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Von der gemeinen viel geringern und bloß particulären Religion der Juden. Aufklärung, Antijudaismus und Antisemitismus in Philosophie und Theologie

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(1)

Von „der gemeinen viel geringern und bloß particulären Religion der Juden“.

Aufklärung, Antijudaismus und

Antisemitismus in Philosophie und Theologie

Prof. Dr. Rainer Kessler, Universität Marburg Hofgeismar, 14. Januar 2021

Tagung: Antisemitismus und alttestamentliche Wissenschaft

(2)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

(3)

Das biblische Esterbuch in wörtlicher und allegorischer Auslegung

Wörtlich: Der persische König Ahaschwerosch verstößt seine Frau Waschti und nimmt sich als neue Frau die Jüdin Ester.

Die allegorische Deutung des Rhabanus Maurus (Expositio in librum Esther, 836 n.Chr.):

Ahaschwerosch = Christus.

Dieser verstößt Waschti = das Judentum und erwählt Ester = die christliche Kirche.

PL 109, Sp. 635-670

(4)

Martin Luther (1483-1546):

„Das Evangelium ist der

Schlüssel, der die alte Schrift öffnet …

Folglich ist den Juden die Schrift noch verborgen, uns aber ist sie zugänglich.“

Predigt am Ostermontage Nachmittags (2. Apr. 1526), in: WA 20

(5)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

(6)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung

(7)

Luther zu Ester:

„Ich bin dem buch vnd Esther so feindt, ut mallem eos non extare (dass ich wollte, sie wären gar nicht vorhanden),

dan sie judaitzen (var. judentzen) tzu sehr und haben viel

heidnische vnradt (var. vnart).“

Tischreden 1531-46. Dritter Band. Tischreden aus den dreißiger Jahren

(8)

Luther zu Ester:

„O, wie lieb haben sie das Buch Esther, das so fein stimmet auff jre blutdürstige, rachgyrige, mördische begir und hoffnung, Kein blutdürstigers und rachgyrigers Volck hat die Sonnen je beschienen, als die sich düncken lassen, Sie seien darumb Gottes Volck, das sie sollen und müssen

die Heiden morden und würgen.“

Von den Juden und ihren Lügen. 1543, in: WA 53

(9)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

(10)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen

(11)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen 2.3.1.1 Voltaire

(12)

Voltaire (1694-1768)

(13)

Voltaire

„Sie wurden alle mit rasendem Fanatismus im Herzen geboren, so wie die Bretonen und

Deutschen alle blond sind."

„Mich würde nicht im mindesten wundern, wenn diese Leute eines Tages gefährlich würden für das Menschengeschlecht."

Die Juden seien „das abscheulichste Volk auf Erden“.

„Die Juden sind wie Neger, sie sind eine niedriger stehende Menschenart.“

„Ihr übertrefft sämtliche Nationen mit euren unverschämten Märchen, eurem schlechten

Benehmen und eurer Barbarei. Ihr habt es verdient,

bestraft zu werden, denn das ist euer Schicksal."

(14)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen 2.3.1.1 Voltaire

2.3.1.2 Immanuel Kant

(15)

Immanuel Kant 1724-1804:

„Die unter uns

lebenden Palästiner sind durch ihren

Wuchergeist seit ihrem Exil … in den nicht

ungegründeten Ruf des Betruges gekommen.“

Anthropologie in pragmatischer Hinsicht [1798], Weischedel, Bd. 10, 517f

(16)

Kant: Die Euthanasie des Judentums

„Selbst in Ansehung der Juden ist dieses (sc. die Entwicklung hin zur universalen, vernünftigen Religion), ohne die Träumerei

einer allgemeinen Judenbekehrung … möglich, wenn unter ihnen, wie jetzt geschieht,

geläuterte Religionsbegriffe erwachen, und das Kleid des nunmehro zu nichts dienenden, vielmehr alle wahre Religionsgesinnung

verdrängenden, alten Kultus abwerfen. … Die Euthanasie des Judentums ist die reine

moralische Religion, mit Verlassung aller alten Satzungslehren ...“

Der Streit der Fakultäten (1798), Weischedel, Bd. 9, 320f

(17)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen 2.3.1.1 Voltaire

2.3.1.2 Immanuel Kant 2.3.2 Theologische Positionen

2.3.2.1 Johann Salomo Semler

(18)

Johann Salomo Semler

1725-1791

(19)

Abhandlung von freier Untersuchung des Canon [1771-1776] – Vier Motive

1.) Das Christentum ist dem Judentum überlegen

„Sobald z.E. nachdenkende verständigere Juden über den Inhalt dieser Bücher … und über die Lehre Jesu eine

