§ 3 Pseudokonvexit¨ at und Levi-Bedingung
Definition. Ein Gebiet G ⊂ C
nheißt pseudokonvex, falls es eine streng pluri- subharmonische C
∞-Aussch¨ opfungsfunktion f¨ ur G gibt.
Bemerkungen.
1. Nach dem Gl¨ attungs-Lemma ist klar: Ist − log δ
Gplurisubharmonisch, so ist G pseudokonvex.
2. Pseudokonvexit¨ at ist invariant unter biholomorphen Transformationen.
3.1 Theorem. Ist G ⊂ C
nein pseudokonvexes Gebiet, so gen¨ ugt G dem Konti- nuit¨ atsprinzip.
Beweis: Sei p : G → R eine streng plurisubharmonische Aussch¨ opfungsfunktion.
Wir nehmen an, es gibt eine Familie {S
t: 0 ≤ t ≤ 1} von analytischen Scheiben, gegeben durch eine stetige Abbildung ϕ : ∆ × [0, 1] → C
n, so daß S
0⊂ G und bS
t⊂ G f¨ ur jedes t ∈ [0, 1] gilt, dass aber nicht alle S
tin G enthalten sind.
Die Funktionen p ◦ ϕ
t: ∆ → R sind f¨ ur jedes t mit S
t⊂ G subharmonisch. Aus dem Maximumprinzip folgt, dass p|S
t≤ max
bStp f¨ ur alle t gilt.
Wir setzen t
0:= inf{t ∈ [0, 1] : S
t6⊂ G}. Dann ist t
0> 0 und S
t0⊂ G, und S
t0trifft ∂G in wenigstens einem Punkt z
0. Wir k¨ onnen eine monoton wachsende Folge (t
ν) finden, die gegen t
0konvergiert, sowie eine Folge von Punkten z
ν∈ S
tν, die gegen z
0konvergiert. Dann konvergiert p(z
ν) gegen c
0:= sup
G(p), aber es gibt ein c < c
0, so dass p|
bSt≤ c f¨ ur alle t ∈ [0, 1] gilt. Das ist ein Widerspruch.
3.2 Folgerung. Ist G pseudokonvex, so ist G Hartogs-konvex.
3.3 Theorem. Ist G ⊂ C
nein Hartogs-konvexes Gebiet, so ist − log δ
Gauf G plurisubharmonisch.
Beweis: F¨ ur z ∈ G und u ∈ C
nmit kuk = 1 definieren wir δ
G,u(z) := sup{t > 0 : z + τ u ∈ G f¨ ur |τ | ≤ t}.
Dann ist δ
G(z) = inf {δ
G,u(z) : kuk = 1}, und es reicht zu zeigen, dass − log δ
G,uf¨ ur jedes feste u plurisubharmonisch ist.
(a) Leider braucht δ
G,unicht stetig zu sein, die Funktion ist aber halbstetig nach unten:
Sei z
0∈ G ein beliebiger Punkt und c < δ
G,u(z
0). Dann ist die kompakte Menge K := {z = z
0+ τ u : |τ| ≤ c} in G enthalten, und es gibt ein δ > 0, so dass {z : dist(K, z) < δ} ⊂ G ist.
F¨ ur z ∈ B
δ(z
0) und |τ| ≤ c haben wir
k(z + τ u) − (z
0+ τ u)k = kz − z
0k < δ, und daher δ
G,u(z) ≥ c.
(b) Die Funktion − log δ
G,uist halbstetig nach oben, und wir m¨ ussen zeigen, dass s(ζ) := − log δ
G,u(z
0+ ζb)
f¨ ur feste u, z
0, b subharmonisch ist. Zun¨ achst untersuchen wir den Fall, dass u und b linear abh¨ angig sind: b = λu, λ 6= 0.
Sei G
0die Zusammenhangskomponente von 0 in {ζ ∈ C : z
0+ ζb ∈ G}. Dann gilt:
δ
G,u(z
0+ ζb) = sup{t > 0 : z
0+ ζb + τ u ∈ G f¨ ur |τ | ≤ t}
= sup{t > 0 : ζ + τ /λ ∈ G
0f¨ ur |τ | ≤ t}
= |λ| · sup{r > 0 : ζ + σ ∈ G
0f¨ ur |σ| ≤ r}
= |λ| · δ
G0(ζ), und − log δ
G0ist subharmonisch.
(c) Jetzt nehmen wir an, dass u und b linear unabh¨ angig sind. Da diese Vekto- ren festgehalten werden, k¨ onnen wir uns auf die folgende spezielle Situation be- schr¨ anken:
n = 2, z
0= 0, b = e
1, und u = e
2.
Dann ist s(ζ) = − log sup{t > 0 : (ζ, τ) ∈ G f¨ ur |τ| ≤ t}. Wir benutzen holomor- phe Funktionen, um zu zeigen, dass s subharmonisch ist. Seien R > r > 0 reelle Zahlen, so dass (ζ, 0) ∈ G f¨ ur |ζ| < R ist, und sei f : ∆(0, R) → C eine holomorphe Funktion, so dass s < h := Re f auf ∂∆(0, r) ist. Wir m¨ ussen zeigen, dass s < h auf ∆(0, r) ist.
Wir haben die folgenden ¨ Aquivalenzen:
s(ζ) < h(ζ) ⇐⇒ sup{t > 0 : (ζ, τ) ∈ G f¨ ur |τ| ≤ t} > e
−h(ζ)⇐⇒ ζ, c · e
−f(ζ)∈ G f¨ ur c ∈ ∆.
(d) Wir definieren eine holomorphe Abbildung F durch F(z
1, z
2) := rz
1, z
2e
−f(rz1).
Dann ist F auf einer Umgebung des Einheitspolyzylinders P
2= P
2(0, 1) wohldefi- niert. Es muss gezeigt werden, dass F(P
2) ⊂ G ist. Wir wissen schon:
1. F(z
1, z
2) ∈ G f¨ ur |z
1| = 1 und |z
2| ≤ 1, weil s(t) < h(t) auf ∂ ∆(0, r) ist.
2. F(z
1, 0) ∈ G f¨ ur |z
1| ≤ 1, weil (ζ, 0) ∈ G f¨ ur |ζ| ≤ r ist.
Diese Tatsachen werden wir benutzen, um eine geeignete Hartogs-Figur zu kon-
struieren. Zun¨ achst halten wir fest:
J
F(z
1, z
2) =
r 0
∗ e
−f(rz1), also det J
F(z
1, z
2) 6= 0.
Aus dem Satz ¨ uber die Umkehrabbildung folgt, dass F biholomorph ist.
