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(1)280 Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestä

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280

Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestä.

Zweiter Artikel.

Von F. Spiegel.

Es war vorauszusehen, dass die Behauptung, das Awestä sei

ein weit jüngeres Buch als man seit langer Zeit anzunehmen ge¬

wohnt ist, vielfachem Widerspruche begegnen werde. Wir wissen

aus eigener Erfahrung, dass man nur mit Widerstreben einer Annahme

entsagt, welche man von Jugend auf hat verkünden hören und die

mit den Theorien über die älteste Vorzeit unseres Stammes auf das

innigste verwebt ist. Gerade deshalb ist aber eine eingehende

Untersuchung dieser Frage dringend nöthig und da die Gründe,

welche vor einiger Zeit W. Geiger gegen meine ZDMG. 35, 629 flg.

ausgesprochene Ansicht vorgebracht hat ') meine Ueberzeugung

keineswegs erschüttert haben , so erlaube ich mir hier nochmals

ausführhch auf den Gegenstand zurückzukommen.

Zuerst muss ich mich gegen den Vorwurf verwahren, als ob

es Hyperkritik sei, wenn man die alte Behauptung von dem hohen

Alter des Awestä in Zweifel zieht. Man kann nicht von Hyper¬

kritik sprechen wo die Kritik eben erst beginnt ihr Amt auszu¬

üben. Die alte Lehre von dem hohen Alter des Awestä ist keines¬

wegs etne auf gewichtigen Gründen beruhende wissenscbaftliche

üeberzeugung, sondem ein aus früheren Zeiten ererbtes Dogma,

wie sich dies leicht nachweisen lässt. Nächst den Hebräem hat

nämhch kein Volk des Orients früher die Augen auf sich gezogen

als die Eränier, denn die Erforschung der Geschichte Griechenlands

machte die Rücksicht auf das Perserreich unerlässlich. Darum hat

bereits im Jahre 1590 Brisson in seinem Buche ,de regio Persarum

principatu libri tres* alle Angaben zusammengestellt, welche sich

bei den klassischen Schriftstellern über das Perserreich finden und

darin aucb der Religion dieses Reiches einen Abschnitt gewidmet.

Aus diesem Buche erfuhr man nun, dass die Perser ihre Reh-

1) Sitzungsberichte der K. B. Academie der Wissensch. 1884 p. 315 flg.:

Vaterland und Zeitalter des Awestä und seiner Kultvir.

(2)

Spiegel, Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awesta. 281

gion auf einen alten Gesetzgeber zurückleiteten, der den Namen

Zoroaster führte imd nach Einigen 600 Jahre vor Xerxes, nach

Anderen 5000 Jahre vor dem trojanischen Krieg gelebt haben soll.

Gross war daher das Erstaunen, als man im J. 1630 aus H. Lords

Buche the religion of the Parsees erfuhr, dass es noch jetzt in

Indien eine Beligionsgemeinschaft gebe, welche behaupte im Besitze der Scbriften Zoroasters zu sein, aber alsbald regten sich auch die

Zweifel. Während die Einen vermutheten, diese Schriften seien

Geistesverwandte der „Oracula magica Zoroastris', also unecht und

aus neuplatonischen Kreisen stammend, hielten Andere die Echtheit

und das hohe Alter dieser Schriften aufrecht und das Awestä fand

in Europa Gegner und Preunde ehe man noch ein Blatt desselben

gelesen hatte. Der Streit wurde heftiger nachdem AnquetU du

Perron die betreflFenden Bücher nach Europa gebracht und übersetzt

hatte, doch entschied man sich bald überwiegend für die Echtheit

des Buches, nachdem Kleuker nachgewiesen hatte, dass der Inhalt

desselben ganz gut mit den Nachrichten übereinstimme, welche uns

die Alten von der Rehgion Zoroasters hinterlassen haben und als

man später anfing sich mit der Sprache des Awestä zu beschäftigen

musste sich diese Ueberzeugung noch befestigen. Gegenwärtig ist

die Echtheit des Awestä über jeden Zweifel erhaben, ein Irrthum

aber ist es, wenn man glaubt es sei damit auch erwiesen, dass das

Buch ein sehr altes und von Zoroaster eigenhändig geschrieben sei.

Wir wissen wohl, dass es die Sprachvergleichung ist, welche be¬

hauptet diesen letzteren Beweis geliefert zu haben, indem sie das

hohe Alter des Buches aus seiner Sprache folgert. Dem gegen¬

über müssen wir darauf hinweisen, dass die Linguistik, weit ent¬

femt diese Frage entscheiden zu dürfen, gar nicht befugt ist, über¬

haupt mitzureden. Wenn irgend etwas, so ist die Prage nach dem

Alter des Awestä eine historische, linguistische und historische Re¬

sultate können aber sehr verschieden sein. Man sehe sich doch

nur einmal eine vergleichende Grammatik, etwa die von Schleicher,

an! Da heisst es: „kurzer Abriss der indogermanischen Ursprache,

des Altindischen, Alteränischen, Altgriechischen, Altitalischen, Alt¬

keltischen, Altslavischen, Litauischen und Altdeutschen'. Fragt

man nun, warum gerade diese Sprachen mit einander verghchen

werden , so wird man ziemlich allgemein die Antwort erhalten , es

geschehe dies darum, weil diese Sprachen als Schwestersprachen

gelten müssen. Wir sind ganz einverstanden, folgt aber daraus,

dass auch die Literaturen dieser Sprachen aus ein und derselben

Zeit sein müssen? Ist etwa Homer gleichaltrig mit den Vedas

oder Cicero mit den Verfassern der ältesten altslavischen Denkmale ?

Niemand wird die Sprachform Luthers mehr zu den Schwester¬

sprachen des Sanskrit rechnen und doch ist der altpreussischo Kate¬

chismus eine üebersetzung aus dem Deutschen, wiewohl die alt-

preussische Sprache, hnguistisch angesehen, dem Neuhochdeutschen

an Alter weit überlegen ist. Hieraus folgt, dass man aus dem

2 2 *

(3)

282 Spiegel, üeber das Vaterland urid Zeitalter des Au-estä.

Alter einer Spraclie keinen sicheren Schluss auf das Alter eines

Literaturdenkmales machen kann, die eine Sprache erhält sich länger,

die andere kürzer in ihrer alten Form. Das ist aber noch nicht

AUes. Aus sprachlichen Gründen würde man jeden neueren Phüo¬

logen, der ein gutes Latein schreibt in das Zeitalter Ciceros ver¬

setzen können. Was in Europa mit dem Latein geschah, das ist in

Asien mit verschiedenen Sprachen auch geschehen (wir erinnern

nur an das Hebräische und das Sanskrit): sie sind nach ihrem Aus¬

sterben zur Verfassung von Schriften gebraucht worden, in Erän

kann dasselbe der Fall gewesen sein. Wir unterschätzen das Ge¬

wicht der Sprache bei der Kritik des Awestätextes keineswegs, aber

man wird alle Möglichkeiten im Auge behalten und stets erwägen

müssen, für welche derselben die Wahrscheinlichkeit spricht, wenn

es uns darauf ankommt die Wahrheit zu ergründen und nicht etwa

blos eine Lieblingsmeinung zu erweisen. Was wir hier zeigen

wollten ist: dass durch linguistische Gründe die Frage nach dem

Alter des Awesta nicht entschieden sei und nicht entschieden werden

könne, dass vielmehr die Untersuchung aus dem Bucbe selbst zu

führen sei und zwar mit denselben Mitteln, weicbe man bei Unter¬

suchungen über die Echtheit und das Alter anderer Schriften des

Altertbums anzuwenden pflegt.

