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Jahrbuch für WIRTSCHAFTS

GESCHICHTE

1990/4

(2)

Jahrbuch für

WIRTSCHAFTS GESCHICHTE

INSTITUT FÜR

WIRTSCHAFTSGESCHICHTE

Unter beratender Mitarbeit von

H. A p t h e k e r (New York). E. Hobsbawm ( L o n d o n ) . L. Jelecek (Prag). J Kuczynski (Berlin). G. Mori (Flo- renz), H. Mottek (Berlin). E. N i e d e r h a u s e r (Budapest), H. N u s s b a u m (Berlin). Ζ P. Pach (Budapest), J. Purä (Prag), Ju. A. T i c h o n o w (Moskau). J. T o m a s z e w s k i ( W a r s c h a u )

R e d a k t i o n s k o l l e g i u m

H e r m a n n L e h m a n n ( C h e f r e d a k t e u r ) , Ingrid Kresse (Stellv. C h e f r e d a k t e u r ) , R u d o l f Berthold, Siegfried Ep- perlein, G ü n t e r Hertel, Parviz Khalatbari, F e d o r K r e t s c h m a r (Redakteur), T h o m a s Kuczynski, H a n s - H e i n - rich Müller, Peter M u s i o l e k , J a n Peters, W a l d t r a u t S c h m i d t , R e n a t e Scholze (Redakteur). Alfred Schröter, Helga Schultz, Ingrid T h ü m m l e r ( R e d a k t i o n s s e k r e t ä r )

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Jahrbuch für

WIRTSCHAFTS GESCHICHTE

1990/4

Akademie-Verlag Berlin

(4)

D i e s e r Titel wurde von Originalmanuskripten reproduziert.

ISBN 3-05-000998-5 ISSN 0075 - 2800

Anschrift der Redaktion:

1100 Berlin, P r e n z l a u e r Promenade 149/152

E r s c h i e n e n im Akademie-Verlag Berlin, 1086 Berlin, Leipziger Str. 3 - 4

<5 Akademie-Verlag Berlin 1990 Lizenznummer: 202.100

Printed in Germany

Offsetdruck: K o n g r e ß - u n d Werbedruck, 9273 Oberlungwitz Redaküonsschluß: 15. 3. 1990

LSV 0305

Bestellnummer: 755 1491 (2103/90/4)

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Inhalt

ABHANDLUNGEN. STUDIEN, ÄlISZELLEN Ricardo Cördoba de la Llave

Lutz Mi ehe

Klaus Wießner

Uwe Klenner/Manfred Stelter

Achim Toe pel

Lederverarbeitung und ihre t e c h n i - schen Besonderheiten im m i t t e l - alterlichen Cördoba (8. bis 16. Jh.) Zerstörungen durch den D r e i ß i g - jährigen Krieg in westelbischen Städten d e s Erzbistums Magdeburg und des Hochstiftes Halberstadt Die energetische B a s i s der DDR vom Ende der 40er bis Mitte der 60er Jahre

Ausgangs- und Rahmenbedingungen ökonomisch-sozialer Entwicklungen in einigen afroasiatischen Ländern.

Zu Aspekten von h i s t o r i s c h - p o l i t - ökonomischer Analyse und V e r - gleich

Vaubans Beitrag zur Bevölke - rungsstatistik

31

49

67 85

LITERATURKRITIK Werner Röhr

Jürgen Kuczynski

Rudolf Berthold

Peter Musiolek

Expansionsprogramm und K r i e g s - wirtschaft. Dietrich Eichholtz zum 60. Geburtstag (Der Weg in den Krieg. Dietrich Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939 - 1945, Bd. 1 u. 2) Aus der Geschichte lernen?

(Hans-Ulrich Wehler, Aus der Geschichte lernen?; Wir brauchen die Wahrheit)

Probleme e i n e s Handbuches zur europäischen Wirtschafts - und Sozialgeschichte (Handbuch der europäischen W i r t s c h a f t s - und Sozialgeschichte, Bd. 2, 3,

5 u. 6)

Bergbaugeschichte - Kulturge- schichte (Helmut Wilsdorf, Montan- wesen)

91

103

107

113

(6)

Veronika Siedt

Peter Kirchberg

Andreas Kieselbach

Reinhold ZiLch

Horst Handke

Gerhard Heitz

Bernd Funck

Die Industrieentwicklung in den ersten Nachkriegsjahren - ein weißer Fleck der DDR -Geschichts - Schreibung? (Werner Matschke, Die industrielle Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands ISBZ! von 1945 bis 1948)

Güterkraftwagen in der W i r t s c h a f t s - geschichte (Klaus Rabe, Aller Laster

Anfang; Klaus Rabe, Riesen auf Rädern)

Hugo Junkers. Tatsachen und L e - gende (Günter Schmitt, Hugo Jun- kers und seine Flugzeuge)

Soziale Schicht und monetärer P r o - zeß. Die Beamten in der Inflation 1914 bis 1924 (Andreas Kunz, Civil Servants and the Politics of Inflation in Germany 1914 - 1924)

Zur Rezeption der Leninschen I m - perialismustheorie in der W e i m a r e r Republik (Richard Sorge, Der neue deutsche Imperialismus)

Finanzgeschichtliche Aspekte der bürgerlichen Umwälzung (Hans- Peter Ullmann, Staatsschulden und Reformpolitik)

Eine Geschichte Makedoniens und seiner H e r r s c h e r (Malcolm E r r i n g - ton, Geschichte Makedoniens)

117

121

125

135

137

141

1 55

Hermann Lehmann

Hermann Lehmann

W i l f r i e d Strenz

Waldtraut Schmidt Jörg R o e s l e r

Demokratie und Marktwirtschaft - ein Kuppelprodukt?

Jean Fourasti^/Jan Schneider, Warum die P r e i s e sinken Historickä geografie Geography, 27

Historical

Jahrbuch Dritte Welt 1987 und 1989 Die wirtschaftliche Entwicklung in den sozialistischen Ländern O s t - europas zur Jahreswende 1986/87 u. 1987/88

151

152

153 154

156

(7)

Jörg Roesler Jürgen Kuczvnski Karin Lehmann Gerd Henniger Carola .Möckel Lutz Werner Hermann Lehmann Lotte Zumpe

Jürge η Wi lke

Thomas Kuczynski

Wolfgang Kagel Simona Preller

PLOETZ, Die Deutsche Demokratische

Republik 158 Zoltan Tar, The Frankfurt School 158

Die Nachwirkungen der Inflation auf

die deutsche Geschichte 1924 - 1933 159 Heinz Keuth, Sigmund Schuckert -

ein Pionier der Elektrotechnik 161 Anneliese Neef, Mühsal ein Leben

lang 162 Hans-Heinrich Müller/Volker Klemm,

Im Dienste der Ceres 163 Eugen Wendler, Friedrich Last 165

Versicherungsstatistik Deutschlands

1750 - 1 9 8 5 165 Paul Bairoch/Jean Batou/Pierre

Chevre, La population des vi lies

europäennes de 800 ä 1850 166 Quantifizierungsprobleme bei der

Erforschung der europäischen Mon- tanwirtschaft des 15. bis 18. Jahr-

hunderts 168 Bernhard Roeck, Bäcker, Brot und

Getreide in Augsburg 170 Byti istorija ν antidfnosti 171

BETRIEBSGESCHICHTE

Bibliographie selbständiger Schriften zur Betriebsgeschichte in der Deutschen Demokratischen Republik (25. Fortsetzung) (Renate Günther) 173 QUELLEN UND MATERIALIEN

Ursula Mader Emil Rathenau und die Elektro-

chemischen Werke (1893) 191

TAGUNGEN UND KONFERENZEN Renate Scholze

Heidelore Böcker

Frauenarbeit im 19. und 20. Jh.

(8. bis 12. Januar 1990inEyba) Stadtgründungen und neue Städte von 1150 bis 1800 (8. September 1989 in Berlin)

229

237

(8)

BIBLIOGRAPHIE

Bibliographie wirtschaftsgeschichtlicher Literatur der DDR,

37. Lieferung (Dieter Müller) 241

Autorenverzeichnis

C o ^ e p s a H H e , Contents, Contenu, Sumario

253 255

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Jb. f. W i r t s c h a f t s g e s c h i c h t e 1990/4

ABHANDLUNGEN. STUDIEN, MISZELLEN

Lederverarbeitung und ihre technischen Besonderheiten im mittelalterlichen Cördoba (8. bis 16. Jh.)

von R i c a r d o Cordoba de la Llave

Die Lederverarbeitung ist ein traditionelles Gewerbe, das in allen mittelalterlichen Städten große Bedeutung besaß, da die Verwertung der Häute von Haus- und an- deren Tieren ebenso notwendig war, wie die Verwendung ihrer Wolle bzw. Haare im Textilgewerbe oder ihres Fleisches für die menschliche Ernährung. Da e s in a l - len Gegenden genug Vieh gab, hat jede mittelgroße Stadt die Verarbeitung dieses R o h s t o f f e s und damit die Herstellung zahlreicher Gebrauchsgegenstände entwickeln können. Das galt insbesondere für Andalusien. Diese Region im Süden Spaniens b e - saß im Mittelalter sowohl eine starke Viehwirtschaft - vor allem S c h a f - und Rin- derzucht - als auch große Wälder mit Kleinwild, so daß die Jäger der Kürschnerei Felle liefern konnten. Die Stadt Cordoba verfügte nicht nur über diesen natürlichen Reichtum der Rohstoffe. Sie besaß, seit sie Hauptstadt des maurischen Spanien g e - worden war, ein bedeutendes Ledergewerbe, das den Bedarf der sehr zahlreichen Bevölkerung - im 10. Jh. zählte sie über 100 000 Einwohner und war damit die größ- te Stadt des Okzidents, die nur mit Konstantinopel, Damaskus, Bagdad und einigen anderen großen Städten des Orients vergleichbar war - sowie des H o f s t a a t e s und der Armee, die ständig in großem Maßstab Harnische, Schilde, Koppelzeug, Schuh- werk und viele andere Lederartikel benötigte, befriedigen mußte.

