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Verwaltungsverfahrensgesetz: VwVfG

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22. Auflage 2021

ISBN 978-3-406-77189-7 C.H.BECK

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Ausnahmen vom Anwendungsbereich 27–30

§ 2

zukommenden Rechte jedenfalls nicht schlechter gestellt werden dürfen als an- dere Beamte.

3. Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (Nr 3). Die Ausnahme für Patent- und Markensachen hat ihren Grund darin, dass das Pa- tentwesen in keinem näheren Zusammenhang mit anderen Verwaltungsgebieten steht, herkömmlicherweise zum Zivilrecht gerechnet wird und im PatentG eine weitgehend justizförmige Regelung gefunden hat (Begr 33; FL 27). Andererseits ist heute jedoch unbestritten, dass das Deutsche Patent- und Markenamt als Ver- waltungsbehörde und nicht als Gericht tätig wird und dass demgemäß auch die von diesem Amt betriebenen Verfahren Verwaltungsverfahren und nicht gerichtli- che Verfahren sind (FL 27). Patentsachen iS der Regelung sind alle im PatG geregelten Angelegenheiten, außer Patentsachen ieS auch zB Gebrauchsmustersa- chen und Markensachen, nicht dagegen sonstige Angelegenheiten, wie etwa Entscheidungen in Personalsachen des Patentamtes (MB 11; StBS 93). Das Ver- fahren in Patentsachen ist in §§ 26ff PatG und in einigen dazu ergangenen DurchführungsVOen geregelt, die ua die Entscheidung durch weisungsunabhän- gige Spruchkörper vorsehen. Für die beim Deutschen Patentamt eingerichteten Schiedsstellen gilt das G vom 9.9.1965 (BGBl I 1294) und die dazu ergangene VO vom 18.12.1965 (BGBl I 2106). Auch das Verfahren vor den Schiedsstellen wird nach Abs 2 Nr 3 erfasst (StBS 91).

4. Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch (Nr 4). Die Ausnahme in Abs 2 Nr 4 erfolgte im Hinblick auf durch „soziale Erwägungen bedingte Besonder- heiten dieser Sachgebiete“ (Begr 33; krit zu Recht Pitschas Sgb 1999, 385) sowie im Hinblick auf das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB I, X), durch das das Verfahren umfassend geregelt wurde. Absatz 2 Nr 4 wurde durch Gesetz v 2.5.1996 (BGBl I 656) neu gefasst. Ziel dieser vom Bundesrat im Ge- setzgebungsverfahren vorgeschlagenen Änderung ist es, die Anwendbarkeit des VwVfG eindeutig und ohne Lücken oder Überschneidungen von derjenigen des SGB X abzugrenzen. Das VwVfG soll in allen Fällen anwendbar sein, in denen nicht auf Grund von Bundes- oder Landesrecht die Verfahrensvorschriften des SGB anwendbar sind oder künftig für anwendbar erklärt werden (BT-Dr 13/1534 S. 10). Die Neufassung ist die Konsequenz der inzwischen weitgehend abgeschlossenen Schaffung eines selbständigen Sozialverwaltungsrechts.

a) Umfang des Ausschlusses. Die Ausnahme des Abs 2 Nr 4 erfasst sämt- liche Rechtsmaterien, auf die das SGB X und das SGB I zur Anwendung kom- men. Es sind dies die im SGB II (früher AFG) bis SGB XII (früher BSHG) zusammengefassten Rechtsgebiete der Ausbildungsförderung, des Schwerbeschä- digten-, Wohngeld-, Sozialhilfe-, Jugendhilfe- und Kriegsopferfürsorgerechts;

ferner die Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Kranken- und Pflegever- sicherung, der Arbeitslosenversicherung. Unter die Ausnahmeregelung fallen außer Verfahren hins der Gewährung von Sozialversicherungsleistungen zB auch Verfahren hins der Zulassung von Kassenärzten, Verfahren nach dem Mutter- schutzG, nach dem LohnfortzahlungsG, bestimmte Verfahren nach dem IfSG (§§ 60ff IfSG hins der Entschädigung von Impfschäden), dem Soldatenversor- gungsG und nach dem Gesetz über die Entschädigung von Opfern von Gewalt- taten.

b) Regelungen durch das SGB I u X. Das Verfahren in den in Nr 4 ge- nannten Angelegenheiten ist heute umfassend im SGB-I und vor allem im SGB- X im Wesentlichen wörtlich übereinstimmend mit den §§ 2–62, 79f VwVfG geregelt. Das vorher in zahlreichen verstreuten Sondervorschriften enthaltene Verfahrensrecht38 konnte damit außer Kraft gesetzt werden. Für die Auslegung _______________________________________________________________________________

38 Vgl FL 29; Thieme SGb 1977, 1; v Maydell NJW 1976, 161; Lorenz VSSR 1975, 255.

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§ 2

31–34 Teil I. Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit und Anwendung des Verfahrensrechts des SGB und die Ausfüllung von Lücken im Licht der allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrensrechts, die das Sozialrecht mit dem VwVfG gemeinsam hat, gilt dasselbe wie oben in Rn 18 für das Abgabenrecht ausgeführt (s auch Haueisen DVBl 1978, 311).

