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EGMR: Haftung für Troll-Kommentare verletzt nicht die Meinungsfreiheit

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Fr 11 Okt 2013

EGMR: Haftung für Troll-Kommentare verletzt nicht die

Meinungsfreiheit

verfassungsblog.de/egmr-haftung-fuer-troll-kommentare-verletzt-nicht-meinungsfreiheit/ Maximilian Steinbeis Fr 11 Okt 2013

(c) Steve Baker, Flickr CC BY-ND 2.0

Jeder, der im Internet unterwegs ist, und definitiv jeder, der im Internet journalistisch publiziert (believe you me), kennt das Problem: Es gibt da draußen eine Menge Leute, die nichts lieber tun, als im Schutzmantel der Anonymität ihre ganze unverdaute Wut, ihren Rassismus, ihren Sexismus, ihre Homophobie ungezügelt auszukotzen. Der Ort, an dem sie das tun können, sind die Kommentare unter Online-Artikeln. Man nennt Leute, die in destruktiver Absicht kommentieren, Trolle. Wir haben gottlob hier nur sehr wenige davon, und ich werde alles dafür tun, dass das auch so bleibt.

Wenn aber doch mal einer vorbeikommt und hier einen straf- oder zivilrechtlich relevanten Kommentar ablässt, dann bin ich dran. Ich werde ihn zwar löschen, sobald ich ihn bemerke. Aber wenn ich gerade schlafe oder im Kino sitze oder sonstwie verhindert bin, dann kann es passieren, dass der Kommentar da ein paar Stunden steht und seine rechtswidrige Wirkung entfaltet.

Verletzt das mein Recht auf freie Meinungsäußerung, wenn ich in diesem Fall von dem Geschädigten in Haftung genommen werden kann? Nein, sagt heute der Europäische Gerichtshof in einer Kammerentscheidung, und – wie ich gegen meine eigenen ökonomischen Interessen finde – zu Recht.

Der Fall spielt in Estland. Dort hat ein großes Medienportal eine Geschichte über ein Fährschifffahrtsunternehmen gebracht, das seine Routen umgelegt hat, so dass im Winter bestimmte Inseln nicht mehr über das zugefrorene Meer erreicht werden können, was zuvor offenbar möglich und billig und praktisch war. Diese Geschichte zog die Trolle an wie der Hundehaufen die Fliegen. Es dauerte nicht lange, bis es auf der Seite vor Morddrohungen und Lynchaufrufen mit und ohne Holocaustbezug gegen den (jüdischen?) Besitzer der Fährlinie wimmelte.

Die Seite verfügte über Kommentier-Regeln, wonach Beleidigungen und sonstige Trollereien gelöscht werden, über einen Lösch-Automatismus bei bestimmten Wörtern, die für Beleidigungen typisch sind, sowie über einen

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Meldemechanismus, mit dem User verdächtige Kommentare melden können. Das half aber offenbar überhaupt nichts. Trotzdem blieben diese Kommentare sechs Wochen online, bis sich der Anwalt des Bedrohten meldete, und zwar mit der Aufforderung, 32.000 Euro Schmerzensgeld zu überweisen.

Der Geschädigte klagte und gewann (bekam allerdings nur ein Hundertstel der geforderten Summe), und dagegen zog das Medienportal nach Straßburg, um sich dort auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung zu berufen.

Die EGMR-Kammer hält die Haftung für einen Eingriff, aber am Ende für gerechtfertigt. Das Medienportal hätte ahnen können, dass der Artikel eine Menge Staub aufwirbeln und daher auch ein überdurchschnittlich hohes Risiko unappetitlicher Kommentare nach sich ziehen würde. Es habe zwar allerhand gegen dieses Risiko unternommen, aber offenkundig nicht genug. Dazu kommt, dass das Portal damit Geld verdient, eben auch solche Kommentare an ein möglichst großes Publikum zu bringen. Dem Geschädigten könne man nicht zumuten, die Kommentierer einzeln zu verklagen, da diese anonym kommentieren könnten – was ebenfalls eine Entscheidung des Portals sei.

LICENSED UNDER CC BY NC ND

SUGGESTED CITATION Steinbeis, Maximilian: EGMR: Haftung für Troll-Kommentare verletzt nicht die

Meinungsfreiheit, VerfBlog, 2013/10/11, http://verfassungsblog.de/egmr-haftung-fuer-troll-kommentare-verletzt-nicht-meinungsfreiheit/.

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