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Das arbeitsbezogene Kohärenzgefühl in der Sozialen Arbeit.

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Academic year: 2022

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(1)

Das arbeitsbezogene Kohärenzgefühl in der Sozialen Arbeit.

Eine quantitative Untersuchung bei Sozialarbeiter*innen und Klinischen Sozialarbeiter*innen.

Work-related sense of coherence in social work.

A quantitative analysis of social workers and clinical social workers.

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts in Social Sciences (MA)

der Fachhochschule FH Campus Wien

Masterstudiengang Sozialraumorientierte und Klinische Soziale Arbeit

Vorgelegt von:

Manuel Bittner, MSc Personenkennzeichen:

1910534003

ErstbetreuerIn / ErstbegutachterIn:

FH-Prof.in Mag.a Dr.in Elisabeth Steiner ZweitbetreuerIn / ZweitbegutachterIn: (optional)

FH-Prof. Dr. Heinz Wilfing Eingereicht am:

13.10.2021

(2)

Erklärung:

Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: 10.10.2021 ... Unterschrift:

(3)

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, um mich bei Frau FH-Prof.in Mag.a Dr.in Elisabeth Steiner für die äußerst kompetente und vor allem wertschätzende Art der Betreuung im Rahmen der Verfassung der vorliegenden Masterarbeit zu bedanken. Trotz der für uns alle ungewöhnlichen Umstände hatte ich das Gefühl, gut aufgehoben zu sein und die regelmäßigen Zoom-Meetings werden mir fehlen.

Ohne die Unterstützung durch jede*n Teilnehmer*in wäre es mir weiters nicht möglich gewesen, die Studie durchzuführen, daher gilt mein Dank auch jeder einzelnen Person, die mein Online-Survey ausgefüllt hat!

Wie so oft muss ich mich auch bei meiner Familie, meinen Eltern und meiner Schwester bedanken, ohne die, neben so vielen anderen Dingen, weder die Masterarbeit noch das Studium insgesamt möglich gewesen wäre. Eure Unterstützung ist es, was mich immer wieder aufs Neue motiviert und mir dabei hilft, meine Ziele zu verfolgen.

Ein besonderer Dank gilt natürlich auch meinen Freund*innen und Studienkolleg*innen, die mir dabei geholfen haben, inmitten von Lockdowns, Kontaktbeschränkungen und Online- Learning, trotzdem eine schöne Zeit verbracht zu haben. Ich danke euch von Herzen!

Wenn mir die Klinische Soziale Arbeit eines gelehrt hat, dann dass es nicht selbstverständlich ist, ein Studium ergreifen zu können. Mir ist bewusst, dass es ein großes Privileg darstellt, an einer höheren Bildungseinrichtung studieren zu dürfen und ich möchte mir diesen Gedanken immer bewusst halten. Das Ziel sollte es sein, jeder Person das Studium oder den Weg zu ermöglichen, den er oder sie ergreifen möchte. Ich möchte dazu meinen Beitrag leisten und deshalb nochmal allen Menschen danken, die mir auf meinem persönlichen Weg geholfen haben. Vielen Dank!

(4)

Kurzfassung

Hintergrund. Die vorliegende Arbeit untersuchte das Konzept des arbeitsbezogenen Kohärenzgefühls (Work-SoC) bei einem Sample von Sozialarbeiter*innen und Klinischen Sozialarbeiter*innen. Im Detail wurden Unterschiede in der Ausprägung des Work-SoC zwischen dem Gesamtsample und einer Normstichprobe und zwischen beiden Teilstichproben sowie hinsichtlich der bisherigen Arbeitsdauer, des Handlungsfeldes und dem Setting analysiert. Weiters wurde die eingesetzte Work-SoC-Skala faktorenanalytisch untersucht. Abschließend wurde ein Bezug zu Arbeitsbelastungen und -ressourcen gesetzt.

Methodik. Als Teichstichproben dienten Sozialarbeiter*innen (n = 111) sowie Klinische Sozialarbeiter*innen (n = 64), was eine Fallzahl von insgesamt N = 175 ergab. Neben Items zur Erfassung soziodemografischer Daten und eines eigens konstruierten Inventars zur Erhebung der Arbeitsbedingungen wurde die Work-SoC-Skala zur Darstellung des arbeitsbezogenen Kohärenzgefühls eingesetzt. Im Rahmen einer quantitativ und querschnittlich angelegten Untersuchung wurde die Fragenbogenbatterie mittels Online- Survey vorgegeben.

Ergebnisse. Es zeigten sich signifikante Unterschiede in den Subdimensionen Verstehbarkeit und Bedeutsamkeit zwischen dem Gesamtsample und der Normstichprobe.

Weiters war die Skala Bedeutsamkeit im Vergleich zu den beiden anderen Subskalen signifikant am höchsten ausgeprägt. Es ergaben sich ein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Work-SoC je nach Handlungsfeld und signifikante Regressionsmodelle in Bezug auf Arbeitsressourcen und -belastungen. Keine signifikanten Unterschiede konnten zwischen den beiden Teilstichproben beziehungsweise hinsichtlich der bisherigen Arbeitsdauer und dem Setting festgestellt werden. Weiters konnte die Faktorenstruktur der Work-SoC-Skala nicht validiert werden.

Schlussfolgerungen. Implikationen der Studie sind die Relevanz der Teilkomponente Bedeutsamkeit für Sozialarbeiter*innen und Klinischen Sozialarbeiter*innen, Unterschiede in Bezug auf das Handlungsfeld sowie der Zusammenhang zwischen Work-SoC und Arbeitsbedingungen. Für die Praxis im Sozialbereich ergeben sich zahlreiche Konsequenzen hinsichtlich der Organisationsstruktur und Mitarbeiter*innenführung.