Zuerst muss anerkannt werden , dass äussere Gründe für die

Annahme eines hohen Alters des Awestä nicht vorhanden sind. Die

Handschriften des Buches gehen nicht über das 14. Jahrhundert

unserer Zeitrechnung hinauf und die Schrift , in welcher der Text

des Awestä geschriebeno ist lässt sich nicht vor dem 6. Jahrh. n. Chr.

nachweisen. Natürhch ist damit das Alter des Buches nicht ent¬

schieden, aber es müssen eben innere Gründe sein, welche für

dasselbe sprechen. Unter den Untersuchungen , welche zur Er-

mittelimg des Alters des Awestä unternommen werden müssen,

steht auch mir die Erforschung der Sprache desselben oben an,

aber eine unparteiische Erforschung, welche sowohl das was für

das Alter als was gegen dasselbe spricht gewissenhaft beobachtet

und dann abwägt , wofür im Ganzen und Grossen die Wahrschein¬

lichkeit spricht. Es ist ein offenes Geheimniss, dass neben grosser

Uebereinstimmung mit dem Sanskrit in der Formenlehre sich auch

bemerkenswerthe Verschiedenheiten finden, dass aber namenthch in

der Syntax das Awestä eine Reihe von Eigenthümlichkeiten aufzeigt,

die nicht nur vom Standpunkte des Sanskrit aus, sondem auch vom

Standpunkte der übrigen Schwestersprachen, das Altpersische mit

eingeschlossen, höchst befremdhch erscheinen müssen. Die Hoffnung,

welche man früher hegte, es werde bei genügender Vergleichung

von Handschriften gelingen diese Eigentbümlicbkeiten zu beseitigen,

muss jetzt aufgegeben werden, sie gehören dem bei^;laubigten Texte

entschieden an, es muss mit ihnen als sicher stehenden Thatsachen

gerechnet und danach getrachtet werden , sie zu begreifen und zu

erklären. Einen Anfang in dieser Richtung habe ich in meiner

2 2 ★

(4)

Spiegel, Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestä. 283

vergleichenden Grammatik gemacht, ich glaube gefunden zu haben,

dass in einer ganzen Anzahl von PäUen, in welchen sich die Con¬

struetion des Awestä von dem Vorbüde der übrigen Schwester¬

sprachen entfemt eine Hinneigung zum Neupersischen vorUegt und

diese Hinneigung kann doch nur in späterer Zeit entstanden sein,

sei es , dass die Sprache entartete (wie in den altpersischen In¬

schriften von Artaxerxes II und III ein ähnUches Beispiel vorliegt), sei es, dass geradezu einzelne Theüe des Awestä erst geschrieben

wurden, als die Sprache nicht mehr im lebendigen Gebrauche war.

Am einfachsten würde sich das Zeitalter der Abfassung des Awestä

bestimmen lassen , wenn es uns gelänge in demselben historische

Angaben zu finden. Dazu ist aber g£ir keine Aussicht vorhanden,

das Awestä bewegt sich durchaus auf mythischem Boden und muss

sich auf demselben bewegen. Es kennt, wie schon Windischmann

gezeigt hat, die ganze mjrthische Regentenreihe des Shähnäme von

Gayomarth bis zur Himiäi einschliesslich , und zwar in derselben

Ordnung, es fehlen also nur die beiden Däräs und ob die Verfasser

des Awestä diese nicht kannten oder nicht kennen wollten vsird

sich schwerhch ausmachen lassen. Kein Orientale hat jemals diese

mythische Königsreihe des Shähnäme für etwas Anderes als rein

geschichtlich gehalten und Zarathustra, der unter Vistäspa lebte,

kann nur diesen und seine Tochter, nicht aber dessen Nachfolger

kennen, wohl aber dessen Vorgänger; von den Nachfolgern könnte

höchstens iu prophetischer Weise die Rede sein, was aber nicht ge¬

schieht. Wie leicht wäre es z. B. dem Verfasser des 19. Yesht

gewesen, neben den mythischen Herrschern, welche den Königsglanz besessen haben auch einige historische anzuführen, er thut dies aber nicht, sondern springt von Vistäspa unmittelbar auf A9tvad-ereta,

den in Zukimft erst erscheinenden Retter. Pür uns nun ist es

leicht genug nacbzuweisen , dass diese mythischen Herrscher keine

Realität haben (dass wirklich historische Züge auf sie übertragen

sein können soll damit nicht geleugnet werden), Vistä9pa und

Zarathustra mit eingeschlossen , und wenn wirklich bis auf die

neueste Zeit wenigstens die beiden zuletzt genannten Personen als

historisch angesehen werden, so ist das weiter nichts als eine An¬

nahme die aus früheren Zeiten sich iu die unserige gerettet hat.

Als es sich nämlich herausgestellt hatte , dass das Awestä keine

Fälschung, sondem ein echt eränisches Buch sei, da nahm man

ohne Weiteres an, dass Zarathustra der Verfasser desselben sei und

da er natürlich in der eränischen Geschichte am besten Bescheid

wissen musste, so galten alle von ihm erwähnte Könige für historisch,

nicht blos Vistä9pa, sondem auch Kava U9a, Yima und andere.

Dass diese Königsreihe nicht mit den Nachrichten der Griechen

stimme , wusste man , es gab aber nicht wenige Gelehrte , welche

glaubten den einheimischen Nachrichten den Vorzug vor den fremden

geben zu müsseu. Die Entziffemng der altpersischen Keilinschriften

machte diesen Schwankungen eiu Ende und Lassen war der Erste,

(5)

284 Spiegel, Veber da» Vaterland und Zeitalter des Awestä.

der in seiner Alterthumskunde darauf hinwies, dass Yima imd

andere angebliche Helden keine historischen Personen sondern

mjfthologische Gebilde der arischen Sage seien, eine Ansicht, welche

die spätere Porschung voUkommen bestätigt hat. Lassen ist in¬

dessen in seinen Zweifeln nicht weit genug gegangen, er hält zwar

die Dynastie der Peshdädier für mythisch, scheint aber den Kayaniern eine historische Berechtigung zuzugestehen (Ind. Alterthumsk. 1, 753

1. Aufl.), wozu ein Grund durchaus nicht, gegeben ist und man

namenthch die Nachrichten nur anzusehen braucht, welche uns das

Awestä über Zarathustra und seinen Beschützer Vistäspa giebt, um

die Ueberzeugung zu gewinnen, dass man sich durchaus auf mytho¬

logischem Boden befindet und das Gewicht des Awestä (die Gäthäs

eingeschlossen) durchaus nicht ausreicht, um diese mythischen Per¬

sönhchkeiten in historische umzuwandeln. Von dieser Seite her ist

also aus dem Awestä eine Aufklärung nicht zu erwarten.

Einen Schritt weiter werden wir indessen thun können, wenn

wir uns von dem Boden der pohtischen Geschichte auf das Gebiet

der Rehgionsgeschichte begeben. Wäre es wahr, was vielfach an¬

genommen wird, dass wir im Awestä die eigenbändigen Aufzeich¬

nungen Zarathustras vor uns haben, so müsste man erwarten seine

Zeitgenossen in zwei Lager getheUt zu finden: in Gläubige und

Ungläubige, die Zeit zur Sektenbildung wäre noch nicht angebrochen

gewesen. Gerade das Gegentheil ist der PaU , das Awestä ist ein

sehr fanatisches Buch und zeigt uns verschiedene Namen von Ketzern.

Bereits die Gäthäs erwähnen die Kavis und Karapans, in welchen

wohl Niemand etwas Anderes als Ketzer sehen wmd '), mag man

die Namen erklären wie man will, auch unter den Ys. 34, 8 ge¬

nannten ä 9 1ä und näidhyäo sind gewiss Ketzer zu verstehen.

Der allgemeinste Begriff für Ungläubige ist wohl in dem öfter vor¬

kommenden Worte daevayasna gegeben, welche nach den Vd.