F¨ ur 0 < δ < 1 definieren wir h
δ: C
2→ C
2durch h
δ(z
1, z
2) := (z
1, δz
2), und dann wenden wir h
δauf die folgende kompakte Menge an:
C := {(z
1, z
2) ∈ C
2: (|z
1| ≤ 1, z
2= 0) oder (|z
1| = 1, |z
2| ≤ 1)} ⊂ P
2. Das ergibt die Menge
C
δ:= h
δ(C) = {(z
1, z
2) ∈ C
2: (|z
1| ≤ 1, z
2= 0) oder (|z
1| = 1, |z
2| ≤ δ)}.
Es ist F(C
δ) ⊂ G, wie wir oben gesehen haben, und daher C
δ⊂ F
−1(G).
F¨ ur 0 < ε < min(δ, 1 − δ) definieren wir eine Umgebung U
εvon C
δdurch U
ε:=
{(z
1, z
2) ∈ C
2: (|z
1| < 1 + ε, |z
2| < ε) oder (1 − ε < |z
1| < 1 + ε, |z
2| < δ + ε)}.
Wenn wir ε klein genug w¨ ahlen, ist U
ε⊂ F
−1(G).
Schließlich setzen wir H
ε:= h
−1δ(U
ε∩ P
2) ∩ P
2. Dann ist H
ε= {(z
1, z
2) ∈ P
2: (z
1, δz
2) ∈ U
ε∩ P
2}
= n
(z
1, z
2) ∈ C
2: |z
1| < 1, |z
2| < ε δ
oder (1 − ε < |z
1| < 1, |z
2| < 1) o .
|z
1|
|z
2|
C
H
ε1 − ε
ε/δ
|z
1|
|z
2| δ
rC
δU
εε
Da (P
2, H
ε) eine euklidische Hartogs-Figur ist, ist (F ◦ h
δ(P
2), F ◦ h
δ(H
ε)) eine allgemeine Hartogs-Figur mit F ◦ h
δ(H
ε) ⊂ F(U
ε∩ P
2) ⊂ G. Da G Hartogs-konvex ist, muss F ◦ h
δ(P
2) ⊂ G sein. Das gilt f¨ ur jedes δ < 1. Weil P
2= S
0<δ<1
h
δ(P
2) ist, muss F(P
2) ⊂ G sein. Damit ist alles gezeigt.
3.4 Theorem. Die folgenden Aussagen ¨ uber ein Gebiet G ⊂ C
nsind ¨ aquivalent:
1. G gen¨ ugt dem Kontinuit¨ atsprinzip.
2. G ist Hartogs-konvex.
3. − log δ
Gist plurisubharmonisch auf G.
4. G ist pseudokonvex.
Beweis:
Die Aussagen (1) = ⇒ (2), (2) = ⇒ (3) und (4) = ⇒ (1) haben wir schon gezeigt, (3) = ⇒ (4) folgt aus dem Gl¨ attungslemma.
3.5 Theorem. Sind G
1, G
2⊂ C
npseudokonvexe Gebiete, so ist auch G
1∩ G
2pseudokonvex.
Beweis: Die Aussage ist trivial, wenn man Hartogs-Konvexit¨ at benutzt.
3.6 Theorem. Sei G
1⊂ G
2⊂ . . . ⊂ C
neine aufsteigende Folge pseudokonvexer Gebiete. Dann ist auch G := S
∞ν=1
G
νpseudokonvex.
Beweis: Die Behauptung folgt unmittelbar aus dem Kontinuit¨ atsprinzip, wenn man folgendes ber¨ ucksichtigt: Ist (S
t) eine Familie analytischer Scheiben, so sind die Mengen S
0und S
0≤t≤1
bS
tkompakt.
3.7 Theorem. Ein Gebiet G ⊂ C
nist genau dann pseudokonvex, wenn es eine offene ¨ Uberdeckung (U
ι)
ι∈Ivon G gibt, so dass U
ι∩ G f¨ ur jedes ι ∈ I pseudokonvex ist.
Beweis:
” = ⇒“ ist trivial, denn Kugeln und Polyzylinder sind pseudokonvex. Die andere Richtung wird in zwei Schritten gezeigt. Zun¨ achst nehmen wir an, dass G be- schr¨ ankt ist.
Zu jedem Punkt z
0∈ ∂G gibt es eine offene Menge U
ι, so dass z
0∈ U
ιund G ∩ U
ιpseudokonvex ist. Wenn wir eine so kleine Umgebung W = W (z
0) ⊂ U
ιw¨ ahlen, dass dist(z, ∂U
ι) > dist(z, z
0) f¨ ur jedes z ∈ W ∩ G ist, so ist δ
G(z) = δ
G∩Uι(z) auf W ∩ G. Daraus folgt, dass es eine offene Umgebung U = U(∂G) gibt, so dass gilt:
− log δ
Gist plurisubharmonisch auf U ∩ G. Dann ist G \ U ⊂⊂ G. Wir definieren c := sup{− log δ
G(z) : z ∈ G \ U},
und
p(z) := max − log δ
G(z), kzk
2+ c + 1 .
Dann ist p eine plurisubharmonische Aussch¨ opfungsfunktion, und nach dem Gl¨ attungs-
lemma ist G pseudokonvex.
Ist G unbeschr¨ ankt, so schreiben wir G als Vereinigung einer aufsteigenden Folge von Gebieten G
ν:= B
ν(0) ∩G. Jedes G
νist beschr¨ ankt und erf¨ ullt die n¨ otigen Vor- aussetzungen, ist also pseudokonvex. Dann ist auch G ein pseudokonvexes Gebiet.
Definition. Sei G ⊂ C
nein Gebiet. Der Rand von G heißt glatt in z
0∈ ∂G, falls es eine offene Umgebung U = U (z
0) ⊂ C
nund eine Funktion % ∈ C
∞(U ; R ) gibt, so dass gilt
1. U ∩ G = {z ∈ U : %(z) < 0}.
2. (d%)
z6= 0 f¨ ur z ∈ U .
Die Funktion % heißt eine lokale definierende Funktion (oder Randfunktion ).
Bemerkung. O.B.d.A. k¨ onnen wir annehmen, dass %
yn6= 0 ist. Dann gibt es nach dem Satz ¨ uber implizite Funktionen Umgebungen
U
0von (z
00, x
(0)n) = z
1(0), . . . , z
n−1(0), x
(0)n∈ C
n−1× R , U
00von y
(0)n∈ R , und eine C
∞-Funktion γ : U
0→ U
00so daß gilt:
{(z
0, x
n, y
n) ∈ U
0× U
00: %(z
0, x
n+ i y
n) = 0} = {(z
0, x
n, γ(z
0, x
n)) : (z
0, x
n) ∈ U
0}.
