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US-Erdgas klimaschädlicher als Kohle und Öl? ökoenergie

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ökoenergie

Europas auflagenstärkste Zeitung für erneuerbare Energien Auflage 100.000 ∙ Nr. 96 ∙ September 2014

Herausgeber: Österreichischer Biomasse-Verband, Franz Josefs-Kai 13, 1010 Wien, GZ 02Z032170S / Verlagspostamt 1010 Wien / Österreichische Post AG / Sponsoring Post

Biomassetag in Salzburg

Der 18. Biomassetag findet heuer am 20. und 21. Oktober in Salzburg statt.

Unter dem Motto „Wertschöpfung und Innovation“ lädt der Österreichische Biomasse-Verband alle Interessierten zur Veranstaltung ein. Auch der traditionell sehr gut besuchte Heizwerke-Betreibertag steht am Programm. Seiten 18 und 19

Durch neue Messungen der Methan-Emissionen in den USA bei Exploration, Förderung, Transport und Verarbei- tung von Erdgas sowie die Einbeziehung eines zwanzigjährigen Betrachtungszeitraums der Klimawirksamkeit fällt die Klimabilanz für Erd- und Schiefergas schlechter aus als für Kohle und Öl. Für US-Wis sen schaft ler Robert W.

Howarth kann deshalb die Zukunft nur den erneuerbaren Energien gehören. Lesen Sie mehr auf Seite 2

Studien verweisen auf höhere Methan-Emissionen

Bioenergie

S O N D E R T H E M A

Die Bioenergie ist der bedeutendste erneuerbare Energieträger in Österreich.

Unter den Erneuerbaren beschäftigt die Branche die meisten Arbeitnehmer, generiert den höchsten Umsatz und trägt einen maßgeblichen Anteil zum Klimaschutz bei. Seiten 21 bis 35

Mehr Energieeffizienz

Mit dem neuen Energieeffizienzge- setz sind alle Energielieferanten an- gehalten, ihren Kunden das Thema nahezubringen. Auch das KWK- Punktegesetz wurde beschlossen.

Grund: die Subvention von hoch- effizienten Gaskraftwerken.

Mehr auf den Seiten 6 und 7

US-Erdgas klimaschädlicher

als Kohle und Öl?

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2 TOPTHEMA / INHALT

Nr. 96 / 2014

ökoenergie

B

ereits 2011 schockier- te Univ.-Prof. Robert W. Howarth von der renommierten Cor- nell University aus dem US-Bun- desstaat New York Politiker und Energiekonzern-Bosse mit der Behauptung, dass die bisher ange- nommenen Methan-Emissionen bei der Erdgas-Exploration und Förderung (upstream-Bereich), dem Transport sowie bei der La- gerung und der Verarbeitung (downstream) zu niedrig seien.

Gleichzeitig kritisierte er den lan- gen Betrachtungszeitraum für die Klimawirksamkeit von Methan (aus Erdgas). Beides zusammen analysiert, ergab eine vernichten- de Bilanz: Erdgas ist klimaschäd- licher als Kohle oder Erdöl.

Neue Untersuchungen

Howarth gab aber damals auch zu, dass zu wenig unabhängi- ges Datenmaterial vorhanden war. Durch die entfachte Debat- te wurden zwischenzeitlich ei- nige Studien über das gesamte Erdgas-System (inklusive Schie- fergas) durchgeführt, die Ho- warths Grundthese bestätigten.

Diese fasste Howarth in einer wissenschaftlichen Publikation im Energy Science & Enginee- ring unter dem Titel „A bridge to nowhere: methan emissions and the greenhouse gas footprint of natural gas“ zusammen.

Geschönte Zahlen?

Im Kreuzfeuer der Kritik liegt die zuständige US-Umweltschutzbe- hörde EPA mit ihrer Festlegung der prozentuellen Methan-Emis- sionen im gesamten Erdgas- system. Bis 2009 hielt sich die Behörde an die eigene Emis- sionsstudie aus dem Jahre 1996, die zusammen mit der Indust- rie erstellt wurde. Darin ist der Emissionswert mit 1,1 % festge- legt – ohne zwischen konventio- nellem Erdgas und Schiefergas zu unterscheiden.

Howarth publizierte 2011 einen Durchschnittswert für Erdgas von 3,8 %, für Schiefergas von 5,8 %. Auch die nachfolgen- den Studien bis Ende 2013 erga- ben eine Bandbreite für das Ge- samtsystem von 3,6 bis 9 %.

Nach einer heftigen medialen Diskussion und interner Revision

erhöhte die EPA Mitte 2011 die Werte für Erdgas auf 2,5 % und veranschlagte für Schiefergas 3 % Verluste. Diese Zahlen galten nur bis 2013, dann wurden die Emis- sionen – auf Drängen der Indus- trie – auf 1,8 % bei konventio- nellem Erdgas reduziert. Diese Prozentangabe liegt aber weiter- hin weit entfernt von den Durch- schnittswerten der wissenschaftli- chen Publikationen.

20 oder 100 Jahre?

Ein weiterer Streitpunkt ist das Treibhauspotenzial (Glo- bal warming potenzial, GWP- Wert) von Methan im Vergleich zu Kohlendioxid. Dies ist eine Messzahl für den Treibhausgas- effekt beziehungsweise die Kli- mawirksamkeit. Methan ist ein vielfach stärkeres Klimagas als Kohlendioxid, verflüchtigt sich aus der Atmosphäre aber auch

INHALT

Die US-Umweltschutzbehörde rechnet mit 1,8 % Methan-Emissionen, obwohl neuere Studien wesentlich höhere Werte angeben (3,6 bis 9 %).

Erdgas ist eine Brücke ins Nirgendwo

TITELGESCHICHTE

Die Menschheit sollte sich besser der Technologien des 21. Jahrhunderts bedienen

PROJEKT & PRAXIS Jubiläum.

30 Jahre Hargassner 15

POLITIK & ENERGIE Ökostrom.

E-Control versagt

10

Herausgeber: Österreichischer Biomasse-Verband Chefredaktion: Antonio Fuljetic-Kristan, Christoph Pfemeter

Redaktion: Peter Liptay, Hannah Hatos, Chris- toph Rosenberger, Ulrich Wolfsmayr Layout und Gestaltung: Antonio Fuljetic-Kristan Hersteller: Landesverlag Druckservice Ges.m.b.H., A-4600 Wels, Boschstraße 29 Verlagsort: Verlagspostamt: 1010 Wien/ P. b. b.

Erscheinungsweise: Viermal jährlich. Für unver- langt eingesandte Manuskripte und Unterlagen be steht kei ne Gewähr auf Veröffentlichung oder Rück sendung. Na ment lich gekennzeichnete Bei- träge stellen die Mei nung des Autors dar, die sich nicht mit der Meinung der Re daktion oder des Herausgebers decken muss. Bei höherer Ge walt entfallen alle Ansprüche. Nachdruck auch aus- zugsweise nur mit Quellenan gabe gestattet.

Auflage: 100.000 Exemplare, Eigenangabe Bankverbindung: RLB NÖ-Wien, BLZ 32000, Kto. 470.153, IBAN AT75 32000 0000 0047 0153, BIC RLNWATWW

Kontakt: office@oekoenergie.cc

Gendering: Die im Text verwendete Form gilt wertefrei für Angehörige beider Geschlechter.

IMPRESSUM KOMMENTAR

Conrad Seidl.

Phantasie für die Steuerreform 5

MARKT & RECHT

ÖKOENERGIE AWARD SONDERTHEMA

Ernst Scheiber.

Fracking als Morgengabe 4

International.

Ukraine – Leibeigener der alten Energie-Wirtschaft 11

Ausbildung.

Biowärme-Installateure in

Vorarlberg 16

Pelletskonferenz.

Jetzt vormerken!

17

Interview.

Leader Bioenergie 21 Technologie.

Holz gibt gas!

25 Forschung.

Hackgut ist nicht gleich

Hackgut 35

Wien Energie & ÖBf.

Reine Waldenergie 20

450 500 550 600 650

700 Mobilität.

EU-Biotreibstoff- Bilanztrick 12 Biomasse…

… wichtigste erneuerbare Energiequelle 13

Titelbild: Symbolfoto

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ökoenergie

Nr. 96 / 2014

CARTOON / LESERBILD 3

CARTOON LESERBILD

Präsident Wlamidir Putin erfreut sich im Internet keiner großen Beliebtheit, aber Pellets umso mehr.

Bei US-Forscher Howarth verliert Erdgas im Vergleich mit Kohle und Öl unter Berücksichtigung der zwanzigjährigen Klimawirksamkeit – beim Heizen ist die Bilanz schlechter (li.) als bei der Stromproduktion.

schneller. Je länger der Betrach- tungszeitraum ist, umso gerin- ger ist die Klimawirkung von Methan. In der Regel werden 20 und 100 Jahre als Basis he- rangezogen, wobei bislang der Betrachtungszeitraum von 100 Jahren bevorzugt wurde.