Zwar kann man nicht behaupten, die Mauren hätten das Ledergewerbe nach Cordoba gebracht, da e s unsinnig wäre anzunehmen, daß eine Hauptstadt dieser Größenord- nung in der römischen und westgotischen Zeit ohne Gerber und Schuhmacher aus- gekommen wäre, zweifellos aber kann man f e s t s t e l l e n , daß die Mauren eine Reihe von Lederverarbeitungstechniken und Arten von Produkten einführten, die nicht nur in Cordoba selbst die Tradition begründeten, die sich bis in die jüngste Zeit b e - wahrt hat, sondern darüber hinaus auch entscheidenden Einfluß auf das christliche Ledergewerbe ausübten, als C&rdoba in der Mitte des 13. Jh. durch die Kastilier erobert wurde.

Die Entwicklung des Ledergewerbes im mittelalterlichen Cordoba läßt sich in zwei deutlich unterschiedene Etappen einteilen: die maurische Periode (712 bis 1236) und die christliche Periode (1236 bis 1500). Obwohl die e r s t e Periode einen wesentlich größeren Zeitraum erfaßt und obwohl wahrscheinlich die Lederverarbeitung in d i e - ser Zeit wesentlich bedeutender war als in der christlichen Periode, wissen wir nur sehr wenig darüber, da praktisch alle spanisch-arabischen Dokumente verschwun- den sind und die wenigen bekannten Daten von zeitgenössischen oder späteren Au- toren stammen. Das macht eine gründliche Kenntnis der damaligen Arbeiten un- möglich. Die Dokumente für die christliche Periode sind andererseits sehr reichhal- tig. Vor allem für die letzte Phase des Mittelalters (1450 bis 1550), für die wir städtische Dokumente (Verordnungen, Kapitularakten) und Notariatsakten (Protokolle der Stadtschreiber, notarieller Schriftwechsel zu Kauf und Verkauf von Werkstätten, Arbeitsgegenständen, Rohstoffen und Lederprodukten, usw.) besitzen, ist e s möglich, die Lederverarbeitung genauestens zu rekonstruieren.

9

(10)

D i e L e d e r v e r a r b e i t u n g i m C o r d o b a d e r K a l i f e n z e i t Alle Autoren, die sich mit diesem Thema b e s c h ä f t i g t haben, sind sich einig, daß die Verarbeitung von Ledern und Fellen im maurischen Spanien eine Blüte e r l e b t e . Das ist vor allem darauf zurückzuführen, daß, wie wir b e r e i t s e r w ä h n t e n , viele G e - genden über reichhaltige R o h s t o f f e v e r f ü g t e n , die dazu dienten, nicht nur den w a c h - senden Bedarf des lokalen, sondern auch des äußeren Marktes zu b e f r i e d i g e n . Wir wissen, daß sich diese Gewerbe gewöhnlich vor den S t a d t m a u e r n , in der Nähe der Tore, niederließen. Die Stadt Beja war für ihre Lohgerbereien b e r ü h m t , weil dort vor allem die Wasserbeschaffenheit für das Gerben jeder Art von Häuten und Fellen günstig w a r . ( l ) Die für dieses Gewerbe b e k a n n t e s t e Stadt aber war C6rdoba. Alle mit der Lederverarbeitung in Zusammenhang stehenden Gewerke waren hier zumin- dest im 9. und 10. Jh. in der Nähe des " B a b - a l - A t t a r i n " , d. h. des Sevillaner Tores, a n g e s i e d e l t , im S t a d t t e i l " R a b a d - a l - R a q a q i n " , d. h. der P e r g a m e n t m a c h e r v o r s t a d t . Diese Vorstadt wird von lbn Baskuwal e r w ä h n t , der sie bei der Aufzählung der S t a a t - teile Cordobas zwischen dem Sevillaner Tor und der Kirche San Acisclo(2,) e i n - o r d n e t . Sie wird auch von lbn al Qutiya(3) und anderen Autoren e r w ä h n t . Gegen Ende der maurischen Zeit aber, im 12. und 13. Jh., h a t t e sich das Zentrum der L e - derverarbeitung anscheinend b e r e i t s in die Uferzone des Guadalquivir verlagert, wo sich auch die Lohgerbereien der christlichen Periode ansiedelten.(4)

Über die Loh gerbereien, die es zweifellos im maurischen Cordoba gab, wissen wir nichts, obwohl man annehmen kann, daß sie sich kaum von den christlichen L o h g e r - b e r e i e n des 15. Jh. unterschieden haben werden, die wir noch b e t r a c h t e n w e r d e n , denn die bekannten Beispiele spanisch-arabischer Lohgerbereien s t i m m e n im großen ganzen mit diesen überein. Eine maurische Lohgerberei, die mit Sicherheit aus d3m F r ü h m i t t e l a l t e r s t a m m t , d. h. aus der Nazari-Periode, ist auf einem Gelände in der Nähe der Alhambra von Granada e r h a l t e n . Sie besteht aus vier Zisternen von 1,70 m T i e f e , weiteren drei von 1 m T i e f e , einer 3 m t i e f e n Zisterne, die als Brunnen d i e n t e , und einer zentralen Zisterne mit Wasserzu- und Wasserabführung (die e i n - zige, die solche Leitungen besitzt), zwei in den Boden eingelassenen irenen B e h ä l - t e r n und verschiedenen Abzugsgräben. DEIS alles ist rings um einen großen z e n t r a l e n Hof a n g e o r d n e t , der aus Ziegeln g e m a u e r t ist.(5)

Ähnliche Lohgerbereien sind, wie n e u e r e Untersuchungen zeigen, in vielen G e b i e t e n N o r d a f r i k a s ( 6 ) und überhaupt in der ganzen arabischen Welt, von der Sahara bis nach Indien, e r h a l t e n . ( 7 ) Sie bestehen alle aus verschiedenen Anlagen, die W e r k s t ä t - ten und Lagerräumen Platz bieten, f e r n e r aus einer Reihe von quadratischen und r e c h t e c k i g e n Zisternen sowie aus Behältnissen runden Querschnitts. Die einen d i e n - ten dazu, Kalkmilch aufzunehmen, in die die Häute getaucht wurden. Die a n d e r e n 1 Imamuddin, S. M., Muslim Spain 711 - 1492. A Sociological Study, Leiden 1981,

S. 109.

2 lbn Baskuwal, Kitab al Sila, hg. v. Francisco Codera, Madrid 1892, S. 7 f.

3 lbn al Qutiya, T a ' r i j I f t i t a h al Andalus, hg. v. Anronio Ribera, Historia de la conquista de Espafia por Aben Alcotia el cordobes, Madrid 1925, S. 24.

4 Nieto Cumplido, Manuel, Islam y Cristianismo, in: Historia de Cordoba, Τ. 2, Cordoba 1984, S. 102.

5 T o r r e s Balbas, Leopoldo, Teneria en el Secano de la Alhambra, in: Obra dispersa, Τ. 1, Madrid 1981, S. 434 - 437.

6 Mas y Guindal, J., Industrias quinicas de Marruecos: el curtido de pieles en T e - t u ä n , in: A f r i c a , Madrid, März 1930, S. 55 f.; Brunot, L., Vocabulaire de la t a n - n e r i e indigene a R a b a t , in: Hesperis, 1923, S. 83 - 124; Ziegler, Ch., Etudes sur la t a n n e r i e et les industries annexes du Maroc, Paris 1923.

7 Hassan, Y. H./Hill, D. R., Islamic Technology, Cambridge 1986; Wulff, H., T r a d i - tional C r a f t s of Persia, MIT Press 1966.

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d i e n t e n zum Gerben und Wässern der Häute. Die geringen Ausmaße dieser L o h g e r - berei in Granada lassen vermuten, daß sie lediglich zum Gerben der Z i e g e n - und S c h a f f e l l e diente, die für die Versorgung des N a z a r i - H o f e s benötigt wurden.

Die im maurischen Spanien angewendete Gerbtechnik kennen wir ebensowenig wie die Anlage der Lohgerbereien. Allerdings können wir sie teilweise aus den noch h e u t e in der islamischen Welt gebräuchlichen Techniken erschließen, die im großen und ganzen mit den Erkenntnissen übereinstimmen, die wir über die t r a d i t i o n e l l e G e r b - technik besitzen: Nach einer vorbereitenden Waschphase f o l g t e die Haarlockerung (Kalken) und das Enthaaren (Epilation), darauf f o l g t e wieder eine Waschphase und schließlich die Behandlung mit einer aus Taubendung und eingemaischten Feigen h e r - g e s t e l l t e n homogenen Masse, dann das eigentliche Gerben mit pflanzlichen Tanninen (in T e t u ä n benutzte man dazu die Körner oder Galläpfel einer " t a k k a u t " genannten Pflanze, die mit einer Mühle, wie man sie in der Lohgerberei der Alhambra f a n d , die den in den nordafrikanischen Lohgerbereien und den für Cordoba im 15. Jh. b e - zeugten gleicht, gemahlen wurden und dann in Pulverform vorlagen und schließlich in Wasser aufgelöst wurden.) und die Zurichtung durch Beizen, Trocknen und F ä r b e n . ( 8 ) Neben den eigentlichen G e r b e r b e r u f e n bot das lederverarbeitende Gewerbe im m a u - rischen Cordoba vielen weiteren Zünften und Berufen Beschäftigung. Es wird in der Stadt logischerweise spezialisierte Handwerker der verschiedensten Bereiche g e g e - ben haben, obwohl wir nur Erwähnungen der P e r g a m e n t m a c h e r , Weinschlauchherstel- ler, G ü r t l e r , Schuhmacher und S a t t l e r ( 9 ) gefunden haben. All diese B e r u f e und ihre Erzeugnisse haben dem Ledergewerbe Cordobas im M i t t e l a l t e r w e l t w e i t e Geltung v e r s c h a f f t . Es spricht für den Ruf, den Leder aus Cordoba in dieser Zeit im Aus- land h a t t e , daß französische Dokumente des 9. Jh. die gallischen Schuster als " c o r - doaniers" und das Leder als "cordovan"(10) bezeichneten und daß England die G e r - berkunst Cordobas dadurch a n e r k a n n t e , daß es die B e g r i f f e "cordovan", " c o r d w a i n "

(spanisches Leder) und "cordwainer" ( S c h u s t e r ) ( l l ) gebildet h a t t e . Wir können f e s t - s t e l l e n , daß seit dem 9. und 10. Jh. das nach einer von den Mauren im Okzident e i n g e f ü h r t e n und vor allem im m i t t e l a l t e r l i c h e n Cördoba p r a k t i z i e r t e n Technik g e - g e r b t e Ziegenleder in ganz Europa unter dem Namen "C&rdobän" bekannt wurde (und da es das für Schuhwerk am meisten g e b r a u c h t e Leder war, wurde die B e - zeichnung häufig auf die Schuster ausgedehnt, die man "Cordobaneros" n a n n t e ) . D i e - ser N a m e wurde auch im christlichen Spanien gebraucht und hat sich bis h e u t e als Synonym für hochwertiges Leder e r h a l t e n .