5. Lastenausgleichssachen (Nr 5). Die Ausnahme für Verfahren beim Voll- zug des Lastenausgleichs erfolgte, weil das Verfahren in Lastenausgleichssachen im LAG und in den dazu ergangenen Rechtsverordnungen eingehend geregelt war und zudem der Lastenausgleich bereits so weitgehend abgeschlossen ist, dass die Einführung eines neuen Verfahrensrechts nicht mehr tunlich erschien (Begr 34).

Die Ausnahmeregelung gilt außer für das Lastenausgleichsrecht ieS auch für sonstige Verfahren, die von der Lastenausgleichsverwaltung aufgrund von Art 120a GG durchgeführt werden (Begr 34), insb für Verfahren nach dem FeststellungsG, dem ReparationsschädenG, dem G über einen Währungsaus- gleich für Sparguthaben Vertriebener (WährungsausgleichsG), dem G zur Milde- rung von Härten der Währungsreform (AltsparerG), dem IV. Teil des Allgemeinen KriegsfolgenG, dem Abschn II des KriegsgefangenenentschädigungsG, dem § 9a Abs 2 des HäftlingshilfeG (vgl KH 40; FL 37). Soweit das Lastenausgleichsrecht keine verfahrensrechtlichen Regelungen enthält, ist zunächst auf die allgemei- nen Grundsätze des Verwaltungsverfahrens zurückzugreifen, die aber heute im Lichte der Bestimmungen des VwVfG ausgelegt und angewendet werden kön- nen.39

6. Wiedergutmachungssachen (Nr 6). Ähnlich wie die Ausnahme für Ver- fahren in Lastenausgleichssachen gem Nr 5 erfolgte auch die Ausnahme zuguns- ten des Wiedergutmachungsrechts im Hinblick auf die eingehende Regelung des dafür maßgeblichen Verfahrens im BundesentschädigungsG (BEG) und wegen des bevorstehenden Abschlusses der Wiedergutmachung (Begr 34). Unter die Aus- nahmeregelung fallen insb die Verfahren nach dem BundesrückerstattungsG (BRüG), dem BEG, dem BundesG zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung und nach anderen Gesetzen (vgl die Auf- zählung bei FL 38) sowie aufgrund der nicht auf gesetzlicher Grundlage vom Bundeskabinett beschlossenen sog Härteausgleichsrichtlinien zur Wiedergutma- chung und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften.

IV. Tätigkeitsbereiche mit beschränkter Anwendung des VwVfG (Abs 3)

1. Tätigkeit der Gerichts- und Justizverwaltung (Nr 1). Für Maßnahmen der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften (→ Rn 35) gilt das VwVfG nach Abs 3 Nr 1 nur dann, wenn für Kontrolle und Rechtsschutz der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten oder den entsprechenden Berufsgerichten eröffnet ist. Hier hängt also die Anwendbarkeit des VwVfG von der Rechtswegzuweisung ab. Die Regelung ist sachlich verfehlt und nur aus der Entstehungsgeschichte des VwVfG zu erklären.40 Sie ist rechtspolitisch auch deshalb verfehlt, weil sie sich an dem dringend reformbedürftigen System der Rechtswegzuweisungen orientiert.

a) Gerichtsverwaltung iS der Vorschrift sind nicht nur die Verwaltungsorga- ne der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit, sondern auch der übrigen Gerichtsbarkeiten iS des Art 96 GG (Begr 35), daher zB auch der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit (StBS 122). Erfasst werden insbesondere Maß- _______________________________________________________________________________

39 So ausdrücklich BVerwG Buchh 427.3 Nr 25 zu § 349 LAG für die Grundsätze über die Rücknahme rechtswidriger VAe.

40 Seinerzeit sollte in die bereits bestehende Praxis der Gerichts- und Justizverwaltungs- behörden nicht eingegriffen werden (Begr 35).