1996 veröffentlichte der Welt- klimarat (IPCC) einen zwanzig- jährigen GWP von 56 und einen hundertjährigen von 21. Damit erhitzt Methan im ersten Fall die Atmosphäre um 56-mal mehr als Kohlendioxid. Mittlerweile wur- de der GWP vom IPCC drei Mal erhöht und liegt jetzt bei 86 bzw.

34. Sogar ein GWP für zehn Jah- re wurde ermittelt: nämlich 108 (!). Howarth publizierte GWP- Werte für 20 Jahre von 105 und für 100 Jahre von 33.

Um die Bedeutung dieses Wer- tes noch mehr zu verdeutlichen:

Bei einem GWP-20 vom IPCC entfalten die (geringeren) welt- weiten Methan-Emissionen eine Klimawirksamkeit wie 80 % der Kohlendioxid-Emissionen. Bei einer hundertjährigen Skala wä- ren es nur 30 %.

Howarth forderte Ende Juli in einem offenen Brief die US-Be- hörden und das Weiße Haus auf, genauere Emissionswerte zu nut- zen. Es bleibt offen, wie/ob die- se reagieren werden, wurde doch politisch seit Jahren Erdgas als

„Brückentechnologie“ ins post- fossile Zeitalter postuliert, denn bei der Gasverbrennung fällt im Vergleich zu Kohle im Schnitt

nur rund halb so viel Kohlen- dioxid an. Auch die sinkende US-Methan-Emissionsstatistik (–11 % von 1990 auf 2012) wird damit infrage gestellt.

(Noch) kein Thema in Europa In Europa stellt sich die Situa- tion differenzierter dar, denn das Erdgasleitungsnetz ist nicht so weitläufig wie in den USA. Da- durch haben die Rohre durch- schnittlich größere Durchmes- ser, was einen geringeren Verlust bedeutet. Ferner sind diese moderner und besser gewar- tet, heißt es bei einer ökoener- gie-Schnellumfrage bei einigen Wissenschaftlern. Auch hier soll der Emissionswert unter 2 % lie- gen – bei einem hundertjähri- gen IPCC-GWP-Wert. Wie die Bilanz bei 20 Jahren aussieht, konnten die befragten Forscher nicht beantworten. Eine dem- entsprechende europäische Stu- die wurde bis zum Redaktions- schluss nicht gefunden.

Nur ein richtiger Weg

„Die Erderwärmung schrei- tet weiter voran und in wenigen Jahrzehnten steht das Weltklima auf der Kippe. Die Nutzung fos- siler Energieträger ist der Haupt- verursacher von Treibhausgasen (THG)“, erklärt Howarth in den Schlussfolgerungen des Berichts.

Wenn Erdgas als Brückentech- nologie verwendet wird, sei es besser, Methan als Kohle für die Stromerzeugung zu verwenden –

Voraussetzung: Die THG-Emis- sionen liegen unter 2,4 bis 3,2 %.

Dies kann aber nur mit hohen Investitionen in die Infrastruktur und unter strengster Kontrolle erreicht werden. Im reinen Wär- me- und Transportbereich hat laut Howarth Erdgas immer hö- here THG-Werte als andere fos- sile Energieträger.

Howarth möchte nicht miss- verstanden werden und stellt klar, dass ein Wechsel unter den fossilen Energieträgern nichts Positives zur Klimawandel-Pro- blematik beitragen wird. Es wäre besser, die Menschheit in-

vestiere in Technologien des 21.

Jahrhunderts – die für erneuer- bare Energien. Er hat mit Kol- legen einen Energiewende-Plan für den Bundesstaat New York ausgearbeitet, der bis 2050 „fos- silfrei“ sein könnte. Die Kosten für die Bürger wären die glei- chen wie die für gesundheitli- che Folgeschäden aus fossilen Abgasen im gleichen Zeitraum.

Nur mit der Energiewende kön- ne die Menschheit eine globale Klimaveränderung verhindern.

Aus diesem Grunde ist für Ho- warth „Erdgas eine Brücke ins Nirgendwo“. AFU Bei US-Forscher Howarth verliert Erdgas im Vergleich mit Kohle und

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Erdgas Kohle Heizöl Erdgas Kohle

Vergleich der Treibhausgas-Emissionen von Erdgas, Kohle und Heizöl für die Erzeugung von Strom und Wärme in den USA

Quelle: Grafik in Anlehnung an Howarth (2014) Wärmeerzeugung

in g CO2-Äq. pro MJ

Methan (CH4) Kohlendioxid (CO2) Stromerzeugung

in g CO2-Äq. pro MJ 140

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4 KOMMENTAR

Nr. 96 / 2014

ökoenergie

J

ubelmeldungen aus den USA über den Schiefergas- und Schieferölboom sind zu hinterfragen – nicht nur aus ökologischen Gründen. Die hohen Umweltrisiken der Schiefergas- und Schieferölproduktion wur- den in den USA nämlich aus ökonomischen Gründen nahezu vollkommen negiert. Wie auch immer, es gibt bisher kein umweltfreund- liches Fracking. Für viele gesundheitliche Probleme gibt es keine Antworten. Je näher die Menschen an Förderanlagen leben, desto höher die Rate an Fehlgeburten. US-Studien warnen vor Luftverschmutzung und Belastung des Oberflächenwassers mit Chemikalien.

Das beim Fracking zutage tretende Benzol ist stark krebserregend. Fracking ist aber auch ein Klimakiller. Dass die Methanemissionen aus der Schiefergasnutzung – Methan schadet der Atmosphäre 32-mal mehr als CO2 – die Treib- hausbilanz fatal beeinflussen, ist unbestritten.

Nachlässig produziertes Schiefergas kann der Klimabilanz mehr schaden als die schmutzigste Kohle.

Deutsche Medien melden, dass dem Fra- cking-Zauber in den USA ein vorzeitiges Ende bevorstehen könnte. Fracking-Konzerne kämp- fen mit schnell versiegenden Quellen. Derzeit sind Schieferölquellen aufgrund der hohen Preise für konventionelles Erdöl profitabel, Schiefergas wegen des Überangebotes über- haupt nicht. Energie-Firmen sind gezwungen, sich neu zu verschulden, um ihre Bohrungen massiv auszuweiten. Horrende Zinslasten und stark steigende Kosten zur Reduzierung der unverantwortlichen Umweltbelastungen bescheren handfeste Verluste. So haben sich die Schulden der 61 größten Fracking-Firmen innerhalb der letzten vier Jahre auf 164 Mrd.

Dollar verdoppelt. Energiekonzerne – dar- unter Royal Dutch Shell – haben daher die Lust am Fracking verloren. Faktum ist, dass die Energiekonzerne im Vorjahr nur mehr 3,4 Mrd. Dollar in die Schiefergas- und Schiefer- ölfelder der USA investierten. Vor fünf Jahren waren es noch 35 Mrd. Dollar. Die Euphorie der Investoren hatte durch einen Rekordpreis für Gas im Jahr 2008 für einen Run auf das

Fracking gesorgt. 2012 sind die Preise auf ein Sechstel gefallen, derzeit haben sie sich wieder etwas erholt – ohne kostendeckend zu sein.

Daher müssen neue lukrative Produktions- stätten her – auch in Europa. US-Energiekon- zerne haben alle europäischen Förderpotenziale akribisch analysiert. Dynamisch kämpfen nun Lobbyisten wie der US-Bestsellerautor Daniel Yergin – der seine Bekehrungsversuche auf Einladung der OMV auch in der Wirtschafts- universität darbot – und große US-Energie- konzerne darum, Fracking auch in Europa zu installieren. Ihre unverschämten Ziele: Die

„Energiewende“ sollte auf weniger erneuer- baren Energien und mehr kostengünstigem Schiefergas basieren.

In der Ukraine sind sie fündig geworden.

Hier bietet sich das Dnepr-Becken als erdöl- und erdgasreichste Region in der Ostukraine an. Im Schatten der Gefechte wird die Region auf eine Fracking-Offensive vorbereitet. Pikan- terie am Rande: Einer der Energiekonzerne, die im Dnepr-Becken Förderrechte halten, ist

die Burisma-Holding. Seit Kurzem fungiert dort Hunter Biden, Sohn des USA-Vizeprä- sidenten Joe Biden, als Vorstandsdirektor. Im Krieg der Worte und Sanktionen haben die USA das Ziel, den Russen einen Teil des lukra- tiven europäischen Erdgasmarktes abzujagen.

Noch stoßen die US-Konzerne in Europa auf Widerstand. Sie müssen Hemmschuhe noch und nöcher konstatieren: Die Bevölke- rungsdichte ist in Europa wesentlich höher als in den USA. Umweltgesetze, insbesondere der Wasserschutz, sind weniger löchrig, das europäische Schiefergas liegt wesentlich tiefer, die Vorkommen sind aufgesplitterter und die Bohrungen schwieriger. Das verteuert die Förderung massiv. Zu den höheren Kosten kommen in Europa fehlendes Know-how sowie schlechte Logistik. Das Entscheidende ist: Der Grundbesitzer in Europa hat nicht wie sein amerikanisches Pendant das Recht, Boden- schätze selbst abzubauen. Eine Flächennut- zung wie in den USA wäre für Deutschland und Österreich – sie sind zusammen 22-mal kleiner – undenkbar. Unsere Kulturlandschaft

wäre durch diese Nutzung in Form tausender Bohrungen zerstört. Auch der enorme Wasser- verbrauch wäre eine unüberwindbare Hürde.

