PRONOMEN UND VERBUM IM DÄGBÄNNE (NORDGHÄNA)
Von Brigitta Benzing, Mainz
Durch ein DÄÄD-Stipendium wurde mir in der Zeit von November 1967
bis Äpril 1968 ein Feldforschungs-Äufenthalt zur abschließenden Mate¬
rialaufnahme für meine Studien über die Geschichte und die politische
Organisation der Dagomba in Nordghana ermöglicht. Dieser Äufenthalt
gab mir auch Gelegenheit, in der Stadt Tamale und im Dorf Voghü, ca.
30 km nordwestlich von Tämäle, einige Sprachstudien in Dägbiinn6 zu
betreiben.
Das Dagbanne - eigentlich Dägb4nl6 - ist nach Diedrich Westermann
eine Sprache der Gur-Sprachgruppe, Untergruppe Mossi' und nach Joseph
Gbeenberg eine Sprache der Niger-Kongo-Sprachgruppe, Untergruppe
,, Voltaic"*. Es wird heute, nach dem Bevölkerungszensus von 1960, von
263000 Menschen gesprochen. Die Dagomba (Sg Dägbänä, PI Dägbambä
< Dägbänbä) bilden die zahlenmäßig und kulturell bedeutendste Bevölke¬
rungsgruppe Nordghanas.
Über das Dagbanne sind vor allem die Publikationen von vier Forschern,
darunter zwei Äfrikanern, zu nennen: von Rudolf Fisch 1912/1913, von
John Okraku 1917, von Emmanuel Tamakloe 1941, und von W. Ä. A.
Wilson seit 1963. Ferner sind von großer Bedeutung die bisher unveröffent¬
lichten Ärbeiten von Hans Huppenbauer, Basel, der das Material dafür
in den Jahren 1912-1916 sammeln konnte.
Die Ärbeiten der frühen Autoren kranken alle daran, daß die Tonstruk¬
tur der Sprache entweder kaum, oder überhaupt nicht berücksichtigt
worden ist. So schreibt Rudolf Fisch in seiner 1912 erschienenen Grammatik
der Dagomba-Sprache über die Töne des Dagbanne: ,, Leider ist dies in den
afrikanischen Sprachen wichtige Kapitel nicht genügend berücksichtigt
worden. Ich beschränkte mich, die Silben mit dem Starkton durch einen
Akzent zu bezeichnen. Diese Silbe hat wohl stets den hohen Ton"*. Sogar
in der Einleitung des 1961 beim Bureau of Ghana Languages in der Serie
1 Wbstebmann, Diedbich, Die westlichen Sudansprachen und ihre Beziehun¬
gen zum Bantu, Beiheft zu MSOS Jahrg. XXX, Berhn 1927, p. 121-128.
2 Gbeenbebg, Joseph H., The Languages of Africa, in: International Jour¬
nal of American Linguisties Bd. 29 Nr. 1, Bloomington 1963; p. 8 wird die
Untergruppe Nr. 3 ,,Gur" genannt, auf der Karte ,, Summary of Classification"
dagegen als ,, Voltaic" bezeichnet (I. A. 3). ' p. 3 f.
,, Language Guides" ersehienenen Bändchens über das Dagbanne heißt es
nooh: „Dagbani is not a tonal language, though there are certain word
tones which are important. As a general rule accented syllables are on a
higher tone than unaccented ones. The sentence tones however may alter
this"*. In jüngster Zeit nun ist, vor allem seitens englischer und amerika¬
nischer Missionare, das Bemühen festzustellen, auch der Phonetik des Dag¬
banne und anderer Sprachen Nordghanas stärkere Aufmerksamkeit zu
schenken ; dieses Bemühen zeigt sich in der vom Institute of African Studies
herausgegebenen Serie ,, Collected Language Notes", deren Bände 1-6 sich
mit den Sprachen Kasem, Sisala, Konkomba, Vagala, Basari und Dagaari
beschäftigen. Allerdings verfällt man nun in das andere Extrem, die Spra¬
chen nur noch phonetisch zu untersuchen, ohne sich um einen Einblick in
die grammatikalische Struktur der Sprache zu bemühen. Dabei werden auf
dem Papier die Töne mit Hilfe einer äußerst komplizierten Zeichensprache
markiert, die den Charakter von Noten hat, und bei der die Ton Veränderun¬
gen keine Gesetzmäßigkeiten erkennen lassen, die über zufällige Überein¬
stimmungen hinausgingen.