Zusätzlich wird eine Empfehlung für weitere Forschungsbemühungen zur Replikation der erzielten Ergebnisse gegeben.

(5)

Abstract

Background. The present thesis deals with the concept of the work-related sense of coherence (Work-SoC) within a sample of social workers and clinical social workers.

Specifically differences in regard to Work-SoC between the sample and a population norm as well as differences between both subsamples were analysed. Previous work experience, field of action and setting were further examined. The structure of the Work- SoC-scale was parsed using a factor analysis. Finally the relationship of Work-SoC and work-related strains and resources was studied.

Methodology. The subsamples consisted of social workers (n = 111) and clinical social workers (n = 64), resulting in a total number of cases of N = 175. Besides items regarding sociodemographic data and a self-constructed inventory to assess working conditions the Work-SoC-scale was used. A quantitative and cross-sectional online-survey was conducted.

Results. Significant differences regarding the dimensions comprehensibility and meaningfulness could be found between the sample and a population norm.

Meaningfulness was significantly higher in comparison to the other subscales. Significant differences concerning field of action as well as significant regression models in relation to work-related strains and resources were ascertained. No significant differences could be determined between both subsamples and regarding previous work experience or setting.

Conclusions. The study implicates the relevance of the component meaningfulness for social workers and clinical social workers, differences in regard to the field of action as well as the relationship between Work-SoC and working conditions. The results indicate practical consequences for the organisation and management in social services. Additional recommendations for further studies to replicate the present findings are being made.

(6)

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

Tab. Tabelle

GRR generalisierte Widerstandsressourcen GRD generalisierte Widerstandsdefizite SOC Sense of Coherence

WHO Weltgesundheitsorganisation Work-SoC arbeitsbezogenes Kohärenzgefühl R2H Return2Health

PIE Person-in-Environment

NASW National Association of Social Workers

ICD Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme

DSM Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen VIF Variance-Inflation-Factor

PCA Principal Components Analysis

OBDS Österreichischer Berufsverband diplomierter SozialarbeiterInnen

(7)

Schlüsselbegriffe

arbeitsbezogenes Kohärenzgefühl Work-SoC

Stress

Arbeitsbelastungen Arbeitsressourcen Work-SoC-Skala Bedeutsamkeit Faktorenanalyse

(8)

Inhaltsverzeichnis

T

HEORETISCHER

T

EIL

... 1

1. S

ALUTOGENESE

... 2

1.1. Kohärenzgefühl ... 4

1.2. Arbeitsbezogenes Kohärenzgefühl ... 9

1.3. Kohärenzgefühl in der Sozialen Arbeit und helfenden Berufen 12 1.4. Kohärenzgefühl in der Arbeit mit klinischen Populationen ... 15

2. B

IO

-P

SYCHO

-S

OZIALES

M

ODELL

... 16

2.1. Bio-psycho-soziales Modell im Arbeitskontext ... 18

3. P

ERSON

-

IN

-E

NVIRONMENT

(PIE) ... 21

3.1. Person-in-Environment (PIE) im Arbeitskontext ... 23

4. S

OCIAL

S

UPPORT

... 26

4.1. Social Support im Arbeitskontext ... 29

5. S

TRESS

... 31

5.1. Stress im Arbeitskontext ... 33

5.2. Stress in der Sozialen Arbeit ... 38

E

MPIRISCHER

T

EIL

... 42

6. Z

IELSETZUNG DER

S

TUDIE

... 43

7. M

ETHODIK

... 43

7.1. Stichproben ... 43

7.2. Untersuchungsdurchführung ... 44

7.3. Studiendesign ... 44

7.4. Untersuchungsinstrumente ... 44

(9)

7.4.1. Soziodemografische Daten ... 44

7.4.2. Work-SoC-Skala ... 45

7.4.3. Fragebogen zu Arbeitsbedingungen ... 46

7.1. Fragestellungen und Hypothesen ... 47

7.1.1. Hypothese zur Faktorenstruktur des Work-SoC ... 47

7.1.2. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC Normstichprobe ... 48

7.1.3. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC der Teilstichproben ... 48

7.1.4. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC nach Handlungsfeld ... 48

7.1.5. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC nach Arbeitsdauer ... 49

7.1.6. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC nach Setting ... 49

7.1.7. Unterschiedshypothese bezüglich Dimensionen des Work-SoC ... 49

7.1.8. Hypothese zur Vorhersage der Arbeitsbedingungen ... 49

7.2. Datenaufbereitung und statistische Auswertung ... 50

8. E

RGEBNISDARSTELLUNG

... 52

8.1. Deskriptivstatistik ... 52

8.1.1. Höchste abgeschlossene Ausbildung ... 52

8.1.2. Geschlecht und Alter ... 53

8.1.3. Handlungsfeld und Setting ... 53

8.1.4. Bisherige Arbeitsdauer... 54

8.1.5. Gesamteinschätzung Arbeitsbedingungen ... 55

8.2. Reliabilität der Untersuchungsinstrumente ... 55

8.2.1. Reliabilitätsanalyse Work-SoC-Skala ... 56

8.2.2. Reliabilitätsanalyse Fragebogen zu Arbeitsbedingungen ... 57

8.3. Hypothesenprüfungen ... 57

8.3.1. Hypothese zur Faktorenstruktur des Work-SoC ... 57

8.3.2. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC Normstichprobe ... 59

8.3.3. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC der Teilstichproben ... 60

8.3.4. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC nach Handlungsfeld ... 61

8.3.5. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC nach Arbeitsdauer ... 62

(10)