W¨ ahlt man U := {(z
0, x
n+ i y
n) : (z
0, x
n) ∈ U
0und y
n∈ U
00} klein genug und korrigiert man – falls n¨ otig – das Vorzeichen, so kann man erreichen, dass gilt:
U ∩ G = {(z
0, x
n+ i y
n) ∈ U : y
n< γ(z
0, x
n)}.
Insbesondere ist U ∩ ∂G = {z ∈ U : %(z) = 0} eine (2n − 1)-dimensionale differen- zierbare Untermannigfaltigkeit von U.
3.8 Hilfssatz. Ist ∂G in z
0glatt und sind %
1, %
2zwei lokale definierende Funk- tionen auf U = U (z
0), so gibt es eine C
∞-Funktion h auf U , so daß gilt:
1. h > 0 auf U . 2. %
1= h · %
2auf U .
3. (d%
1)
z= h(z) · (d%
2)
zf¨ ur z ∈ U ∩ ∂G.
Beweis: Siehe Analysis 3 !
3.9 Theorem. Sei G ⊂⊂ C
nein beschr¨ anktes Gebiet mit glattem Rand. Dann ist
∂G eine differenzierbare Untermannigfaltigkeit, und es gibt eine globale definierende Funktion.
Beweis: Wir finden offene Mengen V
i⊂⊂ U
i⊂ C
n, i = 1, . . . , N , so dass gilt:
1. {V
1, . . . , V
N} ist eine offene ¨ Uberdeckung von ∂G.
2. F¨ ur jedes i gibt es eine lokale definierende Funktion %
if¨ ur G auf U
i.
3. F¨ ur jedes i gibt es eine glatte Funktion ϕ
i: U
i→ R mit ϕ
i|
Vi≡ 1, ϕ
i|
Cn\Ui≡ 0 und ϕ
i≥ 0 im allgemeinen.
Sei ϕ := P
i
ϕ
i(also ϕ > 0 auf ∂G) und ψ
i:= ϕ
i/ϕ. Dann ist P
i
ψ
i≡ 1 auf ∂G.
Man nennt das System der Funktionen ψ
ieine Teilung der Eins auf ∂G.
Die Funktion % := P
Ni=1
ψ
i%
iist jetzt eine globale definierende Funktion f¨ ur G. Die Details sind leicht zu ¨ uberpr¨ ufen.
Sei nun G ⊂⊂ C
nein beschr¨ anktes Gebiet mit glattem Rand und % : U = U (∂G) → R eine globale definierende Funktion. In jedem z
0∈ ∂G ist der reelle Tangential- raum an den Rand gegeben durch
T
z0(∂G) := {v ∈ T
z0: (d%)
z0(v) = 0}.
Das ist ein (2n − 1)-dimensionaler reeller Unterraum von T
z0. Den Raum H
z0(∂G) := T
z0(∂G) ∩ i T
z0(∂G) = {v ∈ T
z0: (∂%)
z0(v) = 0}
nennt man den komplexen (oder holomorphen ) Tangentialraum des Randes in z
0. Er ist ein (2n − 2)-dimensionaler reeller Unterraum von T
z0, mit einer nat¨ urlichen komplexen Struktur, also ein (n − 1)-dimensionaler komplexer Unterraum
1. Definition. Ein Gebiet G erf¨ ullt in z
0∈ ∂G die Levi-Bedingung (bzw. die strikte Levi-Bedingung ), falls Lev(%) positiv semidefinit (bzw. positiv definit) auf H
z0(∂G) ist.
G heißt Levi-konvex (bzw. strikt Levi-konvex ), falls G in jedem Punkt z ∈ ∂G die Levi-Bedingung (bzw. die strikte Levi-Bedingung) erf¨ ullt.
Bemerkung. Die Levi-Bedingungen h¨ angen nicht von der Wahl der Randfunk- tion ab, und sie sind invariant unter biholomorphen Transformationen.
Ist %
1= h · %
2, mit h > 0, dann gilt f¨ ur z ∈ ∂G:
Lev(%
1)(z, w) = h(z) · Lev(%
2)(z, w) + 2 Re{(∂h)
z(w) · (∂%
2)
z(w)}.
Deshalb unterscheiden sich die Levi-Formen von %
1und %
2auf H
z(∂G) nur durch eine positive Konstante.
Wir wiederholen jetzt einige Tatsachen aus der reellen Analysis:
Eine Menge M ⊂ R
nheißt konvex, falls f¨ ur je zwei Punkte x, y ∈ M auch die abgeschlossene Strecke von x nach y in M enthalten ist. In diesem Fall gibt es
1Hz(∂G) wird oft auch mit Tz1,0(∂G) bezeichnet.
zu jedem Punkt x
0∈ R
n\ M eine reelle Hyperebene H ⊂ R
nmit x
0∈ H und M ∩ H = ∅ .
Ist a ∈ R
n, U = U (a) eine offene Umgebung und ϕ : U → R mindestens C
2, so ist die quadratische Form
Hess(ϕ)(a, w) := X
ν,µ
ϕ
xνxµ(a)w
νw
µbekannt als die Hesse-Form von ϕ in a.
3.10 Satz. Sei G ⊂⊂ R
nein Gebiet mit glattem Rand und % eine globale definie- rende Funktion mit (d%)
x6= 0 f¨ ur x ∈ ∂G. Das Gebiet G ist genau dann konvex, wenn Hess(%) auf jedem Tangentialraum T
x(∂G) positiv semidefinit ist.
Beweis: Sei G konvex und x
0∈ ∂G ein beliebiger Punkt. Dann ist T := T
x0(∂G) eine reelle Hyperebene mit T ∩ G = ∅ . F¨ ur w ∈ T und α(t) := x
0+ tw ist
(% ◦ α)
00(0) = Hess(%)(x
0, w).
Da %(x
0) = 0 und % ◦ α(t) ≥ 0 ist, folgt, dass % ◦ α in t = 0 ein Minimum besitzt.
Dann ist (% ◦ α)
00(0) ≥ 0 und Hess(%) positiv semidefinit auf T .
Sei nun umgekehrt das Kriterium erf¨ ullt und 0 ∈ G. Wir definieren %
εdurch
%
ε(x) := %(x) + ε
N kxk
N.