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Ausnahmen vom Anwendungsbereich 35

§ 2

nahmen der Präsidialverwaltungen, die rechtlich den Präsidenten der Ge- richte zugerechnet werden. Für Tätigkeiten der Gerichtsverwaltungen kommt es nicht darauf an, ob sie auch der Justizverwaltung zugerechnet werden. Erfasst werden etwa Maßnahmen im Bereich der Dienstaufsicht über das Personal, im Bereich des Haushalts-, Rechnungs- und Kassenwesens, einschließlich des Kos- tenansatzes nach § 19 GKG,41 ferner der Ausbildung des juristischen Nach- wuchses, der Aufsicht über die Geschäftsstellen, usw. Gleiches gilt für die Gewäh- rung von Akteneinsicht außerhalb gerichtlicher Streitverfahren, für Erklärungen und Auskünfte sowie wie für die Veröffentlichung von Gerichtsent- scheidungen (BVerwGE 104, 105). Nicht erfasst wird die gerichtliche Selbstverwaltung, (zB die Aufstellung von Geschäftsverteilungsplänen durch das Präsidium des Gerichts) für deren Kontrolle die VwGO gilt. Insoweit bleibt das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes und der Länder gilt. Von Abs 3 Nr 1 ebenfalls nicht erfasst wird die Rechtsprechungstätigkeit der Ge- richte, auf die das VwVG schon deshalb nicht anwendbar ist, weil es sich nicht um Verwaltungstätigkeit handelt.

b) Behörden der Justizverwaltung. Der Begriff der Justizverwaltungsbe- hörden iS des Abs 3 Nr 1 ist funktional zu verstehen.42 Es geht also nicht um eine organisatorische Zugehörigkeit oder gar um die Bezeichnung, sondern dar- um, ob materiell Aufgaben der Justizverwaltung wahrgenommen werden. Zur Justizverwaltung gehören umgekehrt ungeachtet ihrer Bezeichnung oder organi- satorischen Zuordnung nur solche Tätigkeiten, die entsprechende Aufgaben wahrnehmen.43 Zur Justizverwaltung gehören sämtliche Tätigkeiten, die der Rechtspflege im weiteren Sinn zugerechnet werden können. Zu den mit dieser Maßgabe erfassten Behörden können Justizbehörden, Justizministerien, Gerichts- präsidenten, soweit sie mit derartigen Aufgaben betraut sind und keine Recht- sprechungstätigkeit ausüben, und Staatsanwaltschaften gehören.

Bei Maßnahmen der Polizei ist zu differenzieren: Die Polizei ist Justiz- behörde iS des Abs 3 Nr 1, soweit sie Maßnahmen auf dem Gebiet der Straf- verfolgung wahrnimmt, unabhängig davon, ob die Polizeibeamen als Hilfsbeam- te der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) oder auf der Grundlage etwa von § 153 StPO tätig werden. Nicht als Justizbehörde, sondern als Verwaltungsbehörde wird die Polizei tätig, wenn sie Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder der Gefahrenvorsorge oder der Störungsbeseitigung ergreift. In diesen Bereichen handelt die Polizei auf der Grundlage des Polizei- und Ordnungsrechts. Wenn die Polizei in einer Sache sowohl zur Strafverfolgung als auch zur Gefahrenabwehr tätig wird (sog doppelfunktionales Handeln der Polizei),44 so ist die Rechts- lage streitig. Die klassische Auffassung beurteilt das Handeln der Polizei in diesen Fällen danach, wo der Schwerpunkt der Zielsetzung gelegen hat.45 Nach anderer Auffassung ist es Sache der Polizei selbst, diesen Schwerpunkt zu bestimmen (Schenke, VwPrR 140). Eine dritte Meinung beurteilt die Handlung getrennt nach dem jeweiligen Zweck (Schwan VerwArch 1979, 109, 129). Richtigerweise _______________________________________________________________________________

41 BVerwG NVwZ 2020, 891.

42 Vgl idS BVerwGE 49, 223; 69, 195; BVerwG NJW 1976, 306; VGH München Bay- VBl 1986, 337; VGH Mannheim NVwZ 1989, 413; OVG Münster NJW 1980, 855; VGH Kassel VwRspr 1977, 1009; OLG Karlsruhe DÖV 1976, 171; VG Bremen NVwZ 1989, 895;

Naumann DÖV 1975, 278; Schenke NJW 1975, 1529; Ehlers in Schoch § 40 Rn 607; Ame- lung JZ 1975, 523; s im Einzelnen dazu KS § 179 Rn 6; aA Markworth DVBl 1975, 575:

maßgeblich sei nur der institutionelle, nicht der funktionelle Begriff der Justizbehörde; daher sei gegen VAe der Polizei immer der VRW gegeben.

43 Deshalb sind zB nicht sämtliche Maßnahmen eines Justizministeriums solche der Justiz- verwaltung.

44 ZB bei Beendigung einer Geiselnahme durch Festnahme des Geiselnehmers.

45 Grundlegend BVerwGE 47, 255, 264; später BVerwGE 69, 192; VGH Mannheim DÖV 1989, 171; VGH München BayVBl 1986, 337; Ziekow 25.