8.3.6. Unterschiedshypothese bezüglich Work-SoC nach Setting ... 63

8.3.7. Unterschiedshypothese bezüglich Dimensionen des Work-SoC ... 64

8.3.8. Hypothese zur Vorhersage der Arbeitsbedingungen ... 65

9. F

AZIT

... 67

9.1. Diskussion ... 67

9.2. Limitationen ... 74

9.3. Ableitungen für die Klinische Soziale Arbeit ... 74

L

ITERATURVERZEICHNIS

... 77

A

BBILDUNGSVERZEICHNIS

... 84

T

ABELLENVERZEICHNIS

... 85

A

NHANG

... 86

(11)

Theoretischer Teil

(12)

1. Salutogenese

Was erhält Menschen gesund? Diese von Aaron Antonovsky (1979) aufgeworfene Frage bildete die Grundlage für die wissenschaftliche Fundierung und Bearbeitung des Konzepts der Salutogenese. Sie liefert eine Alternative zu der bis dahin vertretenen pathogenetischen Perspektive, die sich defizitorientiert mit krankerhaltenden Faktoren auseinandersetzt (vgl. Pauls 2013: 102). Gesundheit und Krankheit sind demnach zwei Pole eines Kontinuums auf dem sich Personen je nach individueller Situation befinden können. Diese Sichtweise verdeutlicht eine Abkehr des rein biologischen Verständnisses von Gesundheit, das in weiterer Folge Krankheit als Regelverletzung dieses Normzustandes versteht (vgl. ebd.: 102). Nach Antonovsky (1979) ist eine Person nie vollständig gesund oder krank, sondern bewegt sich fortwährend auf dem Gesundheits- Krankheits-Kontinuum in Richtung des jeweiligen Pols. Weiters werden Krankheiten beziehungsweise Störungen nicht als Abweichungen der Normalität, sondern als normale Erscheinung im menschlichen Leben betrachtet.

Antonovsky (1979) beschreibt Krankheit nicht als Ausfall eines Systems oder abgrenzbares Ereignis, viel mehr als Prozess, der in der Lebensrealität eines Menschen eingebettet ist. Er argumentiert in weiterer Folge: „Wir sind alle sterblich. Ebenso sind wir alle, solange noch ein Hauch von Leben in uns ist, in einem gewissen Ausmaß gesund.

Der salutogenetische Ansatz sieht vor, dass wir die Position jeder Person auf diesem Kontinuum zu jedem beliebigen Zeitpunkt untersuchen.“ (Antonovsky 1997: 23). Dieses Zitat verdeutlicht den Fokus der Salutogenese auf gesunderhaltende Faktoren und die Abkehr vom pathogenetischen Ansatz.

Entscheidende Aspekte in Bezug auf die Stellung im Gesundheits-Krankheits-Kontinuum sind nach Antonovsky (1979) die sogenannten generalisierten Widerstandsressourcen (GRR). Dazu zählen beispielsweise gesellschaftliche, individuelle und ökonomische beziehungsweise materielle Ressourcen und diese ermöglichen einen konstruktiven Umgang mit Stressoren. Im Gegensatz zur pathogenetischen Sichtweise werden Belastungen in der Salutogenese nicht automatisch negativ wahrgenommen, sondern es soll eine Rehabilitation im Leben eines Individuums ermöglicht werden (vgl. Antonovsky 1997: 30).

Daraus resultierend ist nach Aaron Antonovsky (1997) nicht das Maß der Risikofaktoren beziehungsweise Stressoren entscheidend, in welche Richtung man sich auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum bewegt, sondern der individuelle Umgang auf Basis der GRR. Auch in diesem Zusammenhang schlägt er ein Kontinuum vor, an dessen anderem Ende die sogenannten generalisierten Widerstandsdefizite (GRD) zu finden sind.

(13)

Als drei Typen von Belastungen können chronische Stressoren, wichtige Lebensereignisse und akute, tägliche Widrigkeiten differenziert werden, vor dessen Hintergrund das Kontinuum der GRR und GRD betrachtet werden muss (vgl. Antonovsky 1997: 44).

Grundlage der salutogenetischen Perspektive ist die sogenannte Entropie (vgl. ebd.: 29).

Dieser Begriff beschreibt aus der Physik kommend, dass geschlossene Systeme zu Unordnung tendieren und diese Tendenz durchgängig wirkt (vgl. Pauls 2013: 103).

Ungeordnete, entropiereiche Zustände treten mit größerer Wahrscheinlichkeit auf als geordnete, entropiearme Situationen. Negative Entropie ist dann festzustellen, wenn trotz dieser Neigung ein Zustand höherer Ordnung etabliert werden kann. Geordnete Zustände entwickeln sich schnell in chaotische, allerdings benötigt die angesprochene negative Entropie viel Energie (vgl. ebd.: 103). Auch wenn das Konzept grundsätzlich aus der Physik beziehungsweise Thermodynamik kommt, so ist es dennoch auch ein Kennzeichen lebender Organismen und damit auch des Wechselspiels von Gesundheit und Krankheit.

Individuen müssen sich Stressoren und Stimuli anpassen beziehungsweise diese bewältigen. Sie bleiben nicht automatisch in einem Gleichgewicht, sondern müssen ungeordneten Zuständen durch negative Entropie entgegenwirken. Dies steht im Kontrast zur pathogenetischen Sicht, die von einer grundsätzlichen und selbstregulierenden Homöostase ausgeht (vgl. ebd.).