F¨ ur kleines ε und großes N ist die Menge G
ε:= {x : %
ε(x) < 0} offen, und es ist G
ε⊂ G
ε0⊂ G f¨ ur ε
0< ε, sowie S
ε>0
G
ε= G. Deshalb reicht es zu zeigen, dass G
εkonvex ist.
Die Hesse-Form von %
εist f¨ ur jedes x ∈ ∂G auf T
x(∂G) positiv definit. Das gilt dann aber sogar auf einer ganzen Umgebung U von ∂G. Ist ε klein genug, so ist
∂G
ε⊂ U. Nun sei
S := {(x, y) ∈ G
ε× G
ε: tx + (1 − t)y ∈ G
ε, f¨ ur 0 < t < 1}.
Dann ist S eine offene Teilmenge der zusammenh¨ angenden offenen Menge G
ε× G
ε. Wir nehmen an, dass S keine abgeschlossene Teilmenge ist. Dann gibt es Punkte x
0, y
0∈ G
εund ein t
0∈ (0, 1) mit t
0x
0+ (1 − t
0)y
0∈ ∂G
ε. Also hat die Funktion t 7→ %
ε◦α(t) mit α(t) := tx
0+(1−t)y
0ein Maximum in t
0. Daher gilt: (%
ε◦α)
00(t
0) ≤ 0 und Hess(%
ε)(α(t
0), x
0− y
0) ≤ 0. Das ist ein Widerspruch, es muss S = G
ε× G
εund damit G
εkonvex sein.
Ein Gebiet G = {% < 0} heißt strikt konvex in x
0∈ ∂G, falls Hess(%) in x
0positiv definit ist. Diese Eigenschaft ist unabh¨ angig von % und invariant unter affinen Transformationen.
Jetzt kehren wir zur Levi-Konvexit¨ at zur¨ uck.
3.11 Hilfssatz. Sei U ⊂ C
noffen und ϕ ∈ C
2(U ; R ). Dann ist Lev(ϕ)(z, w) = 1
4 (Hess(ϕ)(z, w) + Hess(ϕ)(z, i w)) . Beweis: Dies ist eine einfache Rechnung!
3.12 Theorem. Sei G ⊂⊂ C
nein Gebiet mit glattem Rand. Dann sind die folgenden Aussagen ¨ aquivalent:
1. G ist strikt Levi-konvex.
2. Es gibt eine offene Umgebung U = U (∂G) und eine streng plurisubharmo- nische Funktion % ∈ C
∞(U; R ), so daß U ∩ G = {z ∈ U : %(z) < 0} und (d%)
z6= 0 f¨ ur z ∈ U gilt.
3. Zu jedem z ∈ ∂G gibt es eine offene Umgebung W = W (z) ⊂ C
n, eine offene Menge V ⊂ C
nund eine biholomorphe Abbildung F : W → V , so dass F(W ∩ G) konvex (und sogar strikt konvex) in jedem Punkt von F(W ∩ ∂G) ist.
Beweis:
(1) = ⇒ (2) : Wir w¨ ahlen eine globale definierende Funktion % f¨ ur G und eine offene Umgebung U = U (∂G), so dass % auf U definiert und (d%)
z6= 0 f¨ ur z ∈ U ist. Sei A > 0 eine reelle Konstante und %
A:= e
A%− 1. Dann ist %
Aauch eine globale definierende Funktion und
Lev(%
A)(z, w) = Ae
A%(z)Lev(%)(z, w) + A|(∂%)
z(w)|
2. Die Menge K := ∂G × S
2n−1ist kompakt und
K
0:= {(z, w) ∈ K : Lev(%)(z, w) ≤ 0}
ist eine abgeschlossene Teilmenge. Da Lev(%) positiv definit auf H
z(∂G) ist, ist (∂%)
z(w) 6= 0 f¨ ur (z, w) ∈ K
0. Deshalb gilt:
M := min
K
Lev(%)(z, w) > −∞, C := min
K0
|(∂%)
z(w)|
2> 0.
Wir w¨ ahlen A so groß, dass A · C + M > 0 ist. Dann folgt:
Lev(%
A)(z, w) = A · [Lev(%)(z, w) + A|(∂%)
z(w)|
2] ≥ A · (M + AC) > 0
f¨ ur (z, w) ∈ K
0, und
Lev(%
A)(z, w) > A
2· |(∂%)
z(w)|
2≥ 0 f¨ ur (z, w) ∈ K \ K
0.
Also ist Lev(%
A)(z, w) > 0 f¨ ur jedes z ∈ ∂G und jedes w ∈ C
n\{0}. Aus Stetigkeits- gr¨ unden ist %
Adann sogar in einer Umgebung von ∂G strikt plurisubharmonisch.
(2) = ⇒ (3) : Wir betrachten einen Punkt z
0∈ ∂G und machen einige einfache Koordinatentransformationen:
Durch die Translation z 7→ w = z − z
0ersetzen wir z
0durch den Ursprung, und eine Permutation der Koordinaten sichert, dass %
w1(0) 6= 0 ist.
Die lineare Transformation
w 7→ u = %
w1(0)w
1+ · · · + %
wn(0)w
n, w
2, . . . , w
nergibt u
1= w · ∇%(0)
tund deshalb
%(u) = 2 Re u · ∇(% ◦ w)(0)
t+ Terme vom Grad ≥ 2
= 2 Re u · J
w(0)
t· ∇%(0)
t+ Terme vom Grad ≥ 2
= 2 Re w · ∇%(0)
t+ Terme vom Grad ≥ 2
= 2 Re(u
1) + Terme vom Grad ≥ 2.
Schließlich schreiben wir %(u) = 2 Re(u
1+ Q(u)) + Lev(%)(0, u) + · · · , wobei Q ein quadratisches holomorphes Polynom ist, und machen die biholomorphe Transfor- mation
u 7→ v = (u
1+ Q(u), u
2, . . . , u
n).
Dann folgt:
%(v) = 2 Re(v
1) + Lev(%)(0, v) + Terme vom Grad ≥ 3.
Wegen der Eindeutigkeit der Taylor-Entwicklung ist
%(v) = D%(0)(v) + 1
2 Hess(%)(0, v) + Terme der Ordnung ≥ 3 ,
und deshalb Hess(%)(0, v) = 2 · Lev(%)(0, v) > 0 f¨ ur v 6= 0 (in neuen Koordinaten).
Das funktioniert alles in einer Umgebung, die konvex gew¨ ahlt werden kann.
(3) = ⇒ (1) : Dies folgt aus dem obigen Lemma:
Hess(%) > 0 auf T
z(∂G) = ⇒ Lev(%) > 0 auf H
z(∂G).
Die letztere Eigenschaft ist invariant unter biholomorphen Transformationen.
