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Arm trotz Arbeit

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DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de Abonnement für „klartext“ und „standpunkt“ unter: http://www.dgb.de/service/newsletter

Nr. 31/2010 07.10.2010

DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Arm trotz Arbeit

Beliebig einsetzbar, beliebig bezahlbar, beliebig kündbar.

Dies trifft leider auf immer mehr Beschäftigte in Deutschland zu. Die Zahl der schlecht bezahlten Jobs hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Die Ausweitung des Niedrig- lohnsektors hat dazu geführt, dass immer mehr Menschen trotz Arbeit in Armut leben müssen. Für eines der reichsten Länder der Welt ist dies eine Bankrotterklärung! Zudem ist ein großer Niedriglohnsektor volkswirtschaftlich schädlich.

Die Liberalisierung des deutschen Arbeitsmarktes hat zu einem deutlichen Rückgang der unteren Löhne, wachsender sozialer Ungleichheit und zum rasanten Anstieg atypischer Beschäftigungsverhältnisse geführt. Nutznießer sind Unter- nehmen, die reguläre Beschäftigung abbauen und durch prekäre Arbeitsverhältnisse ersetzen – Gewinnmaximierung auf Kosten der Beschäftigten. Immer mehr Firmen halten Lohndrückerei für ein Geschäftsmodell, anstatt mit Innovatio- nen zu glänzen.

Der Niedriglohnsektor ist hierzulande so stark gewachsen wie in kaum einem anderen Industriestaat und erreicht mit 21 % fast US-amerikanische Verhältnisse. Im Jahr 2008 arbeiteten 6,55 Millionen Beschäftigte für Löhne unterhalb der Niedrig- lohnschwelle (9,50 Euro in Westdeutschland, 6,87 Euro in Ostdeutschland). Das sind 2,3 Millionen mehr als 1998.

Die Spirale der Armut macht keineswegs vor Qualifizierten halt. Der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten mit abgeschlos- sener Berufsausbildung oder Studium beträgt ca. 80 %. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors hat Folgen für das ge- samte Lohngefüge. Zugleich haben deutsche Geringverdiener die schlechtesten Aufstiegschancen. Einmal Niedriglöhner, immer Niedriglöhner.

Die arbeitsmarktpolitische Schieflage wird vom Staat mit vielen Milliarden Euro gefördert. 1,24 Millionen Menschen müssen ihr Einkommen derzeit durch ergänzende staatliche

Transferzahlungen aufstocken, 324.000 von ihnen sind Voll- zeitbeschäftigte. Somit subventioniert der Steuerzahler un- freiwillig die Lohndrückerei der Unternehmen.

Seit Jahren ist die Lohnquote, also der Anteil der Arbeitneh- merentgelte am Volkseinkommen, rückläufig. Durch die Ausweitung des Niedriglohnsektors wird der bereits lahmen- den Binnenkonjunktur zusätzliche Kaufkraft entzogen. Das schadet Wirtschaft und Beschäftigung gleichermaßen.

Die Niedriglöhne sind verantwortlich für die klammen Kassen z. B. der Kranken- und Rentenversicherung. Die Entwicklung der Löhne spielt für das Rentensystem eine entscheidende Rolle. Einerseits bilden sie die Grundlage der aktuellen Ren- ten. Anderseits werden dadurch spätere Rentenansprüche taxiert. Eine private Altersvorsorge können sich Geringverdie- ner kaum leisten. Den Betroffenen blüht somit später Alters- armut. Nur ein guter Lohn führt auch zu einer guten Rente.

Der Niedriglohnsektor muss aus volkswirtschaftlicher Sicht ausgetrocknet werden. Sozial gerecht geht anders! Ein erster Schritt wäre die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne. Sie sind das beste Mittel gegen Dumpinglöhne und Armut. Zu- dem sind Mitarbeiter produktiver, wenn sie sich gerecht entlohnt fühlen. Deshalb brauchen wir einen Kurswechsel!

Explosion prekärer Beschäftigung und Abbau regulärer Beschäftigung

148 244

97 128 126

50 75 100 125 150 175 200 225 250

1999 2001 2003 2005 2007 2008

1999 = 100

Teilzeit

geringfügige Beschäftigung befristete Beschäftigung Zeitarbeit reguläre Beschäftigung

Quelle: Statistisches Bundesamt

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