Zusammenfassend beschreibt Antonovsky (1997) das Verhältnis von Pathogenese und Salutogenese als eine komplementäre Beziehung. In letzterer wird Gesundheit immer relativ und je nach individueller Position auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum betrachtet. Folgende Schlussfolgerungen können auf Basis der theoretischen Erläuterungen Antonovskys, nämlich dass Heterostase, Altern und Entropie die fundamentalen Eigenschaften lebender Organismen sind, hinsichtlich der Salutogenese getroffen werden:

• Die dichotome Betrachtung von Gesundheit und Krankheit wird verworfen und ein multidimensionales Kontinuum mit den beiden Ausprägungen als Pole postuliert.

• Eine ganzheitliche Betrachtung von Individuen und deren Geschichte rückt ins Zentrum und nicht nur die Fokussierung der Ätiologie einer bestimmten Krankheit.

• Die Salutogenese ist nicht auf krankmachende Faktoren ausgerichtet, sondern befasst sich mit jenen Faktoren, die Menschen trotz omnipräsenter Stressoren gesund erhalten, es geht also um Coping.

(14)

• Stressoren werden nicht per se als negativ betrachtet, sondern bieten Potential zur Gesundung von Personen, je nach Ausprägung der Belastung und dessen erfolgreicher Bearbeitung.

• Negative Entropie basiert nicht auf einer für alle Situationen passenden Lösung, sondern soll auf Basis aller möglichen Ressourcen zur aktiven Anpassung gewährleistet werden.

• Weiters konzentriert sich die Salutogenese im Gegensatz zur Pathogenese auch auf abweichende Fälle und erweitert damit die potentielle Datengewinnung. (vgl.

Antonovsky 1997: 29-30):

Die Frage nach jenen Faktoren, die Personen gesund erhalten, führte in weiterer Folge zu der Konzeptionalisierung des sogenannten Kohärenzgefühls oder Sense of Coherence (SOC) (vgl. Pauls 2013: 105). Bevor dieses ausführlich erläutert wird, sollen noch die Forschungsbemühungen erwähnt werden, die auf Basis der Postulierungen Antonovskys angestoßen wurden.

Zahlreiche Autor*innen nutzten die neu eingebrachte Denkweise und entwickelten sie weiter oder setzten sie in Bezug zu ihren eigenen theoretischen Überlegungen (vgl. Sagy 2017: 43). Maurice B. Mittelmark et al. (2017) nennen in ihrem Übersichtsartikel zu den Konzepten, die auf den Postulaten der Salutogene aufbauen, unter anderem das Health Development Model, Margin of Resources Model oder Fortigenesis. Besonders die Theorie zu den GRRs und dem Kontinuum GRR-GRD führten zu zahlreichen weiteren Studien, die sich damit auf individueller, familiärer und Netzwerkebene auseinandergesetzt und in Bezug zum SOC gesetzt haben (vgl. Idan 2017: 57).

Die vielen Forschungsbemühungen verdeutlichen laut Shifra Sagy (2017) die Relevanz des Theoriegebäudes Antonovskys sowie der Salutogenese und auch die vorliegende Masterarbeit baut darauf auf.

Im folgenden Teil der Arbeit wird wie schon erwähnt das Kohärenzgefühl näher erläutert, um in Anschluss dessen das arbeitsbezogene SOC zu erörtern.

1.1. Kohärenzgefühl

Das Kohärenzgefühl wird definiert als „globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, dass 1. die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; 2. einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen zu

(15)

begegnen; 3. diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen.“ (Antonovsky 1997: 36). Es ist ein entscheidender Faktor in Bezug auf die Position auf dem weiter oben beschriebenen Gesundheits-Krankheits-Kontinuum (vgl. ebd.).

Auf Basis von Tiefeninterviews exzerpierte Antonovsky (1997) drei Teilkomponenten des SOC, die nun näher erläutert werden.

• Gefühl der Verstehbarkeit (sense of comprehensibility)

Diese Komponente beschreibt das Maß, in dem man Reize generell als sinnvoll, geordnet und mit einer inhärenten Struktur wahrnimmt. Die Anforderungen des Lebens, also der inneren und äußeren Umgebung, sind erklärbar und geordnet.

Grundsätzlich gehen Personen mit einer hohen Ausprägung der Verstehbarkeit davon aus, dass zukünftige Ereignisse vorhersagbar sind und bei unerwartetem Eintreffen eingeordnet werden können. Es geht hier nicht um eine Bewertung oder die Erwünschtheit von eintretenden Erlebnissen, sondern ausschließlich um dessen Erklärbarkeit (vgl. Antonovsky 1997: 34-35). Wichtig zur Etablierung dieser Komponente sind konsistente Erfahrungen. Die Offenheit für Veränderungen, kognitive Verarbeitungsmuster und die emotionale sowie kognitive Integration von Lebensveränderungen sind Grundlagen des Gefühls der Verstehbarkeit (vgl. Pauls 2013: 105).

• Gefühl der Handhabbarkeit (sense of manageability)

Hier geht es um die Wahrnehmung der eigenen oder von anderen bereitgestellten Ressourcen, mit denen man in der Lage ist, Stressoren zu begegnen und mit ebenjenen umgehen zu können. Je nach Situation oder Anforderung können andere Ressourcen geeignet sein, um diese zu bewältigen (vgl. Antonovsky 1997:

35). Nach Helmut Pauls (2013) zählen hierzu unter anderem individuelle Kompetenzen, Unterstützung durch das soziale Netz oder auch materielle Ressourcen, wohingegen die Basis dieser Teilkomponente durch eine sogenannte gute Belastungsbalance gewährleistet wird.

