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Steuerungsgremium ignoriert die Interessen der Versicherten

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Academic year: 2022

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Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand

Abteilung Sozialpolitik

Ingo Schäfer

Referatsleiter Alterssicherung ingo.schaefer@dgb.de Telefon: 030 24060-263 Fax: 030 24060-226 Henriette-Herz-Platz 2 10178 Berlin

verantwortlich: Markus Hofmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik, DGB Bundesvorstand

Die Rentenübersicht könnte ein sinnvolles Instrument zur Selbstermächtigung der Ver- sicherten sein. Die Versicherten sind dabei keine Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern die Erwerbstätigen, die in der Regel kraft Gesetzes pflichtversichert sind und durch Beiträge ihren Lohnersatz finanzieren. Um die Versicherten zu informieren, wäre eine objektive und von den Interessen der Anbieter unabhängige Darstellung unum- gänglich. Der vorliegende Referentenentwurf zur Zusammensetzung des Steuerungs- gremiums sieht aber gar keine Vertretung der Interessen der Versicherten oder Be- schäftigten vor. Von den sechs Mitgliedern vertreten drei die Anbieter, einer das BMAS, einer das BMF und einer die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Diese Zu- sammensetzung ist vollkommen inakzeptabel und muss zwingend geändert werden.

Das Steuerungsgremium sollte sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Versicher- ten, der Verbraucherzentralen und bspw. dem Bund der Versicherten sowie den zu- ständigen Ministerien BMAS und BMF zusammensetzen. Die Anbieter sollten lediglich beratend hinzugezogen werden, soweit es um die konkrete Umsetzung und Anbindung geht, die Vorgaben aber sollten aus Sicht der Versicherten erfolgen. Der Fehler wurde allerdings schon im Rentenübersichtsgesetz selbst verankert und bedarf daher einer Korrektur durch den Gesetzgeber.

Eine umfassende Rentenübersicht ist längst überfällig. Eine verständliche Übersicht über Rentenan- sprüche aus verschiedenen Sicherungssystemen ist unstrittig ein sinnvolles Projekt. Der DGB hat sich hierfür stets eingesetzt. Umso bedauerlicher ist, dass das Rentenübersichtsgesetz von den Interessen und Wünschen der Anbieter geprägt ist und die Interessen der Versicherten nicht berücksichtigt sind.

Eine so ausgestaltete Rentenübersicht ist unbefriedigend, wenn nicht sogar kontraproduktiv. Denn die Übersicht soll gerade kein Werbeinstrument für die Anbieter und Versicherungsmakler*innen sein, sondern der Selbstermächtigung der Versicherten dienen. Der Gesetzentwurf zum Rentenüber- sichtsgesetz selbst formulierte das Problem zutreffend: „Die aktuell von vielen Anbietern und Trä- gern […] zur Verfügung gestellten Informationen oder Standmitteilungen […] sind für die Bürgerin- nen und Bürger nicht immer leicht verständlich und nur sehr bedingt geeignet, einen

Gesamtüberblick über die bereits erreichten oder erreichbaren Versorgungsleistungen im Alter zu er- halten.“ (Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 19/23550, Abschnitt „A. Problem und Ziel“).

Ziel der Rentenübersicht ist laut Gesetzentwurf: „eine Verbesserung des Kenntnisstandes der Bevöl- kerung über die eigene Altersvorsorge, um die Planungsgrundlagen zu verbessern. Den Bürgerinnen

stellungnahme

Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum

Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Verordnung über das Steuerungsgremium bei der Zentralen Stelle für die Digitale Rentenübersicht

Steuerungsgremium ignoriert die Interessen der Versicherten

14.05.2021

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Seite 2 von 3 der Stellungnahme vom 11.05.2021

und Bürgern soll ein ergänzendes Angebot unterbreitet werden, sich nutzerfreundlich an einer Stelle einen Gesamtüberblick über die eigene Altersvorsorge zu verschaffen.“

Eine Zusammenfassung der bestehenden Informationen der Anbieter ist insoweit kein ergänzendes Angebot, sondern lediglich ein weiterer Zugangsweg zu bekannten Informationen. Was sicherlich auch hilfreich ist, aber dem Ziel und Anspruch der Transparenz und Verständlichkeit nicht Rechnung trägt. Diesem Ziel folgend hätte die Rentenübersicht strikt auf die Interessen und Wünsche der Versi- cherten ausgerichtet werden müssen. Der DGB kritisiert daher die konkrete Umsetzung als nicht ziel- führend, zumal eine Vielzahl von Anbietern gar nicht oder nur langfristig verpflichtet werden soll, überhaupt Informationen bereitzustellen.

