten die Plastizität der subjektiven Gesundheit ?

1.3 Aufbau der Dissertation

Im theoretischen Teil stelle ich einleitend den Forschungsstand zur Ge-sundheit im Alter vor. Subjektive GeGe-sundheit wird von der objektiven Gesundheit abgegrenzt und die jeweilige Relevanz für Ältere aufgezeigt. Mögliche beeinflussende Kriterien, nach denen alte Menschen ihre eigene Gesundheit beurteilen, werden ebenfalls recherchiert.

Dann fasse ich die Erkenntnisse zu Potenzialen von präventiven Interven-tionen sowie zu Gesundheitseffekten von Bewegungsaktivitäten im Alter zusammen.

Im empirischen Teil möchte ich zuerst das Konstrukt der subjektiven Ge-sundheit operationalisieren. Um dieses multidimensional erheben zu kön-nen, sollen relevante Determinanten identifiziert und in ein ressourcen-orientiertes Rahmenmodell eingeführt werden. Darauf aufbauend wird ein Selbstbeurteilungsverfahren zur Datenerhebung erstellt. So kann bei Teil-nehmern von Bewegungsgruppen der subjektive Gesundheitsstatus vor und nach einer Programmteilnahme erfasst werden.

Die Analyse der Daten erfolgt über das Auswertungsprogramm SPSS. Da aufgrund der multidimensionalen Determinanten auch multifaktorielle Ein-flüsse zu erwarten sind, ergänzen multivariate Analysen die uni- und bi-variaten Auswertungsschritte. Eine Diskussion der Ergebnisse schließt sich an, bevor eine Zusammenfassung mit perspektivischem Ausblick den Abschluss der Dissertation bildet.

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2 Theoretischer Rahmen

2.1 Gesundheit im Alter

Gesundheitliche Veränderungen im Alternsprozess stellen sich für den Ein-zelnen oftmals anders dar als aus der Perspektive Außenstehender. So weicht gerade bei älteren Menschen der subjektive Gesundheitszustand häufig vom objektiven Gesundheitszustand ab. Gesundheit im Alter be-deutet nicht nur, möglichst keine objektiven gesundheitlichen Einschrän-kungen aufzuweisen. Sie steht auch für das erfolgreiche Anpassen an Belastungen und Verluste, um subjektiv zufrieden zu leben (LEHR 1997, 277). Deshalb soll hier die subjektive Gesundheit der objektiven Gesund-heit gegenübergestellt werden.

2.1.1 Abgrenzung von objektiver und subjektiver

Gesundheit

Die Gesundheit kann sowohl subjektiv (über eine Selbsteinschätzung) als auch objektiv (über eine Fremdeinschätzung) bewertet werden. Die ob-jektive Gesundheit bzw. der obob-jektive Gesundheitszustand wird aus einer außenstehenden Sicht heraus – zum Beispiel durch Ärzte oder durch me-dizinische Geräte – diagnostiziert. Diesen objektivierbaren gesundheit-lichen Status bestimmen klinische Krankheitsdiagnosen, Risikofaktoren oder die körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit. Eine solche Be-wertung entspricht dem biomedizinischen Konzept, das sich an der Diag-nose und der Kompensation körperlicher Defizite orientiert.

Im Gegensatz dazu geht es bei der subjektiven Gesundheit um die Wahr-nehmung des Betroffenen bzw. des Patienten. Dabei wird nicht nur die Bewertung der objektiven gesundheitlichen Situation einbezogen (BOR-CHELT et al. 1996, 465). Diese persönliche Einschätzung der eigenen sundheit schließt ebenfalls individuelle Wertmaßstäbe, Motive und Ge-sundheitskonzepte ein (GUNZELMANN et al. 2000, 147). In der subjektiv wahrgenommenen Gesundheit spiegeln sich also nicht nur Krankheiten und körperliche Parameter.

Die subjektive Gesundheit wird im Großen und Ganzen durch vier ver-schiedene Gesundheitskonzepte bestimmt (BMFSFJ 2001b, 151):

1) Gesundheit als Abwesenheit von Krankheit 2) Gesundheit als Reservoir an Stärke und Energie 3) Gesundheit als funktionale Leistungsfähigkeit

4) Gesundheit als Gleichgewicht zwischen körperlichem und psychischem Wohlbefinden

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Den individuellen Gesundheitskonzepten liegen biografische Erfahrungen und persönliche Interpretationen des gesundheitlichen Befindens zu Grunde. Dadurch hat „gesund zu sein“ für jeden Menschen eine eigene Bedeutung (BORCHELT et al. 1996, 465).

Mit höherem Alter gibt es offensichtlich veränderte Konzepte und Wert-maßstäbe, die in die subjektive Gesundheit einfließen (KRUSE 2002, 82). So zeigt die Interdisziplinäre Langzeitstudie des Erwachsenenalters (ILSE): Nur bei knapp 40% der Älteren stimmt die Selbsteinschätzung mit der ärztlichen Einschätzung der Gesundheit überein (LEHR 1997b, 280).

Ein weiteres Ergebnis von ILSE war: Objektiv gesehen geht die stärkste Bedrohung der weiteren Lebenserwartung von Herz-Kreislauf-Erkran-kungen aus. Dem stehen aber vom subjektiven Beschwerdegrad her Er-krankungen des Halte- und Bewegungsapparates gegenüber. Diese schei-nen von großer Relevanz zu sein für eine potenzielle Veränderung der subjektiven Gesundheit. Daher spielt für eine gute subjektive Bewertung der Erhalt körperlicher Funktionen voraussichtlich eine große Rolle (VON DEM KNESEBECK 1998, 19).

Erfreulicherweise erhält die Erhebung der subjektiven Gesundheit eine immer stärkere Anerkennung. Denn nur über Selbstbeurteilungsverfahren können die umfassenden Folgen einer sich verändernden objektiven Ge-sundheit erfasst werden.

In den letzten Jahren wurde über Forschungsergebnisse mehrfach die Relevanz der subjektiv wahrgenommenen Gesundheit aufgezeigt: Sie gilt als Prädiktor für Mortalität, während die Vorhersagekraft über chronische Krankheiten nicht erreicht wird (HEIKKINEN 1995, 107). LEHR (1997a, 159) stellte fest, dass die Korrelation der selbstbeurteilten Gesundheit mit der Lebensdauer stärker ist als die des durch den Arzt diagnostizierten Gesundheitszustandes (der objektiven Gesundheit).

In der Bonner Gerontologischen Längsschnittstudie (BOLSA) konnte ein schlechter subjektiver Gesundheitsstatus spätere Einschränkungen der Funktionsfähigkeit und der Lebenszufriedenheit sowie nachlassende Frei-zeitinteressen und –aktivitäten vorhersagen (LEHR 1997b, 284). Nach KÜNEMUND (2000, 103) kann die subjektive Gesundheit als besserer Prä-diktor für eine spätere Hilfe- und Pflegebedürftigkeit bezeichnet werden als die objektive Gesundheit.

Insgesamt fanden IDLER / BENYAMINI (1997, 21) 23 Längsschnittunter-suchungen, in denen der subjektiven Gesundheit eine signifikante Vorher-sagekraft für das Morbiditäts- oder Mortalitätsrisiko nachgewiesen wurde. In empirischen Befunden kommt also die eigenständige Bedeutung der subjektiv wahrgenommenen Gesundheit zum Ausdruck. Der Forschungs-stand spricht dafür, die subjektive Gesundheit intensiver als abhängige Variable zu untersuchen.

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2.1.2 Objektive Gesundheit im Alter

Längsschnittstudien haben nachgewiesen: Der objektive Gesundheitszu-stand wird mit dem Alter im Mittel schlechter, da die Morbidität in höher-en Altersklasshöher-en ansteigt (VON DEM KNESEBECK 1998, 15). Ein höheres Lebensalter geht mit einer durchschnittlichen Zunahme von Multimorbi-dität einher, die durch medizinische Diagnostik objektivierbar ist: Ältere Menschen leiden häufiger als Jüngere an Erkrankungen mehrerer Organe und von Organsystemen (BMFSFJ 2001a, 69).

Der Zusammenhang zwischen objektiver Gesundheit und sozialer Un-gleichheit ist bei alten Menschen erst ansatzweise untersucht worden. Bis-lang ist ein uneinheitliches Bild zu gesundheitsrelevanten Statuseinflüssen im Alter zu erkennen. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass die soziale Differenzierung von Morbidität in höheren Altersgruppen abnimmt. In einer größeren Anzahl von Studien konnte demgegenüber gezeigt wer-den, dass der soziale Gradient bis in das hohe Alter nachweisbar ist (VON DEM KNESEBECK 2002, 229).