• Gefühl der Bedeutsamkeit (sense of meaningfulness)

Die dritte Komponente des SOC befähigt einen Menschen, Stimuli als Herausforderungen wahrzunehmen, die es wert sind, Anstrengungen und Engagement zu investieren und steht stellvertretend für den motivationalen Aspekt des Konzepts. Sie beschreibt das Ausmaß, in dem das Leben als sinnvoll wahrgenommen wird, weshalb die Teilkomponente auch oft als Sinnhaftigkeit

(16)

bezeichnet wird. Herausforderungen, denen es lohnt zu begegnen, werden angenommen und eine Bedeutung gegeben (vgl. Antonovsky 1997: 35-36). Unter anderem folgende Fragen werden hinsichtlich der Bedeutsamkeitskomponente gestellt: „Haben Sie das Gefühl, dass das was Sie tun, Sinn und Wert hat?“ oder

„Ist es wert, dass Sie hierfür Ihre Lebensenergie Zeit und Kompetenzen geben?“

(Pauls 2013: 106).

Pauls (2013) nennt Partizipation an der Gestaltung der Handlungsergebnisse als Kernaspekt des Gefühls der Bedeutsamkeit. Demnach ist Mitbestimmung und Beteiligung vor dem Hintergrund physischer, psychischer und sozialer Ebenen entscheidend, um Anforderungen als sinnvoll wahrzunehmen. Werden Regeln nur von externen Instanzen ohne Partizipation des Individuums vorgegeben, so erleben Personen Situationen als wenig bedeutsam (vgl. ebd.).

Nachfolgende Grafik veranschaulicht das Konzept des Kohärenzgefühls mit seinen drei Teilkomponenten.

Abb. 1: Kohärenzgefühl nach Antonovsky (1997) mit den drei Teilkomponenten

Die drei Teilkomponenten hängen zwar miteinander zusammen, allerdings können die Ausprägungen je nach Situation und allgemeiner Lebenssituation unterschiedlich hoch sein (vgl. Antonovsky 1997: 36). Insgesamt resultieren nach Dichotomisierung der

Gefühl der Verstehbarkeit

Gefühl der Bedeutsamkeit

Kohärenzgefühl (SOC)

Gefühl der Handhabbarkeit

(17)

Komponenten acht unterschiedliche Typen, die sich im jeweiligen Ausmaß der einzelnen Faktoren unterscheiden (vgl. ebd.: 37)

Um den SOC bei verschiedenen Personen messen und sie vergleichen zu können, wurde auf Basis von Tiefeninterviews ein Fragebogen entwickelt (vgl. ebd.: 72-79). Zwar werden alle der drei genannten Komponenten erfasst, aber trotzdem sollte der Gesamtscore des SOC zur Interpretation herangezogen und nicht die drei Subskalen einzeln bewertet werden (vgl. ebd.: 88-89).

In Tabelle 1 werden von der SOC-Skala von Antonovsky (1997) für die jeweiligen Teilkomponenten jeweils drei Beispielitems angeführt.

Antonovsky (1997) verweist auf zahlreiche Studien, die das Konzept des Kohärenzgefühls bei verschiedenen Gruppen erforscht haben. So konnte gezeigt werden, dass auf Basis der Mittelwerte der SOC-Skala das Kohärenzgefühl von Frauen geringer ist als von Männern, es mit dem Alter ansteigt und bei klinischen Populationen geringer ist als bei Kontrollgruppen. Weiters wiesen in verschiedenen Studien Personen mit einem starken SOC im Allgemeinen einen besseren Gesundheitsstatus und einen besseren Umgang mit den Problemen des Lebens auf (vgl. ebd.: 141). Die SOC-Skala wurde in Studien auf der ganzen Welt mit Stichproben unterschiedlichen Alters und Kulturen eingesetzt (vgl.

Eriksson/Mittelmark 2017: 98). Die Konstruktvalidität lieferte in unterschiedlichen Forschungsbemühungen divergierende Ergebnisse. Zwar konnte die dreifaktorielle Struktur teilweise belegt werden, allerdings war dies in zahlreichen Studien nicht der Fall (vgl. ebd.: 99). Cronbachs α reichte je nach Variante der eingesetzten SOC-Skala von .45 bis .85 (vgl. ebd.: 100).

Belege aus der Literatur verdeutlichen weiters die Bedeutung des SOC als sich in der Kindheit entwickelnde Persönlichkeitseigenschaft, die in der Schule gefördert werden sollte (vgl. Idan et al. 2017: 118-119). Auch im Jugendalter stellt der SOC eine wichtige Ressource dar, um mit den spezifischen, emotionalen Anforderungen dieses Lebensabschnitts hinsichtlich Gesundheit und Entwicklung umzugehen (vgl. Braun- Lewensohn et al. 2017: 133-134). Abschließend hilft der SOC dabei, ein gesundes Altern in Gemeinschaften zu fördern und spezielle Interventionen und Betreuungskonzepte sollten sich den Erkenntnissen aus der Salutogenese annehmen (vgl. Koelen et al. 2017:

146-147).

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass ein hoch ausgeprägtes SOC eine gesundheitsfördernde Wirkung hat, wobei Gesundheit wie weiter oben erörtert nicht als absoluter Zustand verstanden werden darf (vgl. Pauls 2013: 107). Herausforderungen, Stressoren und Belastungen sind Teil des Lebens und können die Position am

(18)

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum in Richtung beider Pole bewegen. Es geht vielmehr um den adaptiven Umgang und die Verfügbarkeit sowie Anwendung geeigneter Ressourcen, die Menschen befähigt Situationen, zu meistern (vgl. ebd.).

Skala Beispielitems

Verstehbarkeit • Waren Sie schon überrascht vom Verhalten von Menschen, die Sie gut zu kennen glaubten?

• Haben Sie manchmal das Gefühl, dass Sie in einer ungewohnten Situation sind und nicht wissen, was Sie tun sollen?