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§ 2

36–39 Teil I. Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit wird man bei doppelfunktionalem Handeln der Polizei sowohl einen strafprozes- sualen als auch einen verwaltungsrechtlichen Charakter der Maßnahme anzu- nehmen haben (so zutreffend Ehlers in Schoch § 40 Rn 607), sofern nicht einer der Zwecke von völlig untergeordneter Bedeutung ist.

c) Körperschaften unter Aufsicht der Justizverwaltung. In Abs 3 Nr 1 wird klargestellt, dass auch Tätiigkeiten selbständiger Körperschaften des öffentli- chen Rechts erfasst werden, sofern sie materiell Aufgaben der Justizverwaltung wahrnehmen und der Aufsicht der Justizverwaltung unterliegen. Damit werden die berufsständischen Kammern der Rechtsanwälte und Notare erfasst. Sie wur- den mit der Novelle von 200746 ausdrücklich einbezogen.

d) Keine Nachprüfbarkeit durch Verwaltungsgerichtsbarkeit. Ausge- schlossen wird durch Abs 3 Nr 1 die Anwendbarkeit des VwVfG (bzw das VwVfG des entsprechenden Landes) nur, wenn der Rechtsweg zu den Verwal- tungsgerichten oder den insoweit gleichgestellten berufsständischen Gerichten der Rechtsanwälte und Notare nicht gegeben ist. Insoweit hängt die Anwendbarkeit des VwVfG also von der Rechtswegzuweisung ab, was rechtlich nicht nur wegen der unübersichtlichen Rechtswegeregelungen verfehlt ist, son- dern auch deshalb, weil es nicht selten an vergleichbarem Verfahrensrecht fehlt. In diesen Fällen ist dann zu prüfen, ob die Regelungen des VwVfG ergänzend her- angezogen werden können bzw müssen.47 Praktisch wichtig ist der Ausschluss nach Abs 3 Nr 1, wenn die Maßnahmen durch die Familien-,48 Straf-, Sozial- oder Finanzgerichte kontrolliert werden müssen oder wenn für Justizverwal- tungsakte der Rechtsweg nach 23 EGGVG eröffnet ist.

aa) Maßnahmen der Justizverwaltung. Der Rechtsweg nach §§ 23ff EGGVG durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist grundsätzlich eröffnet für alle Maßnahmen „zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege“, sowie für alle Maßnah- men „der Vollzugsbehörden im Vollzug der Freiheitsstrafen, der Maßregeln der Sicherung und Besserung, des Jugendarrests und der Untersuchungshaft“. Der Ausschluss gilt für die Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis, die Anordnung des Justizministeriums gegenüber bestimmten Anwälten über den Verkehr mit bestimmten, in Untersuchungshaft befindlichen Mandanten (OLG Frankfurt NJW 1977, 2176), Gnadenakte, die den Erlass von Kriminalstrafen oder von Strafvollzugsmaßnahmen zum Gegenstand haben;49 die Einsicht in Akten der Zivil- und Strafgerichte durch Dritte;50 den Rechtsschutz in Hinterlegungssa- chen (OLG Koblenz MDR 1976, 234).

Nicht unter §§ 23ff EGGVG fallen dagegen – mit der Folge, dass das VwVfG (bzw die Verfahrensgesetze der Länder) anwendbar bleiben, – alle Maß- nahmen, die zwar von Justizbehörden getroffen werden, aber über den Bereich des bürgerlichen Rechts, der Strafrechtspflege und des Strafvollzugs iS des § 23 EGGVG hinausreichen, wie Pressemitteilungen über Strafverfolgungsmaßnah- men, Strafverfahren und Zivilprozesse,51 die Sperrerklärung gem § 96 StPO,52 _______________________________________________________________________________

46 Gesetz zur Stärkung der Rechtsanwaltschaft v 26.3.2007 (BGBl I, S 358).

47 Vgl hierzu OLG Celle, B v 17.1.2020, 3 Ws 291/19 zum Widerruf einer Maßnahme im Maßregelvollzug auf der Grundlage von § 49.

48 ZB Verfahren hins. der Anerkennung ausländischer Urteile in Ehesachen (§ 107 FamFG), da insoweit für Überprüfung die ordentlichen Gerichte zuständig sind.

49 BVerwGE 49, 221, wo die Frage der Justiziabilität jedoch letztlich offengelassen wird;

aA OLG München NJW 1977, 115: auch nicht nach § 23 EGGVG angreifbar.

50 KG Berlin MDR 1976, 585; OLG Celle NJW 1990, 1802; vgl auch zur Einsicht in Gnadenakten OLG Hamburg NJW 1975, 1984: kein Rechtsweg bei Weigerung.

