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Pflanzen und Tiere in Sachsen- Anhalt
ein Kompendium der Biodiversität
27.8.2015
Dr. Dieter Frank & Dr. Peer Schnitter
Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
FB Naturschutz
Biodiversität?
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Biodiversität?
„Jedes Land hat dreierlei Reichtümer: materielle, kulturelle und biologische.
Die beiden ersten verstehen wir sehr gut, denn sie sind die Grundlage unseres täglichen Lebens.
Der Kern des Biodiversitätsproblems besteht darin, dass biologischer Reichtum sehr viel weniger ernst genommen wird. Das ist ein kapitaler strategischer
Fehler, den man mit der Zeit mehr und mehr bedauern wird.“
E. O. W
ILSON(1992)
Die biologische Vielfalt umfasst vier Ebenen
• Genetische Diversität
• Artendiversität
• Ökosystem-Diversität
• Funktionale Biodiversität
Die biologische Vielfalt umfasst vier Ebenen
• Genetische Diversität
• Artendiversität
• Ökosystem-Diversität
• Funktionale Biodiversität
Übersichten zur Artenvielfalt
Erste Zusammenstellung der gesamten Artenvielfalt eines größeren Gebietes in der westlichen Welt durch Federico Cesi (1585–1630)
• 1603 Gründung der Accademia dei Lincei
• Sitz in Rom, Villa Farnesina
Villa Farnesina um 1720
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H
ERNANDEZet al. (1651): Rerum medicarum
Novae Hispaniae thesaurus . – Rom, 1089 S.
Erforschung der Artenvielfalt in Sachsen-Anhalt
• Halle ein traditionsreicher Wissenschaftsstandort
• Projekte zu einzelnen Artengruppen (Ehrenamt, MLU, ILN)
• 1991 Gründung des Landesamtes für Umweltschutz (LAU)
• Aufbau eines neuen Fachgebietes „Arten- und Biotopschutz“
• Seit Anbeginn enge Zusammenarbeit mit Artspezialisten
– Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen (MLU, UFZ, FH) – Förderung ehrenamtlicher Arbeitsgruppen, Vereine, Einzelpersonen – Koordinierung gemeinsamer Projekte zur Analyse der Biodiversität – Netzwerk von Artspezialisten
• Schrittweiser Erkenntniszuwachs
– Rote Listen ab 1992
– Arten- und Biotopschutzprogramme ab 1997 – Bestandssituation der Pflanzen und Tiere 1999
– Spezialuntersuchungen und Monographien zu einzelnen Artengruppen
– Spezialuntersuchungen und Monographien zu FFH-Arten
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Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt
• Erscheint 2015 beim Verlag natur+text Rangsdorf
• > 1000 Seiten, Format 18 x 24 cm, 250 Abb.