Ist G ⊂⊂ C
nein Gebiet mit glattem Rand und strikt Levi-konvex, so ist leicht
zu sehen, dass G pseudokonvex ist. Wir wollen beweisen, dass die schwache Levi-
Konvexit¨ at sogar ¨ aquivalent zur Pseudokonvexit¨ at ist. Zu diesem Zweck erweitern
wir die Randdistanz zu einer Funktion auf dem C
n.
d
G(z) :=
δ
G(z) f¨ ur z ∈ G, 0 f¨ ur z ∈ ∂G,
−δ
Cn\G(z) f¨ ur z 6∈ G.
3.13 Hilfssatz. −d
Gist ein glatte definierende Funktion f¨ ur G.
Beweis: Wir benutzen reelle Koordinaten x = (x
1, . . . , x
N) mit N = 2n. Es ist klar, dass G = {x : −d
G(x) < 0} ist.
Sei x
0∈ ∂G ein beliebiger Punkt und % : U (x
0) → R eine lokale definierende Funktion. Wir k¨ onnen annehmen, dass %
xN(x
0) 6= 0 ist. Dann gibt es nach dem Satz ¨ uber implizite Funktionen eine Produkt-Umgebung U
0× U
00von x
0in U und eine glatte Funktion h : U
0→ R , so dass gilt:
{(x
0, x
N) ∈ U
0× U
00: %(x
0, x
N) = 0} = {(x
0, h(x
0)) : x
0∈ U
0}.
Es folgt, dass 0 = ∇
x0%(x
0, h(x
0)) + %
xN(x
0, h(x
0)) · ∇h(x
0) ist.
Im Punkt (x
0, h(x
0)) ∈ ∂G steht der Gradient ∇%(x
0, h(x
0)) auf ∂G senkrecht und ist nach außen gerichtet. Wir benutzen jetzt das Vektorfeld η := ∇%
k∇%k . Dann ist η = (η
0, η
N), mit
η
0:= ∇
x0%
k∇%k und η
N:= %
xNk∇%k , und es folgt: η
0(x
0, h(x
0)) = − η
N(x
0, h(x
0)) · ∇h(x
0).
Jeder Punkt y in einer gen¨ ugend kleinen Umgebung des Randes besitzt eine eindeu- tig bestimmte Darstellung y = x + t · η(x), wobei t = −d
G(y) und x der Punkt ist, wo das Lot von y auf ∂G den Rand trifft. Wir definieren nun die glatte Abbildung F : U
0× R → R
Ndurch
y = F(x
0, t) := (x
0, h(x
0)) + t · η(x
0, h(x
0)).
Dann gibt es glatte Funktionen A und b, so dass gilt:
J
R,F(x
0, t) =
E
N−1+ t · A(x
0) η
0(x
0, h(x
0))
t∇h(x
0) + t · b(x
0) η
N(x
0, h(x
0))
,
und daher
det J
R,F(x
0, 0) = det
E
N−1−η
N(x
0, h(x
0)) · ∇h(x
0)
t∇h(x
0) η
N(x
0, h(x
0))
= η
N(x
0, h(x
0)) · det
E
N−1−∇h(x
0)
t∇h(x
0) 1
= η
N(x
0, h(x
0)) · det
E
N−1−∇h(x
0)
t0
01 + k∇h(x
0)k
2= η
N(x
0, h(x
0))(1 + k∇h(x
0)k
2) 6= 0.
Es folgt, dass es ein ε > 0 gibt, so dass F die Menge U
0×(−ε, ε) diffeomorph auf eine Umgebung W = W (x
0) abbildet und U
0×{0} auf ∂G ∩ W . Da d
G(x+t · η(x)) = −t f¨ ur |t| < ε und gen¨ ugend kleines ε gilt, folgt außerdem, dass d
G= (−t) ◦ F
−1nahe
∂G eine glatte Funktion ist. Ist p
0durch p
0(x
0, t) := (x
0, 0) definiert, so ist die Projektion
p = F ◦ p
0◦ F
−1: x + t · η(x) 7→ x, f¨ ur x ∈ ∂G,
eine glatte Abbildung, und d
Gist durch d
G(y) = σ · ky − p(y)k gegeben, wobei σ = 1 f¨ ur y ∈ G ist, und sonst ¨ uberall σ = −1.
F¨ ur y 6∈ ∂G ist
(d
G)
yν(y) = σ ky − p(y)k ·
N
X
k=1
(y
k− p
k(y))(δ
kν− (p
k)
yν(y))
= σ
ky − p(y)k ·
y
ν− p
ν(y) − (y − p(y)
p
yν(y))
N,
und daher
∇d
G(y) = σ
ky − p(y)k · [y − p(y) − Dp(y)(y − p(y))] .
Aus der Beziehung %(p(y)) ≡ 0 folgt die Gleichung Dp(y)(∇%(p(y))) = 0. Aber y − p(y) ist ein Vielfaches von ∇%(p(y)). Damit ergibt sich
∇d
G(y) = σ · y − p(y)
ky − p(y)k = ± ∇%(p(y)) k∇%(p(y))k . N¨ ahert sich y dem Rand ∂G, so erh¨ alt man ∇d
G(y) 6= 0.
E.E. Levi zeigte, dass jedes Holomorphiegebiet mit glattem Rand Levi-konvex ist, und dass der Rand eines strikt Levi-konvexen Gebietes G lokal die
” nat¨ urliche Grenze“ f¨ ur eine holomorphe Funktion in G ist. Hier beweisen wir das folgende Resultat, das manchmal als
” Satz von Levi“ bezeichnet wird.
3.14 Theorem. Ein Gebiet G mit glattem Rand ist genau dann pseudokonvex, wenn es Levi-konvex ist.
Beweis:
(1) Sei G pseudokonvex. Die Funktion −d
Gist eine glatte Randfunktion f¨ ur G, und
− log d
G= − log δ
Gist plurisubharmonisch auf G, wegen der Pseudokonvexit¨ at.
Wir berechnen
Lev(− log d
G)(z, w) = 1
d
G(z) · Lev(−d
G)(z, w) + 1
d
G(z)
2· |(∂ (d
G))
z(w)|
2.
Dieser Ausdruck ist auf G nicht-negativ. Ist z ∈ G, w ∈ T
zund (∂(d
G))
z(w) = 0,
so folgt, dass Lev(−d
G)(z, w) ≥ 0 ist. Das bleibt auch f¨ ur z → ∂G richtig, also
erf¨ ullt −d
Gdie Levi-Bedingung.