Aufgrund der regelmäßigen Mikrozensusergebnisse liegen altersspezifische Morbiditätsdaten für das frühere Bundesgebiet von 1978 bis 1999 vor (BMFSFJ 2002, 145). Bei älteren Menschen gibt es danach in den meisten Krankheitsgruppen höhere Prävalenzen als bei jüngeren Erwachsenen. Die Daten zeigen in allen Erhebungsjahren den höchsten Anteil klinisch kran-ker Personen bei den Über-75jährigen. 40- bis 64jährige weisen im Mittel einen besseren objektiven Gesundheitsstatus auf. KRUSE (2001, 4) sieht als Ursache des sich verschlechternden objektiven Gesundheitszustandes:

1) Veränderungen der Vitalkapazität des Organismus

2) Veränderungen der Adaptations- und Kompensationsreserven 3) Veränderungen in den einzelnen Organ- und Funktionssystemen Das physiologische Altern geht mit steigenden gesundheitlichen Risiken einher, zu denen KRUSE (2001, 4) zählt:

 Verringerte Funktionsreserven der Organe  Abnehmende Vitalkapazität

 Zunehmender Blutdruck

 Erhöhte Cholesterinkonzentration im Blut  Verminderte Glukosetoleranz

 Veränderungen der Muskulatur (Abnahme der Muskelfasern und Kapillaren bei gleichzeitiger Zunahme des Bindegewebes)

 Biochemische Veränderungen der Faserbestandteile und der Grundsubstanz des Bindegewebes

 Abnahme des Mineralgehaltes des Skeletts  Trübung der Augenlinse

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Nach den Ergebnissen des Alterssurveys 1996 nehmen aufgrund der ge-nannten Veränderungen „mit Ausnahme von Knochen-, Bandscheiben-oder Rückenleiden, Magen- Bandscheiben-oder Darmerkrankungen sowie von Krebser-krankungen alle Krankheiten und gesundheitlichen Probleme von Alters-gruppe zu AltersAlters-gruppe zu“ (KÜNEMUND 2000, 111).

So finden sich bei den Über-70jährigen zehnmal so häufig periphere ar-terielle Durchblutungsstörungen wie bei den 20- bis 40jährigen (KRUSE 2002, 83).

Die Prävalenz von Diabetes mellitus Typ II beträgt in Deutschland etwa 5%. Während bis zum 39. Lebensjahr von einer Prävalenz von unter 1% ausgegangen werden kann, steigt diese bis zum achten Lebensjahrzehnt auf über 20% an (BMFSFJ 2001b, 100). Auch das dritte Beispiel zeigt den deutlichen Unterschied zwischen den Altersklassen: 70- bis 74jährige ha-ben im Vergleich zu 30- bis 34jährigen eine mindestens 30-fach höhere Prävalenz von Arthrosen (KRUSE 2002, 84).

Weiterhin geht aus dem Wohlfahrtssurvey der Jahre 1978 bis 1998 her-vor: 18- bis 39jährige Menschen weisen einen geringeren Anteil an chroni-schen Krankheiten oder Behinderungen auf als ältere Probanden (siehe Tabelle 1).

1998 hatten von den Männern ab 60 Jahren in Westdeutschland 18% (Frauen: 17%) und in Ostdeutschland 22% (Frauen: 13%) eine andauern-de Erkrankung. Dem stehen bei andauern-den 18- bis 39jährigen Männern nur drei Prozent im Westen (Frauen: fünf Prozent) und zwölf Prozent im Osten (Frauen: fünf Prozent) gegenüber. Demnach sind auch jüngere Männer im Osten als Problemgruppe zu bezeichnen (STATISTISCHES BUNDESAMT 1999, 463).

Tabelle 1: Bevölkerungsanteil mit chronischer Krankheit oder Behinderung

Angaben in Insges. Männer Frauen

Prozent 18-39J. 40-59J. ab 60J. 18-39J. 40-59J. ab 60J. 1978 (BRD) 15 7 20 29 7 16 23 1984 (BRD) 13 4 12 25 4 17 25 1988 (BRD) 13 4 14 28 7 13 23 1993 (West) 11 6 14 20 3 11 20 1993 (Ost) 11 3 12 28 2 4 28 1998 (West) 10 3 13 18 5 11 17 1998 (Ost) 13 12 19 22 5 14 13

Im Zeitverlauf erkennt man bei der ältesten Gruppe einen zunehmend besseren Gesundheitsstatus. Der Datenvergleich von 1978 mit 1998 zeigt bei den westdeutschen Männern ab 60 Jahren einen Rückgang des Anteils mit chronischer Krankheit oder Behinderung von 29% auf 18%. Bei den westdeutschen Frauen fällt der Anteil in der gleichen Altersklasse eben-falls, von 23% auf 17% (STATISTISCHES BUNDESAMT 1999, 464).

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Wenn man die Morbiditätsspektren verschiedener großer Studien betrach-tet, fallen immer wieder die zwei häufigsten Krankheitsgruppen älterer Menschen auf (BMFSFJ 2001a, 73):

1) Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems 2) Erkrankungen des Bewegungsapparates

Aus den Befunden der Berliner Altersstudie (BASE) geht noch hervor: Bei 96% der Über-70jährigen wurden mindestens eine und bei 30% fünf oder mehr internistische, neurologische oder orthopädische Erkrankungen diag-nostiziert. Hier dominierten die – mit einer deutlichen Verkürzung der wei-teren Lebenserwartung einhergehenden – Erkrankungen des Herz-Kreis-lauf-Systems (KRUSE 2001, 11).

Als die zehn häufigsten Krankheiten wurden bei den Teilnehmern der BASE identifiziert (nach BMFSFJ 2002, 148):

Prävalenz 1) Fettstoffwechselstörung 76,3% 2) Varikosis 72,1% 3) Zerebralarteriosklerose 65,0% 4) Herzinsuffizienz 56,0% 5) Osteoarthrose 54,8% 6) Dorsopathien 46,0% 7) Hypertonie 45,6% 8) Harninkontinenz 37,2% 9) Erregungsleitungsstörung 35,7% 10) Arterielle Verschlusskrankheit 35,6%

Während Frauen stärker zu chronischen Krankheiten wie Osteoporose, Osteoarthrose oder Herzinsuffizienz neigen, stehen bei Männern Herzin-farkte und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen im Vordergrund (KRUSE 2002, 176).

Oftmals treten in Folge von Krankheiten Schmerzzustände auf. Nach den Ergebnissen des Bundesgesundheitssurveys von 1998 (KRUSE 2001, 12) litten von den 60- bis 69jährigen Frauen 23% (Männer: 26%) und von den 70- bis 79jährigen Frauen 24% (Männer: 31%) in den letzten vier Wochen unter Schmerzzuständen. Zu nennen sind hier vor allem Krank-heiten des Bewegungsapparates wie Polyarthritis, Osteoarthrose oder Osteoporose. Schmerzzustände weisen einen starken Zusammenhang mit Einschrän-kungen der Funktionsfähigkeit und der Mobilität auf. Eine reduzierte subjektive Gesundheit ist als Folge zu vermuten.

Etwa ein Viertel der über 65-jährigen Bevölkerung leidet an einer psychi-schen Störung. Studienergebnisse zur Prävalenz von Depressionen schwanken zwischen ein und 16 Prozent, wobei bisher nur wenige

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Hinwei-se auf einen Anstieg im höheren Lebensalter vorliegen. In der Berliner Al-tersstudie litten neun Prozent der Teilnehmer an einer depressiven Stö-rung (BMFSFJ 2001b, 104).

Bei vier bis sechs Prozent der Über-65jährigen liegen mittelschwere bis schwere Demenzen vor. Werden auch leichte Demenzen berücksichtigt, so erhöht sich der Anteil demenzkranker Menschen in dieser Altersgruppe auf 11 bis 14 Prozent (KRUSE 2002, 85).

Schließlich liegen bei mindestens einem Drittel der Über-60jährigen und bei mindestens der Hälfte der Über-70jährigen Höreinbußen vor. Augen-leiden oder Sehstörungen gaben über 50% der Teilnehmer in der Berliner Altersstudie an. Nach den BASE-Ergebnissen verschlechtert sich die Seh-schärfe mit jedem Jahrzehnt um durchschnittlich zehn Prozent (BMFSFJ 2002, 71).

Nach dieser eher pessimistischen Beschreibung des objektiven Gesund-heitszustandes im Alter gibt es aber auch optimistische Erkenntnisse aus der Alternsforschung. Nach dem Dritten Altenbericht des Bundesministeri-ums für Senioren, Familie und Jugend (BMFSFJ) hat sich in den letzten Jahrzehnten die objektive Gesundheit älterer Menschen deutlich verbes-sert (BMFSFJ 2001a, 70). Offenbar gibt es eine auffällige Verbesserung in den einzelnen kalendarischen Altersstufen sowie einen Rückgang der in Krankheit verbrachten Lebensjahre.

Im Vierten Altenbericht kann diese Tendenz mit der Nachricht bestätigt werden: Die durchschnittliche Krankheitsprävalenz hat bei Älteren einer Altersstufe in den letzten Jahren weiter abgenommen (BMFSFJ 2002, 147).