Wenn nun hier der Versuch unternommen wird, einige der Ergebnisse
der am Rande betriebenen Sprachstudien zu unterbreiten, so, um an Hand
einiger Beispiele, die nur den Anfang einer gründlicheren üntersuchung
bilden können, zu verdeutlichen, wie eng im Dagbanne die Verbindung von
Tonstruktur und grammatikalischer Struktur ist, und um aufzuzeigen, daß
sich in dieser Sprache Gesetzmäßigkeiten in der Tonstruktur in Abhängig¬
keit von der grammatikalischen Struktur herausarbeiten lassen.
Es wird oft behauptet, für einen Afrikaner, der als Muttersprache eine
Tonsprache spreche, sei es leicht, die Tonstruktur jeder beliebigen anderen
Tonsprache sofort mit Leichtigkeit zu erfassen. Abgesehen von dem Zu¬
geständnis einer Prädisposition dadurch, daß einem solchen Menschen, im
Gegensatz zum Europäer, das Phänomen Tonsprache an sich bekannt ist,
läßt sich diese Behauptung nicht aufrecht erhalten, die ja voraussetzen
würde, daß alle Tonsprachen die gleichen oder sehr ähnliche tonale Regeln,
d. h. Gesetzmäßigkeiten, aufweisen würden, die sich leicht von der einen
zur anderen Sprache anwenden lassen würden. Daß dies nicht der Fall ist,
zeigt sich in dem in Ghana zum Schlagwort gewordenen Ausdruck ,,Da-
gomba-Twi", der nichts anderes besagt, als daß ein von einem Dagomba
gesprochenes Twi sich in den Tönen von einem korrekt gesprochenen Twi
unterscheidet. Dabei hat das Dagbanne eine Tonstruktur, die an Diffe¬
renziertheit der des Twi nicht nachsteht; aber diese Tonstruktur weist
eben ganz eigene tonale Regeln auf, die sich nicht einfach auf das Twi über¬
übertragen lassen.
* Introduction p. 5.
Das Nomen. Daß sich die Substantiva im Dagbanne in durch Suffixe
charakterisierte Klassen einordnen lassen, ist bekannt. Bisher ist aber noch
nie die Feststellung gemacht worden, daß alle Klassensuffixe, sowohl für
den Singular als auch für den Plural, abgesehen von ganz wenigen Aus¬
nahmen, hochtonig sind, wogegen die den Wortstamm bildenden Silben
gleichermaßen hohe und/oder tiefe Töne tragen können. Es seien einige
Beispiele hier angefülirt, die beliebig aus hunderten von neu-aufgenomme-
nen Substantiva herausgegriffen sind :
Endung d-he: Sg bi-ä, PI bi-he Kind (Stamm bi- ist hochtonig)
sü-4, PI sü-he Messer (Stamm sü- ist tieftonig)
Endung gd-si: Sg vÄl-gä, PI val-se Buschtier (Stamm väl- ist hochtonig)
lün-gä, PI lün-s6 Sanduhrtrommel (Stamm lün- ist
tieftonig)
Endung le-d: Sg dund^o-le, PI dünd°o-y-ä Tür (Stamm dünd^ö- ist
tief-hoch)*.
Bei Zusammensetzungen von Substantiva fällt die Klassen-Endung ab,
wobei interessanterweise auch deren Hochton nicht bewahrt bleibt:
Beispiele :
lün' dodle Trommel-Stock (< lün-gä Trommel)
koör' kpäle Schaber-Griff (< k^ör-gü Schaber)
kö' düghü Wasser-Topf (< köm Wasser).
Außer in solchen und ähnlichen Zusammensetzungen tritt das Nomen im
Dagbanne nie ohne die Singular- oder Plural-Endung auf. Wenn wir die
Töne der einfachen Nomina genauer betrachten, machen wir die Fest¬
stellung, daß diese Nomina, bis auf die wenigen schon erwähnten Ausnah¬
men mit tieftoniger Endung, nur 9 mögliche Ton-Kombinationen aufweisen
können, da die letzte Silbe immer hochtonig sein muß :
1. bei zweisilbigen Wörtern:
' ' hoch-hoch, wie: säghäm = feste Speise
^ ' tief-hoch, wie : wöhü = Pferd
2. bei dreisilbigen Wörtern:
' ' ' hoch-hoch-hoch, wie: täkörö = Fenster (Twi: tökürü?)