(2) Sei G Levi-konvex. Wir nehmen an, dass G nicht pseudokonvex ist. Dann gibt es in jeder Umgebung U des Randes einen Punkt z
0, wo die Levi-Form von − log δ
Geinen negativen Eigenwert besitzt. Das bedeutet, dass es einen Vektor w
0gibt, so dass gilt:
ϕ
ζζ(0) = Lev(log δ
G)(z
0, w
0) > 0, f¨ ur ϕ(ζ) := log δ
G(z
0+ ζw
0).
Wir betrachten die Taylor-Entwicklung ϕ(ζ) = ϕ(0) + 2 Re(ϕ
ζ(0)ζ + 1
2 ϕ
ζζ(0)ζ
2) + ϕ
ζζ(0)|ζ|
2+ · · ·
= ϕ(0) + Re(Aζ + Bζ
2) + λ|ζ|
2+ · · · ,
mit komplexen Konstanten A, B und einer reellen Konstante λ > 0.
Wir w¨ ahlen einen Punkt p
0∈ ∂G mit δ
G(z
0) = kp
0− z
0k und ein beliebiges ε > 0.
Dann kann eine analytische Scheibe ψ : ∆(0, ε) → C
ndurch ψ(ζ) := z
0+ ζw
0+ exp(Aζ + Bζ
2)(p
0− z
0)
definiert werden. Es ist ψ(0) = z
0+ exp(0) · (p
0− z
0) = p
0, und wir wollen zeigen, dass ψ(ζ) ∈ G ist, f¨ ur 0 < |ζ| < ε und beliebig kleines ε.
Da ϕ(ζ) ≥ ϕ(0) + Re(Aζ + Bζ
2) + (λ/2)|ζ|
2nahe ζ = 0 ist, folgt:
δ
G(z
0+ ζw
0) = exp(ϕ(ζ))
≥ exp(ϕ(0)) ·
exp Aζ + Bζ
2· exp λ
2 |ζ|
2> δ
G(z
0) ·
exp Aζ + Bζ
2=
exp Aζ + Bζ
2(p
0− z
0) ,
f¨ ur kleines ζ 6= 0. Das bedeutet, dass wir ε so w¨ ahlen k¨ onnen, dass ψ(ζ) f¨ ur 0 <
|ζ| < ε in G liegt. Die analytische Scheibe ber¨ uhrt ∂G von innen.
f (ζ) = d
G(ψ (ζ)) ist eine glatte Funktion mit einem isolierten lokalen Minimum bei ζ = 0 und f (0) = 0. Deshalb ist (∂f )
0(1) = 0 und
f (ζ) = Re f
ζζ(0)ζ
2+ f
ζζ(0)|ζ|
2+ Terme der Ordnung ≥ 3.
Außerdem ist Hess(f)(0, v) ≥ 0 f¨ ur alle v und > 0 f¨ ur mindestens ein v. F¨ ur jedes t ist daher Re f
ζζ(0)e
2it+ f
ζζ(0) = Hess(f )(0, e
it) ≥ 0 (und > 0 f¨ ur mindestens ein t). Daraus folgt:
Lev(d
G)(p
0, ψ
0(0)) = f
ζζ(0) > 0.
Das ist ein Widerspruch zur Levi-Bedingung in p
0, weil −d
Geine definierende
Funktion f¨ ur G ist.
§ 4 Holomorphie-Konvexit¨ at
Wir wollen einige Beziehungen zwischen Pseudokonvexit¨ at und affiner Konvexit¨ at untersuchen. Zun¨ achst stellen wir einige Eigenschaften konvexer Gebiete im R
Nzusammen.
Sei L die Menge der affin-linearen Funktionen f : R
N→ R mit f(x) = a
1x
1+ · · · + a
Nx
N+ b, a
1, . . . , a
N, b ∈ R .
Ist M eine konvexe Menge und x
0ein Punkt, der nicht in M enthalten ist, so gibt es eine Funktion f ∈ L mit f(x
0) = 0 und f|
M< 0. F¨ ur jedes c ∈ R ist die Menge {x ∈ R
N: f (x) < c} ein konvexer Halbraum.
Definition. Sei M ⊂ R
Neine beliebige Teilmenge. Dann nennt man die Menge H(M) := n
x ∈ R
N: f (x) ≤ sup
M
f, f¨ ur alle f ∈ L o die affin-konvexe H¨ ulle von M .
4.1 Satz. Seien M, M
1, M
2⊂ R
Nbeliebige Teilmengen. Dann gilt:
1. M ⊂ H(M ).
2. H(M ) ist abgeschlossen und konvex.
3. H(H(M )) = H(M ).
4. Ist M
1⊂ M
2, so ist H(M
1) ⊂ H(M
2).
5. Ist M abgeschlossen und konvex, so ist H(M ) = M . 6. Ist M beschr¨ ankt, so ist H(M ) ebenfalls beschr¨ ankt.
Beweis: (1) ist trivial.
(2) Ist x
06∈ H(M), so gibt es ein f ∈ L mit f (x
0) > sup
Mf. Weil f stetig ist, ist f (x) > sup
Mf in einer Umgebung von x
0. Deshalb ist H(M ) abgeschlossen.
Als Durchschnitt von konvexen Halbr¨ aumen ist H(M) ebenfalls konvex.
(3) folgt aus (5).
(4) ist trivial.
(5) Sei M abgeschlossen und konvex. Ist x
06∈ M , so gibt es einen Punkt y
0∈ M,
so dass dist(x
0, M) = dist(x
0, y
0) ist. Sei z
0ein Punkt auf der offenen Strecke von
x
0nach y
0. Dann ist z
06∈ M , und es gibt eine Funktion f ∈ L mit f (z
0) = 0 und
f |
M< 0. Da t 7→ f(tx
0+ (1 − t)y
0) eine monotone Funktion ist, ist f (x
0) > 0 und
deshalb x
06∈ H(M ).
(6) Ist M beschr¨ ankt, so gibt es ein R > 0, so dass M in der abgeschlossenen konvexen Menge B
R(0) enthalten ist. Also ist H(M ) ⊂ B
R(0).
Bemerkung. H(M ) ist die kleinste abgeschlossene konvexe Menge, die M enth¨ alt.
4.2 Theorem. Ein Gebiet G ⊂ R
Nist genau dann konvex, wenn mit K ⊂⊂ G stets auch H(K) ⊂⊂ G ist.