Immerhin sind nach den Ergebnissen der Berliner Altersstudie (MAYER et al. 1996, 617) 92% der Teilnehmer im Alter von 70 bis 104 Jahren zu einer weitgehend selbstständigen Lebensführung in der Lage. Daraus schließen die Berliner Alternsforscher: Für den größeren Teil der älteren Bevölkerung tritt Hilfebedarf erst 15 bis 20 Jahre nach dem Austritt aus dem Erwerbsleben ein. In den Jahren davor ist für die meisten Älteren ein Leben in Unabhängigkeit und Selbstständigkeit möglich.

Schließlich möchte ich als Fazit dieses Abschnittes festhalten: Die weit verbreitete pessimistische These, wir würden zwar immer älter, aber gleichzeitig auch immer „kränker“, sollte nicht mehr aufrechterhalten wer-den. Selbst wenn im Alter die Wahrscheinlichkeit für eine höhere Krank-heitsanzahl steigt, kann man das Alter nicht mit Krankheit und Funktions-verlust gleichsetzen.

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2.1.3 Subjektive Gesundheit im Alter

Unbeeinflusst von der steigenden Krankheitshäufigkeit im Alter bleibt der durchschnittliche subjektive Gesundheitszustand älterer Menschen nicht. Denn: Gesundheitliche Probleme äußern sich auch auf der subjektiven Ebene; oftmals in Form einer geringeren Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit. Und das insbesondere dann, wenn es sich nicht um eine vorübergehende Erkrankung, sondern um eine chronische Krankheit handelt.

Daten zur Beurteilung der subjektiven Gesundheit liegen aus dem Wohl-fahrtssurvey von 1998 vor (STATISTISCHES BUNDESAMT 1999, 466). Wie in den Tabellen 2 und 3 zu erkennen ist, waren 1998 81% der Befragten in Westdeutschland und 76% in Ostdeutschland mit ihrer Gesundheit zufrieden. Nur ein geringer Anteil von 10% (West) und 15% (Ost) ist mit der eigenen Gesundheit unzufrieden.

Tabelle 2: Unzufriedenheit mit der Gesundheit

Angaben in Insges. Männer Frauen

Prozent 18-39J. 40-59J. ab 60J. 18-39J. 40-59J. ab 60J. 1978 (BRD) 12 4 14 16 8 14 20 1984 (BRD) 15 3 15 22 6 16 36 1988 (BRD) 13 5 11 19 6 13 28 1993 (West) 13 7 17 25 5 10 25 1993 (Ost) 13 1 13 25 4 14 32 1998 (West) 10 3 10 14 5 13 19 1998 (Ost) 15 9 12 19 6 15 31

Tabelle 3: Zufriedenheit mit der Gesundheit

Angaben in Insges. Männer Frauen

Prozent 18-39J. 40-59J. ab 60J. 18-39J. 40-59J. ab 60J. 1978 (BRD) 79 94 78 66 89 75 60 1984 (BRD) 74 91 77 65 89 70 45 1988 (BRD) 78 91 80 66 90 77 55 1993 (West) 77 92 72 63 91 76 54 1993 (Ost) 79 94 78 56 90 79 58 1998 (West) 81 93 82 71 90 77 62 1998 (Ost) 76 85 71 72 85 76 60

Die Tabellen zeigen weiterhin: Von 1993 bis 1998 erhöhen sich in allen Gruppen die Zufriedenheitswerte und die Unzufriedenheitswerte sinken. Auch im höheren Alter steigt die Zufriedenheit mit der Gesundheit, die Un-zufriedenheit sinkt. Das gilt sowohl für Männer und für Frauen als auch für West- und Ostdeutschland.

Zwar nimmt nach diesen Daten mit steigendem Alter der Anteil derer zu, die mit ihrer Gesundheit unzufrieden sind. Im Großen und Ganzen gaben aber etwa drei Viertel 1998 auch im Alter eine Zufriedenheit mit der Gesundheit an.

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Dabei sieht die subjektive Gesundheitsbeurteilung bei den Frauen nicht ganz so positiv aus. Die älteren Männer waren 1998 sowohl im Westen als auch im Osten mit ihrer Gesundheit zufriedener. In den jüngeren Alters-gruppen gibt es kein deutliches Geschlechtsgefälle.

Aus dem Datenreport des STATISTISCHEN BUNDESAMTES (1999, 467) geht außerdem hervor: 39% der westdeutschen Frauen ab 60 Jahren und 47% der ostdeutschen Frauen machen sich große Sorgen um ihre Ge-sundheit. Die gleichaltrigen Männer sind mit 28% (Ost) und 27% (West) sorgloser in Bezug auf ihre Gesundheit.

Auch MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER (2001, 201) bestätigen die „etwas ungünstigeren Gesundheitsangaben“ auf Seiten der Frauen.

Worin mag – trotz der längeren Lebenserwartung von Frauen – diese pes-simistischere Tendenz begründet liegen ? HÖPFLINGER (1994, 39) vermu-tet, dass sich Frauen in Leistungsgesellschaften sozialisationsbedingt eher leidend darstellen dürfen. Männer stehen dagegen in ihrem männlichen Rollenbild häufig unter einem Zwang des Verdrängens und Verleugnens vorhandener (gesundheitlicher) Probleme.

Insgesamt ist bei den älteren Menschen eine hohe interindividuelle Hete-rogenität des subjektiven Gesundheitzustandes feststellbar (GUNZEL-MANN et al. 2000a, 145). Die subjektive Gesundheit spiegelt im Alter nicht nur objektive Gesundheitsveränderungen. Es gibt keinen linearen Verlauf. Vielmehr kommt in höheren Lebensjahren eine größere Diskrepanz zwischen objektiver und subjektiver Gesundheit zum Ausdruck (BORCHELT et al. 1996, 465).

Aus der Berliner Altersstudie liegen Erkenntnisse vor, die eine Altersin-varianz der subjektiven Gesundheit zeigen. Die relative Stabilität steht im Gegensatz zur mittleren Verschlechterung der objektivierbaren körperlich-organischen und körperlich-funktionellen Gesundheit. Da die objektive Ge-sundheit negativ alterskorreliert ist, nimmt voraussichtlich im Lebens-verlauf der Einfluss der objektiven Situation auf die subjektive Gesundheit ab. Die Korrelation von objektiver und subjektiver Gesundheit verringert sich mit steigendem Alter (KÜNEMUND 2000, 105).

Für dieses Phänomen wurde von den BASE-Forschern die Theorie vom „Altersinvarianz-Paradoxon“ formuliert (BORCHELT et al. 1996, 465). An-dere Alternsforscher der Berliner Altersstudie wie STAUDINGER (2003, 3) haben für dieses Phänomen den Begriff „Wohlbefindens-Paradoxon“ ge-wählt. Der Begriff steht ebenfalls für die Erkenntnis, dass trotz alters-bedingter Belastungen keine drastische Minderung der subjektiven Bewer-tung zu beobachten ist (WAHL / TESCH-RÖMER 1998, 77).

Ältere Menschen beurteilen ihre Gesundheit demnach nicht auf derselben Grundlage und mit denselben Kriterien wie jüngere Personen (VON DEM KNESEBECK 1998, 19). Hierzu GUNZELMANN et al. (2000b, 7): „Elderly people experience their physical states differently and have different

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subjective evaluations of their health”. Vermutlich bedeutet „gute Gesundheit“ im Alter nicht mehr nur die Abwesenheit von Krankheit. Es scheinen sich neue Bewertungsmaßstäbe im Alternsprozess zu ent-wickeln, die ein psychisches Anpassen an einen verschlechterten objek-tiven Gesundheitszustand ermöglichen.

Zwei Theorien werden diskutiert, um solche Anpassungsvorgänge zu er-klären. Zum einen hängt nach den Berliner Alternsforschern die positi-vere Beurteilung zusammen mit der im Alter bestehenden Neigung, die eigene Gesundheit als besser wahrzunehmen als die von Gleichaltrigen. Eine abwärts gerichtete Vergleichsstrategie wird vermutet („Referenzgrup-pentheorie“). Danach vergleichen sich Ältere mit anderen gleichaltrigen Personen, die einen objektiv schlechteren Gesundheitszustand aufweisen. Den Vergleichsmaßstab bildet dabei die eigene Referenzgruppe und nicht die Gesamtpopulation (VON DEM KNESEBECK 1998, 92).

Ein solcher Perspektivenwechsel in Form des Abwärtsvergleiches kann zu einer Stabilisierung des Selbstkonzeptes beitragen (SCHWARZER / KNOLL 2001, 68).

Eine zweite Theorie baut auf erworbene Kompetenzen im Lebensverlauf auf. Danach könnte sich eine psychologische Widerstandsfähigkeit über die erfolgreiche Auseinandersetzung mit Belastungen entwickelt haben. Diese versetzt den älteren Menschen in die Lage, Verlusterfahrungen bes-ser zu verarbeiten.