^ ' ' tief-hoch-hoch, wie: tükärö = Baobab-Blatt
^ ' tief-tief-hoch, wie: shishirgä = Art von Eichhörnchen
3. hei viersilbigen Wörtern, die so selten sind, daß sich bisher noch nicht mit
Sicherheit sagen läßt, ob es sich dabei nicht um Zusammensetzungen han¬
delt, kommt jedoch bisher nur eine einzige Ton-Kombination vor:
^ ^ ^' tief-tief-tief-hoch, wie: gälinzhyäghü = Art von großem Baum.
^ ° bedeutet Labialisierung; sie kann nach den Konsonanten b, d, g, k, s, vor¬
kommen.
Bei einfachen und nicht im Satz genannten Substantiva kommen demnach
nur Hoch-oder Tieftöne, nicht aber Mitteltöne vor. Das bedeutet, daß der
Mittelton, da wo er beim Substantiv auftritt, eine Modifizierung des nur
Tief- und/oder Hochtöne tragenden Wortstammes anzeigt. Was bedeutet
nun eine solche Modifizierung ?
Fisch schrieb in seiner Grammatik der Dagomba-Sprache' : , ,Das Dagbane
kennt keine Deklination, der Kasus eines Substantives wird durch
a) seine Stellung im Satz angedeutet.
b) Sehr oft werden Kasusverhältnisse durch Postpositionen ausgedrückt.
Diese Postpositionen sind eigentlich Substantive.
c) Kasusverhältnisse werden ferner dmch Verben, . . ., ausgedrückt".
In Wirklichkeit werden aber im Dagbanne Kasusverhältnisse, außer durch
die Wortstellung, noch durch Ton-Modifikationen angezeigt, freilich nicht,
wie wir es erwarten würden, in beständigen, vom vorangegangenen Sub¬
stantiv oder vom Verbum des Satzes unabhängigen Formen. Der Hocker
z. B. heißt in Dagbanne küghä (mit 2 Hochtönen). Tritt dieses Nomen als
Subjekt eines Satzes auf, so bleibt es in den Tönen unverändert als küghä
stehen: ,,kügho dü" heißt ,,ein Hocker ist hoch". Wird es dm-ch ein anderes
Substantiv näher bestimmt, etwa als: Hocker einer Frau, so verändern
sich die beiden Hochtöne des Nomens in Mitteltöne: ,,p4gh' küghä",
wörtlich: einer Frau Hocker. Das Substantiv Frau, päghä, ändert dabei
seinen Ton nicht. Mache ich nun küghä zum Satzobjekt und drücke aus:
ich sehe einen Hocker, so heißt das: ,,n nyä küghä", küghä trägt dann
ebenfalls zwei Mitteltöne. Doch kann das Nomen in seiner Stellung als
Objekt nicht gründlich behandelt werden, ohne vorangegangene Beschrei¬
bung der Tonstruktur des Verbums; wir werden gegen Ende dieser Über¬
sicht, nach der Beschreibung der Tonstruktur des Verbums, auf das Nomen
als Satzobjekt zurückkommen.
Das Pronomen. Wir wollen uns hier a) auf die Personalpronomina und b)
auf die Possessivpronomina beschränken,
a) Personalpronomina. Neben den Disjunktiva :
1 Sg mäni
2 Sg nyini
3 Sg ngwüna
1 PI tinöma 2 PI yinamä
3 PI bona, bei denen die 3. Person Singular und Plural als
hochtonig auffällt, kennt das Dagbanne Subjekts- und Objektspronomina,
die immer, wenn auch nioht unbedingt direkt, an ein Verbum gebunden
sind ; sie lauten :
« p. 13 und p. 14.