Beweis: Sei G ein konvexes Gebiet und K ⊂⊂ G eine Teilmenge. Dann ist H(K) abgeschlossen und in der beschr¨ ankten Menge H(K) enthalten. Daher ist H(K) kompakt, und man muss nur noch zeigen, daß H(K ) ⊂ G ist. Wenn es einen Punkt x
0∈ H(K) \ G gibt, dann gibt es auch eine Funktion f ∈ L mit f(x
0) = 0 und f |
G< 0. Es folgt, dass sup
Kf < 0 und f (x
0) > sup
Kf ist. Das ist ein Widerspruch zur Relation x
0∈ H(K).
Sei umgekehrt das Kriterium erf¨ ullt. Wenn x
0, y
0zwei Punkte von G sind, dann ist K := {x
0, y
0} eine relativ-kompakte Teilmenge von G. Es folgt, dass H(K) in G enthalten ist. Da H(K ) abgeschlossen und konvex ist, muss auch die abgeschlossene Strecke von x
0nach y
0in G enthalten sein. Deshalb ist G konvex.
Jetzt ersetzen wir affin-lineare Funktionen durch holomorphe Funktionen.
Definition. Sei G ⊂ C
nein Gebiet und K ⊂ G eine Teilmenge. Die Menge K b = K b
G:= n
z ∈ G : |f (z)| ≤ sup
K
|f|, f¨ ur alle f ∈ O(G) o heißt die holomorph-konvexe H¨ ulle von K in G.
4.3 Satz. Ist G ⊂ C
nein Gebiet und sind K, K
1, K
2Teilmengen von G, so gilt:
1. K ⊂ K. b
2. K b ist abgeschlossen in G.
3. b K b = K. b
4. Ist K
1⊂ K
2, so ist K b
1⊂ K c
2.
5. Ist K beschr¨ ankt, so ist auch K b beschr¨ ankt.
Beweis: (1) ist trivial.
(2) Sei z
0ein Punkt von G \ K. Dann gibt es eine holomorphe Funktion b f auf
G mit |f (z
0)| > sup
K|f |. Aus Stetigkeitsgr¨ unden gilt diese Ungleichung auf einer
ganzen Umgebung U = U (z
0) ⊂ G. Also ist G \ K b offen.
(3) sup
Kb
|f | ≤ sup
K|f |.
(4) ist trivial.
(5) Ist K beschr¨ ankt, so ist K in einem abgeschlossenen Polyzylinder P
n(0, r) enthalten. Die Koordinatenfunktionen z
νsind auf G holomorph. F¨ ur z ∈ K b ist
|z
ν| ≤ sup
K|z
ν| ≤ r. Also ist auch K b beschr¨ ankt.
Definition. Ein Gebiet G ⊂ C
nwird holomorph-konvex genannt, wenn mit K ⊂⊂ G auch K b ⊂⊂ G ist.
Beispiel.
In C ist jedes Gebiet holomorph-konvex:
Sei K ⊂⊂ G eine beliebige Teilmenge. Dann ist K b beschr¨ ankt, und es bleibt zu zeigen, dass der Abschluss von K b in G enthalten ist. Gibt es einen Punkt z
0∈ K b \ G, so liegt z
0in ∂ K b ∩ ∂G. Wir betrachten die holomorphe Funktion f(z) := 1/(z − z
0) in G. Ist (z
ν) eine Folge in K, die gegen b z
0konvergiert, so ist |f (z
ν)| ≤ sup
K|f | ≤ sup
K|f | < ∞. Das ist ein Widerspruch!
Im Falle n ≥ 2 werden wir zeigen, dass es Gebiete gibt, die nicht holomorph-konvex sind. Allerdings gilt:
4.4 Satz. Ist G ⊂ C
nein affin-konvexes Gebiet, so ist G holomorph-konvex.
Beweis: Sei K relativ-kompakt in G. Dann ist H(K ) ⊂⊂ G. Ist z
0ein Punkt in G \ H(K), so gibt es eine affin-lineare Funktion λ ∈ L mit λ(z
0) > sup
Kλ. Indem wir λ durch λ − λ(0) ersetzen, k¨ onnen wir annehmen, dass λ eine homogen-lineare Funktion der Form
λ(z) = 2 Re(α
1z
1+ · · · + α
nz
n).
Dann ist f (z) := exp(2·(α
1z
1+· · ·+α
nz
n)) holomorph auf G und |f (z)| = exp(λ(z)).
Deshalb ist |f(z
0)| > sup
K|f | und z
0∈ G \ K. Dies zeigt, dass b K b ⊂⊂ G ist.
Im allgemeinen ist Holomorphie-Konvexit¨ at eine viel schw¨ achere Eigenschaft als die affine Konvexit¨ at.
Sei G ⊂ C
nein Gebiet und ε > 0 eine kleine reelle Zahl. Wir definieren G
ε:= {z ∈ G : δ
G(z) ≥ ε}.
Hier sind einige Eigenschaften der Menge G
ε:
1. Ist z ∈ G, so gibt es ein ε > 0, so dass δ
G(z) ≥ ε ist.
Deshalb ist G = S
ε>0
G
ε.
2. Ist ε
1≤ ε
2, so ist G
ε1⊃ G
ε2.
3. G
εist eine abgeschlossene Teilmenge des C
n: Ist n¨ amlich z
0∈ C
n\ G
ε, so ist entweder z
0∈ G und δ
G(z
0) < ε, oder z
06∈ G. Im letzteren Falle ist die Kugel B
ε(z
0) in C
n\ G
εenthalten. Ist z
0∈ G \ G
εund δ := δ
G(z
0), so ist δ < ε und B
ε−δ(z
0) ⊂ C
n\ G
ε. Also ist C
n\ G
εoffen.
4.5 Hilfssatz. Sei G ⊂ C
nein Gebiet, K ⊂ G kompakt und f eine holomorphe Funktion auf G. Ist K ⊂ G
ε, so gibt es zu jedem δ mit 0 < δ < ε eine Konstante C > 0, so dass die folgende Ungleichung erf¨ ullt ist:
sup
K
|D
αf (z)| ≤ α!
δ
|α|· C.
Beweis: F¨ ur 0 < δ < ε ist G
0:= {z ∈ G : dist(K, z) < δ} offen und relativ- kompakt in G, und f¨ ur jedes z ∈ K ist der abgeschlossene Polyzylinder P
n(z, δ) in G
0⊂ G enthalten. Ist T der ausgezeichnete Rand des Polyzylinders und |f | ≤ C auf G
0, so folgt aus den Cauchy-Ungleichungen:
|D
αf(z)| ≤ α!
δ
|α|· sup
T
|f | ≤ α!
δ
|α|· C.
