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Der Atomausstieg muss zwingend vors Volk | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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43 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 11-2012

Der fundamentale Unterschied der Strom- zur Mobilitäts- und Wärme-Energiepolitik besteht darin, dass, wenn ein Atomausstieg be- schlossen werden sollte, eine Umkehr schwie- rig, in Teilen sogar unmöglich wird. Ist der In- dustriestandort einmal geschwächt und sind wesentliche Produktionsanlagen ins Ausland verlegt, ist dies irreparabel. Unumkehrbar sind auch langfristige Finanzierungen und Fi- nanzierungszusagen für sich als unrentabel erweisende Infrastrukturen und Strompro- duktionsarten wie Photovoltaik und Wind.

Für politische Regelungen, die für ein Land geradezu schicksalshaft sind, ist eine Frage zentral: Wann sind durch wen welche Entscheide zu treffen? Die Frage nach einem Atomausstieg ist so fundamental, dass über sie in einem Grundsatzentscheid vor irgend- welchen Einzelbeschlüssen – aber in deren Kenntnis – zu entscheiden ist. Eine solche Fundamentalentscheidung indirekt über die Abstimmung von Einzelbeschlüssen umge- hen zu wollen, ist nicht statthaft. Angesichts der Fülle und Variabilitäten möglicher Folge- massnahmen müssen nämlich auch solche, die den Ausstieg ablehnen, das Recht behal- ten, gegebenenfalls an der Gestaltung einer kernkraftfreien Stromzukunft mitzuwirken.

Entscheid auf Verfassungsstufe

Der Ausstiegs-Grundsatzentscheid muss auf Verfassungsstufe fallen. Nebst verfas- sungsrechtlichen Gründen gebietet dies auch die «politische Weisheit». Nur so kann eine Akzeptanz erreicht werden, welche erst eine befriedete Energiezukunft zu gewährleisten vermag. Daran müssten eigentlich auch Bun- desrat, Parlament und Kernkraftgegner inte- ressiert sein.

Einer Grundsatzentscheidung auswei- chen zu wollen, mit der Begründung, ein Ausstieg entspreche offenkundig einer kla- ren Mehrheitsmeinung, wäre nur dann nicht opportunistisch, wenn von einem solchen Mehrheitswillen mit hoher Wahrscheinlich- keit ausgegangen werden könnte. Allein schon Plausibilitätsüberlegungen sind es, die einen solchen Wahrscheinlichkeitsgrad aus- schliessen:

− Die uns wirtschaftlich konkurrierende Welt setzt grösstenteils weiterhin auf die Kernkraft. Die dort lebenden Menschen

sind ja nun aber nicht à priori dumm und verantwortungslos. Vielmehr entscheiden sie sich für die Kernkraft, weil sie wissen, so bessere Chancen im weltweiten Wirt- schaftswettbewerb zu haben.

− Die Stromproduktion mit Kernkraftwer- ken ist finanziell, bezüglich Versorgungssi- cherheit wie auch hinsichtlich des Klimas, der Landschaftsbelastung und den Infra- strukturerfordernissen zusammen mit der Wasserkraft (und eventuell der Geother- mie) den Alternativen weit überlegen. Ihr Haupteinwand betrifft die Sicherheit. Die- se in einem rational erfassbaren Vergleich zu anderen Risiken zu relativieren, ist bei einer umfassenden Aufklärung durchaus realistisch und möglich.

− Von den heutigen Kernkraft-Ländern will vor allem Deutschland aussteigen. Dessen Kernkraftanteil betrug (2007) 22,5%, der schweizerische dagegen 40%. Zudem hat Deutschland Kohle. Wir haben keine fos- silen Rohstoffe. Obwohl somit weniger gefordert als die Schweiz, hat sich Deutschland mit der Neuausrichtung sei- ner Stromversorgung desaströse, schon jetzt jährlich rund 25 Mrd. Franken kos- tende Probleme aufgeladen.

Gravierende negative Folgen zu befürchten

Meine Ausführungen lassen erahnen, dass ich – anders als bei der Wärme- und Mo- bilitätsenergiepolitik – im Strombereich an das Funktionieren der Energiestrategie 2050 nicht glaube. Zumindest aber beurteile ich deren negative Folgen als so gravierend, dass die Schweiz bei einem Ausstieg wirtschaftlich ein anderes (ärmeres) Land würde. In solchen Schicksalssituationen haben wir einen durch nichts zu ersetzenden Vorteil: dass nämlich Volk und Stände darüber befinden können.

Auch die Energiestrategie 2050 muss deshalb einen Weg hierfür aufzeigen und dabei un- ser direktdemokratisches Selbstverständnis hochhalten. Vorab und prioritär haben Bun- desrat und Parlament eine klar formulierte Verfassungsbestimmung vorzuschlagen. Die- se hat zu gewährleisten, dass Volk und Stände sich unzweideutig zur Frage äussern können, ob wir eine schweizerische Stromzukunft mit oder ohne Kernkraft wollen. m

Der Atomausstieg muss zwingend vors Volk

Die Energiestrategie 2050 ist für den Souverän in ihren Konsequen- zen nicht leicht zu verstehen. Ver- einfacht gesagt ist sie ein Konglo- merat von drei Energiepolitiken:

Mobilität, Wärme und Strom.

In prinzipieller Hinsicht unstrit- tig sind Mobilität und Wärme.

Es geht hier um Reduktionen des Verbrauchs fossiler Energieträger und deren teilweisen Ersatz durch Solarthermie, Biomasse, Geother- mie und Strom. Die dafür vorgese- henen Massnahmen sind denn auch einfach zu verstehen.

Diametral anders verhält es sich mit der Strom-Strategie, die eine radikale Umkehr will: weg von der Kernkraft, hin zu Gaskombi- kraftwerken, Importen und neuen erneuerbaren Energien. Hier muss das Volk mitreden können.

Rolf Schweiger Alt Ständerat, Präsident der Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz AVES

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