• Wie oft sind Ihre Gefühle und Ideen ganz durcheinander?

Handhabbarkeit • Haben Sie das Gefühl, dass Sie ungerecht behandelt werden?

• Was beschreibt am besten, wie Sie Ihr Leben sehen?

• Glauben Sie, dass es in Zukunft immer Leute geben wird, auf die Sie zählen können?

• Viele Leute – auch solche mit einem, starken Charakter - fühlen sich in bestimmten Situationen wie traurige Versager („Pechvogel“). Wie oft haben Sie sich so gefühlt?

Bedeutsamkeit • Wie oft haben Sie das Gefühl, dass die Dinge, die Sie täglich tun, eigentlich wenig Sinn haben?

• Kommt es vor, dass es Ihnen ziemlich gleichgültig ist, was um Sie herum passiert?

• Die Dinge, die Sie täglich tun, sind für Sie eine Quelle…

Tab. 1: Skalen und Beispielitems der SOC-Skala nach Antonovsky (1997)

Abschließend soll dieser Aspekt anhand eines Zitats Antonovskys verdeutlicht werden, nämlich „meine fundamentale Annahme ist, dass der Fluss der Strom des Lebens ist.

Niemand geht sicher am Ufer entlang. Darüber hinaus ist für mich klar, dass ein Großteil des Flusses sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn verschmutzt ist. Es gibt Gabelungen im Fluss, die zu leichten Strömungen oder in gefährliche Stromschnellen und

(19)

Strudel führen. Meine Arbeit ist der Auseinandersetzung mit folgender Frage gewidmet:

‚Wie wird man, wo immer man sich in dem Fluss befindet, dessen Natur von historischen, soziokulturellen und physikalischen Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter Schwimmer?‘“ (Antonovsky 1997: 92).

Das Kohärenzgefühl wurde neben dem Gesundheitsbereich auf viele weitere Lebensbereiche übertragen und untersucht. Das für die vorliegende Masterarbeit wesentliche Konzept, nämlich das arbeitsbezogene Kohärenzgefühl, wird im nächsten Kapitel vorgestellt.

1.2. Arbeitsbezogenes Kohärenzgefühl

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Menschen viel Zeit damit verbringen zu arbeiten sind Arbeitsbedingungen ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Wohlbefinden und das Kohärenzgefühl von Personen.

Schon Antonovsky machte auf die Bedeutung von Konsistenz, einer Ausgeglichenheit zwischen Über- und Unterforderung und der Möglichkeit zur Partizipation bei arbeitsbezogenen Entscheidungsfindungsprozessen aufmerksam. Diese führen zu einer verstärkten Wahrnehmung der essentiellen Teilkomponenten Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit, deren Aufbau zu einem stabilen SOC beitragen (vgl.

Jenny et al. 2017: 198).

Arbeitsressourcen stellen auf Basis der theoretischen Überlegungen zur Salutogenese einen Teil der generalisierten Widerstandsressourcen dar. Diese führen zu kohärenten Erfahrungen in Arbeitssettings und der Ausbildung des SOC. Dieser wiederum hilft im Umgang mit arbeitsbedingten Stressoren, im Speziellen in der Wahrnehmung und der kognitiven Bewertung dessen. Stressauslösende Faktoren sind in diesem Fall Arbeitsbelastungen und ein hoher SOC trägt dazu bei, diese Stressoren als verstehbar, handhabbar und bedeutsam wahrzunehmen und führt zu einem konstruktiveren Coping.

Auf Basis dessen nähert sich ein Individuum auf dem Gesundheits-Krankheits-Kontinuum dem gesunden Pol und kann auch zukünftig ein stabiles SOC ausbilden.

Die Position auf besagtem Kontinuum determiniert die Ausbildung und Erhaltung der GRR.

(vgl. ebd.) Dieser Ablauf wird in folgender Grafik vereinfacht dargestellt. Sie wurde aus dem Artikel von Gregor J. Jenny et al. (2017) original und in englischer Sprache übernommen.

(20)

Wichtig ist es, Arbeitsprozesse als Ergebnis von systematischer Entwicklung innerhalb von Organisationen, Vereinen oder Institutionen zu betrachten. Diese wiederum entstehen vor dem Hintergrund von sozialen, politischen aber auch kulturellen Einflüssen einer Gesellschaft. Vor allem die individuelle Perspektive hinsichtlich der Hierarchie oder dem Klima einer Organisation ist bei der subjektiven Bewertung der Bedeutsamkeit der Arbeit entscheidend.

Jenny et al. (2017) nennen hier als Beispiel den Unterschied zwischen europäischen und asiatischen Verhältnissen in Bezug auf die Arbeit und machen deutlich, dass beispielsweise die Untersuchung von Banker*innen und Arbeiter*innen mit den gleichen Konzepten oder Messverfahren wenig sinnvoll erscheint. Allerdings unterstützt die fortwährende Globalisierung und die Postulierung von grundlegenden und kulturübergreifenden Bedürfnissen von Menschen die Definition einer globalen, arbeitsbezogenen salutogenetischen Perspektive (vgl. ebd. 2017: 198). Dies wird durch kulturübergreifende Forschungsbemühungen und Forderungen internationaler Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach globalen Standards hinsichtlich Arbeit und Gesundheit unterstützt (vgl. ebd.).

In der Praxis implizieren Interventionen in Bezug auf Arbeitssicherheit beziehungsweise - gesundheit oftmals salutogenetische Ansätze (vgl. ebd. 2017: 199). Hierzu zählen beispielsweise Arbeitsmedizin, Change Management oder auch Coaching. Diese zielen auf die Bildung von Ressourcen oder der Verbesserung des Wohlbefindens und damit direkt oder indirekt auch auf eine Verbesserung des SOC ab (vgl. ebd.).