Eine hohe Widerstandsfähigkeit im Sinne von Verlustmanagement wird als „Resilienz“ bezeichnet. Sie scheint negative Konsequenzen beim Vorlie-gen von Risikofaktoren zu reduzieren. Resilienz kann als bedeutsames Po-tenzial des Alterns bezeichnet werden, um angesichts steigender objek-tiver Gesundheitsbelastungen eine positive Lebenseinstellung zu bewah-ren. Dabei hat sich das Veränderungspotenzial („Plastizität“) der Persön-lichkeitsvariablen als wichtig erwiesen (STAUDINGER 2001, 98).

Diese Erkenntnis drückt sich bereits im Volksmund mit dem Sprichwort aus: „Man ist so alt, wie man sich fühlt !“.

Die Resilienz lässt im Mittel erst jenseits des 80. Lebensjahres nach (SMITH / BALTES 1996, 229). Die Anpassungsprozesse zur Unterstützung der subjektiven Gesundheit sind also bis in das hohe Alter wirksam, finden allerdings angesichts existenzieller Bedrohungen ihre Grenzen. Da gerade im hohen und sehr hohen Alter nicht selten eine Vielzahl irreversibler Be-lastungen zusammentreffen, muss hier auch auf die Grenzen der Wider-standsfähigkeit hingewiesen werden.

Mit dem Wissen über die Bedeutung der subjektiven Gesundheit erweist sich eine Ergänzung des defizitorientierten Altersbildes als notwendig. Daher sollten die gestaltbaren Veränderungspotenziale älterer Menschen von der Alternsforschung intensiver verfolgt werden (KRUSE 2001, 6).

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Ein solcher Perspektivenwechsel entspricht dem Konzept des „erfolgrei-chen“ Alterns. Erfolgreiches Altern zeichnet sich durch eine erfolgreiche Anpassung sowohl an physiologische, psychologische und soziale Anfor-derungen aus. Der subjektive Gesundheitsstatus kann also als Indikator für „erfolgreiches“ Altern verwendet werden.

In Sinne des „erfolgreichen“ Alterns sollten Ältere dabei unterstützt wer-den, mögliche Verluste zu minimieren und Gewinnchancen zu maximieren. Und dafür bilden die Entwicklungspotenziale im Alter auch weiterhin gute Voraussetzungen (SCHWARZER / KNOLL 2001, 79).

2.1.4 Einflussfaktoren der subjektiven

Gesundheit

Der im vorherigen Abschnitt dargestellten Relevanz der subjektiven Ge-sundheit steht die Frage gegenüber, welche Aspekte diese im Alter über-haupt beeinflussen.

Bislang liegen nur wenige Arbeiten darüber vor, unter welchen soziodemo-grafischen, sozioökonomischen und psychosozialen Bedingungen die jektive Gesundheit im Alter variiert. Es wurden kaum Studien mit der sub-jektiven Gesundheit als abhängiger Variablen vorgelegt. Auch sind erst selten gesundheitssoziologische und gesundheitspsychologische Konzepte in der Alternsforschung aufgegriffen wurden (VON DEM KNESEBECK 1998, 8). Gegenstand dieses Abschnittes ist deshalb eine Beschreibung von rele-vanten Einflussfaktoren der subjektiven Gesundheit.

Bereits bekannt ist die geringe Korrelation der subjektiven Gesundheit mit objektiven Gesundheitsparametern (wie Krankheitsanzahl, körperlicher Leistungsfähigkeit, Anzahl der Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte oder dem Behinderungsgrad). Somit müssen noch weitere Einflussfaktoren exi-stieren.

Mit Hilfe zweier Entwürfe von Strukturmodellen soll jetzt gezeigt werden: Die subjektive Gesundheit wird ebenfalls von externen Lebensverhält-nissen und von internen Persönlichkeitsmerkmalen beeinflusst.

Strukturmodell nach BiB

Auf die internen und externen Einflussfaktoren gingen 2001 MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER in einem ersten ausgewählten Strukturmodell ein: Innerhalb der Erhebung „Leben und Gesundheit in Deutschland“ des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung (BiB) wurden Daten des Na-tionalen Gesundheitssurveys West von 1984/86 und des NaNa-tionalen Ge-sundheitssurveys Ost von 1991/92 sowie aus einer Wiederholungsbefra-gung von 1998 analysiert.

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Hier sollen sieben Determinanten eines Strukturmodelles nach dem BiB aufgegriffen werden: 1) Lebensalter 2) Geschlecht 3) Sozialstatus 4) Soziale Beziehungen 5) Krankheitsbelastung 6) Funktionaler Status

7) Gesundheitsverhalten wie körperliche Aktivität, Rauchen oder Alkoholkonsum

Über Regressionsanalysen konnten die Autoren mit diesen Prädiktoren etwas über 40% der Varianz der subjektiven Gesundheit erklären (MUEL-LER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 123). Aufgrund der überzeugenden Erklärungskraft des Modelles gehe ich nun auf die berücksichtigten Fakto-ren im Einzelnen ein.

Lebensalter

Als Einflussfaktor ist zunächst das soziodemografische Merkmal Lebens-alter (gemessen in Lebensjahren) zu nennen. Einige Autoren wie FERRARO (1980, 381) sehen das Lebensalter als bedeutenden Prädiktor der subjek-tiven Gesundheit an. Jedoch sollte der Alterseffekt nicht überschätzt wer-den, denn – wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben – mit zu-nehmendem Alter besteht die Tendenz, sich gesundheitlichen Verän-derungen anzupassen.

Die subjektive Gesundheit verschlechtert sich zwar im Mittel, aber nicht bei jedem und auch nicht linear mit dem Alter.

Geschlecht

In der Mehrzahl der Studien, in denen subjektive Gesundheitsindikatoren berücksichtigt wurden, lässt sich ein nur geringer Geschlechtseffekt nach-weisen. Meist fällt der subjektive Gesundheitsstatus bei Frauen etwas schlechter aus als bei Männern. Dieser negative Effekt des weiblichen Ge-schlechts ist allerdings nicht in allen Studien zu beobachten (MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 201).

Gesundheit hat für Frauen und Männer eine unterschiedliche Bedeutung. Frauen messen der psychischen Dimension einen höheren Wert bei. Auch fließen bei ihnen soziale Motive eher in die Überlegungen zur Gesund-heitsbeurteilung ein. Männer haben dagegen ein überwiegend leistungs-orientiertes Konzept von Gesundheit und setzen diese mehrheitlich mit dem Funktionieren des Körpers gleich (HESS 2002, 23).

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Sozialstatus

Die sozioökonomische Situation beeinflusst nicht nur den objektiven Ge-sundheitszustand, sondern ebenso die subjektive Gesundheit. Für die ob-jektive Gesundheit gelten sozial ungleich verteilte Chancen als gesichert. RUDINGER et al. (1997, 268) fanden auch für subjektive Angaben Zu-sammenhänge mit dem Sozialstatus. So wird die subjektive Gesundheit mit steigender Schicht besser beurteilt. Auch werden bei einem niedrigen Sozialstatus eher negative Definitionen von Gesundheit angegeben (REIME 2000, 93).

Der Begriff „Sozialstatus“ bezeichnet hierbei die individuelle Position einer Person auf der Skala zwischen hoher und niedriger Ausprägung der Schichtindikatoren. Als zentrale Schichtindikatoren werden objektive Kri-terien wie (Aus-)Bildung, Beruf, Haushaltseinkommen oder subjektive Merkmale wie das Berufsprestige verwendet. Von diesen Indikatoren hat nach MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER (2001, 158) das Einkommen den stärksten Einfluss auf die subjektive Gesundheit. Ebenfalls ergibt sich aus Altersstudien ein positiver Zusammenhang zwischen dem Bildungs-niveau und der subjektiven Gesundheit (BORCHELT et al. 1996, 465). Soziale Beziehungen

Zusammenhänge zwischen sozialen Beziehungen und Gesundheit sind ein-deutig nachgewiesen worden. VON DEM KNESEBECK (1998, 68) geht davon aus, dass soziale Beziehungen einen positiven Einfluss auf die sub-jektive Gesundheit ausüben. Hinsichtlich der instrumentellen und emotio-nalen Schutzmechanismen von sozialen Beziehungen besteht allerdings noch kein Konsens. Eine höhere Bedeutung von sozialer Unterstützung ge-genüber sozialen Netzwerken wird aber vermutet (MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 65).

Die Existenz einer Vertrauensperson gilt hierbei als Indikator für die sub-jektiv wahrgenommene soziale Unterstützung. Rein demografisch haben Männer größere Chancen, verheiratet zu bleiben und mit ihrer Partnerin länger zusammenzuleben. Frauen sind aufgrund ihrer längeren Lebens-erwartung stärker von einem Partnerverlust und von Vereinsamung be-troffen (BUNDESAMT FÜR GESUNDHEIT 1997, 39).

