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Stabilisiert die ägyptische Wirtschaft das Land?

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Reformprogramm

Stabilisiert die ägyptische Wirtschaft

das Land? von Amirah El-Haddad, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Omar El Shenety,

American University in Cairo

und Ahmed Abd Rabou, Josef Korbel School of International Studies, University of Denver

vom 29.01.2018

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Stabilisiert die ägyptische Wirtschaft das Land?

Bonn, 29.01.2018. Am 25. Januar jährt sich der Auf- stand, der den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak stürzte, zum siebten Mal – Anlass, um die wirtschaftli- che Situation des Landes zu betrachten. Die Angst des Westens vor dem radikalen Islam führt dazu, dass er großes Interesse an einem stabilen Ägypten hat. Darum gewährte der IWF und bilaterale Geber Kredite in Höhe von 21 Mrd. US Dollar unter der Bedingung, dass Ägyp- ten Reformen durchführt. Lösen diese Reformen die tief verwurzelten Strukturprobleme des Landes und bringen es auf einen neuen, breitenwirksamen Wachstumspfad?

Die Reformen zielen darauf ab, makroökonomische Ungleichgewichte zu korrigieren, indem die Staatsaus- gaben gesenkt werden: durch Subventionskürzungen u.a. bei Gas und Wasser, durch geringere öffentliche Investitionen und durch Lohnkürzungen im öffentli- chen Sektor. Um die Einnahmen zu erhöhen, hat die Regierung eine Mehrwertsteuer eingeführt, sie hat den Wechselkurs freigegeben und Kapitalkontrollen abge- baut, um den parallelen Devisenmarkt auszutrocknen, die Handelsbilanz zu verbessern und die Devisenreser- ven zu erhöhen.

Kurzfristig hatten diese Maßnahmen folgende Folgen:

(i) Zusätzlich zu den Krediten flossen Devisen in Form von Investitionen in Staatsanleihen ins Land. Die Devi- senreserven wuchsen und der Schwarzmarkt ver- schwand beinahe, aber das ägyptische Pfund verlor stark an Wert. (ii) Die Handelsbilanz verbesserte sich durch einen Anstieg der Exporte und einen Rückgang der Importe – wenn auch in geringerem Maße als er- hofft, so dass ein Handelsbilanzdefizit und eine hohe Abhängigkeit von Rohstoffexporten verbleiben. Ein Gutteil der verarbeiteten Produkte Ägyptens basiert jedoch auf importierten Vorleistungen und Investiti- onsgütern, sodass sich die Importe unweigerlich erho- len werden. (iii) Durch die Wechselkursfreigabe, höhere Einfuhrzölle, die Einführung einer Mehrwertsteuer und die Streichung von Subventionen stiegen die Preise stark an. (iv) Die Wachstumsrate stieg, wenn auch we- niger als erwartet. Die Zukunftsaussichten sind ange- sichts des begrenzten Zustroms von Direktinvestitio- nen, schwacher Konsumausgaben, Zinserhöhungen und des Rückgangs staatlicher Investitionen schlecht.

(v) Das Haushaltsdefizit nahm ab, blieb aber mit zehn Prozent des BIP hoch. Ohne Reformen zur Verringerung von Leckagen werden die Einnahmen der Steuer- und Zollbehörden das Defizit nicht verringern. (vi) Die Regie- rung nahm erhebliche Kredite auf, was die Inlandsver- schuldung auf über 90 Prozent des BIP und die Aus- landsverschuldung auf 40 Prozent trieb (letztere hatte nie zuvor höher als 20 Prozent gelegen).

Langfristig hat sich Ägypten einer Entwicklungsstrategie verschrieben, die auf Immobilienentwicklung und Me- gaprojekten basiert, wie die neue Hauptstadt und der Ausbau des Suezkanals. Bau und Immobilienentwick- lung sind aber Symptome eines schwachen Struktur- wandels – weg von handelbaren Gütern und Dienstleis- tungen aus produktiven Sektoren – der nicht in der Lage ist, Ägypten in eine schnell wachsende, dynami- sche und inklusive Ökonomie zu verwandeln. Stattdes- sen sollte die ägyptische Regierung versuchen, nachhal- tiges Wachstum durch eine effektive Exportstrategie zu generieren.

Hierfür fehlen der aktuellen Entwicklungsstrategie vor allem drei Elemente: (i) Politische Entwicklung: erfor- dert, dass staatliche Stellen bei Wahlen Integrität und Neutralität garantieren, die Unabhängigkeit der Justiz- und Gesetzgebungsorgane gewährleisten und ein Gleichgewicht zwischen zivilen, politischen und wirt- schaftlichen Institutionen und dem Sicherheits- /Militärapparat herstellen. (ii) Menschliche Entwick- lung: dies bedeutet, mehr Ressourcen in Bildung und Gesundheit investieren. (iii) Nachhaltige und umfas- sende Entwicklung: sie erfordert eine breitere Perspekti- ve, die die vorhandenen natürlichen Ressourcen besser schützt, die schöpferischen Energien der Jugend besser nutzt, Frieden und Versöhnung fördert und einen neu- en dauerhaften Gesellschaftsvertrag zwischen Staat und Gesellschaft etabliert. Ägyptens derzeitige Entwick- lungsvision basiert auf einer Fassade politischer Refor- men. Der politischen Vertretung fehlen die einfachsten legislativen und parlamentarischen Funktionen und die Integrität von Wahlen wird weitgehend angezweifelt.

Die Aussöhnung zwischen Zivilgesellschaft und Sicher- heitsapparat fehlt völlig auf der Tagesordnung. Eine von Militärunternehmen dominierte Wirtschaft schränkt den freien Wettbewerb ein. Kürzlich wurden die Vermögen dutzender Unternehmen eingefroren, um politische Loyalität zu erzwingen. Diese Maßnah- men sind repressiv und schränken das Vertrauen von Investoren in die Wirtschaft ein. Investitionen in Hu- mankapital werden zugunsten populistischer Megapro- jekte vernachlässigt und werden nur bei einem Über- gang zu einem partizipativen Modell oder einem voll- ständigen demokratischen Wandel stattfinden. Bis heute gibt es solchen Wandel nicht. Die nachhaltige Entwicklung, nach der sich die Menschen sehnen, fehlt völlig in der Vision der Führung. Der Entwicklungsvision Ägyptens mangelt es an einem echten Dialog zwischen den verschiedenen Teilen der Gesellschaft – gegenwär- tig wird er nur vorgetäuscht. Im Mittelpunkt dieses Dialogs müssten politische Reformen und ein neuer Gesellschaftsvertrag stehen; ohne sie wird es kein wirt- schaftlich prosperierendes oder politisch stabiles Ägyp- ten geben.

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik (DIE), Die aktuelle Kolumne, 29.01.2018

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