ISg n-
2 Sg a-
3 Sg ö-
1 PI ti- 2 PI yi- 3 PI bö-.
Dabei fällt auf, daß jeweils die 1. und 2. Person Singular und Plural hoch¬
tonig sind, während die 3. Person des Singulars und Plurals einen tiefen
Ton trägt. Diese Töne verändern sich nicht, welches auch immer das Tempus
des im Satz folgenden Verbums sein mag.
Beispiele :
n dä = ich kaufte; n darä = ich bin dabei, zu kaufen
ö dä = or kaufte; ö därä = er ist dabei, zu kaufen
rh bü = ich schlug; m bürä = ich bin dabei, zu schlagen'
ö bü = er schlug ; ö bürä = er ist dabei, zu schlagen.
Die Objektspronomina lauten entsprechend:
1 Sg -mä
2Sg -ä
3Sg -ö
1 PI -ti
2 PI -yä
3 PI -bä.
Bei diesen Pronomina sind wir jedoch noch nicht in der Lage zu sagen, ob
und wie sich die Töne je nach Tempus des vorangegangenen Ver bums ver¬
ändern.
b) Possessivpronomina. Sie unterscheiden sich von den Subjektspronomina
nur darin, daß sie Töne aufweisen, die denen der Subjektspronomina ent¬
gegengesetzt sind: die hochtonigen Subjektspronomina der 1. und 2. Per¬
son Singular und Plural sind hier tieftonig, und die tieftonigen Subjekts¬
pronomina der 3. Person Singular und Plural sind hier hochtonig:
1 Sg m mä = meine Mutter m bä = mein Vater
2Sg ä mä ä bä
3Sg ö mä ö bä
1 PI ti mä ti bä
2 PI yi mä yi bd
3 PI bä mä bö bä
ISg h saghäm = meine Speise h züghü = mein Kopf
2Sg ä saghäm k züghü
' n (1. Pers. Sg. vor b und p > m.
3 Sg 6 saghäm 6 züghü
1 PI ti saghäm ti züghü
2 PI yi saghäm yi züghü
3 PI bo saghäm ba züghü.
Die Töne verändern sich beim Satzsubjekt nicht, wenn es zweisilbig und
hochtonig ist ; dagegen verändern sich die Töne eines zweisilbigen Substan¬
tivs des Typs tief-hoch bei der 3. Person Singular und Plural in hoch-tief:
1 Sg h büngä = mein Esel h loghü = mein Köcher
2 Sg ä büngä ä loghü
3 Sg ö büngä ö loghü
1 PI ti büngä ti loghü
2 PI yi büngä yi loghü
3 PI ba büngä ba löghü.
Die Töne eines dreisilbig hohen Substantivs verändern sich nicht :
1 Sg n täkörö = mein Fenster
2 Sg ä täkörö 3 Sg ö täkörö 1 PI ti täkörö 2 PI yi täkörö 3 PI bä täkörö.
Bisher ist noch nicht systematisch untersucht worden, wie sich die Possessiv¬
pronomina verändern, wenn das durch sie bestimmte Nomen im Satz eino
Objekt-Stellung hat. Ein Beispiel sei genannt: aus ,,n küghä", mein Hooker, wird in dem Satz : ich sah meinen Hocker, ,,n nyä n küghä" ; das Possessiv¬
pronomen der 1. Person Singular trägt hier, wie das modifizierte Substan¬
tiv, einen Mittelton.
Das Verbum. Tamakloe schrieb in seiner Dagomba-Grammar' : ,,The
verb in Dagböne is exceedingly hard". Das liegt nicht in den Verbalformen
selbst begründet, sondern einmal darin, daß wir dazu neigen, bestimmte
Elemente als dem Verbum integriert zu betrachten®, die man genauso gut
als reine Adverbien ansehen könnte, wie etwa ,,pun" = schon, ,,yEn" =
gleich, ,,dii" == plötzlich etc. und zum anderen daran, daß wir bisher die
sehr stabile Tonstruktur des Verbums nicht beachtet haben. Die Verb¬
stämme sind ein- oder zweisilbig und tragen, wie die Substantiva, nur tiefe
und/oder hohe Töne. Es kommen nur 4 Ton-Kombinationen bei Verb¬
stämmen vor'":
» p. 2.