• Herausgegeben von D. Frank und P. Schnitter im Auftrag des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt
• Gefördert mit Mitteln der Europäischen Union und des Landes Sachsen-Anhalt
77 Artengruppen
7 Checklisten
36 Bestandssituation
34 Bestandsentwicklung
84 Autoren
62 Bildautoren
Artengruppen und Bearbeiter
mehr als 2000 Arten
Großpilze (Täglich)
Farn- u. Blütenpflanzen (Frank) Schmetterlinge (Karisch)
mehr als 1000 Arten
Phytoparasit. Kleinpilze (Jage) Algen (Täuscher)
Kurzflügler (Scholze)
mehr als 500 Arten
Flechten (Stordeur) Moose (Schütze)
Rüsselkäfer (Schneider) Webspinnen (Kielhorn) Wanzen (Göricke)
mehr als 200 Arten
Zikaden (Witsack) Wespen (E. Stolle) Laufkäfer (Schnitter) Wildbienen (Saure) Vögel (Dornbusch) Blattkäfer (Bäse)
Schwebfliegen (Jentzsch)
Wasserbew. Käfer (Spitzenberg) Raupenfliegen (Ziegler)
Köcherfliegen (Hohmann)
Weichtiere (Körnig)
Bearbeitete Taxa
Phylogenie und Klassifikation der Eukaryoten: Adl et al. (2012)
Methodik
Artengruppenübergreifende Standards, Abkürzungen und Auswertungen
Inhaltliche Kohärenz, Nomenklatur, räumliche Gliederung, Kategorisierung, RL, Schutzstatus, invasive Arten, Verantwortungsarten, Erfolgsarten
Artengruppen (Manuskriptrichtlinie)
• Einführung
Biologie, Ökologie, Bedeutung
• Datengrundlagen
Historische und aktuelle Arbeiten, Projekte, Datenbanken
• Spezielle Methodik
Nomenklatorisch-taxonomischer Bezug, Schwellenwerte
• Statistik, Gefährdungsanalyse, Anmerkungen zu einzelnen Arten
• Literaturverzeichnis
• Artentabelle
– Checkliste (Artenliste + Nachweis)
– Bestandssituation (zusätzlich Angaben zum Status und zur Häufigkeit der Arten) – Bestandsentwicklung (zusätzlich Angaben zu Bestandstrends)
• Hinweis auf Synonyme
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Methodik
Statistische Auswertung
• 77 Artengruppen
– 7 Checklisten
– 36 Bestandssituation – 34 Bestandsentwicklung
– 31 Differenzierung des Bezugsraums
• Bearbeitete Arten (gesamt) ca. 22.500
• Ausgestorben/verschollen (soweit einschätzbar) ca. 1.300
• Eingebürgerte Neobiota (soweit einschätzbar) ca. 700
• Unbeständige Neobiota (soweit einschätzbar) ca. 300
• Natürliche Gäste (soweit einschätzbar) ca. 300
• Besonders geschützte Arten ca. 1.400
• Streng geschützte Arten ca. 96
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Gefährdungsursachen
• Intensivierung und Uniformierung der Landnutzung
Lebensstil, Ressourcenverbrauch, Flächenverbrauch, Flächenzerschneidung, Eliminierung von Randstrukturen, wenige Kulturarten, gleichzeitige Bearbeitung großer Flächen, drastische Reduzierung Humusgehalt, Erosion, Pestizide, Hormone, Freisetzung von
Stickstoffverbindungen, Melioration, kurzfristige Gewinnorientierung
• Einbringung von Neobiota
Aktiv: Zierpflanzen, Nutzpflanzen, Energiepflanzen, Pelztiere, Aquarien, Terrarien Passiv: Verkehrswege, Kanäle, Ballastwasser, Handelsverpackungen, biologische Schädlingsbekämpfung, Gartenauswurf, Bodentransport
• Kenntnis- und Interessensdefizite breiter Bevölkerungsschichten
Schulische bis universitäre Ausbildung, persönliche Naturbezüge, innerfamiliäre Wissensweitergabe, Wertigkeit von ökosystemaren Kenntnissen/Erfahrungen
• Erhebliche kontinuierliche Nährstoffeinträge
• Drastische Reduzierung von Feuchtgebieten
• Vernichtung von Sonderstandorten
• Aufgabe der Nutzungskontinuität (historisch alte Wälder, historisch
alte Grünlandnutzungen)
Gefährdungsursachen (Tierarten)