Ganze Landstriche würden zu Reservoirs von Giftbrühen verkommen.

Ginge es nach dem EU-Energiekommissar Günther Hermann Oettinger, menschgeworde- ne Unvernunft der Energiepolitik – er ist dafür mitverantwortlich, dass die Energiewende aus dem Ruder läuft –, sollte Europa das Fracken forcieren. Die US-„Trabanten“ Polen und Großbritannien gehen den amerikanischen Weg, setzen mit voller Kraft auf Fracking und

scheren sich nicht um die Umwelt. Deutsch- land will per Gesetz Fracking nach dem Muster der USA und Kanada strikt verbieten.

Doch von Rumänien bis Portugal anticham- brieren die Energiebosse bei den verantwortli- chen Politikern, um sie von der Harmlosigkeit dieser Energieproduktion zu überzeugen. In Österreich haben Bürger und ein couragierter Erwin Pröll der OMV das „Probe“-Fracking untersagt und die Bohr-Wütigen des Ölkon- zerns sowie seine Helfer von der Montan-Uni in Leoben aus den Weingärten von Poysdorf und Herrnbaumgarten verjagt.

Wahrscheinlich müssen die Energiekon- zerne der USA ohnedies bald weniger Geld für Lobbyisten ausgeben, denn es wird einen Megadeal in Form des Transatlantischen Frei- handelsabkommens geben. Schon heute warnen umweltbewusste Politiker, Wirtschaftsforscher, initiative Bürger und in Österreich lobens- werterweise die „Kronen Zeitung“ vor US-In- vestoren, die sich in Europa umweltfeindliche Betätigungsfelder sichern wollen. Das Abkom- men könnte alle politischen Instrumente >>>

Das geplante Freihandelsabkommen öffnet Energiekonzernen Tür und Tor, Fracking in Europa gegen den Widerstand von Regierun- gen und Bevölkerung durchzusetzen.

ERNST SCHEIBER

AUF DEN PUNKT GEBRACHT

Fracking als Morgengabe

Unsere Kulturlandschaft wäre durch Fracking in Form tausender Bohrungen zerstört. Ganze Landstriche würden zu Reservoirs von Gift- brühen verkommen.

Im Krieg der Worte und Sanktionen haben die USA das Ziel, den Russen einen Teil des lukrativen europäischen Erdgasmark- tes abzujagen.

So haben sich die Schulden der 61

größten Fracking-Firmen innerhalb der

letzten vier Jahre auf 164 Mrd. Dollar

verdoppelt.

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ökoenergie

Nr. 96 / 2014

KOMMENTAR 5

in der Agrar-, Umwelt- und Energiepolitik in Europa mit einem Schlag ad absurdum führen.

Regierungen in den EU-Ländern könnten gezwungen werden, ihre Klimaschutzmaßnah- men auszusetzen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, milliardenschwere Entschädigungen an US-Energiekonzerne zu zahlen.

Ziel des Investorenschutzes des EU-USA- Abkommens ist es, Firmen im Ausland zu mehr Rechtssicherheit zu verhelfen – auch beim Ausbeuten von Gasvorkommen. Nationa- le Gerichte wären dann gemäß TTIP komplett aus dem Spiel, denn „unabhängige“ Schiedsge- richte bestimmen in Streitfällen die Spielregeln.

Im Vorjahr hat ein texanischer Energiekonzern gegen das französische Fracking-Verbot geklagt.

Er forderte in dieser Causa eine Milliarde Euro Schadenersatz für den Verlust von Bohr- lizenzen. Das geplante Freihandelsabkommen öffnet Energiekonzernen Tür und Tor, Fracking in Europa gegen den Widerstand von Regie- rungen und Bevölkerung durchzusetzen. Der Räumungsverkauf Europas wäre garantiert, wenn, wie angedroht, Politiker vom Schlage

eines Oettinger als EU-Handelskommissar den Amerikanern gegenübersäße.

Leider mehren sich die Anzeichen, dass die Energiewende von kurzsichtigen Politikern auf dem Altar der fossil/atomaren Energiekonzer- ne geopfert wird. Statt im Meer auf ein paar tausend Meter Tiefe zu grundeln, die Arktis zu zerstören oder mit umweltfrevelhaften Ak- tionen nach Schiefergas zu bohren, muss den erneuerbaren Energien Vorrang eingeräumt werden. Mit den Unsummen, mit denen wahnwitzige Fördermethoden zur Gewinnung von Fossilenergie finanziert werden, kann eine nie gekannte Dynamik für eine zukunftsfähige Energie- und Umweltpolitik erzeugt werden,

meint Ihr

P. S.: Wetten, dass die USA und ihre Ener- giekonzerne nach dem Abschluss des TTIP- Vertrages den EU-Ländern das Fracking quasi als Morgengabe auf das Auge drücken?

D

ie Diskussion um eine Steuerreform bekommt die Regierung nicht mehr los, mag sich Finanzminister Michael Spindelegger noch so sehr darauf versteifen, dass er die Lohnsteuer erst sen- ken könne, wenn es entsprechende Einsparungen gibt. Der ÖGB hat eine Kampagne gestartet, die jene aus den späten 1960er-Jahren zur Einführung der 40-Stunden-Woche überflügeln dürfte. Mitte September will die Gewerkschaft dann das zugehörige Konzept vorlegen – und man kann davon ausgehen, dass es neben einer Tarifsenkung die eine oder andere Form von Vermögensbesteuerung enthalten wird.

Man kann sich schon vorstellen, dass da kräftig das Argument der Gerechtigkeit strapa- ziert werden wird – schließlich gibt es am 28.

und 29. November einen SPÖ-Parteitag, bei dem die Funktionäre Verteilungsgerechtigkeit einfordern werden. Das ist politisch verständ- lich und bekommt auch ausreichend Raum in der öffentlichen Diskussion.

Aber damit endet schon der Gestaltungs- wille rund um die Steuerreform. Die Experten, die im Auftrag der Koalitionsparteien daran arbeiten, fokussieren auf das, was man ohne- hin weiß: Alle Parteien, nicht nur die der Koalition, wollen eine Stärkung der Massen- kaufkraft erreichen. Weil es nämlich einen politischen Konsens darüber gibt, dass zusätz-

liche freie Einkommensteile in den unteren und mittleren Schichten vorrangig in den kurzfristigen Konsum fließen und dadurch die Wirtschaft ankurbeln. Wobei man natürlich überlegen könnte, ob es gleich wünschenswert ist, wenn jemand Kleidung für seine Kinder kauft oder die zusätzlichen Euros einfach versäuft. Noch spitzfindiger: Ist es ökonomisch und ethisch wünschenswerter, Kinderkleidung aus asiatischen Billiglohnländern beim Dis- konter (mit minimaler inländischer Wertschöp- fung) zu kaufen oder ist es volkswirtschaftlich sinnvoller, wenn man in einem Wirtshaus Bier, Wein oder Schnaps kauft, was für Kellner und Wirt, für heimische Brauer, Bauern oder Schnapsbrenner Einkommen verschafft. Oder, noch weiter differenziert: Sind Bier und Wein vom Standpunkt der Volksgesundheit „besser“

als harte Getränke? Natürlich finden solche Spitzfindigkeiten Eingang in politisch-öko- nomische Betrachtungen – was etwa zu einer höheren Besteuerung von Schnaps gegenüber Wein führen sollte.

Der Gedanke dahinter: Weil die Konsu- menten versuchen, hohe Steuern eher nicht zu bezahlen, werden sie Schnäpse meiden und gesundheitlich weniger bedenkliche Geträn- ke wählen. Solche Steuern, korrekt angelegt, haben also einen bedeutsamen Lenkungseffekt.

Ebenso wie das Subventionen haben: Es ist

ein österreichisches Hobby, nicht nur billig zu kaufen, sondern womöglich Förderungen zu kassieren. Und Förderungen gibt es zuhauf, einige davon mit extrem negativen Umwelt- effekten, wie etwa der Umweltdachverband vorrechnet: Wenn man alle umweltschädlichen Subventionen abschafft, brächte das bis zu vier Milliarden – allein die Abschaffung der steuer- lichen Begünstigung von Dienstwägen würde 1,6 Milliarden hereinbringen. Das schüfe ganz nebenbei einen Anreiz, auf öffentliche Ver- kehrsmittel umzusteigen oder gar in die Nähe der Arbeitsstätte zu übersiedeln.

Das Geld für die Steuerreform liegt also im wahrsten Sinn auf der Straße. Umso erstaunli- cher ist, dass kaum jemand die steuernde Wir- kung der Steuern bei der anstehenden Reform ins Auge fasst, dass Ökologie nicht einmal am Rande angesprochen wird. Eine Steuerreform, die ihren Namen verdient, darf aber nicht nur eine Lohnsteuerreform sein.

