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Reisebericht Liberia

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Academic year: 2022

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Reisebericht Liberia

Am 5. März 2010 reiste eine Gruppe von sechs Mitarbeitern des Betha- nien-Klinikums Chemnitz nach Ganta in Liberia/Westafrika.

Der Auftrag war einerseits vor Ort medizinische Hilfe zu leisten, ande- rerseits einem ins Stocken geratenen Krankenhausneubau neues Leben einzuhauchen.

Das Bauprojekt wurde von den drei Mitgliedern der Planungsgruppe in Angriff genommen und am Ende ihres Aufenthaltes auf einem Forum in Monrovia vorgestellt und auch angenommen.

Die anderen drei Mitarbeiter bildeten die Gruppe zur medizinischen Hilfe.

Eine Schwester für Anästhesie und Intensivmedizin, ein Traumatologe und eine Visceralchirurgin.

Ausser realtiv spärlichen Informatio- nen aus dem Internet hatten wir von dem Land keine Ahnung und nur schemenhafte Vorstellungen was uns erwarten würde.

Was uns dann empfing, war in jeder Hinsicht überraschend.

Das Land ist nach zwei Bürgerkrie- gen, die bis 2005 dauerten, in einem desolaten Zustand.

Es gibt weder in der Hauptstadt Monrovia noch auf dem Land ein Stromnetz. Elektrizität wird nur pri- vat mit Generatoren erzeugt.

Ebenso katastrophal ist die Wasser- versorgung. Wasserleitungen sind nicht vorhanden oder zerstört und selbst im Krankenhaus gibt es kein fließendes Wasser.

Die Straßen sind in einem ebenso bedauernswerten Zustand. Für eine Strecke von etwa 200 km haben wir mit dem PKW gut sechs Stunden gebraucht.

Die einzige Eisenbahnstrecke ist im Bürgerkrieg zerstört worden und befindet sich noch im Wieder auf - bau, wobei ein schwedischer Stahl- konzern, der Interesse an einer Erz- mine im Norden des Landes hat, tat- kräftige Unterstützung leistet.

Nach diesen allgemein eher negati- ven Eindrücken war der überaus herzliche Empfang durch die Mitar-

beiter des United Ganta Hospitals umso überraschender. Wir wurden voll akzeptiert und sofort in den täg- lichen Klinikablauf integriert.

Insbesondere konnten wir trauma- tologisch mit Rat und Tat unter den gegebenen Bedingungen helfen, wo - bei wir unsere Ansprüche an ein Hygieneregime und spezielle trauma- tologische Ausstattung sehr relativie- ren mussten.

Auch visceralchirurgisch und inten- sivmedizinisch konnten wir helfend zur Seite stehen; zum Beispiel waren zentrale Venenkatheter in Ganta ein Novum. Die vielen Nabel-und Leis- tenhernien, die wir in den zwei Wochen versorgten, stellten nur von der Anzahl her ein Problem dar.

Die Palette der gynäkologischen Operationen, die täglich dort abläuft, war wiederum für uns ungewöhnlich.

Beeindruckt waren wir von der ope- rativen Versorgung vesico-vaginaler Fisteln. Dieses Krankheitsbild, wel- ches bei uns weitestgehend unbe- kannt ist, tritt bei langen Geburtszei- ten und dem dadurch langanhalten- den Druck des kindlichen Kopfes auf Urethra und Vagina auf. Durch eine Minderdurchblutung entsteht eine Nekrosezone mit Fistelbildung. Die Folge ist eine komplette Urininkonti- nenz der Frauen. Dr. Willicor, der lei- tende Arzt in Ganta, operierte diese Fisteln in excellenter und für die Frauen se gensreicher Weise.

Fasziniert waren wir von der diag- nostischen Einfachheit, mit der die beiden Ärzte des Krankenhauses ge - zwungen sind, zu arbeiten.

Reisebericht

526 Ärzteblatt Sachsen 9 / 2010

Hauptstraße in Ganta

12-jähriges Mädchen mit hämatogener Osteomyelitis

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Die Laborpalette umfasst Leukozy- tenzahl, Blutzucker und Hämoglobin sowie je einen Test für Tuberkulose, Malaria und HIV.

Ein für unsere Verhältnisse altertüm- liches Röntgengerät wird eher zu - rückhaltend eingesetzt, jeder Patient muss für jede Aufnahme bezahlen.

Ansonsten ist die gründliche ärztliche Untersuchung und die Erfahrung die Grundlage der Diagnose, über die Richtigkeit entscheidet nur der Er - folg. Der Status des Arztes ist unum- stritten. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein „general medical doc- tor“.

Es gibt nicht die für uns üblichen Spezialisierungen und Subspezialisie- rungen. Der Doktor kann alles und muss alles können. Er ist Internist, Pädiater, Chirurg und Gynäkologe in einer Person.

Nach zwei Wochen war unser Einsatz beendet und wir fuhren mit gemisch- ten Gefühlen ab, wohlwissend über die vor Ort weiter bestehenden Pro- bleme und dass unser Einsatz nur der Beginn einer Partnerschaft sein kann.

Ein kleiner Anstoß zu neuen Wegen, die hoffentlich weiter begangen wer- den.

Anschrift der Autoren:

Dr. med. Henriette Klinghammer, Dr. med. Bernd Rascher, Heike Schneider Zeisigwaldkliniken Chemnitz gGmbH Zeisigwaldstraße 101, 09130 Chemnitz E-Mail: henrietteklinghammer@gmx.de

Mitteilungen

Ärzteblatt Sachsen 9 / 2010 527

Erstversorgung einer Oberschenkelfraktur mit einem Pappkarton

Erstversorgung einer offenen Unterschenkel und Oberschenkelfraktur

Reisebericht

Referenzen

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