Die Wertschätzung, die das Leder aus C&rdoba sowohl in Europa als auch in der islamischen Welt genoß, drückte sich im großartigen Außenhandel aus, den "Al An- dalus" vor allem in der Zeit des K a l i f a t s u n t e r h i e l t . Wir wissen, daß Zügel und Zaumzeug für Pferde nach Nordafrika e x p o r t i e r t wurden.(12) Das waren neben H a r - nischen und Brustpanzern, Sätteln und anderem Zubehör f ü r die R e i t e r e i die in C 6 r - doba am w e i t e s t e n verarbeiteten Produkte, die, wie b e r e i t s e r w ä h n t , die N a c h - f r a g e des hier angesiedelten Hofes und der Armee des Kalifen decken mußten.(13)

8 T o r r e s Balbas, S. 436.

9 S u q - a l - s a r r a q i n , d. h. den Brand einer S a t t l e r w e r k s t a t t im Jahre 1009, e r w ä h n t Ibn Idhari in: Kitab al Bayan al Mugrib, Bd. 3, hg. v. Evaristo Levi-Provenqal = Histoire de l'Espagne musulmane au Xe siecle, Paris 1930, S. 35.

10 Levasseur, Emile, Histoire du c o m m e r c e , Bd. 1, Paris 1911, S. 34.

11 Imamuddin, S. 110.

12 Derselbe, Economic History of Spain under t h e Umayyads 711 - 1031, D a c c a 1963, S. 76.

13 Das ist in der Beschreibung einer Militärparade, die in Cordoba aus Anlaß der Ankunft einer bedeutenden Persönlichkeit im J a h r e 971 organisiert wurde, zu e r - kennen. Darin werden erwähnt: Panzerhemden, Kürasse, " K a l i f a t s s ä t t e l " , " M u f a r - r a g a " - und " M u f a r r a q a " - Z a u m z e u g und Lederschilde (Ibn Hayyan, Kitab al M u q t a - bis, hg. v. E. Garcia Gomez = Anales Palatinos de Al Hakam I I . por Isa ibn Ahmad als Razi, Madrid 1967, S. 66 - 69).

11

(12)

D i e S c h i l d e b e s t e r Q u a l i t ä t w u r d e n in d e n W e r k s t ä t t e n von C o r d o b a , M u r c i a u n d M e d i n a c e l i h e r g e s t e l l t u n d w a r e n u n t e r d e n N a m e n " S u l t a n i y y a h " und " A m i r i y y a h " ( 14) b e k a n n t . Bis in d e n I r a k g e l a n g t e n P e l z - u n d L e d e r b e k l e i d u n g a u s " k h a z z " , " w a b a r "

und " s a m u r " ( 1 5 ) , bis n a c h Indien u n d C h i n a F e l l e a u s " k h a z z " u n d " s a m u r " ( l 6 ) ; n a c h F r a n k r e i c h g e l a n g t e n g e g e r b t e s L e d e r und L e d e r w a r e n s e i t d e m 9. J h .

T h e o d u l f , d e r Bischof von O r l e a n s , s c h r i e b in s e i n e n V e r s e n , d a ß s i c h u n t e r d e n G e - s c h e n k e n , d i e K a r l d e r G r o ß e e r h i e l t , w e i ß e s und r o t e s L e d e r a u s C o r d o b a b e f a n d . ( 1 7 ) D i e s e w e n i g e n A n g a b e n m ö g e n g e n ü g e n , u m d i e w e i t e k o m m e r z i e l l e V e r b r e i t u n g zu b e z e u g e n , die L e d e r w a r e n a u s " A l A n d a l u s " in d e r Z e i t d e s K a l i f a t s f a n d e n , und u m zu z e i g e n , w e l c h e n Ruf s i e in d e n w i c h t i g s t e n A b n e h m e r z e n t r e n d e s O k z i d e n t s u n d d e r i s l a m i s c h e n Welt g e n o s s e n . Z u s a m m e n f a s s e n d k a n n m a n s a g e n , d a ß e i n e g r o ß e Z a h l von W a r e n f ü r d i e v e r s c h i e d e n s t e n Z w e c k e h e r g e s t e l l t und v e r k a u f t w u r d e . Al M a q q a r i g e h t d a r a u f in s e i n e m B e r i c h t ü b e r d i e von Z y r i a b in d e r Z e i t Abd el R a h m a n II. in die M o d e C o r d o b a s e i n g e f ü h r t e n N e u e r u n g e n ein: " Z y r i a b l e h r t e die E i n w o h n e r von ' A l A n d a l u s ' , auf e i n e m w e i c h e n L a g e r a u s L e d e r zu s c h l a f e n , d a s v o r z u g s w e i s e mit B a u m w o l l d e c k e n b e r e i t e t w a r , von k l e i n e n L e d e r t i s c h e n zu e s s e n a n s t e l l e von H o l z t i s c h e n , wiel s i e s a u b e r e r s e i e n , da e s l e i c h t e r i s t , S c h m u t z von L e d e r d e n n von Holz zu e n t f e r n e n . " ( 1 8 )

D i e L e d e r v e r a r b e i t u n g , d i e s i c h n i c h t auf d i e H e r s t e l l u n g von G e b r a u c h s g e g e n s t ä n - d e n b e s c h r ä n k t , s o n d e r n a u c h S c h m u c k u n d V e r z i e r u n g e n e i n s c h l i e ß t , s t e h t in Z u - s a m m e n h a n g m i t d e r E i n f ü h r u n g e i n e s d e r c h a r a k t e r i s t i s c h e n i s l a m i s c h e n L e d e r p r o - d u k t e in C o r d o b a , d e s s o g . S c h m u c k l e d e r s " G u a d a m e c i l " ( g e p u n z t e s L e d e r ) . H i n t e r d i e s e m N a m e n v e r b a r g e n sich b e m a l t e ( r o t e , w e i ß e , g r ü n e ) und g o l d - b z w . s i l b e r - g e p r ä g t e L e d e r , d i e a l s M ö b e l v e r z i e r u n g , K i s s e n - o d e r S t u h l b e z ü g e , W a n d b e s p a n n u n g u s w . d i e n t e n . D i e s e s L e d e r w u r d e n a c h e i n e r T e c h n i k h e r g e s t e l l t , die in d e r n o r d - a f r i k a n i s c h e n O r t s c h a f t G a d a m e s e n t s t a n d e n war ( d a h e r s e i n N a m e ) . Die H e r s t e l - lung u n d d e r G e b r a u c h d i e s e s L e d e r s b e g a n n in C o r d o b a in d e r Z e i t d e s K a l i f a t s u n d s e t z t e s i c h im F r ü h m i t t e l a l t e r f o r t . Z e u g n i s s e sind a u c h n o c h a u s d e m 18. Jh.

ü b e r l i e f e r t . D i e s e s S c h m u c k l e d e r ist e i n e s d e r b e k a n n t e s t e n und t y p i s c h s t e n E r z e u g - n i s s e d e s C o r d o b e s e r L e d e r g e w e r b e s d e s 16. und 17. J h . A n d e r e P r o d u k t e a u s d e m F r ü h m i t t e l a l t e r sind in i h r e m U r s p r u n g a u c h auf die m u s e l m a n i s c h e T r a d i t i o n z u - r ü c k z u f ü h r e n b z w . w u r d e n von ihr b e e i n f l u ß t .

D a s L e d e r i m f r ü h m i t t e l a l t e r l i c h e n C o r d o b a

N a c h d e r E r o b e r u n g d e r S t a d t im J a h r e 1236 b e g a n n e n d i e n e u e n E i n w o h n e r d a s w i r t s c h a f t l i c h e L e b e n n a c h d e m M u s t e r zu o r g a n i s i e r e n , d a s f ü r d i e a n d e r e n s t ä d t i - s c h e n Z e n t r e n d e r K a s t i l i s c h e n K r o n e b e k a n n t w a r . Die n e u e n E i n w o h n e r , d i e a u s d e m Z e n t r u m u n d d e m N o r d e n S p a n i e n s s t a m m t e n , b r a c h t e n i h r e e i g e n e n h a n d w e r k -

14 Ibn Al J a t i b , K i t a b a ' m a l a l - a ' l a m , h g . v. E v a r i s t o L e v i - P r o v e n i ^ a l , R a b a t 1860;

Al M a q q a r i , Azhar a l - R i y a d fi A k h b a r I y a d , K a i r o 1940.

15 N a c h A u s s a g e von Al H a m a d a n i , M u k h t a s a r K i t a b al B u l d a n , h g . v. G o e j e , L e i - d e n 1885, S. 8 4 , u. I s t a k h r i , K i t a b M a s a l i k al M a m a l i k , h g . v. G o e j e , L e i d e n 1 8 7 0 , S. 4 5 , d i e w i e d e r g e g e b e n w u r d e n von I m a m u d d i n , S. M., C o m m e r c i a l R e l a t i o n s of Muslim S p a i n w i t h I r a q , P e r s i a , K h u r a s a n , India a n China in t h e 1 0 t h c e n t u r y in: I s l a m i c C u l t u r e , 1981.

16 Ibn K h u r d a d b i h , Al M a s a l i k w a ' l - M a m a i i k , h g . v. G o e j e , L e i d e n 1889, z i t . n a c h : I m a m u d d i n , Muslim S p a i n . . , s . 132.

17 I m a m u d d i n , S. M., C o m m e r c i a l R e l a t i o n s b e t w e e n Muslim S p a i n a n d C h r i s t i a n C o u n t r i e s in t h e 9 t h a n d 1 0 t h C e n t u r i e s , in: JASP ( J a h r b u c h ) , D a c c a 1 9 5 8 . - D i e A n g a b e wird a u c h von N i e t o C u m p l i d o , S. 102 z i t i e r t .