• Dazu Wilson, W. A. A., Esquisse du verbe en Dagbani (N. Ghana) in:
Actes du second colloque international de hnguistique Negro -Africaine, Dakar 1963, p. 200-203.
i" Zweisilbige Vorben des Ton-Typs tief-hoch oder hoch-tief sind mir nicht begegnet.
z. B. 1. di 2. yü
Stamm essen, tief
Stamm lieben, hoch
3. d°616 Stamm folgen, hoch-hoch
4. töghsö Stamm sprechen, tief-tief.
Der Infinitiv zeichnet sich allein durch ein präfigiertes, tieftoniges h- aus,
das vor b und p zu m- verändert wird :
n-d^ole folgen
h-töghsö sprechen.
Dieses stets tieftonige h- läßt sich leicht von dem stets hochtonigen Sub¬
jektspronomen der 1. Person Singular, n-, unterscheiden.
Im Präsens wird der Verbstamm in der 1. und 2. Person Singular und
Plural immer hochtonig, mit, bei zweisilbigen Stämmen, Verkürzung der
letzten Silbe, und nimmt ein tieftoniges, suffigiertes Tempus-Element -rä
an; für die 3. Person Singular und Plural dagegen wird er tieftonig, mit
hochtonigem, suffigiertem -rä.
Beispiel :
n di-rä ich esse
4 di-rä ö di-rä ti di-rä yi di-rä hb di-r4
Für alle anderen Tempora lassen sich ebenfalls feste Ton-Regeln aufstellen ;
hier können jedoch nur noch wenige Beispiele genannt werden, die zur Ver¬
deutlichung nötig sind :
Perfekt: n di-yä (1. Pers. Sg.)
Imperativ Sg: di-m4!
Imperativ PI: di-mi-yä!
Neg. Imp. Sg: da-di!
Neg. Imp. PI: dädi-n-yä!''
Dieselben Ton-Regeln gelten auch für alle anderen Verben.
Zum Schluß kommen wir noch einmal, im Zusammenhang mit dem Ver¬
bum, auf das schon erwähnte Satzobjekt zurück. Hier empfiehlt es sich, den
Begriff der Tonbeugung einzuführen, für regelmäßige Veränderungen der
Töne innerhalb von syntaktisch bestimmten Einheiten. Es soll für ver-
" Infigiertes -n- bei einsilbigen, offenen Verbstämmen!
fi-di ü-yü
essen heben
schiedene Möghchkeiten der Tonbeugung je ein repräsentatives Beispiel
vorgeführt werden ; die Töne des Verbstammes haben, was aus den wenigen
Beispielen, die hier aufgeführt werden, nicht hervorgehen kann, keinen Ein¬
fluß auf die Töne des Objektes.
1. säghdm (zweisilbig, hoch-hoch), feste Speise; ndi, essen.
Aorist Präsens
n di säghäm n dir' säghäm
ä di säghäm ä dir' säghäm
ö di säghäm ö dir' säghäm
ti di säghäm ti dir' säghäm
yi di säghäm yi dir' säghäm
bö di säghäm ba dir' säghäm.
Trägt das Satzobjekt 2 Hochtöne, so verändern sich diese im Aorist und im
Präsens für die 1. und 2. Pers. Sg und PI in 2 Mitteltöne; die 3. Pers. Sg und PI behält die Hochtöne.
2. bilngd (zweisilbig, tief-hoch), Esel; ribü, schlagen,
n bü büngä n bür' büngä
ä bü büngä 4 bür' büngä
ö bü büngä ö bür' büngä
ti bü büngä ti bür' büngä
yi bü büngä yi bür' büngä
ba bü büngä ba bür' büngä.
Trägt das Satzobjekt die Töne tief-hoch, so verändern sich diese im Aorist
und Präsens für die 1. und 2. Pers. Sg und PI in Mittelton-Tiefton, für die
3. Pers. Sg und PI in Hochton-Tiefton.
3. täkörö (dreisilbig, hoch-hoch-hoch), Fenster; hnyd, sehen,
n nya täkörö n nyer' täkörö
a nyä täkörö ä riyer' täkörö
ö nyä täkörö ö nyer' täkörö
ti nya täkörö ti nycr' täkörö
yi nyä täkörö yi nyer' täkörö
bä nyä täkörö ba nyer' t4körö.