Es gibt zahlreiche Berichte der gesundheitsförderlichen Wirkung des Kohärenzgefühls (vgl.

Mette/Harth 2017: 240). Verschiedene Studienergebnisse berichten, dass veränderte Arbeitsbedingungen zu einer Änderung der Ausprägung des SOC und seiner Teilkomponenten beitragen können. Um die Verstehbarkeit zu fördern, ist Transparenz und

Abb. 2: Modell der Salutogenese bezogen auf das Arbeitssetting (vgl. Jenny et al. 2017: 198)

(21)

Ordnung wichtig, in Bezug auf die Handhabbarkeit wird auf höhere Autonomie hingewiesen und hinsichtlich der Bedeutsamkeit sind ein größerer Handlungsspielraum sowie mehr Möglichkeiten zur Partizipation relevant (vgl. ebd.: 241).

Zwar gibt es noch zu wenige Studien, um die Rolle des Kohärenzgefühls in der Arbeitswelt zufriedenstellend zu beurteilen, allerdings ist es aber schon heute oftmals die Grundlage bei der Gestaltung von Gesundheitsförderungsmaßnahmen im betrieblichen Kontext (vgl.

ebd.: 242).

Jenny et al. (2017) verweisen weiters auf einige Studien, die aus der Psychologie oder Soziologie kommend auf die positiven Effekte des SOC im Kontext der Arbeit aufmerksam machen. Zusammenhänge konnten hinsichtlich der Verringerung von Stresssymptomen, einem guten Organisationsklima und geringer psychosomatischer Beschwerden sowie emotionaler Belastung festgestellt werden.

Ein speziell für die Arbeitswelt entwickeltes Konzept ist das arbeitsbezogene Kohärenzgefühl oder auch Work-SoC von Georg F. Bauer/Gregor J. Jenny (2007), das beschreibt, inwieweit Individuen ihre Arbeitssituation als verstehbar, handhabbar und bedeutsam wahrnehmen.

Georg F. Bauer et al. (2015) definieren das Work-SoC als „die wahrgenommene Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit der aktuellen Arbeitssituation, die durch die Interaktion individueller Charakteristika (Persönlichkeit und individuelle Ressourcen) sowie Charakteristika der Arbeitsumgebung (Strukturen und Prozesse) beeinflusst wird“

(Bauer et al. 2015: 22).

Es wird deutlich, dass die Wahrnehmung von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit von der Interaktion zwischen individuellen Eigenschaften der Person sowie der spezifischen Arbeitsbedingungen beeinflusst wird (vgl. Jenny et al. 2017: 202). Im Folgenden soll kurz auf die drei Teilkomponenten im Rahmen des Work SOC eingegangen werden, die sich von der weiter oben vorgestellten Nomenklatur Antonovskys (1997) nicht unterscheiden.

• Verstehbarkeit

Diese Dimension beschreibt das Ausmaß, in dem Arbeit als strukturiert, eindeutig und klar wahrgenommen wird (vgl. Jenny et al. 2017: 202).

• Handhabbarkeit

Hier wird ähnlich wie bei Antonovsky (1997) auf die Verfügbarkeit adäquater Ressourcen Bezug genommen. Allerdings geht es um die Wahrnehmung

(22)

ebendieser im Zusammenhang mit Stressoren in der Arbeit (vgl. Jenny et al. 2017:

202).

• Bedeutsamkeit

Die letzte Komponente beschreibt die Wahrnehmung von arbeitsbezogenen Herausforderungen als bedeutsam beziehungsweise als Anstrengungen, die es wert sind, ihnen zu begegnen (vgl. ebd.).

Bauer et al. (2015) entwickelten und validierten in weiterer Folge eine Skala zur Erfassung des Work-SoC, die in zahlreichen weiteren Studien verwendet wurde, beispielsweise bei einem südafrikanischen Sample (vgl. van der Westhuizen/Ramasodi 2016: 216-220). In Bezug auf das Work-SoC ist besonders interessant, dass im Gegensatz zur SOC-Skala (vgl. Antonovsky 1997: 88-89) hier die drei Subskalen in zahlreichen Studien in ihrer Faktorenstruktur nachgewiesen werden konnten. Eine weitere relevante Erkenntnis der Arbeit von Bauer et al. (2015) ist, dass die Arbeitsressourcen und -belastungen mit der Komponente Verstehbarkeit am höchsten korreliert sind. Die Work-SoC-Skala wird im empirischen Teil der vorliegenden Masterarbeit noch eingehender erläutert.

1.3. Kohärenzgefühl in der Sozialen Arbeit und helfenden Berufen

Im Rahmen des Berufsalltags von Sozialarbeiter*innen wird das Kohärenzgefühl als zentraler Aspekt der salutogenetischen Sichtweise oftmals mit Burnout in Verbindung gebracht (vgl. Poulsen 2009: 21). Wie auch bei anderen Berufsgruppen stehen besonders Vertreter*innen dieser Profession unter hohem Druck und Belastungen. Erschwerend kommt bei Sozialarbeiter*innen hinzu, dass aufgrund fehlender Wirksamkeitsanalysen die Ergebnisse der Arbeit beziehungsweise der Bemühungen, nicht fassbar sind. Mit diesem Stress und diesen Belastungen kann durch ein erhöhtes Kohärenzgefühl besser umgegangen werden (vgl. ebd.: 113-114).