18 Al M a q q a r i , N a f t al T i b , h g . v. D o z y , 2 B d e . , L e i d e n 1855 u. 1861.

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liehen Kenntnisse und Traditionen mit, so daß die seit dem 13. Jh. in Cordoba e n t - s t e h e n d e Lederverarbeitung sich wesentlich von den islamischen u n t e r s c h e i d e t und grundsätzlich mit der in Städten wie Toledo, Burgos, Valladolid oder Barcelona p r a k - tizierten übereinstimmt. Das ist anhand der zeitgenössischen Dokumente leicht ü b e r - p r ü f b a r . Sie zeigen, daß die Verordnungen für das Ledergewerbe, die die S t a d t r ä t e im 15. und 16. Jh. für Jaen, Cordoba und Sevilla erlassen haben, denen der vorher erwähnten Städte sehr ähneln und daß in ihnen der Gebrauch von ähnlichen T e c h - niken, Häuten und G e r b s t o f f e n sowie die Produktion desselben typologischen S p e k - trums von Fertigerzeugnissen üblich war.(19) Die Tradition des a l t e n islamischen Ledergewerbes sollte aber trotzdem nicht völlig verschwinden. In Cordoba - und a l l - gemein in den übrigen wichtigen andalusischen Städten wie J a e n , Baeza, Ubeda, Sevilla, jerez oder Carmona - s e t z t e sie sich dadurch f o r t , daß e r s t e n s eine kleine Zahl maurischer Handwerker (Mudejares) nach der Eroberung in den b e s e t z t e n S t ä d - ten geblieben war, weiter nach den traditionellen V e r f a h r e n a r b e i t e t e und s o das christliche Handwerk beeinflußte sowie zweitens, daß es dank der u n u n t e r b r o c h e n e n Handelskontakte, die das an der Grenze zum bätischen Andalusien gelegene König- reich Granada zwischen dem 13. und 15. Jh. besaß, eine große Zahl von Erzeugnis- sen dorthin exportierte, durch die die christlichen Handwerker die islamischen T e c h - niken kennenlernten und angeregt wurden, sie weitgehend zu i m i t i e r e n .

Das erklärt sich vor allem dadurch, daß diese e x p o r t i e r t e n Erzeugnisse in der d a - maligen christlichen Gesellschaft in Mode gekommen waren, und die s t e i g e n d e N a c h - f r a g e f ü h r t e dazu, daß man sie mit vergleichbaren R o h s t o f f e n und V e r f a h r e n zu imitieren versuchte. Diese F a k t o r e n waren, verbunden mit dem immer noch der i s l a - mischen Zeit vergleichbaren R o h s t o f f r e i c h t u m , ausschlaggebend d a f ü r , daß Cordoba im Spanien des 15. Jh. ein erstrangiges Zentrum der Lederverarbeitung wurde. D i e - ser Wirtschaftszweig wird das dem Umfang der Produktion und der Zahl der A r b e i - ter nach zweitwichtigste Gewerbe der Stadt (nach dem T e x t i l g e w e r b e ) . Es bringt eine Reihe von Erzeugnissen hervor, die die Stadt mit vollem Recht als L e d e r z e n - trum berühmt machen. Wie schon in der islamischen Zeit ist Cördoba wieder f ü r sein Leder bekannt. Jetzt gründete sich sein Ruf allerdings auf andere Erzeugnis- se und v e r b r e i t e t e sich in anderen geographischen Gebieten. Wie dem auch sei, die b e r ü h m t e s t e n oder qualitativ besten Produkte sind nicht immer die in größter Zahl hergestellten. Das waren nämlich Schuhe und e i n f a c h e Kleidung für die Bewohner der eigenen Stadt und ihrer Umgebung.

Das lederverarbeitende Gewerbe gliederte sich in verschiedene Hauptzweige, die e i n - zeln behandelt werden müssen. Das sind die Versorgung mit R o h s t o f f e n , die V e r - arbeitung der Häute zu Leder (Gerbtechniken) und die Herstellung der F e r t i g p r o d u k t e . Wir wollen Schritt für Schritt die Charakteristika jeder Phase und die in ihr a b - laufenden Prozesse b e t r a c h t e n .

1. D e r H a n d e l m i t H ä u t e n

Die Häute bzw. Felle der verschiedenen Tiere bilden natürlich die Grundlage des Ledergewerbes. Wir wissen nur sehr wenig über den Handel mit Häuten im M i t t e l - alter und noch weniger über die konkreten Bedingungen im Raum unserer U n t e r s u -

19 Herrero, Miguel, Oficios populäres en la sociedad de Lope de Vega, Kap. 3: Una industria ciudadana, los zapateros y las t e c n i c a s del calzado, Madrid 1977, S. 183 230.

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chung.(20) Die für die Lederherstellung verwendeten Häute kamen grundsätzlich von T i e r e n , die ihres Fleisches wegen geschlachtet wurden. Die Häute waren nur N e - benprodukte. Alle anderen Häute wurden durch die Jäger und F a l l e n s t e l l e r , die im allgemeinen für b e s t i m m t e Jagdgebiete angestellt waren, g e l i e f e r t . Die e r s t e Gruppe war die der Haustiere (Kühe, Ochsen, Schafe, Ziegen), die zweite u m f a ß t e das Wild (Wölfe, Füchse, Ginsterkatzen, Marder, Wildkatzen, Kaninchen). Die Häute, die als Nebenprodukt der Schlachtung gewonnen wurden, kamen aus den verschiedensten O r t e n der Umgebung der Stadt. Ja, sie kamen sogar von weiter her. Unter diesem Gesichtspunkt kann man sagen, daß Cordoba alle Häute aus einem relativ ausgedehn- ten Gebiet beanspruchte, das sich in O s t - W e s t - R i c h t u n g von Jaen nach Ecija und von Castilla La Mancha bis in die Mittelmeergegenden sowie im Norden bis nach E s t r e m a d u r a e r s t r e c k t e . In nördlicher Richtung zog sich das Einzugsgebiet insbeson- d e r e bis nach La Serena hin. Wir wissen, daß die e n t f e r n t e s t e n O r t e , aus denen H ä u t e nach Cordoba kamen, in der Nähe von Madrid lagen. Der größte Teil der in C6rdoba v e r a r b e i t e t e n Häute kam aber offensichtlich direkt aus den Schlächtereien der S t a d t , aus den S t a d t t e i l e n Salvador und Santa Maria bzw. aus dem seit 1491 nachgewiesenen großen Schlachthof. Dazu kamen die Häute der in der Nähe der Stadt e r j a g t e n Tiere. Cordoba liegt am Fuße der Sierra Morena, in einer Landschaft mit üppigen, m i t t e l m e e r t y p i s c h e n Wäldern, die im Mittelalter ausgedehnter waren und d a m a l s auch noch mehr Kleinwild beherbergten als heute.(21)

Die Behandlung der Häute vor dem Verkauf begann d a m i t , daß die Fleischer nach dem Schlachten der T i e r e diesen die Häute abzogen. Jeder Geselle war für die H ä u - t e der Tiere verantwortlich, die auf seine Schlachtbank kamen. Neben den F l e i - schern gab es aber auch spezielle E n t h ä u t e r , die nicht nur auf den Schlachthöfen a r b e i t e t e n , sondern auch das Enthäuten des e r j a g t e n Wildes an Ort und Stelle ü b e r - nahmen. Die Verordnungen der Zeit e n t h a l t e n u m f a n g r e i c h e Bestimmungen über die B e s t r a f u n g derjenigen Fleischer oder E n t h ä u t e r , die in die Häute schneiden, sie b e - schmutzen, verbrennen lassen (in der Sonne liegenlassen) oder sie anderweitig vor dem Verkauf beschädigen.(22) Nachdem die Häute abgezogen waren, wurden sie so schnell wie möglich an die Gerber v e r k a u f t , so daß diese sie in frischem Zustand

20 Das wichtigste Werk darüber ist: Delort, Robert, Le Commerce des f o u r r u r e s en Occident a la fin du Moyen-Age, 2 Bde., Paris 1978. - Es analysiert die Linien des internationalen Handels mit Häuten im 14. und 15. Jh. und konzen- t r i e r t sich auf Frankreich und Italien. In Spanien wurde bisher nur Katalonien u n t e r s u c h t , und auch das nur teilweise: Garcia Sanz, Arcadio, El c o m e r c i o de la piel en Vieh a mediados del siglo XIII, Vieh 1967; Pladevail Font, Antonio, Una familia de m e r c a d e r e s de pieles en Vieh a finales del siglo XIV, Vieh 1972;

C a r r e r e , Claude, Barcelone, c e n t r e economique a l'epoque des d i f f i c u l t e s , Paris T967i

21 Das wird aus zeitgleichen Zeugnissen ersichtlich, wie dem "Libro de la M o n t e - ria" von Alfonso XI., in dem O r t e des Königreiches Cordoba als Jagdgebiete für Bären und Wildschweinjagd genannt sind, die h e u t e l a n d w i r t s c h a f t l i c h genutzt werden. Dort gibt es keine Bären mehr, und der Wildschweinbestand wird auch immer geringer.

22 Die Schuhmacherverordnungen aus Cördoba aus dem Jahre 1500 sehen S t r a f e n von 12 Maravedi vor für jeden Fleischer, der einmal in eine Haut schneidet (Stadtarchiv Cordoba /im folgenden: AMC, Libro de ordenanzas, 1°, capitulo 10°,

f. 54). Die S t r a f e erhöht sich in s p ä t e r e n Verordnungen auf 34 Maravedi ( O r - denanzas de curtidos y calzado de 1552, AMC, Seccion VI, Serie 13, L e g a j o 5, f. 5). Identische Verfügungen gab es in N a c h b a r s t ä d t e n wie Sevilla oder Mur- cia (Torres Fontes, Juan, Las ordenaciones al a l m o t a c e n murciano en la p r i m e r a mitad del siglo XIV, in: Miscelänea Medieval Murciana, 10, 1983, S. 98).

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erhielten.(23) Nur wenn sie über einen weiten Weg transportiert oder längere Zeit aufbewahrt werden mußten, bevor sie weiterverarbeitet werden konnten, griff man auf das Verfahren der Trocknung oder des Einsalzens zurück, um Fäulnis zu verhin- dern. Getrocknet oder eingesalzen konnten Häute einige Wochen ohne Beeinträch- tigung der Qualität in den Gerbereien aufbewahrt werden.

