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EuGH: Vorsteuervergütung bei nachträglichem Steuerausweis

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Stand: 27.03.2018 | Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt | Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden | © KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER

Das Oberste Gericht der Slowakischen Republik musste den Beginn der Fünfjahresfrist prüfen. In diesem Zusammen- hang hat das Gericht dem EuGH mehrere Fragen zur Vor- abentscheidung vorgelegt. Das Gericht wollte unter ande- rem wissen, ob die Richtlinie 2008/9 und das Recht auf Erstattung der Vorsteuern kumulativ verlangen, dass sowohl der Gegenstand geliefert oder die Dienstleistung erbracht wurde, als auch dass ein entsprechender Steue rausweis in der Rechnung erfolgt ist. Ferner fragte das Gericht danach, ob es mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität vereinbar ist, wenn die Frist für die Steuerersta t- tung ab einem Zeitpunkt gerechnet wird, in dem nicht alle materiell-rechtlichen Bedingungen des Rechts auf Steuerer- stattung erfüllt sind.

2. Rechtliche Würdigung des EuGH

Zunächst wiederholt der EuGH Rechtserkenntnisse, die er bereits in anderen Entscheidungen geäußert hatte. Das Recht zum Vorsteuerabzug sei ein Grundprinzip des Mehr- wertsteuerrechts. Die wirtschaftliche Tätigkeit des Unte r-

EuGH: Vorsteuervergütung bei nachträglichem Steuerausweis

1. Sachverhalt

Hella hat in den Jahren 2004 bis 2010 Formen zur Herstel- lung von Leuchtkörpern für Fahrzeuge in der Slowakei an Volkswagen geliefert und abgerechnet. Hella ging davon aus, dass es sich bei den Zahlungen um einen reinen fi- nanziellen, also nicht umsatzsteuerpflichtigen Ausgleich handelt. Aus diesem Grund hat Hella in den Rechnungen zunächst keine Umsatzsteuer ausgewiesen.

Nachdem Hella in 2010 diesen Irrtum bemerkt hatte, stellte Hella nachträglich Umsatzsteuer in Rechnung und versteu- erte die Umsätze. Volkswagen beantragte in 2011 sodann die Vorsteuervergütung in der Slowakei. Die slowakischen Behörden gaben dem Antrag nur für die Lieferungen der Jahre 2007 bis 2010 statt. Für die Lieferungen der Jahre 2004 bis 2006 sei die im nationalen Recht geregelte fünf- jährige Ausschlussfrist bereits abgelaufen. Deshalb wurde der Antrag insoweit abgelehnt. Das Recht auf Erstattung der Umsatzsteuer sei bereits im Zeitpunkt der Lieferung der Ware entstanden, weshalb die Frist abgelaufen sei.

Vorsteuervergütung trotz Ausschlussfrist

Weist ein Unternehmer in Rechnungen nachträglich Um- satzsteuer für Umsätze aus, die er bislang ohne Umsatz- steuer abgerechnet hatte, steht dies einer Vergütung der Vorsteuer beim Leistungsempfänger im Wege des Vor- steuervergütungsverfahrens nicht entgegen. Etwaige Ausschlussfristen sind unbeachtlich, wenn der Leistungs- empfänger das Erstattungsrecht nicht vorher ausüben konnte, da er weder im Besitz der Rechnung war noch von der Mehrwertsteuerschuld wusste (EuGH, Urt. v.

21.03.2018 – C-533/16 – Volkswagen AG). Das materielle Recht durchbricht hier das formelle Recht.

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Stand: 27.03.2018 | Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt | Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden | © KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER

3. Fazit

Wer sich im Nachgang der Entscheidung des EuGH in der Rs. Senatex (Urt. v. 15.09.2016 – C-518/14) mehr Klarheit zu Fragen der rückwirkenden Rechnungsberichtigung e rhofft hat, sieht sich durch das Urteil wohl weitgehend enttäuscht.

Eine klare Aussage, für welchen Zeitraum der EuGH den Erstattungsanspruch anerkannt wissen will und ob im vorlie- genden Fall die Rechnungsberichtigung möglichweise zu- rückwirkt, tätigt er nicht. Auf Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2008/9, wonach sich der Vergütungsantrag grds.

auf Vorsteuern beziehen muss, die während des Vergü- tungszeitraums in Rechnung gestellt werden, geht er nicht ein. Entscheidend kam es ihm wohl darauf an, dass das materielle Recht und damit das Recht zum Vorsteuerabzug sich ggü. dem formellen Recht durchsetzt. Damit liegt diese Entscheidung auf einer Linie mit zahlreichen weiteren EuGH-Entscheidungen, die eine deutliche Tendenz zeigen:

Unternehmer, die sorgsam handeln, werden geschützt.

Was auch im vorliegenden Fall für eine Rückwirkung sprä- che, wäre der Gesichtspunkt, dass Volkswagen nicht erst mit der Zahlung des später ausgewiesenen Umsatzsteue r- betrages an Hella mit Umsatzsteuer belastet ist, sondern bereits der ursprünglich bezahlte vermeintliche Nettobetrag in Wirklichkeit ein Bruttobetrag war, der einen Umsatzsteu- eranteil beinhaltete. Der Grundsatz des Sofortabzuges könnte also eine Rückwirkung gebieten.

Das Urteil ist auch von Interesse für Vorsteuererstattungen in Ländern wie z. B. Italien oder Tschechien, wo es ver- gleichbare Ausschlussfristen im Veranlagungsverfahren gibt.

nehmers soll vollständig von Mehrwertsteuer entlastet we r- den, sofern seine Tätigkeit der Mehrwertsteuer unterliegt.

Das Recht zum Vorsteuerabzug kann sofort ausgeübt we r- den, ist jedoch an formelle und materielle Bedingungen geknüpft. Diese Bedingungen ergeben sich grds. aus der MwStSystRL. Das Recht auf Vorsteuerabzug sei grds. im gleichen Zeitraum auszuüben, in dem der Anspruch auf die Steuer entstanden ist. Die Ausübung des Rechts sei jedoch erst mit Erhalt einer ordnungsgemäßen Rechnung möglich.

Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es aus Sicht des EuGH jedoch, das Abzugsrecht zeitlich zu beschränken.

Handelt ein Steuerpflichtiger nicht sorgfältig, ist eine Au s- schlussfrist als Sanktion zulässig, wenn die Ausschlussfrist den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität genügt.

Zudem ermögliche Art. 273 MwStSystRL Maßnahmen zum Schutz vor Steuerhinterziehung.

Dennoch gelangte der EuGH im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Ausschlussfrist nicht greifen könne.

Volkswagen war es unmöglich, das Erstattungsrecht vor der Rechnungsberichtigung auszuüben, da Volkswagen vorher weder im Besitz der Rechnungen war noch von der Meh r- wertsteuerschuld wusste. Erst mit Erhalt der Berichtigunge n waren die materiellen und formellen Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug gegeben. Zudem lag seitens Volkswagen aus Sicht des EuGH kein Mangel an Sorgfalt vor, es gab weder Missbrauch noch kollusives Zusammen- wirken. Die Gefahr der Steuerhinterziehung oder der Nicht- abführung der Umsatzsteuer sah der EuGH nicht. Unter diesen Umständen konnte zum Schutz des Leistungsem p- fängers die Ausschlussfrist nicht bereits mit der Lieferung der Gegenstände beginnen.

Ansprechpartner: Dr. Thomas Streit, LL.M. Eur.

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht Tel.: +49 89 217501275 thomas.streit@kmlz.de

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