Krankheitsbelastung

Die Krankheitsanzahl und die sich daraus ergebenden Belastungen sind als ein Indikator der objektiven Gesundheit anzusehen. Autoren wie BOR-CHELT et al. (1996, 470) weisen darauf hin, dass die Beeinflussung der subjektiven Gesundheit durch die Krankheitsbelastung mit dem Alter abnimmt („Altersinvarianz-Paradox“).

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Ein Krankheitseffekt ist jedoch weiterhin vorhanden. Gerade dann, wenn Krankheiten zu funktionellen Einbußen führen. Hier ist ein stärkerer nega-tiver Einfluss auf die subjektive Gesundheit festzustellen als bei chro-nischen Krankheiten ohne Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit (MUEL-LER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 118).

Funktionaler Status

Dieser Einflussfaktor hängt mit dem vorangegangenen Punkt zusammen, muss aber gerade im höheren Alter als eigenständiger Prädiktor wahrge-nommen werden. Denn: Dem funktionalen Status Älterer wird ein grös-serer Einfluss auf die subjektive Gesundheit zugeschrieben als vom Arzt diagnostizierte Krankheiten (VON DEM KNESEBECK 1998, 51).

In zahlreichen Studienergebnissen wird der funktionale Status – ent-sprechend dem Konzept der Alltagsbewältigung – als entscheidendes Kri-terium für eine gute subjektive Gesundheit älterer Menschen bezeichnet (VAN LINSCHOTEN 1993, 169). Im Konzept der Alltagsbewältigung spielen die vorhandenen Fähigkeiten für Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) eine große Rolle. Sie gelten als Grundlage für das Bewältigen des Alltags und für eine selbstständige Lebensführung. Funktionale Beeinträchti-gungen dieser Fähigkeiten haben einen negativen Einfluss auf den sub-jektiven Gesundheitsstatus (MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 118).

Gesundheitsverhalten

Schließlich haben MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER (2001, 192) in der BiB-Studie belegt: 10% bis 20% der subjektiven Gesundheitsent-wicklung innerhalb des Untersuchungszeitraumes können über das Ge-sundheitsverhalten erklärt werden. Die wichtigsten Einflussfaktoren sind hier: Ernährungsverhalten, körperliche Aktivität, (Nicht-)Rauchen und das Schlafverhalten. Allerdings ließ sich nur für körperliche Aktivität ein signifi-kanter Zusammenhang mit der subjektiven Gesundheit nachweisen.

Im Gesundheitsverhalten spiegeln sich nicht nur biografische, sondern auch lebensweltliche Bedingungen des täglichen Lebens. Indirekte Effekte des Sozialstatus sind gesichert. So weisen Personen mit hohem Bildungs-grad ein gesundheitsförderlicheres Verhalten auf (MUELLER / HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 205).

Schließlich entwickeln Frauen und Männer aufgrund ihrer Sozialisation je-weils eigene Muster des Gesundheitsverhaltens (HURRELMANN 2000, 22).

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Nach den Analyseergebnissen der BiB-Studie ist aus den hier vorgestellten sieben Determinanten zu schließen: Der funktionale Status hat eine domi-nierende Rolle als Einflussfaktor der subjektiven Gesundheit. Außerdem zeigen in der Regressionsanalyse das Lebensalter und der Sozialstatus den jeweils doppelten negativen Effekt wie die Krankheitsbelastung (in negati-ver Richtung) oder das Gesundheitsnegati-verhalten (in positinegati-ver Richtung). So-ziale Beziehungen in Form von Partnerschaften (schwach positiv) sind zu vernachlässigen. Das Geschlecht hat in den BiB-Ergebnissen keinen Ein-fluss auf die subjektive Gesundheit im Alter (HEINZEL-GUTENBRUNNER 2001, 207).

Strukturmodell nach VON DEM KNESEBECK

Das zweite Strukturmodell ist vom Medizinsoziologen Olaf von dem Knese-beck entwickelt worden. Dieser legte 1998 ein multifaktorielles Modell vor, das eine empirische Überprüfung der subjektiven Gesundheit ermöglichen soll. Dazu wurden Kriterien identifiziert, nach denen ältere Menschen ihre Gesundheit beurteilen (VON DEM KNESEBECK 1998, 151).

Zur Erklärung der Gesundheitsbeurteilung wurde wie im BiB-Modell ein Set an Prädiktorvariablen herangezogen. Die Faktoren entsprechen dem Forschungsstand von Gesundheitspsychologie und Gesundheitssoziologie. VON DEM KNESEBECK (1998, 24) berücksichtigte sechs theoretische Kon-zepte, die seiner Meinung nach die subjektive Gesundheit im Alter beein-flussen:

1) Konzept sozialer Ungleichheit

2) Konzept gesundheitlicher Kontrollüberzeugungen 3) Konzept der Salutogenese

4) Konzept der Alltagsbewältigung 5) Stresstheoretische Ansätze

6) Konzept der sozialen Beziehungen

Im Vergleich zum Strukturmodell des BiB fallen hier mit den Konzepten der gesundheitlichen Kontrollüberzeugungen und der Salutogenese sowie mit stresstheoretische Ansätze drei zusätzliche individuelle Ebenen auf. Die einzelnen Einflussfaktoren der sechs Ebenen lassen sich in interne und externe Faktoren unterteilen. Hierbei gehen externe (oder strukturelle) Faktoren von der Umwelt und interne (oder individuellen) Faktoren vom Individuum aus (VON DEM KNESEBECK 1998, 120).

Berücksichtigt werden ebenfalls die soziodemografischen Variablen Alter und Geschlecht sowie die sozialstrukturellen Merkmale Berufsprestige, Bil-dung, Haushaltseinkommen. Das Gesundheitsverhalten wird in diesem Modell nicht berücksichtigt.

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Die zusätzlichen – das BiB-Modell ergänzenden – Einflussfaktoren sollen jetzt vorgestellt werden.

Gesundheitliche Kontrollüberzeugungen

Bislang erst in wenigen Studien wurden Zusammenhänge zwischen ge-sundheitlichen Kontrollüberzeugungen und subjektiver Gesundheit darge-stellt (GUNZELMANN et al. 2000a, 145).

Als Kontrollüberzeugungen bezeichnet die Gesundheitspsychologie ge-neralisierte Erwartungshaltungen eines Individuums. Diese sagen etwas darüber aus, ob durch das eigene Verhalten wichtige Ereignisse im Leben kontrolliert werden können (internale Kontrollüberzeugungen) oder ob die Kontrolle als „nicht in der eigenen Macht“ wahrgenommen wird (externale Kontrollüberzeugungen) (VON DEM KNESEBECK 1998, 33).

Die bisherigen Erkenntnisse lassen erkennen: Von internalen Kontrollüber-zeugungen gehen positive Einflüsse und von externalen Kontrollüberzeu-gungen negative Einflüsse auf die subjektive Gesundheit aus. So ver-nachlässigen Personen mit niedrigen Internalitätswerten in stärkerem Maße ein präventives Gesundheitsverhalten. Sie sehen den „physischen Abbau als unabdingbaren Bestandteil des Alternsprozesses an“. Personen mit einer hohen internalen Kontrolle übernehmen dagegen mehr Verant-wortung für ihre Gesundheit (PERRIG-CHIELLO et al. 1997, 6). Ältere Menschen mit der Überzeugung, durch eigenes Verhalten die Gesundheit kontrollieren zu können, beurteilen ihre eigene Gesundheit besser (VON DEM KNESEBECK 1998, 268).

Kohärenzgefühl

Nach GUNZELMANN et al. (2000a, 145) besitzt das Kohärenzgefühl eine hohe Relevanz für eine positiv wahrgenommene Gesundheit. Sie konnten signifikante Korrelationen zwischen der Bewertung des Kohärenzgefühles sowie der subjektiven Gesundheit nachweisen.

Kohärenzgefühl (oder Kohärenzsinn) ist ein zentraler Baustein des Salu-togenesemodelles von Aaron Antonovsky. Das Kohärenzgefühl wird ent-sprechend dem konzeptio-nellen Ansatz der Salutogenese als protektiver Faktor für die Gesundheit bezeichnet. Bei guter Ausprägung können – aus sozialen und biologischen Belastungen resultierende – Spannungszustände effektiv bewältigt werden. Es handelt sich um eine Grundorientierung, die das Ausmaß eines umfassenden, dauerhaften und gleichzeitig dynami-schen Vertrauens ausdrückt. Die interne Persönlichkeitsvariable enthält drei Komponenten: Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit (ANTONOVSKY 1991, 126).

Insgesamt besteht hinsichtlich der Wirkungszusammenhänge noch erheb-licher Forschungsbedarf (VON DEM KNESEBECK 1998, 49).

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Distresserfahrungen

Ein starker negativer Zusammenhang zwischen Erfahrungen von Distress und subjektiver Gesundheit lässt sich ebenfalls erkennen (VON DEM KNE-SEBECK 2000, 268).