Am meisten verarbeitet wurden die Häute von Kühen, Jungstieren, Ochsen und S t i e - ren. Das waren die größten und dicksten Häute. Sie wurden gewöhnlich zur Herstel- lung von Schuhsohlen verwendet. Dann kamen die Ziegen- und Schafshäute und schließlich die Wildhäute. Die Häute von Haustieren wurden zu Leder verarbeitet;

aus den Wildhäuten, die mit dem Fell gegerbt wurden, wurden Pelze für die Kürsch- nerei (Mäntel, Futter usw.) hergestellt.

2. G e r b e n u n d B e i z e n d e r H'ä u t e

Wir haben bereits erwähnt, daß die Häute, bevor sie gewerblich weiterverarbeitet werden konnten, einen Umwandlungsprozeß durchlaufen müssen, der als Gerben be- zeichnet wird, und aus dem sie als Leder hervorgehen. Dieser Prozeß verwandelt ein verderbliches und schwaches Material in einen dauerhaften und belastbaren Stoff.

Dieser Vorbereitungsprozeß war im Mittelalter unter dem Namen Gerberei bzw.

Lohgerberei (curtideria, teneria)(24) bekannt. Handwerker dreier verschiedener Ge- werke wurden für diesen Prozeß benötigt: die Gerber, die die ersten Phasen des Pro- zesses übernahmen, das Gerben selbst sozusagen, die Zurichter (zurradores), denen das Zurichten und Färben der Häute oblag, und die Fellgerber, die jene Häute be- handelten, die zu Pelzen verarbeitet werden sollten.

Da für all diese Arbeiten große Mengen Wasser benötigt wurden, befanden sich die Lohgerbereien in der Nähe von Flußläufen oder in Gebieten mit Quellen und Brun- nen. In Cordoba lagen sie am Guadalquivir und außerhalb des Stadtkerns, um Ge- ruchsbelästigung zu vermeiden.

Die Verarbeitung der Häute zu Leder erfolgte in drei großen Etappen:

- die sog. Arbeiten am Fluß, d. h. die Vorbereitung des Gerbens;

- das eigentliche Gerben, das damals immer mit Hilfe von pflanzlichen Tanninen erfolgte;

- die Zurichtung (zurrado). Unter diesem Begriff wurden verschiedene Behandlun- gen des Leders zusammengefaßt, die gegebenenfalls auch das Färben einschlossen.

23 Da die Häute der in der Stadt geschlachteten Tiere in frischem Zustand sehr schlechten Geruch verbreiteten, wurde verordnet, sie über die Felder zu den au- ßerhalb der Stadtmauern gelegenen Lohgerbereien zu bringen, "ohne sie durch irgendeine Straße zu transportieren, wegen der Belästigung durch den schlech- ten Geruch und anderer Beeinträchtigungen, die sich daraus für die Bewohner ergeben" (Ordenanzas de 1552, AMC, Secc. VI, Ser. 13, Leg. 5, f. 7).

24 Das Wort "teneria" ist abgeleitet vom Begriff "tan", der sowohl die Rinde der Steineiche als auch das "tano" oder "tanino" (Tannin) bezeichnet, das daraus gewonnen wurde. Durch Bedeutung -erweiterung bezeichnet es ebenso die " t e n e - ria", also sowohl den Ort, wo Leder gegerbt wird, als auch den Prozeß selbst:

"tanar" bedeutet daher Häute gerben; "el tanador" ist der Arbeiter, der gerbt, und das "cuero tanado" ist das gegerbte Leder.

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2.1. D i e " A r b e i t e n a m F l u ß "

Dieser B e g r i f f u m f a ß t e in der Fachsprache eine ganze Reihe von T ä t i g k e i t e n , die dazu dienten, die Epidermis ( H a a r ) und das Hypoderm ( U n t e r h a u t - B i n d e g e w e r b e , das die Haut mit dem Fleisch verbindet) von der Haut zu e n t f e r n e n , so daß nur noch der M i t t e l t e i l ( D e r m a ) übrigblieb, der dann zu Leder verarbeitet wi rd. Im m i t - t e l a l t e r l i c h e n Cordoba bestanden diese A r b e i t e n aus:

2.1.1. W ä s s e r n u n d E i n w e i c h e n

In dieser Phase wurden die Häute in sauberem Wasser eingeweicht und von dem an der O b e r f l ä c h e klebenden Schmutz (Blut, K o t , Salz, F e t t usw.) b e f r e i t . In einigen Orten wurden die Häute direkt in das Wasser von Flüssen oder Bächen getaucht. In Cordoba benutzte man Wannen und andere große G e f ä ß e , um die Verunreinigung ues Flußwassers zu v e r m e i d e n . ( 2 5 ) Das gleiche V e r f a h r e n der Reinigung der Häute vor dem Enthaaren durch Wässern wird in zeitgenössischen Verordnungen der Stadt Se- villa e r w ä h n t . ( 2 6 )

2.1.2. H a a r l o c k e r u n g u n d E n t h a a r e n / E n t f l e i s c h e n

Nachdem sie gesäubert worden waren, wurden die Häute in B o t t i c h e mit Kalkmilch ( p e l a m b r e ) getaucht (das ist eine Mischung aus Kalk und Wasser). In dieser Lösung mußten sie e i n e gewisse Zeit bleiben, damit der Kalk die Epidermis löst und diese dann besser a b g e z o g e n werden kann. Die Häute mußten dabei in Abständen g e l ü f t e t werden. Dann wurde die Kalklösung erneuert, und die Häute wurden wieder hinein- g e l e g t . ( 2 7 ) Im Sommer wurden die in der Kalkmilch liegenden Häute mit Matten a b g e d e c k t . ( 2 8 )

25 Die Verordnungen aus Cordoba verfügten, daß die am U f e r des Guadalquivir g e - legenen Brunnen - " e i n e r , der seit alten Z e i t e n klares Wasser für die K a l k b e - handlung l i e f e r t e , und der andere, wo die Rindsleder für die Sohlenherstellung v o r b e r e i t e t wurden" - von den Gerbern weder zum Einweichen der Leder noch zum Waschen der F e l l e benutzt werden dürfen, und das bei S t r a f e von 600 M a r a - vedi, " w e i l sie das für die Khlkbehandlung notwendige Wasser durch das Blut und F e t t , das aus den Häuten t r i t t , verunreinigen würden" (Ordenanzas de 1 552, A M C , S e c c . V I , Ser. 13, L e g . 5, f. 8). - Jede L o h g e r b e r e i hatte Behältnisse für das Waschen: "verschiedene große und m i t t l e r e Wannen" sind für eine L o h g e r - berei erwähnt (1477, VIII. 2, Protokoll-Archiv Cordobas - im folgenden: APC - , O f . 14, L e g . 10, C. 2, f. 6).

26 Gerberverordnungen aus Sevilla aus dem jähre 1525, in: R e c o p i l a c i o n de las o r - denanzas de la muy noble y muy leal ciudad de Sevilla, Sevilla 1975, S. 135.

27 " I n jeder W o c h e , winters wie sommers, müssen die besagten L e d e r zweimal aus den Kalklösungen genommen und wieder hineingelegt w e r d e n " (Odenanzas de 1552, A M C , S e c c . V I , Ser. 13, L e g . 5, f. 8).

28 Die Verordnungen aus Sevilla verfügen, daß die Matten vom 1. Mai bis zum 31.

August jeden Jahres auf die Kalklösungen zu legen seien (Gerberverordnungen ..., S. 153). Unter dem Hab und Gut eines Gerbers aus Cordoba werden verschiedene

M a t t e n genannt (1477, VIII. 2, APC, O f . 14, L e g . 10, C. 2, f. 6 ) .

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Nach einer Behandlung von einem bis drei Monaten(29) konnte das Haar ganz leicht mit s t u m p f e n Messern(30) abgeschabt werden. Danach wurde die Unterhaut in a n a - loger Weise e n t f e r n t . Je besser die Häute vom Kalk durchdrungen waren, desto b e s - ser ließen sich die Ober- und Unterhaut abziehen.

2.1.3. K a l k l ö s u n g u n d B e i z e n u d o b o j

Nach dem Enthaaren mußte man den Kalk, den die Häute a u f g e n o m m e n h a t t e n , vollständig e n t f e r n e n . Zu diesem Zweck wurden sie zwei oder drei Tage lang in s a u - b e r e s Wasser getaucht und anschließend in Beize eingelegt. Dadurch wurde in den Häuten eine Art F e r m e n t a t i o n in Gang gesetzt, die es g e s t a t t e t e , die l e t z t e n K a l k - r e s t e zu e n t f e r n e n . Die im Mittelalter v e r b r e i t e t s t e Technik war das Einlegen der Häute in eine Mischung aus Wasser und Kleie ( G e t r e i d e s c h a l e n ) . Diese Mischung entsprach der Größe und Qualität der Häute. Sie blieben e t w a eine Woche in der Lösung.

Nach Abschluß dieser Vorarbeiten sprach man b e r e i t s von b e a r b e i t e t e n H ä u t e n , die für die zweite Phase der Behandlung, das e i g e n t l i c h e Gerben, v o r b e r e i t e t waren.

Hervorzuheben ist, daß bis hierher alle Häute gleich behandelt wurden. Von nun an aber e r f ä h r t jede Haut eine unterschiedliche Behandlung. Die U n t e r s c h i e d e e r g e b e n sich aus den verwendeten speziellen Gerbsubstanzen (Rinden, Büsche), aus der H e r - kunft der Häute (Kuh, Schaf, Ziege) und ihrer Bestimmung (Schuhe, Kleidung, R i e - men). Dank dieser verschiedenen Varianten des Gerbprozesses war es nicht nur mög- lich, Rinds-, S c h a f s - und Ziegenleder zu produzieren, sondern auch, verschiedene L e d e r a r t e n von den Häuten einer T i e r a r t herzustellen. Aus Schafsleder wurde ζ. B.

Maroquin, Badana- und Baldresleder mit sehr verschiedenen E i g e n s c h a f t e n und V e r - wendungszwecken.