7, 94 flg. gemachten Andeutungen recht zahlreich gewesen sein

müssen. Wollte man aber unter den dae vay asna s nur Dämonen¬

verehrer verstehen, wie der Name anzudeuten scheint, so würde

man irren, denn aus Yt. 5, 94 und 14, 49 flg. sieht man, dass diese

Dämonenverehrer die Anähita und andere eränische Gottheiten an¬

beten, aus Yt. 10, 137. 138 erbellt, dass man auch den Mithra

anbeten und doch den rechten Glauben nicht haben kann Daber

denn auch die Klagen über Personen die sich fälschlich für Priester

ausgeben (cf. Vd. 18, 1.), welche das Amt eines Zaotar ausüben

ohne dazu berechtigt zu sein (Yt. 10, 138). Am besten gehasst

unter allen Ketzern sind aber die sogenannten Ashemaoghas, welche

häufig genug vorkommen und mit Schlangen und ähnlichen Bestien

auf gleiche Stufe gesetzt werden, da sie eben die Religion und ihre Ceremonien nicht von Personen gelemt hatten, welche die Verfasser

1) Vgl. auch Ys. 31, 18, wo deutlich geboten wird die Ungläubigen mit den Waffen zu bekämpfen.

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Spiegel, Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestä. 285

des Awestä für die rechtgläubigen halten (Vd. 9, 188). Verstehe

ich Ys. 9, 99 recht, so hat der Ashemaogha dieselben religiösen

Ansichten wie der Rechtgläubige, unterscheidet sich aber von diesem

durch seine Werke. Es mag nicht ganz leicht gewesen sein einen

rechtgläubigen Awestäpriester von einem ketzerischen Ashemaogha

zu unterscbeiden (zumal da dieser auch rechtgläubig zu sein be¬

hauptete), den ersteren lag aber viel daran , den letzteren von den

Gläubigen ferne zu halten. Für die Frage, welche uns hier be¬

schäftigt, würde es auch wichtig sein, wenn sich die Vermuthimg

Darmesteters bestätigen sollte, dass unter den Yt. 11, 6 genannten K e r e s a die Christen zu versteben seien. Die Streitfrage über die

Bedeutung des Dämon Keresäni würde dadurch ein neues Licht

erhalten. Auch der bekannten Stelle Vd. 4, 130—133 (4, 47 W.)

mag hier gedacht werden. Es kann nicht unsere Absicht sein diese

schwierige Stelle hier ausführlich zu besprechen, wir würden da¬

durch zu weit von unserem Gegenstande abgeführt werden, es ge¬

nügt aber auch für unseren Zweck vollkommen wenn wir darauf

hinweisen, dass die Uebersetzer bei aller Abweichung im Einzelnen

darüber einig sind, es sei der Grundgedanke der Stelle eine An¬

preisung des ehelichen Lebens im Gegensatze zum ehelosen. Mit

Recht hat wohl hier Harlez eine polemische Absicht vermuthet:

eine Ablehnung des Mönchthums. Die Stelle kann gegen die

Maniehäer oder gegen die Buddhisten oder gegen die Christen ge¬

richtet sein, möglicher Weise gegen alle drei.

Hier liegt es nun nahe eine Frage aufzuwerfen, welche meines

Erachtens schon lange hätte aufgeworfen werden sollen , die aber

meines Wissens noch niemals aufgeworfen worden ist: ob wir denn

so bestimmt wissen , es sei das religiöse System , das sich dem

Awestä entnehmen lässt in seiner Gesammtheit stets das herrschende

in Erän gewesen? Ich möchte dies nicht einmal für die Zeit der

Säsäniden verbürgen, viel weniger für die alte Zeit. Es ist wahr,

und wir haben dies oben ausdrücklich anerkannt, dass man der

Ueberzeugung von der Echtheit des Awestä hauptsächlich durch

den Nachweis zum Siege verholfen hat, dass die Lehren dieses

Buches sebr schön zu den Berichten der Alten von der eränischen

Religion stimmen und wir sind auch weit davon entfernt , diesen

Beweis entkräften zu wollen. Gewiss , im Ganzen und Grossen ist

die eränische Beligion dieselbe gewesen soweit wir sie zurückver¬

folgen können , dies schliesst aber nicht aus , dass in Nebendingen Abweichungen stattfinden konnten, es lassen sicb solche sogar nach¬

weisen. Wer nun die Geschichte der Religionen kennt, der weiss

auch , dass mehr als einmal Meinungsverschiedenheiten, weicbe uns

unbedeutend erscheinen zu blutigen Kämpfen geführt baben. Was

nun das Awestä betrifft, so beansprucht dasselbe zwar für sich ünd

seine Lehren die Herrschaft, behauptet aber keineswegs dieselbe zu

besitzen. Im Gegentheil, es ist anerkannt, dass aus den Gäthäs

hervorgeht, Zarathustra und seine Lehren seien damals nicht die

(7)

286 Spiegel, Ueber dae Vaterland und Zeitalter des Awestä.

herrschenden gewesen als diese Lieder geschrieben wurden , denn

Ys. 45, 1 wird über die tyrannischen Beherrscher des Landes und

seine Bewohner geklagt, aus Ys. 45, 11 erfahren wir, dass sich die

Ungläubigen zu Beichen vereinigten, aber es ist Unrecht, diese Zu¬

stände auf die Githäs beschränken zu woUen, das jüngere Awestä

äassert sich in derselben Weise. Wo man den Ashemaogha erwähnt

findet, da ist gewöhnhch der Tyrann mit ihm in unmittelbare Ver¬

bindung gesetzt (cf. Vd. 21, 2. Ys. 9, 97. 17, 49. 60,14. 67, 25 m. A.).

Was wir oben über die Concurrenz ketzerischer Priester gesagt

haben, welche diesell en Genien verehrten und dieselben Ceremonien

veiTichteten, dient zur Bestätigung dieser unserer Vermuthung. Be¬

sonders der südhche Theil des Landes, die Persis und die von ihr

beeinflussten Provinzen , scheinen nicht rechtgläubig gewesen zu

sein, daher würde sich am einfachsten erklären warum die süd¬

hchen Provinzen gar nicht erwähnt werden und der Würde des

Oberkönigs nur selten und mit Widerstreben gedacht wird. Dass

bereits zur Zeit des Darius die Lehre der Magier nicht mit den

Ansichten des südUchen Erän übereinstimmte, dass die Magier die

letztere sogar verfolgten, wenn sie konnten, erfahren wir aus der

Inschrift von Behistän. Hier berichtet Darius, dass er nadi Be¬

seitigung des falschen Smerdes AUes wieder in den alten Zustand

versetzt habe und sagt wörtlich (1, 14): äyadanä tyä Gaumäta hya

Magush viyaka adam niyaträrayam, d. i. „die Plätze der Anbetung,

welche Ganmäta der Magier zerstört hatte , bewahrte ich.' Es ist

ganz sicher, dass ayadäna als Ort der Götterverehrung gefasst

werden muss, es beweist dies nicht aUein die Etymologie, sondern

besonders das Götterzeichen, mit welchem das entsprechende Wort

in der sogenannten skyihischen Inschrift beginnt.