4.6 Satz von Cartan–Thullen. Ist G ein schwaches Holomorphiegebiet, so ist G holomorph-konvex.
Beweis: Sei K ⊂⊂ G. Wir wollen zeigen, dass K b ⊂⊂ G ist. Sei ε := dist(K, C
n\ G) ≥ dist(K, C
n\ G) > 0. Offensichtlich liegt K in G
ε.
Wir behaupten, dass die holomorph-konvexe H¨ ulle K b sogar in G
εliegt. Angenom- men, das w¨ are nicht so. Dann g¨ abe es ein z
0∈ K b \ G
ε. Sei P = P
n(z
0, ε) und Q die Zusammenhangskomponente von z
0in P ∩ G. Da P sowohl G als auch C
n\ G trifft, folgt aus dem Lemma ¨ uber Randkomponenten, dass es einen Punkt z
1∈ P ∩ ∂Q ∩ ∂G gibt.
Sei nun f eine holomorphe Funktion auf G. In einer Umgebung U = U (z
0) ⊂ G hat f eine Taylor-Entwicklung
f(z) = X
ν≥0
a
ν(z − z
0)
ν, mit a
ν= 1
ν! D
νf (z
0).
Die Funktion z 7→ a
ν(z) :=
ν!1D
νf(z) ist holomorph auf G. Deshalb ist |a
ν(z
0)| ≤ sup
K|a
ν(z)|. Nach dem Lemma gibt es zu jedem δ mit 0 < δ < ε ein C > 0, so dass sup
K|a
ν(z)| ≤ C/δ
|ν|ist. Dann gilt:
|a
ν(z − z
0)
ν| ≤ C ·
|z
1− z
1(0)| δ
ν1· · ·
|z
n− z
n(0)| δ
νn.
Auf jedem Polyzylinder P
n(z
0, δ) wird die Taylorreihe durch eine geometrische Rei- he majorisiert. Also konvergiert sie auf P gegen eine holomorphe Funktion f b . Es ist f = f b nahe z
0und dann auch auf Q. Weil z
1in P ∩ ∂Q ∩ ∂G liegt, kann f in z
1nicht vollst¨ andig singul¨ ar sein. Das ist ein Widerspruch, weil f eine beliebige holomorphe Funktion in G und G ein schwaches Holomorphiegebiet ist.
Sei G ⊂ C
nein Gebiet. Ist G holomorph-konvex, so wollen wir eine holomorphe Funktion auf G konstruieren, die in jedem Randpunkt voll singul¨ ar wird. Dazu benutzen wir
” normale Aussch¨ opfungen“.
Definition. Eine normale Aussch¨ opfung von G ist eine Folge (K
ν) von kompak- ten Teilmengen von G so dass gilt:
1. K
ν⊂⊂
◦
(K
ν+1), f¨ ur jedes ν.
2. S
∞ν=1
K
ν= G.
4.7 Theorem. Jedes Gebiet G im C
nbesitzt eine normale Aussch¨ opfung. Ist G holomorph-konvex, so gibt es eine normale Aussch¨ opfung (K
ν) mit K b
ν= K
νf¨ ur alle ν.
Beweis: Im allgemeinen ergibt K
ν:= P
n(0, ν)∩G
1/νeine normale Aussch¨ opfung.
Ist G sogar holomorph-konvex, so ist K b
ν⊂⊂ G f¨ ur alle ν. Induktiv konstruieren wir eine neue Aussch¨ opfung.
Sei K
1∗:= K b
1. Sind die kompakten Mengen K
1∗, . . . , K
ν−1∗schon konstruiert, mit K b
j∗= K
j∗f¨ ur j = 1, . . . , ν − 1, und K
j∗⊂⊂
◦
(K
j+1∗), so gibt es ein λ(ν) ∈ N , so daß K
ν−1∗⊂
◦
(K
λ(ν)) ist. Sei K
ν∗:= K b
λ(ν).
Offensichtlich ist (K
ν∗) eine normale Aussch¨ opfung mit K b
ν∗= K
ν∗.
4.8 Theorem. Sei (K
ν) eine normale Aussch¨ opfung von G mit K b
ν= K
ν, λ(µ) eine streng monoton wachsende Folge nat¨ urlicher Zahlen und (z
µ) eine Folge von Punkten mit z
µ∈ K
λ(µ)+1\ K
λ(µ).
Dann gibt es eine holomorphe Funktion f auf G, so dass |f (z
µ)| unbeschr¨ ankt ist.
Beweis: Die Funktion f wird als Grenzfunktion einer unendlichen Reihe f = P
∞µ=1
f
µkonstruiert. Induktiv definieren wir holomorphe Funktionen f
µauf G, so daß gilt:
1. |f
µ|
Kλ(µ)< 2
−µf¨ ur µ ≥ 1.
2. |f
µ(z
µ)| > µ + 1 +
µ−1
X
j=1
|f
j(z
µ)| f¨ ur µ ≥ 2.
Sei f
1:= 0. Dann nehmen wir f¨ ur µ ≥ 2 an, dass f
1, . . . , f
µ−1schon konstruiert worden sind. Da z
µ∈ K
λ(µ)+1\ K
λ(µ)und K b
λ(µ)= K
λ(µ)ist, gibt es eine holomorphe Funktion g auf G, so dass |g(z
µ)| > q := sup
Kλ(µ)
|g | ist. Nach Multiplikation mit einer geeigneten Konstante (z.B. mit % := 2/(q + |g(z
µ)|)) k¨ onnen wir erreichen:
|g(z
µ)| > 1 > q.
Setzen wir f
µ:= g
k, mit einem gen¨ ugend großen k, so hat f
µdie Eigenschaften (1) und (2).
Wir behaupten, dass P
µ
f
µauf G kompakt konvergiert. F¨ ur den Beweis halten wir erst einmal fest, daß es zu einer beliebigen kompakten Teilmenge K ⊂ G immer ein µ
0∈ N gibt, so daß K ⊂ K
λ(µ0)ist. Nach Konstruktion gilt sup
K|f
µ| < 2
−µf¨ ur µ ≥ µ
0. Da die geometrische Reihe P
µ
2
−µauf K eine Majorante der Reihe P
µ
f
µist, konvergiert die Reihe der f
µnormal auf K. Also ist f = P
µ
f
µauf G holomorph. Außerdem gilt:
|f (z
µ)| ≥ |f
µ(z
µ)| − X
ν6=µ
|f
ν(z
µ)|
> µ + 1 − X
ν>µ
|f
ν(z
µ)|
> µ + 1 − X
ν>µ
2
−ν(denn z
µ∈ K
λ(ν)f¨ ur ν > µ)
≥ µ (denn X
ν≥1