Wenn man alle umweltschädlichen Sub- ventionen abschafft, brächte das bis zu vier Milliarden – allein die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Dienstwägen würde 1,6 Milliarden hereinbringen.

CONRAD SEIDL

SEIDLS ZWISCHENRUF

Phantasie für die Steuerreform

Foto: Bureau of Land Management

Gas- und Ölbohrungen mit Fracking sind ökologisch und ökonomisch zu hinterfragen.

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6 KOMMENTAR

Nr. 96 / 2014

ökoenergie

LESERBRIEFE PRO & CONTRA ZUM THEMA KWK-PUNKTEGESETZ

Elisabeth Berger, Geschäftsführerin der Vereinigung der Österreichischen Kessellieferanten (VÖK)

Bitte um das Ende der Sackgassenpolitik

W

irtschaftsminister Reinhold Mitter- lehner hat mit dem Energie- effizienzgesetz auch nebenbei ein neues Gesetz beschließen lassen, das alle österreichischen Strom- kunden zur Subvention der (meist fossilen) Fernwärme in Großstäd- ten verpflichtet.

Durch die Strommarktlibera- lisierung kam es in Österreich zu deutlich sinkenden Strom- preisen und einer wirtschaftlichen Trennung von Stromnetz sowie -handel und dem „Abfallprodukt“

Fernwärme. Mit dem Argument, dass nunmehr keine interne Stüt- zung der Fernwärme und damit kein wirtschaftlicher Betrieb mehr möglich sei, konnte bei der Euro- päischen Kommission damals eine Fernwärmeförderung durchgesetzt werden.

Mittels KWK-Punkten durften die Stromkunden die Fernwärme subventionieren. Dadurch standen umfangreiche Fördermittel zur Verfügung und die Fernwärme- netze wurden massiv ausgebaut – immerhin werden heute um 50 % mehr Haushalte versorgt als noch vor zehn Jahren. Von Un- wirtschaftlichkeit war keine Rede mehr.

2010 war der Geldsegen mit dem Auslaufen des alten KWK- Gesetzes leider vorbei und nun kommen die gleichen Argumente wieder: Der wirtschaftliche Be- trieb der Fernwärme sei nicht mehr möglich, wenn nicht neue Subventionen beschlossen werden.

Diesmal ist allerdings nicht die Strommarktliberalisierung schuld, sondern der geförderte Ökostrom.

Klar ist nur: Obwohl die KWK ein hocheffizientes System ist, lässt sich Fernwärme im großen Stil offensichtlich nicht wirtschaft- lich betreiben und das politisch hochgepushte Allheilmittel gegen Klimawandel, Luftverschmutzung und Energiearmut soll wieder von allen österreichischen Strom-

kunden mitfinanziert werden.

Eine massive Umverteilung vom ohnedies durch hohe Energiepreise und -steuern geplagten ländlichen Raum in die Großstädte wäre die Folge.

Unter teilweise großem Druck wurden viele Bürger vom An- schluss an die Fernwärme über- zeugt. Die eigene Heizung im Keller oder der Wohnung wurde aufgegeben oder konnte gar nicht erst eingebaut werden. Nun lässt man diese Bürger mit der bangen Frage alleine, ob und zu welchem Preis sie in Zukunft ihre Wohnun- gen heizen und ihr Warmwasser produzieren können.

Wie kann es sein, dass im Zeitraum 2003 bis 2010 die Fernwärme in Großstädten massiv weiter ausgebaut wurde, wenn klar war, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich ist? Wie kann man bewusst eine doppelte Infrastruktur in Form von Gas- leitungen und daneben Fernwär- meleitungen bauen, gleichzeitig auch noch massiv die Dämmung von Häusern mit Steuergeldern forcieren und glauben, damit ein Geschäft zu machen? Diese Sackgassenpolitik muss ein Ende haben!

Nicht nur die kalte Progression macht die Bürger dieses Landes ärmer, die versteckten Subventio- nen erledigen den Rest. Es wäre Zeit, den Bürgern zumindest im Wohnbereich wieder selbstbe- stimmtes Handeln zu ermöglichen und dass sie auch wieder eine eige- ne Heizung haben dürfen – die sie ein- und ausschalten können, wie und wann es ihnen beliebt.

Dabei können sie auch selbst ent- scheiden, welchem Brennstoff sie langfristig vertrauen und welche Systeme sie einsetzen möchten – vom Scheitholzkessel über Mikro- netze bis zur Brennstoffzelle ist alles machbar!

D

ie Förderung von KWK-Anlagen und damit der Fernwär- meversorgung ist aus Gründen des Klimaschutzes und der Energieeffizienz – vorübergehend – sinnvoll und notwendig:

• Bis zur Umstellung der Stromver- sorgung auf 100 % erneuerbar sind noch fossile Kraftwerke notwendig.

Aus Klimaschutzgründen sind Koh- le- oder Ölkraftwerke abzulehnen, Atomkraftwerke stellen ebenfalls keine Option dar. Somit ist die Erdgas-Stromerzeugung die beste Nicht-Erneuerbare-Option.

• Wenn fossile Stromerzeugung, dann am besten in KWKs.

• Die Förderung von Gas-KWKs versetzt die Betreiber (Stadtwer ke) in die Lage, die Fernwärme auf- rechtzuerhalten und auszubauen.

Ein Aus baustopp würde, besonders in rasch wachsenden Städten wie Wien, de facto Erdgasheizungen und -heizwerke (ohne gleichzeitige Stromproduktion) pushen. Fern- wärme aus Erdgas-KWK reduziert den Erdgaseinsatz für Raumwärme und damit die CO2-Emissionen!

• Die Förderung von Gas-KWKs verdrängt keine Ökostromanlagen, weil diese weiter ihre gesamte Leis- tung gemäß des jeweils momenta- nen Wasser-, Wind- oder Solarange- bots ins Netz einspeisen werden.

• Die Förderung von Gas-KWKs unterstützt diese vielmehr im Wett- bewerb mit Kohlekraftwerken. Die- se erzeugen Strom derzeit aufgrund niedriger Kohle- und CO2-Zertifi- katepreise (und wegen jeglicher Ver- nachlässigung der externen Kosten der Kohleverstromung) günstiger als Gaskraftwerke. Insofern stellt die Förderung von Gas-KWKs eine

„Notwehr“-Maßnahme dar.

• Die Förderung von Gas-KWKs unterstützt kommunale Versorger, die in eine schwierige finanzielle Lage geraten sind. Sie haben im Sinne der Energieeffizienz und der Luftreinhalteziele (NOx, Fein- staub) in Wärmenetze investiert und versor gen nun hunderttausende

Kunden. Diese müssen beliefert werden, obwohl sich der Betrieb von Gas-KWKs nicht mehr rechnet, weil sie der Preisverfall an der Strombörse unwirtschaftlich ge- macht hat. Wegen der Umwälzun- gen am Markt des Kuppelprodukts Strom „drohen“ höhere Fernwärme- preise, die als sozial unverträglich angesehen werden – deshalb auch die Förderung.

• Werden die Betreiber finanziell unterstützt, können bzw. sollten sie die Fernwärmesysteme auf künftige Entwicklungen optimieren: Diversi- fizierung der Fernwärmeerzeugung durch Erschließung weiterer erneu- erbarer Quellen; Einbindung von Speichern und Verbrauchern im Fernwärmenetz, die Schwankungen im Aufkommen Erneuerbarer aus- gleichen können etc.

• Die Förderung von KWK-An- lagen kommt Betreibern und ihren Kunden in einigen (Landeshaupt-) Städten zugute. Die jährliche KWK-Förderung beträgt einen Bruchteil jener Mittel, die mit dem Ökostromgesetz für Wind-, Biomas- se-, PV- und Kleinwasserkraftwerke fast ausschließlich in ländliche Regionen fließt.

• Die KWK-Förderung ist von ihrer Wirkung her eine „Strom- steuer“. Jede Energiesteuer dämpft die Verbrauchsentwicklung.

• Gas-KWKs sollen nur vor- übergehend gefördert werden, bis die relativen Preise wieder gegen Kohleverstromung sprechen oder bis ein neues EU-Marktdesign die Fehlentwicklungen korrigiert hat.

Unabhängige Stellen sollen die Not- wendigkeit einer weiteren Förde- rung evaluieren und Empfehlungen für deren Änderung bzw. Abschaf- fung abgeben. Mittelfristig sollte die Regulierung der Energiemärkte angepasst und eine Diversifizierung der Fernwärmeaufbringung in Richtung regionale, erneuerbare Quellen unterstützt werden.

Michael Cerveny, Experte des Energiekompetenzzentrums, tinavienna

KWK-Förderung im

Sinne des Klimaschutzes

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ökoenergie

Nr. 96 / 2014

MARKT & RECHT 7

Ölkesselanlagen im Neubau gelten nicht als Energieeffizienzmaßnah- me, dasselbe gilt ab 2018 für den Ölkesseltausch in der Sanierung.