Wir wenden uns nun zu unserer eigenthchen Aufgabe, zu der

Betrachtung der Einwürfe, welche Geiger §egen die von mir und

von Anderen vertretene Ansicht über das Alter des Awestä vor¬

bringt. Zuerst wird es nöthig sein, dass wir uns über einige Aus¬

drücke verständigen. Geiger spricht stets von Ost- und West-Erän,

wo ich von Nord- und Süd-Erän spreche. Ich folge nämhch wie

in meiner Alterthnmskunde der Eintheilung Carl Ritters und nach

dieser gehört alles Land von Adarbaijän bis Baktra incl. dem Nord¬

rande von Erän an , Balucistän , die Persis und Susiana dem Süd¬

rande. Zum Ostrande gehört das sogenannte innere Khoräsän,

besonders das Becken des HUmend und seiner Nebenflüsse, zum

Westrande rechnen wir Yezd , Kirmän , Ispähän und Hamadän, be¬

sonders auch das Gebiet der Flüsse, welche sich von Erän aus dem

Westen zuwenden. Ich muss es den Geographen von Fach über¬

lassen zu beurtheüen, ob sich gegen diese Anschauung Einwendungen

machen lassen, mir scheint ein Blick auf die Karte zu genügen um

dieselbe annehmbar zu findeu. Allerdings weiss ich, dass die Perser selbst bei Pul-i-Abiishim ihr Khoräsän d. i. Ostland beginnen lassen,

dann muss man aber auch bei Bost das Südland beginnen lassen.

(8)

Spiegel, Ueber daa Vaterland und Zeitalter des Ausestä. 287

wie die Perser thun, und überhaupt der ganzen Karte eine andere

Gestalt geben. Geiger (L c. p. 317) findet den Unterschied zwischen

Ost- und West-Eran in der Landesnatur begründet, diesen Unter¬

schied kann ich nicht fiinden. Emsthafter ist ein zweiter Einwurf,

den ich zu machen habe: ich kann es nämhch durchaus nicht

bilügen, dass Geiger immer vön einem Awestävolke spricht. Nichts

berechtigt uns zu der Annahme, dass die Bekenner des Awestä ein

eigenes Volk bildeten, sondem nur dass sie eine eigene Religions¬

gemeinschaft waren. Wenn im Awestä oft genug von Ketzern und

Andersgläubigen geredet wird, so sind wir um so weniger berechtigt diesen eine verschiedene Nationalität zuzuschreiben als sie dieselben

Götter verehrten, wie wir gesehen haben. Nach meiner Ueber¬

zeugung wurde das Awestä innerhalb Eräns von Eräniem für Eränier

geschrieben, nur auf welchen Kreis innerhalb Eräns die Bekenner

dieses Buches beschränkt waren haben wir zu untersuchen.

Gehen wir nun zu den Einzelnheiten über, so beginnt Geiger

mit denjenigen Gründen für das Vaterland des Awestä, die aus der

Geographie und Gesehichte hergenommen werden können. Wir ver¬

weisen die Besprechung der angeblichen geschichthchen Beweise in

den Anhang um uns hier nicht zu imterbrechen und halten ims

blos an die geographischen Beweise. Hier wird nun Niemand be¬

streiten woUen, dass die meisten geographischen Bezeichnungen dem

Osten angehören und dass mithin Nord- oder Ost-Erän den An¬

schauungen der Awestäbekenner am nächsten lag, nur das bezweifeln

wir , dass sie sich darauf beschränken mussten aus dem Grunde,

weil die anderen Gegenden damals nicht von Eräniem bewohnt und

darum den Bekennern des Awestä unbekannt gewesen seien. Man

wird zugeben diese Erklärung der unbestrittenen Thatsache , dass

sich die Anschauung des Awestä am liebsten im Nordosten Eräns

bewegt, ist nur eine von den vielen Möghchkeiten die sich uns

darbieten und andere Erklärungen liegen ebenso nahe, z. B. wenn

in dem auch von Geiger als westöränisch anerkannten Ragha der

grosse ünglaube hervorgehoben wird, so liegt es nahe diesen Mangel

am rechten Glauben als die Ursache zu vermuthen, welche die

Vernachlässigung der westlichen Länder hervorgemfen hat. Ein

weiterer Beweis, dass die geographischen Kenntnisse der Awestä¬

bekenner sich nicht blos auf das östliche Erän beschränkten hegt

in Folgendem. Es ist eine unleugbare Thatsache, dass sich das

Awestä ganz in dem Rahmen der mythischen Geschichte bewegt,

von welcher uns das Shahnäme nähere Kunde giebt. Diese Mythen

sind zum Theil lokahsirt, aber nicht blos in Osterän, gleichwol finden

wir das Awestä in vollkommner üebereinstimmung mit dem Shäh¬

näme. So wohnt Dahäka in Bawri, während ihn das Shahnäme

und andere Quelleu nach Babylon setzen, sein Gefä,ngniss ist in

Varena am Demävend, wo Thraetaona seine Wohnimg in Vereki

hat. Die Erzählung von der Flucbt des Fragra?? oder Afrasiab

nach Haükana und seine Gefangennehmung durch Haoma sowie

(9)

288 Spiegel, üeber das Vaterland und Zeitalter des Awestä.

sein Verschwinden im See Caecasta wird im Shähn&me und sonst

in die Gegend von Berdana und an den Urumiasee gesetzt, der

letztere hat erweislich noch im Mittelalter den oben angegebenen

Namen geführt. Es ist vergeblich, wenn Geiger diese Mythen von

ihrem natürlichen Boden loszureissen und ausserhalb Eräns zu loka-

hsiren sucht, es ist dafür durchaus kein Anhaltspunkt gegeben und

entspringt blos in dem Bestreben den Bekennern des Awestä die

Kenntniss der westlichen Theile Eräns abzusprechen. Einen weiteren

Beweis für die Kenntniss des Westens wollen wir hier noch bei¬

fügen: Yt. 5, 72 opfert Asbavazdäo an dem Nabel der Gewässer

oder am Apäm napät. Ich werde nicht weitläufig zu beweisen

brauchen, dass Asbavazdäo identisch ist mit dem Namen Artavasdes,

der in der armenischen Geschichte häufig genug vorkommt. Apäm

napät erklären die Parsen für das Gebirge, von welchem der Tigris

herabkommt, es ist der Npat der Armenier, der Ntcfdrrjg der

Griechen. Wir haben also hier eine Erwähnung Armeniens, die in

einem Lobgesange an die Anähita ganz am Platze ist, denn nirgends

zählte diese Göttin so eifrige Anhänger als gerade in Armenien. —

Auch mit der Art und Weise wie Geiger den Anstoss zu beseitigen

sucht, den man an der späten Porm mancher geographischen Be¬

zeichnungen wie Mouru , Bäkhdbi etc genommen hat , kann ich

nicht billigen. Er macht darauf aufmerksam, dass wir das Awestä

nicht in der Form besitzen in der es ursprünghch geschrieben war

und dass mithin diese späten Formen den späteren Redaetoren an¬

gehören können. Dies ist unzweifelhaft, gleichwohl können wir uns

hierauf nicht einlassen. Wir müssen zunächst mit dem Awestä

rechnen wie es ist und wie es aus den Handschriften herzusteUen

ist. Gelingt es der Kritik ältere Bestandtheile auszuscheiden , so

müssen die letzteren natürlich nach voUkommen objectiven Principien ermittelt werden und was das Endergebniss solcher Untersuchungeu sein wird kann Niemand voraussagen.