Trägt das Satzobjekt 3 Hochtöne, so verändern sich diese im Aorist und
Präsens für die 1. und 2. Pers. Sg und PI in 3 Mitteltöne ; die 3. Pers. Sg und PI behält die Hochtöne.
4. tükäre (dreisilbig, tief-hoch-hoch), Baobab-Blatt; rinyd, sehen,
n nyä tükäre n nyer' tükäre
4 ny4 tükäre 4 ny^r' tükäre
ö nyä. tükäre ö ny^r' tükärö
ti nyä tükäre ti nyer' tükäre
yi nyä tükäre yi nylr' tükäre
ba nyä tükäre ba nyer' tükäre.
Trägt das Satzobjekt die Töne tief-hoch-hoch, so verändern sich diese im
Aorist und Präsens für die 1. und 2. Pers. Sg und PI in einen Mittelton und
zwei zweite Mitteltöne, und die 3. Pers. Sg und PI trägt im Aorist einen
Hochton und zwei Mitteltöne, im Präsens dagegen einen Hochton und zwei
Tief töne.
Es wäre nun nötig, die Tonstruktur und insbesondere die Tonbeugung
des Dagbanne, vor allem auch für komphziertere Sätze, weiter systematisch
zu untersuchen und festzustellen, ob sich ähnliche Regeln auch für die
übrigen Gur-Sprachen aufstellen lassen.
ZENTRALNIGERIANISCHEN PLATEAU
Von Ludwig Gerhardt, Hamburg
Im Folgenden möchte ich das Aten oder Ganawuri, eine Klassensprache
des zentralnigerianischen Plateaus, auf seine sprachlichen Beziehungen zu
den benachbarten Sprachen hin untersuchen. Als Quelle für das Aten dient
mir hierbei das etwa 700 Stichwörter umfassende Vokabular von Luc
Bouquiaux'. Das Aten wird von etwa 6700 Menschen in der Birom Tribal
Area der Plateau-Provinz Nordnigerias gesprochen. Die Nachbarsprachen
sind Jarawa oder Afusare im Norden, Birom im Osten und Süden und das
Katab im Westen. Im Aten-Sprachgebiet ist das Birom als zweite Sprache
weit verbreitet.
Da vom Aten nur ein Vokabular und keine größeren Aussprüche vor¬
liegen, läßt sich nicht sagen, in welcher Weise in der Sprache die Erschei¬
nung der Klassenkonkordanz wirksam ist. Das Material läßt nur einige Be¬
merkungen zu den Nominalkategorien zu. Hierüber hat aber Bouquiaux
selbst veröffentlicht*. Die morphologischen Mittel, diuch die im Aten die
einzehien nominalen Klassen gekennzeichnet werden, sind von großer
Mannigfaltigkeit. Die bemerkenswerteste darunter ist eine Veränderung
des stammanlautenden Konsonanten; z. B.: kom, PI. pom ,, Leichnam";
boq, PI. vbq ,, Feder"; j-w-e, PI. de ,,Haus, Gehöft". In dem genannten Voka¬
bular lassen sich zahlreiche Veränderungen dieser Art beobachten.
Es ist mir nicht gelungen, für diese Erscheinungen eine historische Er¬
klärung zu finden. Es ist möglich, daß synchron nicht mehr greifbare
Klassenaffixe für diese morphophonemischen Erscheinungen verantwort¬
lich sind.
Für die historische Untersuchung schwierig wud die Situation nun in allen
den Fällen, in denen ein Nomüialstamm nur in einer einzigen Nominal¬
klasse - etwa ohne Plural - belegt ist, weil hier der Vergleich mit einer nicht
veränderten Form entfällt. In dieser Lage bedeutet das Erstellen einer histo
1 Luc Bouquiaux, A Word List of Aten (Ganawuri), in: The Journal of West
Afriean Languages I, 2, (1964), S. 5-25.
^ Debs., Le systeme des classes nominales dans quelques langues (Birom, Gana¬
wuri, Anaguta, Irigwe, Kaje, Rukuba) appartenant au groupe ,, Plateau"
(Nigeria central) de la sous-famille Benouö-Congo, in: La classification nominale
dans les langues nögro-africaines. Actes du CoUoque International organisö
ä Aix-en-Provence. Paris 1967.
72 Or.-Tg.