M

it der EU-Richt-

linie im Rücken beschlossen An- fang Juli die Re- gierungsparteien mit Zustim- mung der Grünen-Fraktion das neue Energieeffizienzgesetz.

Kern der Novelle ist, den heimi- schen Endenergieverbrauch auf 1.050 PJ im Jahre 2020 zu be- grenzen (zurzeit rund 1.100 PJ).

Dazu müssen Energielieferanten jährlich Energieeffizienzmaßnah- men nachweisen, die mindestens 0,6 % ihrer Energieabsätze an ihre Endkunden entsprechen.

Gleichzeitig wurde das KWK- Punktegesetz abgesegnet, wo- mit große Gaskraftwerke vom Stromkunden subventioniert werden müssen. Die Gesetzesbe- schlüsse stoßen nicht überall auf Verständnis und lassen noch vie- le Fragen offen.

Gilt für alle Energieverkäufer Die 0,6 %-Klausel trifft alle, die Energie an Endkunden ver- kaufen. Das sind nicht nur die namhaften Landesenergiever- sorger, sondern auch zum Bei- spiel alle Ökoenergie-Produzen- ten, Brennstoffhändler und sogar Tankstellenbetreiber. Sie werden sich alle ab Anfang 2015 bei einer noch zu schaffenden Monito- ring-Stelle ihre Effizienzmaßnah- men anrechnen lassen müssen.

Dies bedeutet aber nicht, dass man weniger Energie verkaufen muss. In einer (künftigen) Ver-

ordnung wird noch genau fest- gehalten, wie viele Kilowattstun- den für jede Maßnahme, wie zum Beispiel für einen Kühl- schranktausch, angerechnet wer- den. Auch Informationskampa- gnen sollen dazugezählt werden können. Wie die Aufteilung voll- zogen werden soll, ist noch offen.

Rohstoffproduzenten, wie Pel- letierer und Forstbetriebe, die nicht direkt an Endkunden ver- kaufen, sind nicht betroffen, sehr wohl aber bspw. der Brennstoff- handel und Biomassehöfe.

Ausgenommen vom Energie- effizienzgesetz sind „Energieliefe- ranten, die im jeweiligen Vorjahr weniger als 25 GWh an Energie an ihre Endkunden in Österreich abgesetzt haben und nicht zu mehr als 50 % im Eigentum eines anderen Unternehmens stehen“.

Für Biomasseheizwerksbetrei- ber bedeutet das, dass erst Unter- nehmungen ab einer Gesamtleis- tung von rund 10 bis 15 MW ins Regime fallen. Dadurch sind die meisten Werke nicht betroffen.

Ölheizungen ausgeschlossen Eine weitere Neuerung ist, dass Ölheizungen im Neubau nicht als Effizienzmaßnahme gelten – das gilt auch für den Ölkessel- tausch ab 2018.

Kommen die Energielieferan- ten ihrer Verpflichtung nicht nach, drohen Geldstrafen. Es be- steht die Möglichkeit, sich über Ausgleichszahlungen in einen

zweckgebundenen Fördertopf für Effizienzmaßnahmen frei- zukaufen. Die Kosten betragen mindestens 20 Cent/kWh und werden vom Wirtschaftsministe- rium per Verordnung festgelegt.

Bund mit Vorbildwirkung Der Bund verpflichtet sich, bis 2020 an allen in seinem Eigen- tum befindlichen Immobilien Effizienzmaßnahmen im Um- fang von 48,2 GWh durchzu- führen. Dies entspricht einer Sa- nierungsquote von 3 %. Ferner sollen bei Sanierung und Neu- bau der Gebäude ausschließlich erneuerbare Energiequellen zum Einsatz kommen.

KWK-Werke subventioniert Ein Revival erlebt das 2010 aus- gelaufene KWK-Gesetz in Form des nunmehr genannten KWK- Punktegesetzes. Hierzu werden alle Stromkunden verpflichtet, Betreiber von hocheffizienten KWK-Anlagen, die Strom und Wärme aus Erdgas produzieren, zu subventionieren. Zusatzinfo:

Laut Internationaler Energie- agentur stammen 100 % der hei- mischen physikalischen Erdgas- importe aus Russland.

Je nach Verbrauchergröße wer- den KWK-Punkte vergeben. Der Preis beträgt je Punkt mindestens 0,5 und maximal 1 Euro. Die Gesamtkosten des KWK-Punk- tegesetzes belaufen sich auf rund 40 Mio. Euro jährlich.

Der größte Profiteur der Re- gelung sind Städte mit Gaskraft- werken samt Fernwärme, allen voran Wien. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die ländli- chen Regionen mit überwiegend dezentraler Energieversorgung die Großstädte mitsubventionie- ren. In der Erneuerbaren-Bran- che ist aufgrund der eigenen Altanlagen-Problematik die Ent- täuschung sehr groß.

Grüner Spagat

Die (Wiener) Grünen scheinen am Boden der Realpolitik ange- langt zu sein. Der Spagat zwischen Förderung der Energieeffizienz und fossiler Kraftwerke ist nicht einfach. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung auch vor der grünen Basis vertretbar sein wird.

Verunsicherung

Minister Reinhold Mitterlehner ist mit dem Beschluss sehr zu- frieden: „Das neue Gesetz ist ein Meilenstein, weil es nicht das mo- mentan angenehm Erscheinende, sondern das mittelfristig Nützli- che ermöglicht. Energieeffizienz kann nicht nur mit Anreizen er- reicht werden, sondern erfor- dert auch Standards und konkre- te Maßnahmen. Daher ist unser Weg richtig.“ Die Energiebranche ist gespannt und verunsichert, wie dieser Weg noch aussehen wird.

Beim Konsumenten ist das The- ma noch nicht angekommen – Energie-Sommerloch. AFU Mit dem neuen KWK-Punktegesetz subventioniert jeder Strom- kunde Erdgaskraftwerke vornehmlich im urbanen Raum.

Land unterstützt Stadt – alle fördern russisches Erdgas

Energieeffizienzgesetz und KWK-Punktegesetz beschlossen – für Energielieferanten wird es spannend

Foto: (li.) AEE, (re.) H.D. Volz_Pixelio; Symbolfotos

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8 POLITIK & ENERGIE

Nr. 96 / 2014

ökoenergie

U

mweltminister Andrä Rupprechter und Bil- dungsministerin Hei- nisch-Hosek haben Anfang Juni das Österreichische Umweltzeichen an 23 Schulen aus sieben Bundesländern verlie- hen. Die Schulen erhalten die- se staatliche Auszeichnung, weil sie sich für Umweltbildung, um- weltorientiertes Handeln und die Förderung eines sozialen Schul- klimas ganz besonders einsetzen und vorgegebene Umweltkrite- rien einwandfrei erfüllen.

Sinnvoller Ressourcen-Umgang

„Die zahlreichen Initiativen und Projekte der Umweltzeichen- Schulen bewirken einen wichti- gen Beitrag, um bewusster zu le- ben und die Menschen zu einem sinnvollen Umgang mit den Res- sourcen der Welt zu bewegen“, hob Rupprechter bei der Ver-

leihung hervor. „Schule wird durch das Engagement der Um- weltzeichen-Schulen zu einem Lern- und Lebensort aller Betei- ligten. Damit leisten diese Schu- len einen nachweislichen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz, zur Gesundheitsförderung und zur Bewusstseinsbildung der künftigen Generation“, betonte Heinisch-Hosek.

Seit 2002 auch für Schulen Das von Friedensreich Hundert- wasser geschaffene Österreichi- sche Umweltzeichen gibt es seit 2002 auch für Schulen und Bil- dungseinrichtungen. Es wird je- weils für vier Jahre vom Mi- nisterium für ein lebenswertes Österreich und dem Bildungsmi- nisterium gemeinsam vergeben.

INFORMATION

www.umweltzeichen.at

Im Zeichen des Umweltschutzes

Das Umweltzeichen wurde feierlich an die Vertreter von 23 Schulen aus sieben Bundesländern übergeben – die angereisten Kinder wa- ren sichtlich begeistert.

Umweltminister Andrä Rupprechter zusammen mit Unterrichtsmi- nisterin Gabriele Heinisch-Hosek bei der Umweltzeichen-Verleihung

Foto: Kern Bernhard – entgeltliche Einschaltung –

B

eim Strom geht es den Österreichern vor allem um eine sichere und unterbrechungsfreie Ver- sorgung, an zweiter Stelle kommt ein möglichst niedriger Preis und an dritter Stelle die Frage, woraus der Strom erzeugt wird. Das zeigt die österreichweite Meinungs- befragung 2014 von Oesterreichs Energie. Prinzipiell möchten fast alle, dass der Strom, den sie verbrauchen, auch im Inland erzeugt wird – und prinzipiell aus erneuerbaren Energien.

Doch dann scheiden sich die Geister. Die Zustimmung zu Windkraftanlagen, die noch vor vier Jahren bei 75 % lag, sank zuletzt auf 58 %, also um 17 Prozentpunkte. 29 % sind sogar der Ansicht, es gäbe schon zu viele Windkraftwerke. Spitzenreiter ist aktuell die Fotovoltaik mit 65 % Befürwortern. Biomasse steht bei 53 %, Wasserkraft bei 58 %. 81 % erklärten zudem, dass es zu keiner weiteren Erhöhung der Kosten der Ökostromförderung kommen darf.