Noch in einem anderen Punkte befinden sich unsere geogra¬

phischen Anschauungen nicht im Einklänge. Geiger behandelt aUe

geographischen Angaben des Awestä so , als ob sie aus Autopsie

oder doch einer gewissenhaften wissenschaftlichen Erwägung ge¬

flossen sein müssten. Ich dagegen unterscheide von den gelegent¬

lichen geographischen Erwähnungen die wir eben besprochen haben

uud die richtig sein können, noch solche, welche dem geographischen

System des Awestä angehören in welchem die Phantasie eine grosse

RoUe spielt. Dass das Awestä ein geographisches System besitzt

ist unzweifelhaft und allgemein anerkannt, auch wird Niemand

leugnen wollen , dass die 7 Kareshvares den 7 Dvipas der Inder

entsprechen und besonders Qaniratha , die bewohnte Erde , dem

Jambudvipa im indischen Weltsysteme. Die Sache ist so augen¬

scheinlich , dass selbst die einheimischen Sanskritübersetzungen das

Wort qaniratha durch jambudvipa ausdrücken. Ebenso ist auch

Hara oder Haraiti uichts weuiger als ein bestimmtes den Bekennern

(10)

Spiegel, Üeher das Vaterland und Zeitalter des Awestd. 289

des Awesta sichtbares oder bekanntes Gebirge, mit vollem Rechte

übersetzt Neriosengh diesen Ausdmck mit Mem, was ganz ent¬

spricht. Auf der Hara sind die Götterwohnungen , dort giebt es

weder Tag noch Nacht, weder Hitze noch Kälte (Yt. 10, 50. 12, 23),

dort wobnt Mithra (Yt. 10, 50), Haoma (Yt. 9, 17. 10, 88. Ys. 56,

8. 3) tmd (^raosha (Ys. 56, 9. 3). An einem Gipfel der Hara, der

Taera genannt wird, geht die Sonne auf (Yt. 12, 25), ebenso wie

im Shähnäme am Berge »^ (Shähn. p. 256, 3. v. u ed. Mac). Ein

anderer Gipfel der Hara heisst Hukairya (Yt. 10, 88), von ihm

fliesst das Wasser ArdvI-^ura berab (Yt. 5, 96. 121). Am Pusse der

Hara treffen wü- Haoshyagha oder Husheng, sehr natürlich, da die

Wohnung der von den Göttern stammenden Könige am Alborj ist

(Ys. 5, 21. 9, 3). Alle diese Angaben zeigen, dass Hara berezaiti

ein vollkommen mythischer Berg ist. Nicht anders verhält es sicb

mit Airyanem vaejo, dessen mythischer Charakter auch von Geiger

zugegeben wird. In der That, wenn wir in Airyanem vaejo ein

wirkliches Land sehen wollten, so bliebe uns nichts übrig als das¬

selbe mit Pietremont in die Nähe des Irtysch zu setzen, da daselbst

der Sommer nur zwei, der Winter 10 Monate dauert. Welches

Glück ein solches Land seinen Bewohnem gewähren kann, ist uns

nicht zweifelhaft.

Wir fassen also unsere Ansicht dahin zusammen, dass Geiger

Recht hat wenn er behauptet, dass sich die geographischen An¬

schauungen der Awestäbekenner zumeist auf Osterän beziehen, dass

wir aber nicht annehmen können es sei ihre Kenntniss des eräni¬

schen Landes auf Osterän beschränkt gewesen oder es hätten ausser¬

halb Osteräns keine Eränier gewohnt. Wir gehen nun zu der Be¬

trachtung derjenigen Gründe über, welche nicht das Vaterland

sondern das hohe Alter des Awestä erweisen sollen. Hier werden

uns zunächst drei negative Gründe vorgeführt, die allein schon das

vorachämenidische Alter des Awestä klar machen sollen , nämlich

1) das Awestä erwähnt keine einzige der zur Zeit der Achämeniden

oder Parther bedeutenden Städte, mit Ausnahme von Ragha, 2) es

enthält keinen der später gebräuchlichen Stammnamen, 3) es enthält

keine einzige geschichtliche Notiz. Alle diese drei Gründe haben

auf mich einen Eindruck nicht machen können, weil ich das Pehlen

dieser Erwähnungen als selbstverständlich und als eine Folge der

oben schon hervorgehobenen Thatsache betrachte, dass das Awestä

mit seinen geschichtlichen Erinnerungen sich nur in der mythischen

Periode der eränischen Sagengeschichte bewegt und über dieselbe

nicht hinausgehen kann und hinausgehen darf. Ortschaften, welche

in der Sagengeschichte vorkommen, werden auch im Awestä er¬

wähnt, andere aber nicht. Man mag die eränische Heldensage von

einem Ende bis zum andem durchsuchen und man wird dort keine

bedeutenden Städte erwähnt finden, weder Ekbatana noch Heka¬

tompylos, weder Susa noch Persepohs, denn die Erwähnung Istakhrs,

die auf Rechnung des säsänidischen Königsbuches zu setzen ist,

Bd. XLI. 19

(11)

290 Spiegel, Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestä.

weist Geiger mit vollem Rechte ab. Ebensowenig wird Jemand

in der iranischen Sagengeschichte die Erwähnung eines eränischen

Stammes finden und das Awestä hat um so weniger Veranlassung

solche zu nennen, als seine Vorschriften schlechthin für alle Stämme

gelten die da glauben , mögen ihre Namen sein welche sie wollen.

Nennung historischer Namen vermeidet das Awestä wohlweislich,

es würde damit nm- seinen späten Ursprung darthvm.

Ein vollkommener Gegensatz findet sich in unserer Anschauung über den Werth der Gäthäs und ihr Verhältniss zu dem sogenannten jüngeren Awestä. Ich habe mich durch Geigers Schriften veranlasst

gesehen, die ganze Frage nochmals eingehend zu prüfen, kann aber

meine längst gehegten Uebcrzeugungen nicht ändern. Dass in den

Gäthäs ein religiöser Gegensatz hervortritt leugne ich nicht, wir

haben aber oben bereits gesehen, dass auch die übrigen Theile des

Awestä diesen Gegensatz kennen und dass man sich hüten muss

unter den Ketzern Nichteränier und Bekenner einer gänzlich ver¬

schiedenen Religion zu sehen. Grosses Gewicht legt man darauf,

dass die Gäthäs von Zarathustra selbst herrühren , was man damit

beweisen wül, dass Zarathustra in den Gäthäs von sich in der ersten Person spricht. Wenn Zarathustra eine wirklich Jiistorische Person

war, was wir nicht durchaus bestreiten wollen, so muss man zu¬

geben, dass wir über seine Lebenszeit und Vaterland zu sehr im

Dunkel sind um auch nur eine Ansicht über ihn äussern zu können.

Auf den Umstand, dass Zarathustra von sich in der ersten Person

spricht gebe ich ebensowenig als darauf, dass an anderen Stellen

Ahura Mazda in der ersten Person spricht. Wer sich erkühnte

im Namen des höchsten Gottes zu sprechen, der wird sich aucb

nicht gescheut haben im Namen des Propheten zu sprechen. Da

sich das Awestä als ein Gespräch zwiscben Ahura Mazda und

Zarathustra giebt, so versteht es sich, dass die eine oder die andere

Person sprechen muss, zudem spricht auch in anderen Theilen ge¬

legentlich Zarathustra ef Ys. 8, 15 (8, 7. W.) in der ersten Person.

Während in den anderen Theilen des Awestä sehr häufig Persön¬

hchkeiten aus der Heldensage genannt werden , führen die Gäthäs

gewöhnlich solche vor, welche der Zarathustralegende angehören,

die um nichts historischer sind als die alten Helden. Aber auch

die anderen grossen Unterschiede der Gäthäs vom übrigen Awestä

vermag ich nicht zu finden, selbst dann nicht wenn ich von jeder

verschiedenen Aufiassung der Stellen absehe und Geigers Inter¬

pretation derselben als die richtige zugebe. Seltsam ist die Ansicht,

dass die Kuh bei den Nomaden mehr geplagt werde als bei den

Ackerbauern, ich glaube die Kühe würden entgegengesetzter An¬

sicht sein, wenn sie reden könnten. Was aber Geiger zu beweisen

sucht, dass die Eränier der Gäthäs sich eben erst des Nomadeu-

thumes entäussert hätten, dass sie eben erst zum sesshaften Leben

fortgeschritten seien, das kann ich aus keiner einzigen der Stellen entnehmen, welche er dafür anführt.

(12)

Spiegel, Ueber das Vaterland und Zeitalter des Awestd. 291

Kürzer können wir uns über die anderen Kennzeichen der

primitiven Zustände des Awestä äussem , welche Geiger anführt.