2.2. D a s G e r b e n

Alle bisher dargestellten Arbeiten h a t t e n das Ziel, die Haare und das Fleisch von den Häuten zu e n t f e r n e n . Jetzt handelte es sich d a r u m , die übriggebliebene Schicht durch die Anwendung einer Reihe von V e r f a h r e n zu gerben. Als Hauptsubstanz wurde dazu Tannin verwandt, ein in der Rinde mancher Bäume und den Wurzeln, Zweigen und Blättern b e s t i m m t e r Büsche e n t h a l t e n e s Adstringens. Aufgrund der Bedeutung dieser Substanz war der Anbau und die Ausbeutung der sie produzierenden Pflanzen damals wesentlich ausgedehnter als h e u t e . Die wichtigsten Pflanzen, die Tannin e n t h a l t e n und die daher für das Ledergerben verwendet werden konnten, waren: der Mastixstrauch - dieser Strauch von rötlichem Holz wuchs außerordentlich üppig

29 Für Ochsen- oder Kuhleder 2 oder 3 Monate, f ü r Ziegen- und Schafsleder 1 oder 2, das besagen die Verordnungen aus Bejar von 1568 (Santos, Elisa Carolina de, Plasencia y su t i e r r a a fines de la Edad Media, C ä c e r e s 1986, S. 431).

30 "Cuchillos del oficio" (Berufsmesser) und "Cuchillos de dar mano" ( H a n d m e s s e r ) , die in Berichten über das Hab und Gut von G e r b e r n erscheinen, werden bei d i e - sen Arbeiten benutzt worden sein (1477, VIII. 2, APC, Of. 14, Leg. 10, C. 2, f. 6). Die Verordnungen für Sevilla v e r f ü g t e n i h r e r s e i t s , daß " f ü r alle zu b e a r - beitenden Leder ... zwei Messer benutzt werden, eins für das Fleisch ( H y p o d e r - mis) und das andere für das Haar (Epidermis)", wie b e r e i t s erwähnt ( G e r b e r - verordnungen ..., S. 153).

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in der s p a n i s c h e n M i t t e l m e e r r e g i o n ( 3 1 ) ; die M y r t e , ein B u s c h mit kleinen w e i ß e n B l ü t e n und b l a u s c h w a r z e n B e e r e n ; v e r s c h i e d e n e B ä u m e , d e r e n R i n d e n g e m i s c h d i e s o g . G e r b e i r i n d e e r g a b ; der S u m a c h , ein S t r a u c h mit r ö t l i c h e n , runden F r ü c h t e n , d i e viel T a n n i n e n t h a l t e n . Wie b e r e i t s e r w ä h n t , e r h i e l t m a n d u r c h d i e A n w e n d u n g d i e - ser v e r s c h i e d e n e n G e r b s u b s t a n z e n auf d i e H ä u t e v e r s c h i e d e n e L e d e r t y p e n . R i n d s l e - der k o n n t e ein " M y r t e n l e d e r " o d e r ein " R i n d e n l e d e r " s e i n . B e i d e S u b s t a n z e n e r g a - ben s t a r k e und f e s t e L e d e r . D u r c h d i e S u m a c h a n w e n d u n g e r h i e l t man d a g e g e n e h e r w e i c h e und d e h n b a r e L e d e r .

All d i e s e R o h s t o f f e f a n d m a n a m E n d e d e s M i t t e l a l t e r s in großer M e n g e in der U m - g e b u n g von C o r d o b a . H ä u f i g w u r d e n S u m a c h p f l a n z u n g e n in der S i e r r a von C o r d o b a bzw. in G ä r t e n , ö l b a u m p f l a n z u n g e n und W e i n b e r g e n in der N ä h e der H a u p t s t a d t v e r - p a c h t e t oder v e r k a u f t . ( 3 2 ) D a s a l s " c a s c a " b e z e i c h n e t e R i n d e n g e m i s c h von v e r s c h i e - d e n e n B ä u m e n w u r d e von den s p e z i a l i s i e r t e n " c o r t e c e r o s " , den R i n d e n s c h n e i d e r n , in d e n Wäldern von C o r d o b a z u s a m m e n g e t r a g e n . D a s R i n d e n s c h n e i d e n f a n d in d e n M o n a t e n April, Mai und Juni j e d e n J a h r e s an den zuvor vom S t a d t r a t b e z e i c h n e t e n S t e l l e n s t a t t . ( 3 3 ) Die A r b e i t e r b e n u t z t e n dazu k l e i n e a l s " t o z a n d a s " b e z e i c h n e t e B e i - l e , d e r e n N a m e s i c h von den a b g e s c h l a g e n e n R i n d e n s t ü c k e n ( t o z a s ) a b l e i t e t e . ( 3 4 ) N a c h d e m die R i n d e zu den G e r b e r n g e l a n g t w a r , w u r d e s i e in den G e r b e r e i e n zu e i n e m für d a s G e r b e n b r a u c h b a r e n Pulver v e r m a h l e n . ( 3 5 )

D e r G e r b p r o z e ß in den L o h g e r b e r e i e n b e g a n n mit d e m E i n t a u c h e n d e s L e d e r s in die L o h e ( e i n e M i s c h u n g a u s Weisser und G e r b s u b s t a n z e n , mit der d i e in den B o d e n e i n - g e l a s s e n e n L o h g r u b e n bzw. L o h b o t t i c h e g e f ü l l t w a r e n ) . D a s L e d e r wurde zu B e g i n n der B e h a n d l u n g in relativ s c h w a c h k o n z e n t r i e r t e L o h e g e l e g t . B e i j e d e m n e u e n B a d w u r d e e s in i m m e r k o n z e n t r i e r t e r e L ö s u n g e n g e t a u c h t , d i e i m m e r mehr T a n n i n e e n t h i e l t e n , s o d a ß der G e r b s t o f f l a n g s a m und r e g e l m ä ß i g in d a s L e d e r e i n d r a n g und d i e s e s g l e i c h m ä ß i g e r und b e s s e r g e g e r b t w u r d e , a l s wenn m a n von Beginn a n s t a r k e L ö s u n g e n v e r w e n d e t h ä t t e , die z w a r e i n s c h n e l l e r e s G e r b e n b e w i r k t , a b e r a u c h L e - d e r s c h l e c h t e r e r Q u a l i t ä t zur F o l g e g e h a b t h ä t t e n .

31 D a s war der im L e d e r g e w e r b e in C a s t e l l o n a m m e i s t e n g e n u t z t e G e r b s t o f f im 14 J h . ( R o c a y T r a v e r , F r a n c i s c o , El g r e m i o d e c u r t i d o r e s d e C a s t e l l o n . Una.s o r d e n a n z a s d e s c o n o c i d a s del s i g l o X I V , in: B o l e t i n d e la S o c i e d a d C a s t e l l o n e n s e d e C u l t u r a , 2 6 , 1 9 5 0 , S . 2 0 2 f . ) . In S e v i l l a d a g e g e n war s e i n G e b r a u c h im 16. Jh.

v e r b o t e n ( G e r b e r v e r o r d n u n g e n ..., S. 1 5 3 ) .

32 S u m a c h p f l a n z u n g e n w e r d e n in N o t a r i a t s a k t e n s t ä n d i g e r w ä h n t . Wir w i s s e n , d a ß e i n e davon a m P e d r o c h e - B a c h l a g ( 1 4 6 3 , I X . 2, APC, O f . 14, L e g . 3, C. 2, f. 1 8 0 ) , e i n e a n d e r e in der N ä h e d e s B a c h e s Don L u c a s , der sie von a n d e r e n S u m a c h p f l a n z u n g e n t r e n n t e ( 1 4 7 9 , IV. 22, A P C , O f . 14, L e g . 13, C. 4, f. 2 2 ) , e i n e w e i t e r e auf d e m G u t s l a n d El V i l l a r ( 1 4 9 1 , IV. 29, APC, O f . 14, L e g . 2 4 , C. 13, f. 51) usw.

33 D i e V e r o r d n u n g e n u n t e r s a g t e n , R i n d e n zu e i n e r a n d e r e n J a h r e s z e i t o d e r in e i n e r a n d e r e n G e g e n d a l s " L a s N a v a s de Z o c a r " bzw. a n d e r e n dazu b e s t i m m t e n O r t e n zu s a m m e l n ( O r d e n a n z a s d e 1 4 3 5 , A M C , L i b r o d e O r d e n a n z a s 1 ° , f. 19 - 22;

O r d e n a n z a s del c o n e j o d e C o r d o b a ( 1 4 3 5 ) , hg. v. M a n u e l G o n z a l e z , in: H i s t o r i a , I n s t i t u t i o n e s , D o c u m e n t o s , 2, S e v i l l a 1 9 7 5 , K a p . 2 1 7 , 2 3 8 , S. 2 5 1 , 2 5 6 ) . D i e v o r - g e s e h e n e n O r t e w e c h s e l t e n , d a m i t d i e B ä u m e s i c h j e w e i l s w i e d e r e r h o l e n k o n n - t e n .

34 Z w e i " t o z a n d a s " , e i n e s p i t z und e i n e b r e i t ( 1 4 7 7 , VIII. 2, A P C , O f . 14, L e g . 10, C. 2, f. 6 ) .

35 Ö l m ü h l p r e s s e n und M a h l s t e i n e für S u m a c h und R i n d e n wie b e i den M a u r e n t a u - c h e n in den L o h g e r b e r e i e n C o r d o b a s im 15. J h . a u f ( 1 4 9 8 , III. 6, APC, O f . 14, L e g . 32, C. 1, f. 28; 1 4 9 8 , VI. 15, APC, O f . 14, L e g . 32, C. 5, f. 54; u s w . ) .

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Der d a m i t grob u m r i s s e n e G e r b v o r g a n g g l i e d e r t e sich in zwei H a u p t p h a s e n : 2.2.1. D a s Q u e l l e n d e s L e d e r s

D i e s e r A r b e i t s g a n g d i e n t e dazu, die H a u t f a s e r n so v o n e i n a n d e r zu t r e n n e n , d a ß d i e im f o l g e n d e n a n g e w e n d e t e n G e r b m i t t e l l e i c h t e i n d r i n g e n k o n n t e n . Dazu w u r d e g e - s c h l a g e n e r Mastix im G e m i s c h mit a n d e r e n p f l a n z l i c h e n S t o f f e n zu e i n e r Lösung v e r - a r b e i t e t , in die die H ä u t e z w e i - bis d r e i m a l g e t a u c h t w u r d e n . Diese B e h a n d l u n g d a u e r t e einige Stunden f ü r Z i e g e n - und S c h a f s h ä u t e und drei bis vier T a g e f ü r O c h s e n - und K u h h ä u t e . Sie war u n a b d i n g b a r , w o l l t e man gut g e g e r b t e s L e d e r e r - h a l t e n . Dise Phase des G e r b e n s e r k l ä r t , w a r u m der M a s t i x s t r a u c h u n t e r den f ü r d i e G e r b e r e i b e n u t z t e n P f l a n z e n einen h e r v o r r a g e n d e n Platz e i n n a h m . Er l i e f e r t e die f ü r d i e s e e r s t e G e r b p h a s e w i c h t i g s t e Substanz.