Was lässt sich aus diesem Meinungsbild ableiten? Es gibt Mehrheiten für alle erneuer- baren Energien und alle, die im Energiesektor tätig sind, werden gut daran tun, sich dieses Votum zu Herzen zu nehmen. Man darf sich aber seiner Sache nie zu sicher sein, denn Meinungen können auch relativ rasch kippen – siehe Windkraft. Ökostrom liegt uns am Herzen, doch in die Brieftasche,

die bekanntlich häufig über dem Herzen getragen wird, darf er uns dennoch kein Loch reißen. Das gilt nicht nur für die traditionelle E-Wirtschaft, sondern auch für die neuen erneuerbaren Energien.

Oesterreichs Energie, die Inter- essenvertretung der E-Wirtschaft, arbeitet gerade intensiv an Konzep- ten und Branchenbildern der Zu- kunft, denn die Veränderungen in der Welt des Stroms kommen rasch und umfassend. Bestand wird nur haben können, was auf Dauer und aus eigener Kraft bestehen kann.

Ökoenergie wird sicherlich über- all dort eine Rolle spielen, wo sie ihre Vorteile voll ausspielen kann.

Beispiele sind regionale Energiever- sorgung oder kluge Konzepte, die Mehrfachnutzen generieren.

In der Zukunft des Stroms wird es schließlich kein Gegeneinander mehr geben, sondern alle wer- den sich bemühen müssen, nach Kräften ihren Beitrag zur sicheren Versorgung zu leisten. Arbeiten wir miteinander, sonst werden wir diese Aufgabe nicht schaffen.

KOMMENTAR

Miteinander arbeiten

Ökostrom liegt uns am Herzen, doch in die Brieftasche, die bekanntlich häufig über dem Herzen getragen wird, darf er uns dennoch kein Loch reißen.

BARBARA SCHMIDT, Generalsekretärin Oesterreichs Energie

Klaus Mischensky, Betriebswirt aus Kärnten mit langjähriger Geschäftsführungsfunktion in der Solarwärme-Industrie, über- nimmt ab 25. August 2014 die

Funktion der Geschäftsführung des Verbandes Austria Solar. Mi- schensky folgt Doris Hammer- müller nach, die auf eigenen Wunsch ausscheidet. Mischens- ky ist seit 2006 in der Solarwär- me tätig und seine beruflichen Erfahrungen waren international und regional vielfältig.

Wechsel in

der Chefetage

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ökoenergie

Nr. 96 / 2014

MARKT & RECHT 9

D

ie Vergabe des AMA- Gütesiegels erfolgt auf Basis eines ge- setzlichen Auftrags, die Richtlinien werden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geneh- migt. Deren Einhaltung wird von unabhängigen Kontrollstel- len überprüft.

Auf Herz und Nieren geprüft Die Qualitätsanforderungen beim AMA-Gütesiegel liegen über den gesetzlichen Bestim- mungen und beziehen den ge- samten Produktionsprozess ein – also von Feld und Stall bis in die Theke.

Kontrolliert wird ebenfalls auf allen Stufen. Neben den ständi- gen Eigenkontrollen der Betrie- be gibt es regelmäßige Kontrol- len durch unabhängige Prüfer.

Zusätzlich werden regelmäßig Harn- und Kotproben gezogen und auf eventuelle Rückstän- de untersucht, ebenso Frucht- und Blattproben in der Obst- und Gemüseproduktion. Auch die Lebensmittel selbst unterlie- gen strengen Analysen. Mehr als 10.000 Labortests überprüfen die Anforderungen.

100 % Österreich

Wesentliche Säule ist die nach- vollziehbare Herkunft der Roh- stoffe. Beim rot-weiß-roten

AMA-Gütesiegel stammen alle wertbestimmenden landwirt- schaftlichen Rohstoffe zu hun- dert Prozent aus Österreich.

Auch die Be- und Verarbeitung erfolgt im Land. Auch bei zusam- mengesetzten Lebensmitteln mit mehreren Komponenten kom- men die landwirtschaftlichen Rohstoffe ausschließlich aus Ös- terreich. Nur ausnahmsweise dürfen bei solchen Lebensmit- teln Zutaten aus einem anderen Land stammen, etwa, wenn eine Zutat in Österreich nicht oder nicht in marktrelevanten Men- gen erzeugt wird. „Klassiker“

sind Bananen oder Erdbeeren im Fruchtjoghurt oder der Pfeffer in der Wurst.

Zahlreiche Produkte

Folgende Produktgruppen kön- nen mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet werden:

• Obst / Gemüse / Speiseerdäpfel

• Fleisch: Rind / Kalb / Schwein / Hendl / Pute /Lamm

• Wurstwaren und Fleischerzeug- nisse

• Milch und Milchprodukte

• Eier

• Fisch (in Kürze)

Neben diesen Frischepro- dukten können auch einige Be- und Verarbeitungsprodukte das AMA-Gütesiegel tragen, bei- spielsweise Speiseöl, Tiefkühl- Gemüse, Brot und Gebäck, Fruchtsäfte und Bier.

Das AMA-Gütesiegel

– entgeltliche Einschaltung –

D

ie Energiewende hin zu mehr Effizienz und verstärkter Nut- zung erneuerbarer Energieträger zu schaffen, ist eine zentrale Aufgabe unserer Genera- tion. Das im Parlament kürzlich beschlossene Energieeffizienzgesetz mit dem Zielwert von 1050 PJ Endenergieverbrauch ist ein wich- tiger Schritt zur Stabilisierung bzw. zur Reduktion des Energie- verbrauches in Österreich.

Eine gute Nachricht kommt auch von Seiten der erneuerbaren Energieträger. Ebenso wie in den Vorjahren kam es 2013 – wie der Global Status Report 2014 belegt – zu einem weiteren deut- lichen Anstieg der Erneuerbaren weltweit. So wurden in China erstmals mehr neue Kraftwerkska- pazitäten auf Basis von Photovol- taik und Windenergie errichtet als fossile und nukleare Kraftwerke.

Weltweit ist die Biomasse der wichtigste erneuerbare Energieträ- ger mit Steigerungsraten in allen Marktsegmenten.

Gerade im internationalen Ver- gleich wird die Vorreiterposition Österreichs ersichtlich. Mit einem Anteil von über 60 % ist Bio- energie die bedeutendste heimische erneuerbare Energiequelle. Auch die Entwicklung in den vergan- genen zehn Jahren stimmt positiv.

So leistet die Biomasse den mit großem Abstand wichtigsten Bei- trag zum Anstieg der erneuerbaren Energieträger. Auch wenn der pro- zentuelle Anstieg von Photovoltaik und Windenergie – nicht zuletzt aufgrund der damit verbundenen Folgen am Elektrizitätsmarkt – im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, das Rückgrat der Erneuerba- ren in Österreich bilden nach wie vor Bioenergie und Wasserkraft mit Anteilen von 61,4 % bzw.

33 %. Der Wärmesektor bleibt für die Biomasse der zentrale Markt

in Österreich. Über 80 % der energetisch eingesetzten Biomasse entfallen auf den Wärmemarkt.

Und dies ohne Förderung. Für die Produktion von Ökostrom aus Biomasse und Biogas werden etwas weniger als 10 % der Bio- energie eingesetzt, weitere 10 % entfallen auf Biotreibstoffe im Transportsektor.

Der Wärmemarkt ist damit auch jener Bereich, in dem die Energiewende heute schon Reali- tät ist. Dies hat zwei wesentliche Gründe: einerseits die Reduktion des Bedarfes an Heizenergie infolge der Marktdiffusion von Passiv- und Niedrigstenergiehäus- ern und andererseits der deutlich gestiegene Einsatz von Biomasse (und Umgebungswärme). Dies hat etwa in Niederösterreich zu einer Reduktion der Treibhaus- gasemissionen um nahezu 25 % zwischen 1990 und 2011 geführt.

Pellets und Hackschnitzel nehmen am Wärmemarkt mit einem Anteil von nahezu 30 % bereits heute den Spitzenplatz ein. Es ist auch jener Bereich, der dank moderner Tech- nologie weiterhin hohes Zuwachs- potenzial für Bioenergie aufweist.

Denn Pellets und Hackschnitzel bieten eine umweltfreundliche Al- ternative zum Heizöl. Eine Alter- native, die von den Konsumenten gerne angenommen wird. Denn trotz „Förderung“ von Ölkesseln durch die Ölindustrie gelingt es ihr nicht, den Trend zugunsten der Erneuerbaren aufzuhalten.

Womit auch der Außenhandelsbi- lanz ein wichtiger Dienst erwiesen wird. Denn österreichweit wurden im Jahr 2012 etwa 900.000 Tonnen Pellets produziert und landesweit etwa 800.000 Tonnen verbraucht. Im Gegensatz zur Öl- industrie erwirtschaftet Österreich damit Überschüsse und sichert Beschäftigung und Einkommen hierzulande.