Es sind deren vier: 1) das Awestävolk scheint kein Salz zu kennen,

2) das Glas ist ihm unbekannt, 3) gemünztes Geld ist nicht im

Umlauf, 4) die Bearbeitung das Eisens ist unbekannt. Was den

ersten Punkt betrifft , so sagt G. selbst, dass man eben nur sagen

könne das Salz werde nicht erwähnt, mit dem zweiten Punkte wird

es sich ebenso verhalten, denn dass das dunkle yama mit Glas zu

übersetzen sei, wie ich früher annahm, ist äusserst zweifelhaft. Aber aus dem Umstände, dass weder Salz noch Glas in einem hturgischen

Werke genannt werden, zu sehliessen, dass sie nicht existirten,

scheint mir allzu gewagt. Mehr Gewicht möchte auf den dritten

Punkt gelegt werden. Mit Recht wird betont, dass im Awestä an

allen Stellen wo von Zahlungen die Rede ist das Vieh als Zahlungs¬

mittel genannt wird und hinzugefügt: Sollte Jemand im Emst

glauben, dass die Magier der späteren Achämeniden- oder gar der

Seleukiden- und Partberzeit sich mit Schafen imd Ochsen bezahlen

liessen? Das glaube ich nun allerdings und es ist wahrscheiulicb,

sobald man die Verhältnisse Nord- und Osteräns berücksichtigt.

Hören wir wie Khanikof die Bewohner von Segestan im Jahre 1858

fand ^) : ,La naivete des populations de cette provinee n'est ögalee

que par leur superstition et leur fanatisme. L'usage de l'argent

leur est inconnu; un ghez de toUe est l'unite d'echange la plus

generalement adoptee, mais on la remplace souvent par des aiguilles, du fil, et d'autres objets dont ils se servent dans leur menage".

Es bedarf übrigens kaum eines solchen ausdrückhchen Zeugnisses,

das durch analoge leicht verstärkt werden könnte, um den Satz zu

erhärten, dass der Landmann am hebsten mit den Produkten be¬

zahlt die er selbst zieht und dass sich darum die Sitte nach Vieh

zu rechnen auch dann noch erhält wenn andere Tauschwerthe schon

längst bestehen , wir verweisen desshalb auf Schräder , linguistisch¬

historische Porschungen zur Handelsgeschichte und Waarenkunde

1, 113 flg. Man darf übrigens die Vorschriften des Awestä auch

nicht so verstehen als ob blos mit den dort angegebenen Werthen

gezahlt werden durfte. Es sind dies nur allgemeine Bestimmungen

und es versteht sich, dass in jedem einzelnen PaUe besonders ver¬

einbart wurde, was als Aequivalent zu geben oder zu nehmen sei.

Aus diesem Umstände lässt sich also Nichts erweisen , weder für

noch gegen das Alter des Awestä , ebenso verhält es sich mit den

Wörtern shaeta und asp er ena. Wir geben Geiger Recht, wenn

er das erstere Wort nur in der Bedeutung Besitzthum verwendet

glaubt, anders ist es mit asperena, das eine kleine Münze oder ein

kleines Gewicht bezeichnen muss. Ich habe bereits in den Nach¬

trägen zum 2. Bande meines Commentars auf die Abhandlung A. Geigers

(Ztschr. 21, 466 flg.) verwiesen und muss hier diese Hinweisung

wiederholen. Man sieht dort, dass sich das Wort pcos in einer

1) Memoire sur la partie meridionale de l'Asie centrale p. 1.57.

19*

(13)

292 Spiegel, Üeher das Vaterland und Zeitalter des Awestä.

aramäischen Inschrift findet, welche anf einem in Abydos gefundenen

bronzenen Gewichtstücke steht. Den Ausführungen A. Geigers, der

in "JICON das hebr. Na'iEpN sehen will, schliesse ich mich übrigens

nicht an und sehe in pcON eine kleine Münze , für welche Be¬

deutung er selbst zwei Mischnastellen anführt. Ebenso verbält es

sich mit tanüra: das Wort wird in alter wie in neuerer Zeit ge¬

braucht, kann also keinen Massstab für das Alter eines Bucbes ab¬

geben, derselbe PaU würde bei naska eintreten, wenn sich auch

der semitische Ursprung erweisen liesse. Die übrigen angeblich

fremdsprachlichen Wörter beseitigt Geiger mit vollem Rechte.

Nur mit wenigen Worten wollen wir noch den letzten Punkt

berühren. Geiger versteht unter ayagh die Bronze , den Ansichten

der Parsen schnurstracks entgegen, welche unter ayagh nur das

Eisen verstehen, das abgeleitete ayaghaena stets mit eisern über¬

setzen. Es wird mir auch sehr schwer z B. anzunehmen, dass die

Vd. 4, 144 genannten ayaghaena kareta bronzene Messer gewesen

sein sollen und nicht eiserne. Es mag ja sein, dass das Wort ayas

ursprünglich nur die Bronze bezeichnete und im Rigveda nur in

dieser Bedeutung vorkommt, es ist aber ganz unzweifelhaft, dass

ayas im Sanskrit auch MetaU überhaupt und selbst Eisen bedeutet,

ebenso ist es im Awestä. Wie hoch die Bearbeitung des Eisens

in Erän, z. B. in Taberistän hinauf gehe, vennag Niemand zu sagen

und der Schmied oder Eisenbearbeiter {ßjs>\) spielt schon in der

alten Heldensage eine grosse Rolle. Niemand hat das Recht zu

fordern , dass sich die Anschauungen des Awestä mit denen des

Rigveda decken müssen. Es giebt im Awestä Dinge genug, die

mit indiscben verglichen werden können und müssen , aber nicht

mit vedischen sondem mit späteren Zuständen. Einen solchen

Gegenstand haben wir oben bereits berührt: die Verwandtschaft

der 7 eränischen Kareshvares mit dem indischen Dvipasystem , es

wäre leicht genug, noch eine Anzahl anderer Beispiele beizufügen.

Den Awestäbekennern die Kenntniss des Eisens abzusprechen ist

daher nicht der mindeste Grund vorhanden. Es ist überhaupt zu

wünschen, dass auf dem Gebiete des Awestä phUologische und

linguistische Zwecke reinlich geschieden würden. Pür den Inter¬

preten des Awestä kenne ich nur ein Ziel: zu ermitteln was der

Verfasser des Buches sagen wollte und was dessen Zeitgenossen in

seinem Buche gefunden haben. AUes Andere gehört nicht zu seiner

Aufgabe und kann erst in Prage kommen wenn der richtige Sinn

unparteiisch ermittelt ist.

Anhang.

Das baktrische Reicb des Vlstä9pa.

In der Darstellung der eränischen Geschichte, welche man im

4. Bande von Dunckers Geschichte des Alterthums findet, wird das

zweite Capitel dem Reiche der Baktrer gewidmet. Es ist meine

(14)

Spiegel, Ueber das Vaterland untl Zeitalter des Awestä. 293

feste üeberzeugung, dass dieses baktrische Reich aus unseren Ge¬

schichtsbüchern verschwinden muss und ich glaube, dass jeder

Historiker mir beistimmen wird, wenn er die QueUen einer unbe¬

fangenen Prüfung unterwirft. Diese Quellen etwas ausführhcher zu

besprechen ist der Zweck der nachfolgenden ZeUen.

Zuerst haben wir die Frage zu beantworten , woher es denn

komme, dass man überhaupt von einem baktrischen Reiche spricht

und von einem Könige Vistäspa der dasselbe beherrscht haben soU?