2.2.2. D a s G e r b e n

Nachdem der vorhergehende Arbeitsgang beendet war, wurde das Leder in die mit der g e w ä h l t e n Gerbsubstanz (Sumach, Gerbrinden, Myrte) g e f ü l l t e Lohgrube g e l e g t . D i e s e wurde mit einem Deckel verschlossen und so zusammengedrückt, daß der In- halt der Grube, verdichtet wurde.(36) In dieser Lage blieb das Leder so lange, bis e s mit ausreichender Sicherheit die notwendige Menge Tannin a u f g e n o m m e n h a t t e . Dann wurde e s aus der Lohgrube herausgenommen, wurde g e w a s c h e n und g e t r o c k - n e t . ( 3 7 ) Die Gerbzeit war sehr unterschiedlich und hing sowohl vom Ledertyp als auch von der Jahreszeit sowie sogar von der Ortslage der Gerberei ab. Zum B e i - spiel blieben die mit Sumach gegerbten Kuhhäute im Sommer zwei und im Winter drei Monate in der Lohgrube, die mit Rindenmischung g e g e r b t e n blieben vier Mo- n a t e und die mit Myrte gegerbten zehn Monate in der L o h e . ( 3 8 ) Z i e g e n h ä u t e d a g e - gen blieben eine Woche und Schafshäute nur drei T a g e in der Grube.(39)

Die bisher beschriebenen Arbeitsgänge (Arbeiten am Fluß und Gerben) wurden in den Lohgerbereien durchgeführt. Das waren die Werkstätten, die, wie b e r e i t s e r - wähnt, in Cordoba am Guadalquivir s o w i e in den Stadtvierteln von Santiago und San N i c o l a s lagen. Diese Werkstätten waren w e i t l ä u f i g , denn j e d e v e r f ü g t e über f ü n f ,

36 Wir wissen, daß eine im Mittelalter a n g e w e n d e t e Technik darin bestand, die L o h - grubendeckel mit großen Steinen zu b e s c h w e r e n , die das Ganze z u s a m m e n p r e ß - ten ( R o c a y Traver, S. 206). Wir haben keinen Hinweis darauf gefunden, daß diese Technik im Cordoba des 15. Jh. benutzt wurde. Erwähnt wurden aber Spin- deln (Preßschrauben), die vielleicht denselben Z w e c k e r f ü l l t e n ( 1 4 7 7 , VIII. 2, APC, Of. 14, Leg. 10, C. 2, f. 6).

37 Die Verordnungen aus Cordoba wiesen an, "alle aus der Lohe g e n o m m e n e n L e - der gut abzutrocknen und in gut g e t r o c k n e t e m Zustand zu verkaufen, s o daß das Leder, das verkauft wird, keinesfalls naß ist, bei S t r a f e der Konfiskation" ( O r - denanzas de 1552, AMC, S e c c . VI, Ser. 13, Leg. 5, f. 10), und aus Sevilla, "daß kein Gerber ... sich anmaße, g e g e r b t e s Leder naß zu verkaufen, weil das Betrug dem Käufer gegenüber ist ... bei Strafen von 12 Maravedi" (Gerberverordnun- gen ..., S. 153).

38 Ordenanzas de zapateros de correa 1500, AMC, Libro de Ordenanzas 1°, cap. 7 ° , f. 54; Ordenanzas de 1552, AMC, S e c c . VI, Ser. 13, Leg. 5, f. 8 - 14.

39 Ferrandis Torres, Jose, Cordobanes y g u a d a m e c i e s , Madrid 1955, S. 8 - 10, der dort die Verordnungen von Toledo und Granada untersucht.

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s e c h s oder sogar zwanzig K ä l k b o t t i c h e und noch e i n m a l so viele L o h g r u b e n ( 4 0 ) s o - wie e i n e g r o ß e Zahl von Z i s t e r n e n , B o t t i c h e n und a n d e r e n G e f ä ß e n zum W a s c h e n d e s L e d e r s , zur A u f b e w a h r u n g der G e r b s t o f f e usw. Sie v e r f ü g t e n ü b e r Maße und G e - w i c h t e , um die Z u t a t e n f ü r j e d e Mischung zu b e s t i m m e n , M a h l s t e i n e f ü r die Rinde, A r b e i t s t i s c h e , Messer und a n d e r e s H a n d w e r k s z e u g m e h r . ( 4 1 ) Die L o h g e r b e r e i e n p r o - d u z i e r t e n ein b r e i t e s S p e k t r u m von Z w i s c h e n p r o d u k t e n , die dann in a n d e r e n G e w e r - ken V e r w e n d u n g f a n d e n . B e s o n d e r s w i c h t i g war die als " l a n a p e l a d i z a " b e z e i c h n e t e , a b g e s c h a b t e Wolle, die beim E n t h a a r e n der S c h a f s h ä u t e a n f i e l und d i e in g r o ß e m U m f a n g im T e x t i l g e w e r b e v e r w e n d e t wurde. Die b e i m F l e i s c h a b l ö s e n a n f a l l e n d e n A b f ä l l e s o w i e g e w i s s e , n i c h t v e r w e n d b a r e T e i l e der Haut ( K l a u e n , S c h w ä n z e , s c h l e c h t e r h a l t e n e H a u t t e i l e ) wurden f ü r die H e r s t e l l u n g von S c h w ä n z e n und K l e i s t e r (den die S c h u s t e r a l s K l e b e m i t t e l b e n u t z t e n ) und f ü r die V o r b e r e i t u n g b e i m Malen auf Holz o d e r L e i n w a n d v e r w e n d e t . ( 4 2 )

Die L o h g e r b e r e i e n v e r b r e i t e t e n a b e r a u c h sehr üble G e r ü c h e , die sowohl d u r c h die B e h a n d l u n g der H ä u t e als a u c h d u r c h die G e r b s t o f f m i s c h u n g e n e n t s t a n d e n . ( 4 3 ) Auch f i e l e n R e s t e in F o r m von H a a r e n , F l e i s c h , s c h m u t z i g e m Wasser vom G e r b e n oder ä h n l i c h e r Art a n . Diese A b f ä l l e w u r d e n d u r c h die G e r b e r C o r d o b a s in e i n e r D e p o - nie an der B e g r e n z u n g s m a u e r zum F l u ß g e s a m m e l t . Die G e r b e r h a t t e n d i e s e D e p o - n i e e i n e r V e r o r d n u n g z u f o l g e d r e i m a l j ä h r l i c h zu r e i n i g e n . ( 4 4 )

40 D i e g o de A g u a y o v e r p a c h t e t e i n e m G e r b e r e i n e L o h g e r b e r e i mit 5 K a l k g r u b e n ( ι 4 9 5 , VII. 5, APC, O f . 14, L e g . 29, C 21, f. 7 ) , und J u a n P e r e z , V e r g o l d e r , v e r - p a c h t e t e i n e a n d e r e an 2 B r ü d e r , die G e r b e r sind. D i e s e h a t 19 K a l k g r u b e n

( 1 4 9 8 , VI. 15, APC, O f . 14, L e g . 32, C. 5, f. 54).

41 Alle d i e s e Werkzeuge w e r d e n e r w ä h n t in: 1477, VIII. 2, APC, O f . 14, L e g . 10, C. 2, f. 6; 1488, IX. 16, APC, O f . 14, L e g . 20, C. 14, f. 37; 1471, XII. 5, APC, O f . 14, L e g . 7, C. 9, f. 14.

42 Das e r g i b t sich d a r a u s , d a ß e i n e G r u p p e von G e r b e r n mit e i n e r P r i v a t p e r s o n e i - nen V e r t r a g s c h l i e ß t , in d e m sie sich v e r p f l i c h t e t , " a l l e A b f ä l l e von R i n d s l e d e r , die sie a u s d e m Brunnen in der N ä h e der Mühle von M a r t o s h e r a u s h o l t " an d i e - s e P e r s o n zu v e r k a u f e n und das f ü r ein J a h r . Sie v e r p f l i c h t e t s i c h , an n i e m a n d e n s o n s t zu v e r k a u f e n , es " s e i d e n n , er ist Ausländer oder M a l e r , a b e r an n i e m a n d e n s o n s t , der K l e i s t e r m a c h t " ( 1 4 9 5 , IV. 13, APC, Of. 14, L e g . 28, 0 . 5, f. 10).

43 D i e s e Mischungen w a r e n z ä h f l ü s s i g und s c h m u t z i g und w e r d e n dick und dunkel a u s g e s e h e n h a b e n . B e r n ä l d e z b e s c h r e i b t in s e i n e r Chronik das w e i ß e M e e r , das K o l u m b u s bei s e i n e r e r s t e n R e i s e n a c h A m e r i k a s a h , so: " D i e s e s Meer war w e i ß wie Milch und d i c k f l ü s s i g wie d a s W a s s e r , in d e m d i e G e r b e r d a s L e d e r b e i z e n "

( B e r n ä l d e z , A n d r e s , C r o n i c a de los R e y e s c a t o l i c o s , K a p . 128, in: C r ö n i c a s de los R e y e s de C a s t i l l a = B i b l i o t e c a de A u t o r e s Espaffoles, Bd. 3, Madrid 1953, S. 6 7 3 ) .