Bioenergie als zentrale Säule für

Energiewende

HERBERT GREISBERGER

KOMMENTAR

Es gibt unzählige Marken, Logos und Zeichen auf Lebensmit- teln. Viele schmücken sich mit bunten Bildern und Koketterien in rot-weiß-rot und werden in einem Atemzug mit dem AMA- Gütesiegel genannt. Aber nur wenige echte Siegel verdienen diesen Namen tatsächlich.

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10 POLITIK & ENERGIE

Nr. 96 / 2014

ökoenergie

H

euer steuern wir be- reits auf einen wei- teren Negativrekord von über 200 Mio.

Euro Gesamtkosten für Regel- energie“, erklärt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Wind- kraft.

Weitere Kostensteigerung Laut neuesten Daten der Austri- an Power Grid liegen die Kos- ten für die Regelenergie derzeit in Summe um mehr als 70 % über jenen des Vorjahreszeitrau- mes. Insgesamt wurden heuer bis Ende Juli bereits mehr als 115 Mio. Euro ausgegeben. Im sel- ben Zeitraum des Vorjahres wur- den dafür lediglich rund 70 Mil- lionen Euro aufgewendet.

„Die angekündigten Maßnah- men wirken offensichtlich nicht ausreichend. Die E-Control ver- sagt bisher bei der Schaffung eines funktionierenden und ef- fizienten Marktes für die Regel- energie“, beklagt Moidl.

In den vergangenen Jahren ha- ben sich die Kosten für Regel- energie um knapp 100 Mio. Euro auf über 170 Mio. Euro im Jahr 2013 fast verdoppelt. Setzt sich die aktuelle Entwicklung fort, wird es im Jahr 2014 zu einem Negativrekord von mehr als 200 Mio. kommen.

Marktversagen

Im europäischen Vergleich schneidet der österreichische Ausgleichs- und Regelenergie- markt besonders schlecht ab.

So liegen die Kosten für die Re- gelenergiebeschaffung in der

Schweiz und in Deutschland um 50 % bzw. 70 % unter jenen in Österreich. Und das, obwohl prozentual in Deutschland fast dreimal so viel Strom von Wind und Sonne ins Netz eingespeist wird und fast keine regelbare Wasserkraft verfügbar ist.

Regulator ist gefordert

Die vor drei Jahren umgesetzte Marktumstellung wurde offen- sichtlich mangelhaft vorbereitet und es ist bisher nicht gelungen, einen effizienten Markt aufzu- bauen.

„Die E-Control ist gefordert, ihre träge Haltung aufzuge- ben und als dafür verantwortli- cher Regulator endlich brauch- bare Marktbedingungen für den Regelenergiemarkt zu schaffen“, fordert Moidl.

Ausgleichsenergie belastet hei- mischen Ökostrom

Mittlerweile sind die gesamten Belastungen von Ausgleichsener- gie und Netzgebühren für ei- nige Windkraftwerke auf 50 % des Strommarktpreises angestie- gen und liegen bei rund 1,6 Cent pro Kilowattstunde. Gleichzeitig werden auch über laufend stei- gende Kosten alle Erzeuger und Stromkonsumenten in Öster- reich mit Gebühren belastet.

„Es besteht die skurrile Situ- ation, dass ausländische Strom- erzeugung, etwa aus Kohle- kraftwerken, im Vergleich zur österreichischen begünstigt wird, weil diese nicht die hohen Regel- energiekosten in Österreich be- zahlen muss“, erklärt Moidl.

E-Control versagt bei Reparatur des Regelenergiemarktes

Kosten für Regel- und Ausgleichsenergie sind um mehr als 70 % höher als im Vorjahr. Trotz Ankündigungen des Regulators stei- gen die Kosten für Regelenergie weiterhin steil nach oben.

Vorschläge auf dem Tisch Die IG Windkraft hat in einer Studie der Tiroler e3-Consult be- reits Vorschläge zur Verbesserung der aktuellen Lage gemacht.

„Am Ausgleichs- und Regel- energiemarkt sind viele seit lan- gem offensichtliche Verbes-

serungen schnell umsetzbar“, versichert Moidl. „Allerdings ist die aktuelle Situation sehr be- quem für einige wenige Unter- nehmen, die hier auf Kosten der Konsumenten und der erneuer- baren Energien hohe Umsätze machen.“

W I N D K R A F T - N E W S

Die österreichweit installierte Windkraftleistung von derzeit mehr als 1.800 MW erzeugt be- reits so viel Strom, wie mehr als 1,1 Mio. österreichische Haus- halte im Jahr verbrauchen. Dies ist etwa ein Drittel aller Haus- halte. Bis Ende des Jahres wird sich der Windradausbau noch einmal steigern. Insgesamt ist der Abschluss der Errichtung und der Vollbetrieb bis Jahres- ende 2014 von rund 130 Wind- rädern mit einer Leistung von rund 400 MW geplant. Die Er- richtung dieser Windkraftan- lagen wird eine Investition von mehr als 600 Mio. Euro auslö- sen. 4.600 Beschäftigte sind be- reits in der Windbranche tätig.

ist. „Wir fordern die Politik auf, keine weiteren Unterstützungs- maßnahmen für fossilen Kraft- wärmekopplung(KWK)-Strom zu setzen, sondern einen Aus- gleichsmechanismus für Öko- strom-Altanlagen“, erklärt Ste- fan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, und ergänzt:

„Die Stilllegung funktionsfähi- ger Ökostrom-Anlagen, die zu sehr geringen Preisen sauberen Strom produzieren, ist volks- wirtschaftlicher Unsinn.“

Die mangelnde Internalisie- rung externer Kosten von fos- siler und Atomstromerzeu- gung sowie der starke Anstieg der Kosten für Ausgleichsener- gie und Netznutzung führen dazu, dass der Betrieb von Alt- anlagen kaum mehr möglich

Ganz im Zeichen der Wind- energie standen die vergange- nen Monate. In vier Bundeslän- dern feierte die Bevölkerung den internationalen Tag des Windes.

Der erste weltweite Towerrun- ning Weltcup in einem Wind- rad, der erste Windrad-Schrau- ben-Weitwurf-Wettbewerb und das erste Plus-Energie-Büroge- bäude in Niederösterreich wur- den begeistert angenommen und gefeiert.

Die weiteren Veranstaltun- gen des „Tags des Windes 2014“ findet man im Über- blick unter:

www.tagdeswindes.at

Windkraft im Vormarsch

Erste Opfer

Tag des

Windes

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ökoenergie

Nr. 96 / 2014

POLITIK & ENERGIE 11

Ein neuer Sarkophag (re.) soll das löchrige Kernkraftwerk Tschernobyl für die „Ewigkeit“

konservieren – wann dies der Fall sein wird, ist noch offen. Auch eine Auswirkung der Katastrophe, die bis heute nachwirkt: krebskranke Kinder.

Ukraine – Leibeigener der alten Energie-Wirtschaft

Auswirkungen von Tschernobyl und der fossilen Energiewirtschaft verseuchen das halbe Land

I

m Jahr 1986 war es soweit – als erster (bekannt gewor- dener) Supergau ging das ukrainische Kernkraftwerk Tschernobyl als trauriger Beweis, dass die Atomkraft doch nicht be- herrschbar ist, in die Geschichte ein. Tausende Menschen haben unter qualvollen Bedingungen und unter Verschweigung von le- benswichtigen Tatsachen bis heu- te ihr Leben gelassen – und diese Qualen setzen sich in der Ukrai- ne fort. Neuerdings auch durch die bürgerkriegsähnlichen Zu- stände im Osten des Landes. Dies erscheint alles sehr weit weg von Österreich, doch eine direkte Ver- bindung zum Konflikt besteht dennoch: Fast zwei Drittel unseres Gasbedarfs kommen über die Uk- raine. Ohne diese Pipeline wird es hierzulande eiskalt im Winter. Im Auftrag der „ökoenergie“-Redak- tion wurde vor Ort über die aktu- elle Lage recherchiert.

Schweige-Vertrag

Wie viele Menschen genau unter den Atomkraft-Folgen gelitten haben, ist aufgrund eines alten Vertrags nach wie vor unklar. Ein

demokratiepolitisch höchst frag- würdiger Vertrag, der der Inter- nationalen Atomenergie-Organi- sation (IAEO) mit Sitz in Wien de facto ein Informationsmono- pol über Publikationen zu Strah- lenschäden garantiert. Den Be- troffenen ist dennoch klar, dass den offiziellen Statistiken bis heute nicht zu trauen ist. Die Kindersterblichkeit aufgrund der durch „Tschernobyl“ verstärkt auftretenden Krebserkrankungen ist höher als üblich.

Eine große Schuld trifft kor- rupte Staatsdiener samt leerer Staatskassen. Ohne Freiwilli- ge und die Unterstützung durch Hilfsorganisationen müssten noch wesentlich mehr Kinder ihr Leben lassen. Hierzu muss das Tschernobyl-Kinder-Hilfspro- jekt von Global 2000 lobend er- wähnt werden.