Es stammt diese Ansicht aus der Zeit von der wir oben schon ge¬

sprochen haben , als man noch alle im Awestä genannten Könige

für historisch hielt und sich den Vistä9pa, welcher der Hystaspes der Alten sein soUte, am wenigsten rauben liess. Wir haben bereits

gesehen, dass Lassen wenigstens die Dynastie der Peshdädier be¬

seitigte, aber auch Kava Ü9a und Kava Hu9rava haben sich als

historische Persönlichkeiten nicht behaupten köunen (cf Duncker

4, 34), auch bat Lassen kein Gewicht auf sie gelegt. Anders war

dies mit den auf sie folgenden Fürsten der Kayänier, mit Aurvad-

a9pa und besonders mit Vlstä9pa; bier glaubte Lassen Anhalts¬

punkte zu haben, um die Periode, in welcher Vlstä9pa lebte an¬

nähemd zu bestimmen und mithin auch die Lebenszeit des Zara¬

thustra festzusetzen. Dass Vlstä9pa nicht der Vater des Darius

sein könne, sondern einer weit früheren Zeit angehören müsse, sah

er ein. Er legt nun grosses Gewicht darauf, dass nach den Frag¬

menten des Berosus die zweite Djmastie der Babylonier eine medische

war und ihr Stifter Zoroaster genannt wird, er hält es für wahr¬

scheinlich, dass Berosus den Zoroaster um 2234 v. Chr. gesetzt

habe, was ihm um so merkwürdiger erscheint als diese Zahl mit

dem Anfange der chinesischen Dynastie Hia übereinstimmt. Für

den Stifter der medischen Dynastie wül indessen Lassen den Zo¬

roaster nicht halten , aber er findet die Nachricht von Bedeutung,

dass sich die Lehre Zoroasters schon so frühe nach Medien ver¬

breitet habe, nach seiner Ansicht haben nämlich die Kayänier mit

dem Westen nichts zu thim , sie gehören nach Baktrien , dort hat

auch Zarathustra seine Lehre verkündigt. Grosses Gewicht wird

dabei auf das Zeugniss des Ammianus MarceUinus gelegt „weil er

es unmittelbar aus dem Munde der Perser erhalten hatte". Woher

Lassen dies weiss sagt er uns nicht, mir scheint im GegentheU

dieses Zeugniss vollkommen werthlos und die MittheUung sich blos

auf apokryphe Schriften zu beziehen, welche im römischen Reiche

im ümlauf waren. An einer anderen SteUe (p. 858) sucht Lassen

dieses baktrische Königreich durch das Zeugniss des Ktesias zu

stützen. Den Zug des Sesostris nach Indien (Diod. 1, 55) leugnet

er, da kein ägyptisches Denkmal gefunden worden ist, welches den¬

selben erwäbnt, aber den Peldzug des Ninos und der Semiramis

hält er für historisch, doch sei derselbe nicht von den beiden ge¬

nannten Personen unternommen worden, die mythisch sind, soudern

von einem Könige Assyriens, ihrem Nachfolger, da man in Birs

2 3

(15)

294 Spiegel, Veher das Vaterland und Zeitalter des Awestä.

Nimrüd Basreliefs gefunden habe, in welchen Gefangene mit dem

baktrischen Kamel, dem Elephanten und dem Rhinoceros dem Könige

vorgeführt werden. Es sind wesentlich diese Gründe Lassens, welche

auch Duncker sich angeeignet hat, was wir dagegen zu sagen haben

ist schon friiher (Bd. 35, 636) gesagt worden und braucht hier

nicht wiederholt zu werden. Nur darauf will ich noch hinweisen,

dass die Annahme, die assyrischen Könige seien weiter als bis zur

Südküste des kaspischen Meeres vorgedrungen, von den Assyrio¬

logen auf das Bestimmteste in Abrede gestellt wird (cf Fr. Delitzsch, wo lag das Paradies p. 100).

Es ist nun Zeit, dass wir die Quellen selbst betracbten, welche

uns von diesem angeblichen baktrischen Reiche berichten. Wenn

wir etwas Zusammenhängendes über dieses Reich wissen wollen,

werden wir uns an sehr junge Quellen wenden müssen: an Firdosis

Shähnäme und an muhammedanische Geschichtsschreiber die noch

aus älteren Quellen schöpfen konnten. Aus diesen Quellen erhellt,

dass man aUerdings ein Recht hat Vistäspa und seinen Vater von

ihren Vorgängern zu trennen und als eine Dynastie für sich zu

betrachten, denn der Vater des Vistä9pa, Aurvad-a9pa oder Lohrasp,

stammt nicht in gerader Linie von seinem Vorfahren Kava Hu9rava

ab, sondern von einer Seitenlinie, welche von Kai Pishin ausgeht.

Ganz bestimmt wird uns ferner gesagt, dass Aurvad-a9pa nicht blos

in Baktra wohnte , sondern diese Stadt erbaute , im Widerspruch

mit der alten Heldensage , welche vorher die Stadt schon lange

kennt. Sonst ist über die Regienmg des Aurvad-a9pa nichts zu

sagen, als dass sein Benehraen die Unzufriedenheit seines Sohnes

Vistä9pa erregte, der sich als den rechtmässigen Regierungsnach-

folger betrachtete und dass diese Unzufriedenheit den Vistä9pa be¬

wog heimUch zu entweichen und sich nach Rüm (d. i. in das by¬

zantinische Kaiserthum) zu begeben. Dort erwarb er sich eiue

kaiserliche Prinzessin zur Prau , die ihn schon vorher im Traume

gesehen und geliebt batte uud verrichtete mehrere grosse Helden¬

thaten, worauf er mit Ehren in sein Vaterland zurückberufen wurde

und seinem Vater iu der Regierung folgte. Aus der Regierung

Vistä9pas wollen wir sogleich die Hauptbegebenheit hervorheben :

das Auftreten Zarathustras als Prophet und die Annahme seiner

Religion durch den genannten König. Dieses Ereigniss verwickelt

den Vistä9pa in einen Krieg mit Arejad-a9pa, den Kaiser von China,

weil er den bisber gezahlten Tribut verweigert, nachdem Zarathustra ihn belehrt hat, dass es Unrecht sei, denselben zu zahlen. Arejad-

a9pa besteht uun auf der Entfernung des Zarathustra und der Be¬

seitigung der ueuen Religion und da Vistä9pa Beides verweigert,

so entsteht ein langer und schwerer Krieg, in welchem viele Helden

lallen , der aber mit der Besiegung des Arejad-a9pa endigt und

nicht blos der Unabhängigkeit des Königs, sondern auch der Ver¬

breitung der wahren Religion zugute kommt. Das Shähnäme spricbt

uoch von eiuem zweiten Kriege mit Arejad-a9pu, den wir aber über-

2 3

(16)

Spiegel, Ueher dcw Vaterland und Zeitalter des Awesta. 295

gehen können, da er für die Geschichte Vlstä9pas und Zarathustras ohne Wichtigkeit ist, auch in älteren Schriften nicht erwähnt wird.

Dieses sind also die Begebenheiten , welche uns aus der Re¬

gierungszeit der beiden Könige Aurvad-a9pa und Vistäspa berichtet werden. Eine Vergleichung mit älteren Quellen ist nach zwei Seiten möglich : durch den Bericht eines Griechen, dann durch die Angaben des Awestä. Es ist bekannt, dass die Liebesgeschichte des Vistäspa,

die wir oben unter der Regierung des Aurvad-a9pa erwälmten, auch

von Chares von Mytilene (cf Athenaeus Xlll, p. 575 A.) erzählt

wird, aber mit sehr beachtenswerthen Verschiedenheiten, die unsere

voUe Aufmerksamkeit verdienen, sowohl weil Chares weit älter ist

als unsere anderen Quellen als auch wegen ihrer sonstigen Be¬

rechtigung. Da ich früher über diesen Gegenstand schon einmal

ausführlich gesprochen habe, so beschränke ich mich hier auf das

Nothwendigste. Auch Chares nennt neben Hystaspes, unserem

Vistä9pa, noch einen jüngeren Bruder Zariadres, den Zarir der

eränischen Sage , er macht sie aber nicht zu Söhnen des Aurvad-

a9pa sondern zu Kindern des Adonis und der Aphrodite , schreibt

ihnen mithin einen göttlichen Ursprung zu. Beide Erzählungen

Uegen in diesem Punkte wohl nicht so weit auseinander als es

scheinen möchte. Das Wort aurvad-a9pa findet sich sonst als Eigen¬

name im Awestä nicht wieder vor, wird aber öfter als Adjeetiv

,mit schnellem Rosse begabt' von Apäm napät und der Sonne ge¬

braucht und eines dieser beiden Wesen mag auch m-sprünglich der

Vater des Vlstä9pa gewesen sein, wahrscheinlich die Sonne, die

auch sonst zu den eränischen Königen in naher Beziehung steht.