Als Distress werden negative Situationsbewertungen als Reaktion auf Stressoren bezeichnet. Stressbelastungen können auf zwei Hauptebenen erhoben werden: Einschneidende kritische Lebensereignisse (wie Tod des Partners) sowie chronische Belastungen in einzelnen Lebensbereichen (wie arbeitsbezogene Belastungen oder Krankheitsbelastungen). Ein Verarbei-tungsprozess mit geringen subjektiven Bewältigungschancen bringt Di-stresserfahrungen mit sich. Dem Betroffenen „wächst die Situation über den Kopf“ und man fühlt sich überfordert.

Distress äußert sich in Empfindungen wie Verlustängsten oder Bedrohung und wird üblicherweise von negativen Emotionen wie Ärger oder Depres-sion begleitet (VON DEM KNESEBECK 1998, 61). Dagegen weist eine als Herausforderung empfundene Stressreaktion auf eine positive Bewertung hin und wird als Eustress bezeichnet (VON DEM KNESEBECK 1998, 58). Untersuchungsergebnisse

Um den vorangegangenen theoretischen Rahmen empirisch zu überprü-fen, hat VON DEM KNESEBECK (1998, 81) die potenziellen Prädiktoren in das GESTALT-Projekt (GEsundheit und sozialer STatus ALTer Menschen) einbezogen. Dabei ordnete er die Einflussfaktoren einer externen Ebene (E) und einer internen Ebene (I) zu. Für die von ihm berücksichtigten Kon-zepte ergaben sich folgende Indikatoren:

1) Konzept sozialer Ungleichheit  Sozialer Status (E)

2) Konzept gesundheitlicher Kontrollüberzeugungen  Internale Kontrolle (I)

 Externale Kontrolle (E) 3) Konzept der Salutogenese

 Kohärenzgefühl (I)

4) Konzept der Alltagsbewältigung  Funktionaler Status (I) 5) Stresstheoretische Ansätze

 Distress (I)  Krankheiten (I)

 Belastung durch Arbeit (E)  Finanzielle Belastungen (E) 6) Konzept der sozialen Beziehungen

 Soziale Kontakte (E)  Vertrauensperson (E)

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Um die Richtung und Stärke des Einflusses auf die subjektive Gesundheit zu überprüfen, wurden Regressionsanalysen durchgeführt.

Als erstes Ergebnis bleibt der schwach ausgeprägte Einfluss des Ge-schlechts und des Lebensalters festzuhalten. Keine der beiden Variablen hatte in dieser Studie einen signifikanten Effekt auf die subjektive Ge-sundheit vorzuweisen (VON DEM KNESEBECK 2000, 268).

Weiterhin zeigt die Variable „Sozialer Status“ nur einen geringen Effekt. Das Haushaltseinkommen weist dabei einen größeren Einfluss als das Berufsprestige auf. Die beiden Indikatoren der sozialen Beziehungen üben ebenfalls nur einen schwach signifikanten Effekt auf die subjektive Ge-sundheit aus (VON DEM KNESEBECK 1998, 127).

Als weitere externe Einflussfaktoren können für Arbeitsbelastungen schwach signifikante und für finanzielle Probleme sogar signifikant nega-tive Effekte berechnet werden. Allerdings verringern sich nach schritt-weiser Einführung interner Faktoren die Effekte dieser externen Faktoren wieder. Offenbar wird der Effekt der externen Faktoren (die Auskunft über die Lebenssituation geben) bei älteren Menschen durch interne Faktoren überdeckt.

Nach Einbeziehen der internen Variablen „Distress“ und „Krankheiten“ zeigen diese hochsignifikante negative Effekte. Auch nach Einführung der weiteren internen Variablen haben diese einen signifikanten („Kohärenz-gefühl“) oder sogar hochsignifikanten positiven Einfluss („Funktionaler Status“ und „Internale Kontrolle“) auf die subjektive Gesundheit (VON DEM KNESEBECK 1998, 127).

Zusammenfassend ist in beiden Strukturmodellen von einer größeren Er-klärungskraft der internen Einflussfaktoren im Vergleich zu den externen Faktoren auszugehen.

Auch soll festgehalten werden, dass folgende Variablen mindestens einen schwachen Einfluss auf die subjektive Gesundheit ausüben (VON DEM KNESEBECK 1998, 136):  Lebensalter  Geschlecht  Sozialstatus  Vertrauensperson  Soziale Kontakte  Krankheiten  Funktionaler Status  Gesundheitsverhalten  Gesundheitliche Kontrollüberzeugungen  Kohärenzgefühl  Distress

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2.2 Körperliche Aktivität im Alter

In der Alternsforschung wird erst in der jüngsten Zeit davon ausgegangen, dass umfangreiche Interventionspotenziale auch im höheren Alter gege-ben sind (NIKOLAUS 2001, 46). Noch immer ist eine weitverbreitete Un-terschätzung der Gesundheitseffekte von Interventionsmaßnahmen für Äl-tere festzustellen; sowohl in den Professionen als auch bei den ÄlÄl-teren selbst (WALTER 2002, 23).

Der aktuelle Forschungsstand zu Gesundheitseffekten von Interventionen soll nun dargestellt werden am Beispiel der Bewegungsaktivität älterer Menschen.

2.2.1 Interventionspotenziale im Alter

Neuere Erkenntnisse der Sportwissenschaften, der Entwicklungspsycholo-gie, der Interventionsgerontologie und anderer Disziplinen weisen auf be-merkenswerte Interventionspotenziale auch im höheren Alter hin (WAHL / TESCH-RÖMER 1998, 76). Diese wurden bisher jedoch nicht hinreichend wahrgenommen oder extern unterstützt (WALTER 2002, 20).

Weder für physiologische Alternsprozesse gibt es einen „schicksalhaften“ Verlauf, noch für Alternsprozesse auf der psychosozialen Ebene. Vielmehr kann die Entwicklung im Lebensverlauf durch einen gesundheitsbewussten und aktiven Lebensstil (zu dem Bewegung gehört) positiv beeinflusst wer-den (KRUSE 2002, 59).

In Altersstudien wurde nachgewiesen: Negative Veränderungen der kör-perlichen und der kognitiven Leistungsfähigkeit – die bisher dem biologi-schen Alternsprozess zugeordnet wurden – sind in Wirklichkeit auch eine Folge von Inaktivität und der fehlenden Ausnutzung vorhandener Ressour-cen (WAHL / TESCH-RÖMER 1998, 84).

Das Alter sollte daher nicht nur als eine Phase mit zunehmenden Gesund-heitsrisiken betrachtet werden. Wie in allen anderen Lebensphasen sind auch hier Gesundheitsressourcen vorhanden. Dabei ermöglicht eine kör-perlich und psychisch anregende Lebensgestaltung ein „erfolgreiches“ Al-tern (ENGELN 2003, 119). Es lohnt sich also, im Alter mit gesundheits-förderlichen Interventionsmaßnahmen zu beginnen.

Das Beispiel der Bewegungsaktivität älterer Menschen macht die Notwen-digkeit eines Perspektivenwechsels hin zu einer stärkeren Ressourcenför-derung deutlich.

Noch vor zwei Jahrzehnten vertraten Sportwissenschaftler die Meinung, dass Krafttraining beim älteren Menschen die Reservekapazität reduziert (FREIWALD 1989, 76). Mittlerweile wird aber geschätzt: Rund die Hälfte

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des Kraftverlustes und der verlorenen funktionellen Kapazitäten hat nichts mit dem biologischen Altern zu tun. Vielmehr ist dieser Verlust auf eine nachlassende körperliche Aktivität zurückzuführen. Die Muskulatur kann bis in das hohe Alter mit Gewinn trainiert werden (MENSINK 2003, 4). Die Heterogenität von Alternsprozessen betrifft aber nicht nur den physi-schen, sondern ebenso den kognitiven Bereich. Entsprechende Ergebnisse sind in zahlreichen Langzeitstudien zu finden, die lebenslange Interven-tionspotenziale aufzeigen (WALTER / SCHWARTZ 2001, 170).

2.2.2 Geschlechterspezifisches

verhalten

Eine Ursache der heterogenen Alternsprozesse liegt im unterschiedlichen Gesundheitsverhalten von Frauen und Männern begründet. Als Folge der geschlechterspezifischen Verhaltensweisen haben Frauen eine längere durchschnittliche Lebenserwartung aufzuweisen als Männer.

HURRELMANN (2000, 22) sieht bei Frauen „... besondere Kompetenzen der Bewältigung komplizierter Lebenssituationen“. Unter anderem pflegen Frauen im Sinne sozialer Netzwerke mehr familiäre und freundschaftliche Kontakte (BUNDESAMT FÜR GESUNDHEIT 1997, 138).