44 Eine V e r o r d n u n g b e s a g t , " d a ß d i e A b f a l l h a u f e n , die die G e r b e r an den M a u e r n a n l e g e n , alle 4 M o n a t e g e r e i n i g t w e r d e n , bei S t r a f e von 12 M a r a v e d i " , und e i n e a n d e r e , " d a ß die G e r b e r die in den L ä d e n an der Mauer a n f a l l e n d e n A b f ä l l e n i c h t in den F l u ß w e r f e n und d a ß sie e s so e i n r i c h t e n , d a ß a l l e 4 M o n a t e , wenn sie d i e R e i n i g u n g v o r n e h m e n , sie a l l e s von d e r Mauer e n t f e r n e n , und wenn sie e s n i c h t e n t f e r n e n , daß der z u s t ä n d i g e S t r a f r i c h t e r ihnen die in d e r K ö n i g l i c h e n V e r o r d n u n g a n g e g e b e n e n S t r a f e n a u f e r l e g t " ( O r d e n a n z a s de 1435, AMC, L i b r o d e O r d e n a n z a s 1 ° , f. 6, 28; O r d e n a n z a s del c o n e j o d e C o r d o b a . . . , Kap. 48, 301, S. 223, 270). - G e l e g e n t l i c h h ä n g t e n die G e r b e r die H ä u t e s o g a r von T ü r m e n h e r u n t e r oder a u s F e n s t e r n , um sie in Wind und Sonne zu t r o c k n e n , mit den s i c h d a r a u s f ü r die F u ß g ä n g e r e r g e b e n d e n B e l ä s t i g u n g e n ( O r d e n a n z a s d e 1500, AMC, L i b r o d O r d e n a n z a s 1°, f. 230).

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2.3. D i e Z u r i c h t u n g

Die Zurichtung wurde im Cordoba des 15. und 16. Jh. von "zurradores" g e n a n n t e n , spezialisierten Handwerkern a u s g e f ü h r t . Sie war eine als Beruf genau umrissene T ä - tigkeit, die sich von der des Gerbers unterschied. Die Zurichter (zurradores) übten ihre Arbeit sowohl in dafür von Lederbesitzern vorgesehenen Häusern oder O r t e n als auch in Läden aus, die sie selbst zu diesem Zweck m i e t e t e n . Diese mußten sich an sehr sonnigen Orten befinden, wo man die e i n g e f e t t e t e n Leder in die Sonne h ä n - gen konnte. Das war so wichtig, daß man die Arbeit an Regentagen nicht ausüben konnte.(45)

Die Zurichtung der Leder war ein zwar übliches, keineswegs aber unabdingbares V e r f a h r e n . Sie gehörte nicht zum eigentlichen Gerben und bestand aus einer Reihe von Behandlungen, die hauptsächlich dazu dienten, die für die w e i t e r e V e r a r b e i t u n g wesentlichen Eigenschaften eines jeden Ledertyps zu betonen. Es wurden also nicht mehr die Grundeigenschaften des Leders, sondern nur b e s t i m m t e zusätzliche Eigen- s c h a f t e n , wie Dehnbarkeit, Farbe und äußerer Anblick, verändert. Die Zurichtung läßt sich im großen ganzen in drei Arbeitsgänge zerlegen, von denen jeder einem anderen Zweck diente:

2.3.1. E i n f e t t e n

Die Leder wurden mit f e t t i g e n Substanzen behandelt, damit sie dehnbarer wurden und eine glänzende und g l a t t e O b e r f l ä c h e e r h i e l t e n . Nach diesem Arbeitsgang h a t t e man also ein glänzendes, angenehm anzufassendes, undurchlässiges und weiches L e - der. Verwendet wurden ö l , Talg von verschiedener. T i e r e n und vor allem S c h w e i n e - f e t t oder, wie man auch s a g t e , Schweinesalbe, d. h. das aus dem Bauchraum der T i e r e gewonnene F e t t . Die Leder mußten feucht sein, wenn das F e t t a u f g e b r a c h t wurde. Die e i n g e f e t t e t e n Leder wurden in die Sonne gelegt, damit das F e t t gut in das Hautgewebe eindringen konnte.(46) Das V e r f a h r e n des E i n f e t t e n s stellt eine Art Nachgerben dar. Die ä l t e s t e und e i n f a c h s t e Gerbtech.iik, die wir kennen, ist die Behandlung mit ö l oder tierischen F e t t e n . Sie existiert h e u t e noch in der F o r m des Sämischgerbens. Bekannt ist auch ihre Anwendung durch die Eskimos und die n o r d - amerikanischen Indianer, die die Bisonfelle so gerben. Diese a l t e G e r b m e t h o d e wurde auch schon in der "Ilias" beschrieben, wo es heißt, daß die Häute so b e a r b e i t e t wurden, daß sich die Poren ö f f n e n , daß sie dann geschlagen und schließlich mit ö l eingerieben wurden.

2.3.2. A p p r e t u r / Z u r i c h t u n g ( a d o b o )

Dieser Arbeitsgang dient dazu, die mechanischen E i g e n s c h a f t e n des Leders zu v e r - bessern, es geschmeidig zu machen und damit seine w e i t e r e Verarbeitung zu e r - leichtern. Die hier angewendeten V e r f a h r e n (die in Kombination mit dem E i n f e t t e n und Färben erfolgen) bilden den eigentlichen Prozeß der Zurichtung bzw. A p p r e t u r (zurrar). Das Leder wird einer Reihe von Arbeitsgängen u n t e r w o r f e n , in denen e s hin- und herbewegt, g e f a l t e t , g e t r e t e n und gerieben wird, bis alle Fasern " g e b r o - chen" sind und das Leder "ergeben" ist, d. h. weich und flexibel. Die v e r s c h i e d e - 45 Juan de Muchotrigo, Schuhmacher, v e r p a c h t e t an Alfonso Ruiz, Z u r i c h t e r , einen

Laden mit dem ganzen Boden, der dazugehört, sowohl außerhalb der S t r a ß e als auch gegenüber den Lederhäusern, damit er dort alle Leder unterbringe, die er will (1498, II. 3, APC, Of. 14, Leg. 5, C. 19, f. 31); daß an R e g e n t a g e n nicht zugerichtet wurde, wird bestätigt durch: 1461, XII. 5, APC, Of. 14, Leg. 1, C. 9, f. 11.

46 Ordenanzas de 1552, AMC, Secc. VI, Ser. 13, Leg. 5, f. 27 f.

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(22)

nen Arbeitsgänge dienen dazu, das Leder zu reinigen (vom sog. Gneist zu b e f r e i e n , d. h. von H a a r - , Schmutz- und F e t t r e s t e n ) , die Haut zu brechen (sie wird g e f a l t e t , g e r o l l t und g e t r e t e n ) und sie für eine gute Aufnahme der F a r b s t o f f e vorzubereiten ( d a m i t die Farbpigmente sich stärker und dauerhafter mit dem L e d e r verbinden, da- mit die Farben klarer und leuchtender erscheinen, was man dadurch e r r e i c h t e , daß die Haut g e ö f f n e t , gezogen und erhitzt wurde, um die Fasern voneinander zu t r e n - nen, usw.). All diese V e r f a h r e n , die in Verordnungen aus dem Cordoba des 16. Jh.

beschrieben sind,(47) wurden praktisch unverändert bis ins vorige Jahrhundert b e i - behalten.

2.3.3. F ä r b e n

Die l e t z t e Phase der Zurichtung/Appretur war das Färben des L e d e r s . Die F ä r b t e c h - nik ähnelte sehr der der Tuche und S t o f f e , sowohl was die F a r b s t o f f e als auch was die Technik angeht. Im großen ganzen kann man vier A r b e i t s g ä n g e unterscheiden:

- die Vorbereitung für die Aufnahme der Farbe, die durch das Einreihen des L e - ders mit F e t t , ö l bzw. T a l g e r f o l g t e ;

- das Beizen ( e n j e b e ) des Leders, das wie bei S t o f f e n durch das Eintauchen in Alaunlösung geschah. Das Beizmittel trägt zur Fixierung der aufzubringenden Farben bei;

- das Färben, das durch pflanzliche Substanzen (Essig, Zitrone, S a f r a n ) und durch die auch im T e x t i l g e w e r b e benutzten pflanzlichen bzw. mineralischen F a r b s t o f f e , Krapp ( F ä r b e r r ö t e ) , Brasilholz, Galläpfel usw. e r f o l g t e .

- Einige Leder wurden auch v e r f ä r b t , d . h . in einer Farbe g e f ä r b t , die dann dank der Kombination zweier verschiedener F a r b s t o f f e in eine andere Farbe über- ging·

Im allgemeinen wurde das Leder beidseitig g e f ä r b t . In manchen Fällen aber wurde nur die Haarseite, d. h. die Seite, wo das Tierhaar war, g e f ä r b t . Die Fleischseite wurde dann nur abgeschabt und behielt ihre natürliche Farbe.

Dieser Arbeitsgang vervollständigte und beendete den Prozeß, den wir als " U m w a n d - lung der Häute in L e d e r " bezeichnet haben. Damit war das Material f e r t i g für die Verarbeitung zu Schuhwerk und anderen Produkten. Die Haupttypen von starken L e d e r n (cueros m a y o r e s ) waren Ochsen-, Kuh-, S t i e r - , Jungstier-, Kuhkalbs-, Maul- t i e r - , Hirsch- und Damhirschleder. Sie sind außerdem nach den verwendeten G e r b - s t o f f e n in M y r t e n - , Rinden- und Sumachleder einzuteilen. Schwache Leder sind:

Korduan- ( Z i e g e n - ) , Badana-, Baldres-, Saffianleder und Maroquin ( S c h a f s l e d e r ) so- w i e Glaceleder (von Zickleinhaut). Aus ihnen wurden die Ezeugnisse hergestellt, von denen im folgenden die R e d e sein wird.

3. D i e l e d e r v e r a r b e i t e n d e n G e w e r b e

Man muß die Betrachtung der verschiedenen lederverarbeitenden G e w e r b e im C o r - doba des 15. Jh. mit dem Schuhgewerbe beginnen, da dieses damals z w e i f e l l o s das bedeutendste war und uns darüber auch die vollständigsten und d e t a i l l i e r t e s t e n A n - gaben ü b e r l i e f e r t sind. Die umfangreichste Überlieferung verdanken wir in erster L i n i e dem Umstand, daß die Branche damals so große Bedeutung erlangt hatte. D e m - entsprechend sind die Schuhmacher die in den Notariatsakten des 15. Jh. in g r ö ß - ter Zahl und am häufigsten erwähnten Handwerker. In z w e i t e r L i n i e verdanken wir die umfangreichen Nachrichten der vom Stadt rat bewiesenen Sorge, dieses G e w e r b e zu ordnen und zu garantieren, daß seine Erzeugnisse b e s t m ö g l i c h e Qualität besitzen.

47 G e r b e r - und Schuhmacherverordnungen, ζ. B. 1552, A M C , S e c c . VI, Ser. 13, L e g . 5, f. 28 - 32, u. a. Kapitel über die Grobzurichter.

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