Unter Aphrodite müssen wir wohl die Anähita verstehen. So auf¬

gefasst hätten wir hier einen Beweis , dass Vistä9pa ursprünglich

nicht an das Ende einer Dynastie gehörte, vielmehr eine solche be¬

gründete. Weiter erzählt Chares zwar dieselbe Liebesgeschichte, aber der Held derselben ist nicht Hystaspes, sondern dessen Bruder Zariadres, die Uebertragung auf Hystaspes erklärt sicb wohl daher, dass man den Glaubenshelden mit allen möglichen Vorzügen schmücken

wollte. Pemer wohnt die Prinzessin bei Chares im Norden der

Tanais , nicht in Griechenland , wie im Shähnäme und auch hier

zeigt die griechische Passung wieder das Ursprüngliche, denn an

eine griechische Prinzessin konnte doch erst gedacht werden, nach¬

dem ein griechisches Reich bestand. Eine der bedeutendsten Ab¬

weichungen ist aber, dass nach Chares Hystaspes gar nicht in

Baktrien wohnt, sondern Medien und die umliegenden Länder

{MijSias Xrtl rjjs vnoxdrw yjagag) beherrscht. Es wäre nun von

grossem Interesse , zu wissen wie sich das Awestä zu allen hier

aufzuwerfenden Prägen stellt, aber die Aeusserungen des Awestä

über Vistä9pa sind sehr kurz und ungenügend. Ueber die Herkunft

des Vlstä9pa scheint das Buch seine eigene Meinung zu haben,

denn Yt. 5, 98 wird er zu den Naotairyas gerechnet, was um so

räthselhafter ist, als das Awestä sonst einen König Naotara nicht

(17)

296 Spiegel, Ueher das Vaterland und Zeitalter des Awesta.

kennt üeber die Residenz des Vlstfi,9pa, den aucb Lactantius

(Inst. 7, 16) als Medorum rex antiquissimus bezeichnet, äussert

sich das Awestä gar nicht, zwar wird an einer Stelle (Yt. 9, 29)

derselbe als an der Daitya (also in Airyanem vaejo) opfernd dar¬

gesteUt, nach einer anderen (Yt. 5, 108) thut er dasselbe in Fraz-

dänava, nirgends wird aber geäussert, dass er dort seinen Wohnsitz

gehabt habe. Darin stimmt aber das Awestä mit dem Shähnäme

überein, dass Vistagpa König war, dass er die Religion Zarathustras

annahm und sich als den weltlichen Arm und die Stütze desselben

betrachtete (Yt. 13, 99), auch der erste Krieg mit Arejad-a(jpa wird erwähnt, doch ist derselbe weder Kaiser von China noch ein Turänier,

sondern erbält das Beiwort qyaona. Ausserdem werden noch andere

Kriege erwähnt , die das Shähnäme nicht kennt und von welchen

wir nur sagen können, dass sie sich nur gegen Personen richteten,

die nicht rechtgläubig waren. An einer anderen SteUe heisst es,

dass Vistagpa das Gesetz, das gestohlen war von den Hunus wieder

zurückbrachte. Die Völker, mit welchen Vistagpa kämpfend ge¬

dacht wird sind die Qyaonas (Hyonas oder Hayonas nach anderer

Lesart), Varedhakas und Hunus, drei Völker, welche aUe in unseren

übrigen GesehichtsqueUen erst in der Zeit des Shäpur II. oder

Julianus Apostata auftreten.

Mit diesen thatsächhehen Angaben will ich mich hier begnügen,

da diese Abhandlung ohnehin schon länger geworden ist als ich

wünschte. Der Leser mag nun selbst beurtheilen, ob diese An¬

gaben hinreichen, um ein altbaktrisches Königreich mit Vistagpa

an der Spitze in uralter Zeit zu begründen, ich kann blos sagen,

dass ich eine solche Ueberzeugung nicht theilen kann. Nur das

Eine will ich noch beifügen: die Kritik, welche wir hier an dem

Awestä ausüben ist durchaus nichts Neues, ünerhörtes, es ist das¬

selbe Verfahren, welches man neuerdings auch gegen indische

Schriften, die man früher für uralt hielt wie Manu, Mahäbhärata etc.

mit Recht angewandt hat. Die Zweifel gegen die Echtheit des

Awestä, welche aus einer ünterschätzung des Buches hervorgegangen,

sind glücklich beseitigt, aber auch die Ueberschätzung desselben

muss weichen, wenn wir anders zur historischen Wahrheit gelangen

wollen.

(18)

297

Die Schüler Menachem's und Dunasch's im Streite

über lynrnns nap.

Von David Kaufinann.

Dunasch b. Labrat leitet die klassische Stelle seiner hebräisch¬

arabischen Sprachvergleichung, in der, richtig verstanden, ein An¬

satz des sog. semitischen Lautverschiebungsgesetzes zu erkennen ist,

mit den folgenden Worten ein (mmen ed. Filipowski p. 67 f.):

lyjaffliis n-i-i^ayn iniDbn?: (Jes. 14, 19) ain ■'ryiaa iTinc id ikint

■jiTöbb ni-iasn iiTBbn m72ib isb ni: i72S<n dni . nia")»n iiiaba ,a-iyn iiizsba DyttianD aiian n-iriB nns es nrn '^a-'UJN jn-iaiyn j'^mwm "^mNn 'jsTinBa •^'ima, (Gen. 3, 16) "^npiusn -jiij't« bsi tos ,(Jes. 47,2) TTD-p i:nüi ,p;yn nau riNT^ "^-ima (Cant. 4,9) p:» insai on nyafflKia o-'b^an nbs -itipd -pN dnt jWriairs iJi-inD ^".m^

n-'aisn lifflbb niiasn ",Tajb mi:ib [dazu bestimmen ^ =] "itaBiC D3Tins ifflN nnayn >) 11 a b ^lan nspi: ^b -^iiyN [^Ls —] ■'::ni

■'nffi nb« 1.] maiffibm mbM ttü -'S '^yrnnb niaisa umvnz's

nrmsa qib-'n Di-iana on-'S-'a bau ,iTb it r\v2i-\ [msiiabn

,[cy =] V'Tia V'^>^i =] i'^toa ^'noi ,[^=] b"73ua V'^y

biEOn ,üna i:iann =] q'sa n"-'m ,[3 n"bTa f-'Ti

on nbNT Dn''Eib''ria. Der des Arabischen von Kindesbeinen an

gewohnte Afrikaner Dunasch insinuirt hier dem sich dagegen spröde

und ablehnend verhaltenden Spanier Menachem b. Saruk, auch er

habe in seinem Wörterbuche fast unwillkürlich zur Erklärung

mancher hebräischer Wörter auf die lautverwandten arabischen

hingedeutet. Dass es eine unbegründete Insinuation ist, kann keinem

zweifelhaft sein , der Menachem's Werk und seinen Geist kennt.

1) Die Varianteu stammen aus cod. Stern 7 (Parma).

2 3 *

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