Im Gesundheitsverhalten spiegeln sich die „biografischen und lebenswelt-lichen Bedingungen des täglebenswelt-lichen Lebens“ (HURRELMANN 2000, 22). So-zialisationsbedingt sind beim Gesundheitsverhalten geschlechterspezifi-sche Muster zu entdecken. Spezifigeschlechterspezifi-sche Geschlechterzuschreibungen (wie soziale Rollen, psychologische Einstellungen, kulturelle Gewohnheiten, Le-bensentwürfe, Werte und Vorstellungen) steuern das Verhalten in allen Bereichen des täglichen Lebens. Daher ist tatsächlich ein differenziertes Gesundheitsverhalten bei den Geschlechtern zu beobachten (BUNDESAMT FÜR GESUNDHEIT 1997, 13).

Aber wie unterscheidet sich nun das Gesundheitshandeln der Geschlech-ter ?

Nach Erkenntnissen von BRECKENKAMP / LAASER (2001, 65) wechseln bei den 45- bis 74jährigen eher Frauen von einem passiven in einen aktiven Bewegungsstatus, während Männer stärker von einem früheren aktiven Bewegungsstatus in aktuelle Inaktivität übergehen. Auch verhalten sich Frauen im Mittel gesundheitsbewusster, ernähren sich ausgewogener, achten mehr auf ihr Gewicht, trinken weniger Alkohol und versuchen stärker im Einklang von Körper und Psyche zu leben (EICKENBERG / HURRELMANN 1998, 85).

Frauen legen insgesamt mehr Wert auf ihre Gesundheit. Das äußert sich in einem sensibleren Umgang mit ihrem Körper sowie in einem stärkeren Eingehen auf körperliche und psychische Zusammenhänge. Sie nehmen

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Signale des Körpers früher wahr als Männer und reagieren bewusster auf Gesundheitsprobleme (REIME 2000, 38).

Insbesondere im höheren Alter nutzen Frauen bei Gesundheitsproblemen häufiger professionelle Unterstützung. Und mit steigendem Bildungsniveau nehmen sie umso öfter gesundheitsorientierte Interventionsmaßnahmen in Anspruch (HÖPFLINGER 1994, 35).

Männer dagegen neigen eher dazu, Krankheiten und gesundheitliche Be-lastungen zu verdrängen, als deren Ursachen anzugehen. Das traditionelle soziale Rollenbild verlangt von ihnen „Härte gegen sich selbst und die Un-terdrückung von Schmerz und Empfindsamkeit“ (HURRELMANN 2000, 23). Männer verhalten sich deshalb gesundheitsriskanter als Frauen. Diese ver-folgen oftmals eine Sicherheitsstrategie, indem sie Risiken durch ein ak-tives Präventivverhalten zu vermeiden suchen (WIESMANN et al. 2003, 155).

So lässt sich die hohe weibliche Beteiligungsquote von 85% bei gesund-heitsbildenden Maßnahmen von Volkshochschulen begründen (BLÄTTNER 2000, 287).

Das Thema Gesundheit hat also im Lebensverlauf von Frauen und Män-nern eine unterschiedliche Relevanz. Frauen messen psychischen und so-zialen Gesundheitsdimensionen einen höheren Wert bei (BMFSFJ 2001b, 151). Sie berücksichtigen in der Selbstbeurteilung ihrer Gesundheit stär-ker Aspekte der Körperwahrnehmung und des Körpererlebens.

Männer sehen dagegen den funktionalen Aspekt des Körpers im Vorder-grund; dieser muss funktionieren (HESS 2002, 23). Ihnen ist überwiegend ein instrumentelles Verhältnis zum Körper zu unterstellen. Gesundheit wird meistens mit körperlicher Leistungsfähigkeit gleichgesetzt (BMFSFJ 2001b, 151).

Daher wählen Männer in höherem Maße leistungsorientierte Aktivitäten aus. Im Sport sollen beispielsweise der Fitnesszustand oder sportartspe-zifische Fertigkeiten nach außen dokumentiert werden (BEDENBECKER-BUSCH / WOHLFART 1998, 33).

Für die meisten Frauen ist diese Leistungsorientierung nicht attraktiv. Sie tendieren stärker in Richtung von gesundheitsorientierten Angeboten und hin zu Gruppenaktivitäten mit kooperativem Charakter (BLANKE 2003, 20).

Ein weiterer Grund für die höhere Frauenbeteiligung in Gesundheitsmaß-nahmen wird diskutiert: Frauen zeigen im Vergleich zu Männern viel-fältigere soziale Rollen und einen flexibleren Umgang mit Rollenerwar-tungen. Ein breiter angelegter Lebensentwurf ermöglicht ihnen im Alter ein erfolgreicheres Anpassen an Verlusterfahrungen (PERRIG-CHIELLO et al. 1997, 4).

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Für Männer ist bisher die ausschließliche Berufsrolle bis zur Rente oder Pensionierung normal. Danach verlieren die berufsorientierten Männer aufgrund des verlorengegangenen Lebenssinnes häufig den Rückhalt. Oft-mals leisten dann einseitig die Ehefrauen die soziale Unterstützung in die-sen mit Rollenanpassungen verbundenen Übergangsphadie-sen (HÖPFLINGER 1994, 53).

Zukünftig ist aber auch bei Männern – aufgrund fehlender Berufstätigkeit – von einem häufigeren Wechsel zwischen Berufs-, Freizeit-, Erziehungs-oder Weiterbildungsrollen auszugehen.

Nur bei den Frauen, die als sehr familien- und partnerorientiert bezeichnet werden können (jahrzehntelange Beschränkung auf die Partnerinnen- und Mutterrolle) funktionieren die Anpassungsprozesse an neue Situationen nicht in dem Maße. Sie haben ihr Selbstwertgefühl hauptsächlich über die Identifikation mit Mann oder Kindern gewonnen, jedoch nicht aus der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Der Auszug der Kinder, die Pensionie-rung oder eine Verwitwung werden von diesen Frauen schwerer bewältigt (HÖPFLINGER 1994, 52).

Das Bewältigen dieser kritischen Lebensereignisse stellt aber nicht nur eine Belastung dar. Die Betroffenen haben zwei Möglichkeiten: Entweder eine resignative Annahme des negativen Altersbildes oder die aktive Umorientierung auf Herausforderungen der neuen Lebensphase (HÖPF-LINGER 1994, 28). Solche Phasen sind auch als Chancen zur Verän-derung des eigenen Rollenrepertoires sowie des Lebensentwurfes anzu-sehen. Deshalb sollten die Älteren beim Übergang in neue Lebensphasen stärker als bisher extern unterstützt werden.

Eine Um- und Neuorientierung – auch in Bezug auf das Gesundheits-verhalten – ist wichtig für ältere Frauen und Männer. Die lebenslangen Interventionspotenziale sind zu fördern, unter anderem über einen brei-teren Aktivitätsradius und über ein aktives Gesundheitsverhalten. Und dabei kann gerade für Männer der Zugang in gesundheitsorientierte Grup-penaktivitäten eine identitätsstiftende Bedeutung einnehmen.

2.2.3 Umfang der körperlichen Aktivität

Obwohl die hohen Interventionspotenziale körperlicher Aktivität belegt sind, nimmt die Bereitschaft für regelmäßige Bewegungsaktivitäten (bis hin zum Sporttreiben) mit zunehmendem Alter ab. Sporttreibende Ältere sind nach wie vor in der Minderzahl. Daran hat sich trotz wachsender Angebotszahlen für Ältere grundsätzlich nichts geändert (ALLMER 1997, 27).

Regelmäßige Bewegung lässt insbesondere nach dem 60. Lebensjahr deutlich nach. Hinzu kommt: Die Intensität der alltäglichen körperlichen

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Aktivität bringt bei den meisten älteren Menschen zu geringe Reize für Muskeln und Organe mit sich (KRUSE 2002, 25).

Das Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichte in seiner Studie „Gesund altern“ (KRUSE 2002, 34) eine Repräsentativbefragung der deut-schen Bevölkerung zum Thema „Sporttreiben im Alter“. Daraus geht her-vor, dass von den Über-70jährigen etwa zwei Drittel überhaupt keinen sportlichen Aktivitäten nachgehen (Männer: 61% / Frauen: 70%). Wie in Tabelle 4 zu erkennen ist, haben jüngere Altersklassen deutlich niedrigere Inaktivitätswerte.

Lediglich bei den täglich Sporttreibenden gibt es Vorteile für höhere Al-tersklassen. Hier zeigen sich Über-70jährige Männer – aufgrund der zur Verfügung stehenden Zeit – prozentual sogar aktiver.

Tabelle 4: Antworten auf die Frage „Wie oft treiben Sie Sport ?“

Sporttreiben 2x / Wo. Alter M W M W M W M W 40 - 54 J. 4 6 20 17 24 23 27 30 55 - 69 J. 5 7 13 11 18 18 47 47 70 - 85 J. 7 6 11 6 18 12 61 70 40 - 85 J. 5 6 16 16 21 18 39 44

Täglich Gesamt Nie

Nach einer weiteren Studie von MENSINK (1999, 128) nimmt der Anteil der Inaktiven mit dem Alter linear zu und erreicht im Alter von 70 bis 79 Jahren mit 72,3% bei den westdeutschen Männern und mit 73,5% bei den westdeutschen Frauen ähnliche Werte.