51 BVerwG NJW 1989, 412; s auch VGH München, B v 21.2.2002, 5 C 01.3135, juris.

52 BGHSt 44, 107; VGH Mannheim DVBl 1991, 1363; vgl auch BVerwGE 69, 192; 75, 5.

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Ausnahmen vom Anwendungsbereich 40–42

§ 2

die Entscheidungen der Justizprüfungsämter und Justizprüfungskommissio- nen, die Entscheidung über die Ausstattung der Gerichtssäle mit Kruzifixen, uä (BVerwG DÖV 1972, 288; vgl hierzu BVerfGE 93, 1, 17); ebenso Maßnahmen, die nicht konkrete, den oben in Rn 38 genannten Fällen vergleichbare Fälle be- treffen, daher zB nicht die Erlaubnis des Amtsgerichtspräsidenten nach dem frü- heren RBG zur Rechtsberatung;53 die Untersagung der Rechtsbesorgung durch Verfügung der Landgerichtspräsidenten (BVerwG DÖV 1974, 675); der Widerruf der Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (BVerwG NJW 1977, 2178). Nicht hierunter fallen auch die Verfahren zur Beantwortung von Dienst- oder Sachaufsichtsbeschwerden (→ § 79 Rn 17ff).

bb) Nicht vom Ausschluss durch Abs 3 Nr 1 erfasst werden ferner prä- ventiv-polizeiliche Maßnahmen, die nicht der Strafverfolgung, sondern der Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, einschließlich der Unterbin- dung von Straftaten dienen, zB die Anordnung der Räumung einer Wohnung, wenn aus einem Gebäude Steine geworfen werden (BVerwG DVBl 1974, 846;

OVG Berlin DÖV 1974, 28), die Ingewahrsamnahme eines Rädelsführers zur Verhinderung einer weiteren Demonstration (BVerwGE 45, 51); die Aufnahme und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen zu Zwecken der vorbeugenden Verbrechensbekämpfung;54 die Erteilung einer Auskunft über eine Gewährsperson der Polizei (OLG Hamm DÖV 1973, 282).

cc) Strafvollzug, Maßregelvollzug. Grundsätzlich keine Anwendung findet das VwVfG auf Maßnahmen der Justizbehörden im Rahmen des Straf- vollzugs und des Maßregelvollzugs, weil insoweit der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist. Vielmehr ist insoweit die Strafvollstreckungskammer zuständig, sofern ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wird (§§ 109, 110 StrVollzG).55 Allerdings finden sich im Strafvollzugsrecht nicht selten verfahrens- rechtliche Bestimmungen.

dd) Berufsständische Verfahren von Anwälten und Notaren. Anwend- bar ist nunmehr (seit 2007) das VwVfG (bzw die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder) für Verfahren hins. der Zulassung von Rechtsanwälten allgemein oder bei bestimmten Gerichten, da insofern die berufsständischen Gerichte der Rechtsanwälte für die Überprüfung zuständig sind. Gleiches gilt für Verfahren in berufs- und dienstrechtlichen Angelegenheiten der Notare, da insoweit die ordentlichen Gerichte für die Überprüfung zuständig sind (BGH NJW 1974, 108; Bremen NJW 1978, 966);

2. Tätigkeit der Behörden bei Leistungsprüfungen usw (Nr 2). a) Teil- weiser Ausschluss von Vorschriften. In Abs 3 Nr 2 werden diejenigen Vor- schriften positiv aufgezählt, die bei Leistungs-, Eignungs- und ähnliche Prü- fungen beachtlich sein sollen. Umgekehrt haben danach keine Geltung die Vorschriften über die Vertretung (§§ 14–19), über die Anhörung Beteiligter (§ 28), über die Begründung eines VA (§ 39), über die Verjährung (§ 53), den öffentlich-rechtlichen Vertrag (§§ 54ff) sowie über förmliche Verfahren usw (§§ 63ff). Damit soll dem besonderen Charakter solcher Prüfungen, insb auch der höchstpersönlichen Natur von Prüfungen, Rechnung getragen werden.56 Der Ausschluss hat nur geringe praktische Bedeutung, zumal Prüfungsverfahren heute ohnehin idR in Prüfungsordnungen ausführlich geregelt sind. Zum Prü- fungsrecht und zum Prüfungsverfahren → § 40 Rn 139ff. Zum Teil beruht _______________________________________________________________________________

53 BVerwG NJW 1978, 235; DVBl 1985, 1070; VGH Mannheim Justiz 1985, 66.

54 BVerwGE 66, 192; 66, 202; 69, 192; BVerwG DVBl 1990, 721; VGH München NJW 1984, 2235; VGH Mannheim NJW 1987, 3022; OVG Münster DVBl 1980, 423; OVG Hamburg DVBl 1977, 253.