Vor diesem bereits schwierigen gesetzlichen Hintergrund sieht der vorliegende RefE vor, in das Steu- erungsgremium drei Vertreter*innen der Anbieter, je einen Vertreter des BMAS und BMF sowie ei- nen Vertreter der Verbraucherzentrale Bundesverband, zu berufen. Damit ist die Hälfte der Mitglie- der unmittelbar Vertreter der Anbieter. Die Verbraucherzentralen können hierbei, mit ihrer umfassenden Expertise zu privaten Versicherungsprodukten und den Beratungen dazu, einen rele- vanten Beitrag leisten. Sie sind aber dezidiert keine Expert*innen in Sachen der gesetzlichen Versi- cherungssysteme oder der betrieblichen Altersversorgung jenseits der Direktversicherungen bzw. der versicherungsförmigen Durchführungswege.

Die besondere Bedeutung des Steuerungsgremiums für die Rentenübersicht sowie seine einseitige Besetzung zugunsten der Anbieter führt der Referentenentwurf sogar explizit als Lösung für das ge- setzliche Ziel der Rentenübersicht aus: „Die Ausgestaltung des Steuerungsgremiums und die Effekti- vität seiner Entscheidungsfindung ist für die erfolgreiche Einführung der Digitalen Rentenübersicht von besonderer Bedeutung, da das Steuerungsgremium von der Zentralen Stelle für die Digitale Ren- tenübersicht bei bestimmten Entscheidungen zu beteiligen und teilweise sogar ein Einvernehmen mit ihm herzustellen ist. Zugleich sollen in den Entscheidungen möglichst breit gefächert die Interessen der Vorsorgeeinrichtungen repräsentiert sein.“ Damit stellt der Referentenentwurf klar, dass im Steuerungsgremium gerade nicht die Interessen der Versicherten „breit gefächert“ vertreten sein sollen, sondern die der Anbieter.

Diese Zusammensetzung des Steuerungsgremiums birgt die Gefahr, dass die Anbieter die Regeln so beeinflussen, dass ihr jeweiliges System besonders gut dargestellt wird. Wie schon heute bei den Standmitteilungen steht und fällt die Transparenz und Verständlichkeit mit der entsprechenden Dar- stellung. Die Anbieter hatten es seit jeher in der Hand ihr Standmitteilungen transparent und ver- ständlich zu gestalten. Dies ist in einer Vielzahl an Fällen weder geglückt, noch schien es gewollt zu sein.

Ziel und Zweck der Rentenübersicht ist die Selbstermächtigung der Versicherten, den Umfang und die Werthaltigkeit ihrer Altersvorsorge selbst zu verstehen und einordnen zu können. Der Zweck wird verfehlt, wenn die Informationen nur durch weitere (kommerzielle oder anbietergetriebene) Be- ratung verstanden werden kann. Im Ergebnis würden die Versicherten Hilfe suchen müssen. Besten- falls bei der Rentenversicherung, die ohne eigene Gewinninteressen berät. Im schlimmsten Falle ge- rieten sie aber an Versicherungsvertreter*innen oder Versicherungsmakler*innen, die abschluss- und provisionsorientiert ausschließlich Produkte einer oder weniger Versicherungen verkaufen möchten.

Dann mutierte die zusätzliche Information zu einem Werbe- und Vertriebsinstrument, statt einer ob- jektiven Aufklärung der Versicherten zu dienen. Dem kann nur durch eine versichertenorientierte Darstellung Rechnung getragen werden. Dazu müssen die Interessen der Versicherten im Steue- rungsgremium maßgeblich vertreten sein. Der DGB vertritt die Interessen der Beschäftigten und der

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Seite 3 von 3 der Stellungnahme vom 11.05.2021

Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung und sollte daher im Steuerungsgremium vertre- ten sein.

Der Referentenentwurf in dieser Fassung findet daher nicht die Zustimmung des DGB, wie schon die gesetzliche Regelung in § 9 des Rentenübersichtsgesetzes.

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