413 Art- oder arealbezogene Spezifika, biologische Risikofaktoren
Natürliche Seltenheit (387)
207 Forstwirtschaft
Waldbauliche Maßnahmen (134), Aufforstung waldfreier Flächen (43), Aufgabe alter Nutzungsformen (22)
185 Landwirtschaft, Garten-, Obst- und Weinbau, Imkerei
Nutzung und Neugewinnung von Flächen (60), Strukturverlust/ Flurbereinigung (40), Sukzession infolge Nutzungsaufgabe (32), Aufgabe alter Nutzungsformen (19)
176 Wasserbau, Wassernutzung, Maßnahmen der Gewässerunterhaltung, Schifffahrt
Verrohrung/ Gewässerbefestigung, -ausbau (33), Begradigung/ Veränderung der natürlichen Linienführung (30), Staustufenbau/
Querbauwerke/ Barrieren (28), Unterbindung der Auendynamik (10), Grundwasserabsenkung (14)
53 Schadstoff-, Nährstoff-, Licht- und Lärmeinflüsse, Entsorgung
Diffuser Nährstoffeintrag/ Eutrophierung (34)
39 Verkehr und Energie
Zerschneidung von Biotopen und Landschaften durch Verkehrswegebau (16)
37 Bauliche Maßnahmen und Rohstoffgewinnung
Rekultivierungsmaßnahmen von Abbaugebieten (22)
35 Raum- und infrastrukturelle Veränderungen, Planung
Verlust dörflicher Strukturen, Verstädterung (15), Fragmentierung und Isolation in der offenen Landschaft (11)
27 Natürliche Prozesse und Ereignisse, Klimaeinflüsse
Sukzession in natürlichen/ nicht genutzten Lebensräumen (17)
21 Jagd/ Wildschäden
Waldwiesen- und Waldmoorumwandlungen (Wildäcker/Wildwiesen) (14)
17 Binnenfischerei, Teichwirtschaft
16 Aufgabe der militärischen Nutzung von Truppenübungsplätzen
10 Verdrängung durch nicht heimische oder gentechnisch veränderte Organismen
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Verbleibende Kenntnisdefizite
• Bisher nicht (ausreichend) bearbeitete Artengruppen
Algen (weitere einzellige) Ameisen (Formicidae)
Amöben, Schalenamöben, Amöboide Einzeller Archaeen
Bakterien (weitere) Bandwürmer (Cestoda) Bärtierchen (Tardigrada) Bauchhärlinge (Gastrotricha) Beintastler (Protura)
Doppelschwänze (Diplura) Endobionten
Fächerflügler (Strepsiptera) Fadenwürmer (Nematoda) Fischchen (Zygentoma) Fischläuse (Branchiura) Flagellaten, Amöboflagellaten Fliegen (Brachycera)
Flohkrebse (Amphipoda) Foraminiferen (Foraminifera) Fransenflügler (Thysanoptera) Hakensaugwürmer (Monogenea)
Käfer (Polyphaga)
Kratzwürmer (Acanthocephala) Legimmen (Terebrantia)
Milben (Acari)
Moostierchen (Bryozoa) Mücken (Nematocera) Muschelkrebse (Ostracoda) Myporrhizapilze
Pflanzenläuse (Sternorrhyncha) Pflanzenwespen (Symphyta)
Pilzgruppen (weitere; z.B. anaerobe, parasitische) Pseudoskorpione (Pseudoscorpiones)
Rädertierchen (Rotatoria) Ruderfußkrebse (Copepoda) Saitenwürmer (Nematomorpha) Saugwürmer (Trematoda)
Schimmelpilze, Fliegentöterpilze Schwebegarnelen (Mysida) Staubläuse (Psocoptera) Strudelwürmer (Turbellaria)
Süßwasserschwämme (Spongillidae) Tierläuse (Phthiraptera)
Wenigfüßer (Pauropoda) Wimpertierchen
Zwergfüßer (Symphyla)
Ausblick
• Schließen von Kenntnislücken
• Kontinuierliche Aktualisierungen bisheriger Kenntnisse
– Landesweite Grunderfassung – Stichprobenerfassung
• Regionale und zentrale Koordinationsstellen mit Fachpersonal
• Vergleichende Auswertungen
• Frühwarnsysteme (Neobiota, Gefährdungen)
• Information der Öffentlichkeit, Politikberatung
• Informationsweitergabe an Nachwuchsspezialisten
• Aus- und Weiterbildungen zur Biologie und Ökologie von Arten
• In-Wert-Setzung der natürlichen biologischen Vielfalt
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