55 OLG Karlsruhe Justiz 1982, 300; KS VwGO § 179 Rn 8.

56 Begr 36; BVerwGE 62, 170; FL 52.

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§ 2

43–45 Teil I. Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit die Regelung offenbar aber auch auf der irrigen Vorstellung, dass die ausgeschlos- senen Vorschriften für Prüfungen nicht passen, etwa weil eine Vertretung bei Prü- fungen nicht möglich ist (so auch zB KH 46; StBS 123). Tatsächlich aber ist der eigentliche Prüfungsvorgang immer nur ein Teil eines Verwaltungsverfahrens, nämlich nur ein Ermittlungs- bzw Beweisverfahren iS von §§ 24, 26 mit dem Prüfer als Sachverständigen (s auch StBS 125). Deshalb gilt der Ausschluss in Abs 3 Nr 2 nach richtigem Verständnis nur für die prüfungsspezifischen Teile eines Verwaltungsverfahrens, nicht zB für die Möglichkeit eines Abschlusses von Vergleichsverträgen bei Streitigkeiten über Prüfungsentscheidungen57 oder das Widerspruchsverfahren (s unten Rn 47).

b) Leistungs- und Eignungsprüfungen. Der Begriff der Leistungs- und Eignungsprüfung ist weit zu verstehen. Stets muss es sich allerdings um die Prü- fung von Personen handeln. Materialprüfungen gehören nicht dazu (KH 49).

Ob es sich um berufsbezogene Prüfungen handelt, ist ohne Bedeutung. Erfasst werden zunächst einmal Prüfungen im engeren Sinn, wie Reife-, Diplom- und Magisterprüfungen, Staatsexamen, Gesellen- und Meisterprüfungen gem

§§ 31ff bzw 46ff HwO, die theoretische und praktische „Führerscheinprüfung“

zur Feststellung erforderlichen Kenntnisse zum Führen eines Kfz usw (FL 53;

OF-K 60) und ähnliche „unvertretbare, einmalige und situationsgebundene Prü- fungen in Gegenwart des Prüflings“ (FL 55). Es kommt nicht darauf an, dass die Prüfung in einer bestimmten verfahrensrechtlichen Form vorgenommen wird.

aa) Der Begriff des Prüfungsverfahrens. Umstritten ist, ob es sich stets um verselbständigte, räumlich und zeitlich abgegrenzte und in sich geschlossene Prüfungen (Prüfungsverfahren ieS) handeln muss (so Schoch NJW 1982, 545, 548) oder ob der Begriff der Prüfung in einem weiten Sinn zu verstehen ist;

dann würden etwa auch solche Verwaltungsverfahren jedenfalls teilweise vom Ausschluss erfasst, in denen nur unselbstständige Prüfungsabschnitte enthalten sind, etwa die Feststellung persönlicher Voraussetzungen (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung) für den Erlass bestimmter VAe.58 Richtigerweise lässt sich die Abgrenzung zwischen einer Prüfung iSd Abs 3 Nr 2 und der bewertenden Feststellung von persönlichen Merkmalen nur im Einzelfall vornehmen. Dabei kommt es nicht nur auf die verfahrensrechtliche Ausgestaltung an, sondern auch auf Sinn und Zweck der Feststellungen, die getroffen werden sollen.

Keine Prüfung iSd Abs 3 Nr 2 findet zB statt bei der Anhörung zum Zweck der Feststellung der Zuverlässigkeit zB zu der Führung einer Gaststätte gem § 4 Abs 1 Nr 1 GastG (ebenso StBS 126; im Ergebnis auch FL 55; MB 5) oder anderer gewerberechtlicher Gestattungen (OF-K 62) der Eignung zur Ausbildung von Lehrlingen gem § 21 Abs 1 HwO (im Ergebnis auch FL 55).

Zu verneinen ist der Ausschluss der Anwendung des VwVfG auch bei der Prü- fung der körperlichen Eignung eines Wehrpflichtigen für den Wehrdienst im Rahmen der Musterung gem §§ 17ff WPflG59 oder der Berechtigung, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern; ferner bei einer amtsärztlichen Unter- suchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit.60 Vorgänge der letztgenannten Art werden auch im allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Prüfung bezeichnet und stellen nach der Verkehrsauffassung auch nicht prüfungsähnliche Vorgänge dar, sondern sind, auch soweit sie von der zuständigen Behörde unter Zuziehung Sachverständiger erfolgen, lediglich unselbständige Teile des Ermittlungsver- fahrens.

_______________________________________________________________________________

57 S hierzu OVG Berlin-Brandenburg NVwZ-RR 2014, 686; VG Berlin, Urt v 11.5.2010 – 3 K 1219/09 – juris.

58 So BVerwGE 62, 172; OF-K 59ff; StBS 127f.

59 Ebenso StBS 129; aA FL 53; OF-K 60.

60 VG Münster, B v 16.5.2012, 4 L 113/12, juris Rn 11ff; s auch StBS 128f.

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Ausnahmen vom Anwendungsbereich 46–48