Viele ältere Menschen treiben seiner Meinung nach weniger Sport als jüngere Menschen, weil für diese Sport bereits in der Jugend üblich ist. Und: Sport wird von vielen Menschen der älteren Generation mit prägen-den negativen Erinnerungen assoziiert.

Schichtspezifische Zusammenhänge wurden für Bewegungsaktivitäten bis-lang erst selten untersucht. In einer von wenigen Studien konnte das Ro-bert Koch-Institut zeigen: Der Anteil körperlich inaktiver Älterer ist in der niedrigsten Statusgruppe fast doppelt so hoch wie in der höchsten Status-gruppe (MENSINK 2003, 9). Während dieser Befund für eine Berücksichti-gung des sozialen Status in der BeweBerücksichti-gungsförderung spricht, sieht LAM-PERT (2003, 8) keinen Bedarf: Anhand einer telefonischen Befragung äl-terer Menschen konnte er nur einen schwachen Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und dem Sozialstatus aufdecken.

Von den aktiven Senioren werden nach DENK et al. (1997, 319) als die am häufigsten betriebenen Aktivitäten angegeben:

 Wandern (Männer: 11% / Frauen: 10%)  Radfahren (Männer: 14% / Frauen: 10%)

 Schwimmen / Wassergymnastik (Männer: 11% / Frauen: 20%)  Gymnastik (Männer: 10% / Frauen: 23%)

(31)

Die Erfahrungen der Interdisziplinären Langzeitstudie des Erwachsenen-alters (ILSE) stützen die Annahme: Selbst der größte Teil der nicht regel-mäßig Aktiven verbindet positive Gesundheitseffekte mit Bewegungsakti-vitäten. Immerhin geben über 60% an, dass sie sich mehr bewegen wür-den, wenn „der Arzt mir das empfehlen würde“. Diese Erkenntnis ist ein Hinweis auf die besondere Bedeutung von Gesundheit bei der Aufnahme von Bewegungsaktivitäten (DENK et al. 1997, 318). Nun stellt sich die Frage: Warum gehen nicht mehr Ältere regelmäßigen Bewegungsaktivi-täten nach ?

Die Ursache für Inaktivität liegt unter anderem in einer anderen Priori-tätensetzung („konkurrierende“ Hobbies) und in abschreckenden Vorstel-lungen von den Inhalten. Sport wird häufig von den Inaktiven als auf-wendige, zeitraubende und anstrengende Aktivität wahrgenommen. Auch halten sich von den Über-65jährigen drei Viertel der Personen zu alt, um noch mit sportlichen Aktivitäten zu beginnen.

Durch die ILSE-Studie konnten Gründe von Inaktiven unterschieden wer-den, die subjektiv gegen regelmäßige körperliche Aktivität sprechen (DENK et al. 1997, 317):

 Keine Zeit durch andere Hobbies und Interessen  Keine Kenntnis über geeignete Möglichkeiten  Fehlende Mitstreiter

 Angst vor Überforderung  Verletzungsrisiko

 Angst vor schnellen Bewegungen

 Meinung, zu wenig Muskelkraft zu haben  Angst, sich zu blamieren

 Scheu vor fremden Gruppen

 Wohlfühlen auch ohne Sport und Bewegung

Objektiv gesehen steht der Aufnahme einer Bewegungsaktivität oftmals die fehlende emotionale Unterstützung durch Familie oder durch Freunde entgegen (WALTER / SCHWARTZ 2001, 218).

Die Aktivitätsbarrieren und Zugangshindernisse älterer Menschen sind also mittlerweile bekannt.

Zukünftig sollten die Bedürfnisse von bisher inaktiven Senioren stärker bei der Konzeption entsprechender Bewegungsaktivitäten beachtet werden. Gesundheitliche Motive haben dabei eine dominierende Bedeutung. Denn eine „bessere Gesundheit“ ist als das Hauptmotiv zur Aufnahme neuer Be-wegungsaktivitäten im Alter festzuhalten. Eine als schlecht beurteilte Ge-sundheit kann jedoch als Aktivitätsbarriere auch davon abhalten.

(32)

2.2.4 Physische Gesundheitseffekte

Den Aktivitätsbarrieren ältere Menschen stehen ermutigende Studiener-gebnisse zur Wirkung von Bewegung auf den Gesundheitsstatus gegen-über.

Die vorliegenden Untersuchungen zu Gesundheitseffekten von Bewegung weisen eine starke Betonung der physischen Wirkungen auf. Diese beste-hen in Funktionsverbesserungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Bewe-gungs- und Halteapparates sowie der motorisch-koordinativen Leistungs-fähigkeit (ALLMER 1997, 31).

So lassen sich bei Personen, die erst mit 60 oder 70 Jahren mit regelmäs-sigem Ausdauertraining beginnen, schon nach kurzer Zeit deutlich ver-besserte kardiovaskuläre Funktionen erkennen. Auch zeigen Studien mit Personen über 70 Jahren verbesserte muskuläre Fähigkeiten durch ein re-gelmäßiges Kräftigungstraining (KRUSE 2002, 62).

Für das Herz-Kreislauf-System haben Studien strukturelle und funktionale Anpassungen der folgenden Parameter nachgewiesen (SCHIFFER 1999, 8):

 Steigerung der aeroben Kapazität  Reduzierung des Blutdrucks  Vergrößerung des Blutvolumens  Verbesserung der Fettoxidation  Reduzierung des Körperfettanteils  Erhöhung des Stoffwechselumsatzes  Abnahme der Herzfrequenz

Das relative Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung ist bei körperlich Aktiven halb so hoch wie bei Inaktiven (KRUSE 2002, 61).

In Bezug auf kompensierende Wirkungen bei Krankheiten gibt es positive Ergebnisse bei:

 Osteoporose (durch eine erhöhte Knochenmineraldichte)  Bluthochdruck (durch eine Senkung des Ruhe- und des Belastungsblutdruckes)

 Diabetes mellitus (durch eine verbesserte Insulinwirksamkeit)  Krebserkrankungen (durch die Stärkung des Immunsystems)  Arthrose (durch eine Stabilisation der Gelenkknorpel)

 Muskelatrophie (durch den Wiederaufbau von Muskelmasse) (NIKOLAUS 2001, 47 / KRUSE 2002, 61)

(33)

Weiterhin konnten Bewegungsprogramme mit älteren Teilnehmern Effekte aufzeigen unter anderem bei folgenden Fähigkeiten (SCHIFFER 1999, 10):

 Koordinative Fähigkeiten zur Bewältigung von Alltagssituationen  Beweglichkeit

 Kraft der Arm- und Beinmuskulatur  Kraft der Haltemuskulatur

 Körperstabilität

 Gleichgewichtsfähigkeit und Gangstabilität  Reaktionsfähigkeit

 Motorische Lernfähigkeit

Quantitativ dominieren physische Effekte, die aus einer eher technisch-instrumentellen Perspektive die Bedeutung von körperlicher Aktivität und Bewegung untersuchen. Hierbei besteht jedoch die Gefahr, durch die Orientierung an einer Defizitkompensation das negative Altersbild noch zu verstärken.

Die Konzentration auf Kompensationsprozesse im Gesundheits- und Reha-bilitationssport trägt meiner Meinung nach nicht zu einem umfassenden Verständnis der Gesundheit älterer Menschen bei.

Denn: Das subjektive Erleben und Möglichkeiten der Persönlichkeitsent-wicklung werden über rein körperorientierte Programme ignoriert. Daher sollen nun die Veränderungspotenziale von Bewegungsaktivitäten für psy-chosoziale Dimensionen betrachtet werden.

2.2.5 Psychosoziale Gesundheitseffekte

Neben den Effekten auf physischer Ebene werden vermehrt auch Auswir-kungen von körperlicher Aktivität auf psychosoziale Dimensionen unter-sucht.

Bekannt ist: Körperliche Aktivität scheint unter bestimmten Vorausset-zungen auf psychischer Ebene das aktuelle Wohlbefinden sowie das habituelle Wohlbefinden zu fördern. Dieser Effekt zeigt sich nach ALLMER (1997, 32) in einer verbesserten Stimmungslage sowie in einer gestei-gerten Zufriedenheit mit sich und dem Leben. Weiterhin sieht der Gesund-heitspsychologe durch regelmäßige Bewegungsaktivitäten folgende ge-sundheitliche Wirkungen begünstigt (ALLMER 1997, 32):

 Zunahme an Selbstwirksamkeitserfahrungen  Zunahme an Kontrollerfahrungen

 Positive Veränderung des Körperselbstkonzeptes  Verbesserung des Selbstvertrauens

 Reduktion von Ängsten  Abnahme der Depression  Erhöhung der Stressresistenz

Referenzen

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