Vergleichung der gelehrten Sachen anstellen, so lassen sie ihre bisherigen Lehrer und Rabbinen fahren und ziehen einen

bessern Unterricht von einer viel bessern vollkommenern Religion vor …“

2.) Das Judentum ist partikular und nicht universal

Bei der Frage der Kanonizität von Schriften ist auszugehen

„von der Göttlichkeit des Inhalts oder der Wahrheiten, welche wirklich die eigene vollkommenere Religion eines Christen jetzt ausmachen und ihr zugleich einen erweislichen Vorzug

geben ... vor der gemeinen viel geringern und bloß particulären

Religion der Juden …“

(20)

3.) Das Judentum ist eine fremde orientalische Religion

„Ein gesunder Auszug aus den Büchern alten Testaments,

worin die kleinen unfruchtbaren Erzählungen und die Stellen

weggelassen werden, welche nur für jene Juden gehörten und

den Stempel der Zeit oder der Provinz so deutlich vorzeigen,

würde die christliche bessere Lehre und Religion viel leichter

überzeugend und durch Erfahrung empfehlen als die kalten

Wiederholungen der Beschreibungen von Begebenheiten, die

ganz und gar ausländisch, ganz fremd und unbekannt für uns

und unsern ganz andern Geschmack in der Erkenntnis und

Moral sind und bleiben.“

(21)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen 2.3.1.1 Voltaire

2.3.1.2 Immanuel Kant 2.3.2 Theologische Positionen

2.3.2.1 Johann Salomo Semler 2.3.2.2 Johann Gottfried Herder

(22)

Johann Gottfried Herder

(1744-1803) »

(23)

Herder, Bekehrung der Juden [1802]

„Auch über die Grundsätze der Jüdischen Grammatik und

Auslegungskunst, die von der christlichen so verschieden ist, hinweggesehen ...; ist es ausgemacht, daß diese

Vorhersagungen … einen immer geistigern Sinn erhalten haben. Alles hängt an diesem geistigen Sinn symbolisch-

ausgesprochener Hoffnungen und Wünsche. Wer an solchem keinen Geschmack hat, sondern die goldnen Becken und

Schüsseln am neuen Opferaltar … haben und erwarten will, dem kann man nichts sagen, als: warte! Sinnliche Begierden, zumal auf National-Stolz gegründet, lassen sich selten

wegdisputiren ...“

„Das Volk ist und bleibt also auch in Europa ein unserm

Welttheil fremdes Asiatisches Volk an jenes alte, unter einem

entfernten Himmelsstrich ihm gegebne … Gesetz gebunden.“

(24)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen 2.3.1.1 Voltaire

2.3.1.2 Immanuel Kant 2.3.2 Theologische Positionen

2.3.2.1 Johann Salomo Semler 2.3.2.2 Johann Gottfried Herder

2.3.2.3 Wilhelm Martin Leberecht de Wette

(25)

Wilhelm Martin Leberecht de Wette

(1780-1849)

(26)

Die Zweiteilung der jüdischen Geschichte in Hebraismus und Judentum

de Wette, Biblische Dogmatik Alten und Neuen Testaments.

Oder kritische Darstellung der Religionslehre des Hebraismus, des Judenthums und Urchristenthums, Berlin

1

1813;

2

1818

„Das Judenthum ist die verunglückte Wiederherstellung des Hebraismus … Die charakteristischen Merkmale

sind: 1) Statt der sittlichen Richtung meta-physisches Nachdenken … 2) Neben der mißverstandenen Symbolik eine schriftliche Religionsautorität, ohne selbständige Hervorbringungskraft. Daher 3) während der Hebraismus Sache des Lebens und der Begeisterung war, ist das

Judenthum Sache des Begriffs und des

Buchstabenwesens.“

(27)

Aufbau des Vortrags:

1. Das christliche Alte Testament bis zum Aufkommen der historischen Kritik

2. Elemente des Antisemitismus in der entstehenden alttestamentlichen Wissenschaft 2.1 Das Hebräische als Sprache

2.2 Abschied von der allegorischen und Hinwendung zur wörtlichen Auslegung 2.3 Aufgeklärter Universalismus und jüdischer Partikularismus

2.3.1 Philosophische Positionen 2.3.1.1 Voltaire

2.3.1.2 Immanuel Kant 2.3.2 Theologische Positionen

2.3.2.1 Johann Salomo Semler 2.3.2.2 Johann Gottfried Herder

2.3.2.3 Wilhelm Martin Leberecht de Wette 3. „Higher Criticism – Higher Anti-Semitism“

(28)

Solomon Schechter

(1847-1915) »

(29)

Rede bei einem Bankett in Budapest 1903

„... Ich emigrierte von Rumänien in sogenannte zivilisierte Länder und fand dort, was man den Höheren Antisemitismus nennen könnte, der die Seele verbrennt, auch wenn er die Körper unversehrt lässt. Die Entstehung dieses

Höheren Antisemitismus ist zum Teil zeitgleich mit der Entstehung der so genannten Höheren Kritik der Bibel. Wellhausens 'Prolegomena' und seine 'Geschichte' wimmeln von

Bemerkungen voller Gift gegen das

Judentum.“

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