Pyramiden von Tschernobyl Während die Menschen bis heu- te an den Tschernobyl-Folgen lei- den, strahlt der Reaktor nach wie vor munter vor sich hin. Der Sar- kophag, also die Schutzhülle, die von tausenden Menschen unter

Einsatz ihrer Gesundheit (und oft ihres Lebens) erbaut wurde, wird von Jahr zu Jahr löchriger.

Keine drei Jahrzehnte hat diese Hülle gehalten.

Nun soll der neue Sarkophag, der trotz Zeit- und Budgetüber- schreitungen noch lange nicht fertig ist, so lange halten wie die Pyramiden. Vor Ort besichtigt, scheint er nicht einmal zur Hälf- te fertiggestellt und das Vorhan- dene wirkt bereits sanierungs- bedürftig – ein beängstigender Anblick!

Grundwasser-Kloaken

Im Donezk-Becken, der zur- zeit umkämpften Bürgerkriegs- region, herrscht seit Jahrzehnten ein ökologisches Desaster, das in Europa seinesgleichen sucht. Ob durch den – oft illegalen – Koh- leabbau oder die petrochemische Industrie: Das Grundwasser ist derart verseucht, dass internatio- nal anerkannte Grenzwerte um ein Vielfaches (wissentlich) über- schritten werden.

Konflikt-Motor fossile Energie Auch wenn die Ausweich-Pipe-

line „South-Stream“ von der OMV und von Gazprom gebaut werden soll, ist es die Ansicht vie- ler lokaler Experten, dass der zur- zeit herrschende Konflikt auch eine Zuspitzung der langjähri- gen Auseinandersetzung zwi- schen der Ukraine und Russland um den wichtigen Erdgas-Tran- sit nach Mitteleuropa ist. Gerade wenige Tage vor dem Verfassen dieses Artikels wurde eine Gaslei- tung gesprengt.

Die Ukraine ist damit ein wei- teres trauriges Beispiel (Libyen, Irak, …) dafür, dass die Nutzung fossiler Energieträger im Nor- malfall ein riesiges Gewaltpoten- zial nach sich zieht.

Heimisch erzeugte Ökoener- gien schützen hingegen nicht nur die Umwelt und unterstützen die Wirtschaft, sondern helfen vor allem mit, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern.

Dies gilt für Österreich genauso wie für die Ukraine.

Lukas Pawek, Kiev SPENDENAUFRUF

www.global2000.at/themen/

tschernobyl-kinder

Fotos: Pawek & Global 2000

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12 MARKT & RECHT

Nr. 96 / 2014

ökoenergie

I

nsbesondere die „lasche“

0,5 %-Klausel stößt auf Unverständnis, denn die vorgesehene Mindestquote ist aus Sicht des Bundesverban- des der deutschen Bioethanol- wirtschaft (BDBe) völlig unzu- reichend und nicht einmal für alle EU-Mitgliedstaaten obliga- torisch.

Der BDBe kritisiert das Be- ratungsergebnis des EU-Ener- gieministerrates in mehrfacher Hinsicht: Die nun vom EU- Energieministerrat empfohle- nen Biokraftstoffziele von 7 % für marktetablierte Biokraftstof-

fe und nur 0,5 % für Biokraft- stoffe der 2. Generation reichen für die Erfüllung des geltenden Mindestanteils von 10 % erneu- erbarer Energien im Verkehr bei weitem nicht aus. Der Vorschlag, Biokraftstoffe der 2. Generation doppelt und Strom bis zu fünf- fach anzurechnen, ist ein Bilan- zierungstrick beziehungsweise eine Mogelpackung, die nur hö- here Treibhausgasemissionen be- wirkt.

Obwohl es weder verlässli- che Daten noch eine gesicherte wissenschaftliche Messmethode gibt, soll über indirekte Land- nutzungsänderungen der Bio- kraftstoffproduktion in Ländern wie Brasilien und Indonesien be- richtet werden müssen.

EU: größter Weizenexporteur Seit Dezember 2013 liegen die Preise für Bioethanol deutlich unter den Preisen für fossiles Benzin – dies zeichnete sich be- reits im Frühjahr 2012 ab. Die derzeitige Entwicklung zeigt je- doch einen anhaltenden Trend mit einer Preisdifferenz von 93 Euro pro Kubikmeter im Juni 2014.

Im gleichen Zuge meldet die AMA ein weiteres Ernte-Rekord- jahr für die EU-28. Im laufen- den Wirtschaftsjahr 2014/2015 wird vor allem wegen gestiege- ner Weizenanbauflächen eine Gesamternte von mehr als 300 Mio. Tonnen Getreide erwar- tet. Die Produktion stieg über die vergangenen fünf Jahre um

10 %. Die EU-28 dürften nun zum größten Weizenexporteur am Globus werden.

Deutsche Produktion steigt Die deutsche Bioethanolwirt- schaft kann eine positive Bilanz ziehen, denn es wurden 672.028 Tonnen Bioethanol produziert;

dies sind 9,6 % mehr als im Vor- jahr. Der Absatz der Kraftstoff- sorte Super E10 legte um 5,4 % zu und erreichte rund 2,8 Mio.

Tonnen.

Laut Österreichischem Bio- kraftstoffbericht 2013 gab es 2012 gegenüber 2011 nur mini- male Änderungen bei den in Ös- terreich eingesetzten Biokraft- stoffen.

SEEG gepachtet

Nach der Insolvenz 2013 wur- de die SEEG-Biodieselanlage im steirischen Mureck von der Ölwert GmbH gepachtet. Das Unternehmen gehört zur Brant- ner-Gruppe, die ihren Schwer- punkt in der Abfallwirtschaft und im Facilitymanagement hat.

Dadurch verfügt das Unterneh- men über ein breitmaschiges Sammelnetz. Neben der Pacht hat das Unternehmen eine Kauf- option erhalten. Die Produktion mit Reststoffen wurde bereits aufgenommen.

2 4 6 8 10 12 14

Jän. 2008 Jän. 2009 Jän. 2010 Jän. 2011 Jän. 2012 Jän. 2013 Jän. 2014

Cent/kWh Heizöl-Extraleicht

Gas Pellets Scheitholz Waldhackgut

Basis: Bezugswert ist der Heizwert, Pelletsbestellmenge 6 t, Hackgut und Scheitholz regional zugestellt,15.000 kWh bei Gas, 1000 l bei Heizöl (Standaufnahme), inkl. MwSt., zugestellt, exkl.

Abfüllpauschale. Quelle: proPellets, Landwirtschaftskammer Österreich, E-Control, IWO, eigene Berechnungen; Stand: 26. August 2014.

Biogene Brennstoffe günstiger

Nur geringe Veränderungen sind auf den Energie- trägermärkten im August zum Vormonat erkenn- bar. Der Heizölpreis pendelt um die 90 Cent/

kWh-Marke. Pellets kosten im August im Schnitt 4,96 Cent/kWh. Das entspricht einem Plus von 0,3 % zum Vormonat und einer Ersparnis von 5,4 % zum Vorjahr. Der Kostenvorteil zu Heizöl ist demnach weiterhin evident und beträgt rund 46 %. Noch günstiger heizt man mit Hackgut (3,56 Cent/kWh, Vorteil 61 %) sowie Scheitholz (4,43 Cent/kWh; 52 %). Bei den Gaspreisen sind keine nennenswerten Preisänderungen ersicht- lich. Dieser beläuft sich auf 8,54 Cent/kWh. Der Energieträgervergleich wird monatlich veröffent- licht – unter: www.oekoenergie.cc.

STATISTIK DER AUSGABE

Im Juni wurde Bioethanol um 93 Euro/m3 günstiger verkauft als das fossile Pendant Benzin.

EU-Biotreibstoff-Bilanztrick

Quelle: BDBe, Stand 07/14

Die EU-Energieminister haben sich Mitte Juni bei ihrem Rat auf ein Förder-Paket für Bio- kraftstoffe geeinigt. Der Anteil soll sich bis 2020 auf 10 % erhöhen. Davon wiederum sollen EU-weit nur 0,5 % aus

„fortschrittlichen Biokraftstof- fen“ stammen. Auch die rech- nerische Hilfe von Mehrfach- Anrechnungen soll kommen.

Während in Deutschland der Biotreibstoffmarkt und damit auch der Unmut über die EU- Politik wächst, verbleibt Öster- reich weiterhin in einer Starre.

Der Preis von Bioethanol liegt mittlerweile deutlich unter dem von Benzin.

Im Juni wurde Bioethanol um 93 Euro/m3 günstiger verkauft als das

Quelle: BDBe, Stand 07/14

450 500 550 600 650 700

Preise Benzin und Bioethanol 2013/2014 Benzin (Euro-Bob) FOB RDAM Bioethanol FOB RDAM

06/2013 08/2013 10/2013 12/2013 02/2014 04/2014 06/2014 Euro/m3

Abbildung

Grafik links). Veröffentlicht wur- wur-de diese von Waldbauprofessor  Tomas Lundmark, Schwedische  Universität für  Agrarwissenschaf-ten (SLU) in Umea

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