§ 2

bb) Beamtenrechtliche Eignungsprüfungen. Einstellungsgespräche mit Bewerbern um die Ernennung zum Beamten sind als Prüfung iS von Abs 2 Nr 3 anzusehen. Dies betrifft vor allem die Frage, ob der Bewerber das Recht zur Zu- ziehung eines Beistands (iS von § 14 Abs 4) hat; die hM betont hier den höchst- persönlichen Charakter des Gesprächs.61 Gleiches soll für die Prüfung der Ver- fassungstreue eines Bewerbers für die Ernennung zum Beamten62 und die Eignung eines Beamten für eine Beförderung gelten.63 Die Situation ist hier schon wegen des prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraums anders als bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit im gewerberechtlichen Verfahren oder der kör- perlichen und charakterlichen Eignung eines Führerscheinbewerbers im Verfah- ren zur Erteilung der Fahrerlaubnis. Keine Prüfung iSv Abs 2 Nr 3 ist allerdings die amtsärztliche Untersuchung zur Feststellung der Dienstfähigkeit eines Beam- ten, da der Wortlaut die Subsumtion medizinischer Untersuchungen unter den Begriff der Prüfung nicht mehr decken dürfte.64

cc) Prüfungsspezifische Verfahrensteile. Der Ausschluss des Abs 3 Nr 2 gilt nur für die eigentlichen mündlichen oder schriftlichen Prüfungsteile (Klausuren, Prüfungsgespräch), die schon von der Natur der Sache her nur persönlich sein können, nicht für das Verfahren im übrigen (zB die Erörterung des Ergebnisses, die Geltendmachung etwaiger Mängel des Verfahrens, von Einwendungen gegen die Bewertung usw). Soweit keine prüfungsspezifische Sondersituation besteht, die gegen die Anwendung des VwVfG (bzw der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder) sprechen könnte (vgl Schoch NJW 1985, 545; Maurer/Waldhoff § 19 Rn 38) bleiben die verwaltungsverfahrensrechtlichen Regelungen vollen Um- fangs anwendbar.65 So etwa, soweit es um die Voraussetzungen oder Folgen der Prüfung geht (KH 48), wie zB die Zuständigkeit und ordnungsgemäße Zusam- mensetzung des Prüfungsausschusses oder Prüfungsgremiums (vgl VGH Mann- heim DVBl 1990, 546; StBS 125), der Qualifikation und ordnungsgemäßen Be- stellung der Prüfer usw, sowie für das Verfahren der Zulassung zur Prüfung66 und hins des Rücktritts von einer Prüfung.67 Der Ausschluss ist darüber hin- aus nach seinem Zweck auch nicht anwendbar auf Fragen, die sich nicht auf die Feststellung der Kenntnisse, der Eignung usw ieS im Rahmen der Prüfung als eines unvertretbaren, einmaligen und situationsgebundenen Vorgangs beziehen, sondern auf sonstige Fragen (so wohl auch FL 54), wie zB Fragen der Prüfungs- unfähigkeit oder einer geminderten Prüfungsfähigkeit wegen körperlicher Be- hinderung, Krankheit oder Unwohlsein (ebenso KH 48), der Verpflichtung zur vorbeugenden Vermeidung von Prüfungsmängeln und Prüfungsstörungen bzw zum Einschreiten dagegen und/oder zur Berücksichtigung bzw Gewährung eines angemessenen Ausgleichs dafür.

c) Das auf Prüfungen anwendbare Verfahrensrecht. Soweit die Anwen- dung des VwVfG gem Abs 3 Nr 2 ausgeschlossen ist und auch besondere Rege- lungen in Prüfungsordnungen usw nicht bestehen, gelten für Prüfungen die _______________________________________________________________________________

61 So zB BVerwGE 62, 172; VGH Kassel NVwZ 1989, 73; ebenso StBS 128f; KH 46;

Wagner DÖV 1988, 278 mwN.

62 BVerwG NJW 1981, 2136; StBS 128; Schoch NJW 1982, 548; BVerwGE 62, 170;

OVG Bremen NJW 1976, 771; offen Götz NJW 1976, 1425; Waldhausen ZBR 1977, 18; aA Schoch NJW 1985, 545, 548.

63 VGH Kassel NVwZ 1989, 73 zu einem Überprüfungsgespräch mit einem Bewerber für einen Beförderungsdienstposten im Rahmen des Auswahlverfahrens; StBS 128; wohl auch Obermayer 62; vgl auch HessStGH DVBl 1989, 215.

64 VG Münster, B v 16.5.2012, 4 L 113/12, juris Rn 14.

65 S auch Art 2 Abs 3 Nr 2 bayVwVfG.

66 Ebenso FL 55; MB 21; OF-K 65; iE auch KH 46.

67 Vgl etwa zum Rücktritt, wenn dieser einer Genehmigung bedarf, auch VGH Mann- heim DVBl 1990, 546.

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§ 2

49–52 Teil I. Anwendungsbereich, örtliche Zuständigkeit allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens (Müller-Ibold 173) und die ebenfalls überwiegend von der Rechtsprechung und vom Schrifttum entwickelten allgemeinen Prüfungsgrundsätze.68 Der Abschluss eines Vergleichs in einem Rechtsstreit um Prüfungsentscheidun- gen verstößt nicht gegen Abs 3 Nr 2, wonach die Vorschriften zum öffentlich- rechtlichen Vertrag grundsätzlich nicht anwendbar sind.69 S hierzu näher § 40 Rn 122ff. Zum Rechtsschutz bei Prüfungsmängeln s § 40 Rn 139ff.

3. Tätigkeit der Auslandsvertretungen (Nr 3). Die Ausnahme für Verfah- ren der Vertretungen des Bundes (Botschaften, Konsulate) im Ausland soll dem Umstand Rechnung tragen, dass diese Behörden ihre Tätigkeit auf fremdem Ho- heitsgebiet und daher zT unter anderen Bedingungen, insb meist auch unter Bindung an fremdes Recht, ausüben als die Behörden im Inland (Begr 36). So- weit es sich um die Erfüllung von Aufgaben handelt, die ausschließlich dem Recht eines fremden Staates, dem Völkerrecht oder dem supranationalen Recht zuzuordnen sind, handelt es sich darüber hinaus überhaupt nicht um Verwaltungs- tätigkeit iS von § 1 (s § 1 Rn 19b; ebenso wohl auch FL 57).

Die Regelung gilt für alle Handlungen der diplomatischen und konsu- larischen Vertretungen im Ausland, zB die Erteilung von Einreisevisa,70 die Vernehmung von Zeugen für eine Behörde usw (vgl FL 59, wo jedoch, zu weit- gehend, auch die Verwaltung von Nachlässen in diesem Zusammenhang genannt wird). Abs 3 Nr 3 war gemäß der darin zum Ausdruck gekommenen ratio legis bis zur Wiedervereinigung auch auf die Tätigkeit der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in der ehemaligen DDR gem Art 8 des Grundlagenvertrages anwendbar (FL 60; StBS 141). Wenn auch die DDR im Verhältnis zur Bundesre- publik nicht „Ausland“ war (vgl BVerfGE 11, 158; 36, 17; BVerwG NJW 1977, 1790), vollzog sich die Tätigkeit der Ständigen Vertretung doch unter vergleichba- ren Bedingungen wie die Tätigkeit der Auslandsvertretungen.

Das von den Auslandsvertretungen zu beachtende Verfahren ist zT im G über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (KonsularG) vom 11.9.1974 (BGBl I 2317) geregelt. Ergänzend kommen die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrens zur Anwendung,71 soweit nicht Beson- derheiten, die sich daraus ergeben, dass die Tätigkeit im Ausland stattfindet, ent- gegenstehen. Zur Ausfüllung von Lücken kommt letztlich auch eine analoge Anwendung des VwVfG in Betracht.

4. Tätigkeit der Bundespost im Post- und Fernmeldebereich (Abs 3 Nr 4 aF). a) Aufgehobene Regelung. Die inzwischen durch das PTNeuOG 1994 aufgehobene Ausnahme war eingeführt worden, weil es sich bei der Benut- zung der Post- und Fernmeldeeinrichtungen um Massenvorgänge handelt, die schnell und nach möglichst einfach zu handhabenden Vorschriften bewältigt wer- den müssen (Begr 36; BVerwG NJW 1989, 1817; StBS 142; FL 61). Sie beruhte auf der sachlich kaum zutreffenden Annahme, dass die Anwendung des VwVfG die betroffenen Tätigkeiten der Post zu sehr erschweren würde, außerdem auf der bis zur Postreform72 überwiegend vertretenen Auffassung, dass die Rechtsverhält- nisse bei der Inanspruchnahme der Post grundsätzlich als öffentlich zu qualifizie- ren seien (vgl BVerwGE 11, 274; 13, 133; BVerwG NVwZ 1985, 116; BGHZ 16, 111; 19, 226; 66, 305). Weil die Post nach der Privatisierung und ihrer Aufglie- _______________________________________________________________________________

68 Vgl BVerwG DVBl 1981, 583; OVG Münster NJW 1982, 1346; DVBl 1992, 1050; VGH München NJW 1982, 1347; BayVBl 1980, 86.

69 So zutreffen OVG Berlin-Brandenburg NVwZ-RR 2014, 686.

70 VG Berlin, Urt v 31.5.2013 – 7 K 563.12 V – juris Rn 17.

71 Vgl BVerwGE 142, 179, juris Rn 24 (Aufnahmezusage).

72 BGBl I 1026; dazu BT-Dr 11, 2854; Schatzschneider NJW 1989, 2371; Müssig NJW 1991, 472; Lässig NJW 1991, 2371; Ehlers JZ 1991, 232; Gramlich JuS 1991, 88; Schwonke NVwZ 1991, 149.

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