Bei Irmhild Poulsen (2009) wird betont, dass durch Selbstreflexion und therapeutische Ansätze eine Veränderung beziehungsweise Verbesserung des Kohärenzgefühls möglich ist. Die Hinterfragung von eigenen Einstellungen, Überzeugungen und Verhaltensmustern kann der ausschlaggebende Punkt zu mehr psychischer und körperlicher Gesundheit sein.

Das Kohärenzgefühl wird als globale Orientierung oder auch als Haltung eines Individuums betrachtet und eben diese Grundhaltung in Bezug auf Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit ist es, die Sozialarbeiter*innen auch nach langjähriger Berufslaufbahn gesund erhalten (vgl. ebd.: 118). In Bezug auf die Prävention von Burnout bedeuten diese Ergebnisse, dass hier mittels Supervision und Therapien entgegengewirkt werden kann

(23)

und solche Angebote in weiterer Folge von Institutionen angeboten werden sollten (vgl.

ebd.: 122).

Weiters wurde das SOC im Gesundheitsbereich untersucht, das originär eher einen pathogenetischen Ansatz hat (vgl. Pelikan 2017: 261). Beispielsweise zeigen Studien, dass Faktoren wie die Architektur einer Krankenhausumgebung zu einer höheren Ausprägung des Kohärenzgefühls bei Patient*innen und dem Personal beitragen kann (vgl.

Golembiewski 2017: 273).

Es wird allerdings kritisiert, dass das Ziel eines salutogenetisch ausgerichteten Designs eher zu Marketingzwecken verwendet wird und oftmals ein Grundverständnis zur Salutogenese fehlt. Trotzdem geht die Entwicklung in Richtung der Gestaltung einer Umgebung, die nicht mit der pathogenetischen Perspektive assoziiert wird, sondern eine gesundheitsförderliche Atmosphäre bietet (vgl. ebd.).

Christina Dietscher et al. (2017) beschäftigten sich mit der Etablierung der Salutogenese in Krankenhäusern. Das Krankenhauspersonal profitiert von einer Orientierung auf den drei Teilkomponenten des SOC:

• Verstehbarkeit fördert das Verständnis für die Bedürfnisse der Patient*innen.

Gerade hinsichtlich spezifischer Kompetenzen, wie der korrekten Bewertung medizinstatistischer Daten, kann die Förderung dieser Teilkomponente zu einer Verbesserung führen (vgl. Dietscher et al. 2017: 280).

• Eine Orientierung in Richtung Handhabbarkeit führt zu einer Wahrnehmung der Arbeit als bewältigbar, auch bei Auftreten von Stressoren. Mitarbeiter*innen sollten dazu ermutigt werden, eigene Vorschläge in Bezug auf ihre Arbeitssituation machen zu können beziehungsweise sollten sie Möglichkeiten zur Unterstützung bei drängenden Problemen erhalten (vgl. ebd.).

• Bedeutsamkeit unterscheidet sich von den anderen beiden Teilkomponenten dahingehend, dass es sich um einen sehr individuellen Zugang handelt, der durch gezielte Interventionen im zwischenmenschlichen Kontakt hergestellt wird. Es geht darum, die eigene Arbeit als bedeutsam wahrzunehmen, was sich von den eher technisch orientierten Lösungen der beiden anderen Komponenten unterscheidet (vgl. ebd.).

Dietscher et al. (2017) gehen weiters auf Studien ein, die sich mit den Zusammenhängen des SOC und der Gesundheit des Personals in Krankenhäusern beschäftigen. Ein geringes SOC ist demnach ein Risikofaktor für Burnout und gezielte Interventionen, wie

(24)

Achtsamkeitstrainings, Supervision oder kollegiale Unterstützung, können dabei helfen, den SOC zu erhöhen (vgl. Dietscher 2017: 290).

Grundsätzlich ist die Beschäftigung beziehungsweise Orientierung hinsichtlich Salutogenese und SOC in zahlreichen klinischen Bereichen, wie im psychiatrischen Gesundheitswesen, beruflicher Rehabilitation, in Alten- und Pflegeheimen oder auch in der Jugendarbeit von Bedeutung (vgl. Pelikan 2017: 264-266).

Hege F. Vinje et al. (2017) geben einen Überblick über die Integration der Salutogenese in die Ausbildung von Personen im Gesundheitsbereich. Grundsätzlich müssen Trainings vor dem Hintergrund der salutogenetischen Grundperspektive eingesetzt werden, das heißt unter anderem Aspekte wie das Gesundheits-Krankheits-Kontinuum oder die Anerkennung von Stressoren als normale Erscheinung des Lebens enthalten (vgl. Vinje et al. 2017: 317).

Es geht nicht um die Heilung von Krankheiten, sondern auf Basis von Antonovskys (1997) Postulierungen um die Förderung von gesunderhaltenden Faktoren, die zum generellen Wohlbefinden einer Person beitragen (vgl. Vinje et al. 2017: 317).

Zentral ist laut Vinje et al. (2017) das Konzept des „self-tuning“, das sich auf die Erfahrung von Bedeutung im Arbeitskontext bezieht. Speziell für Personen des Gesundheitsbereichs ist das Gefühl, dass die eigene Arbeit bedeutsam und notwendig ist, von hoher Relevanz.

Der innere Antrieb einer Person kann bei Resonanz mit ihrer Arbeit zu einem Gefühl der Inspiration führen, das wiederum das Gefühl der Bedeutsamkeit verstärkt (vgl. ebd. 2017:

314).

Die folgende Abbildung zeigt das Modell des „self-tuning“ in der Originalversion nach Vinje et al. (2017) und soll einen Überblick über das Konzept geben.

Abb. 3: Self-tuning Modell nach Vinje et al. (2017)

(25)

1.4. Kohärenzgefühl in der Arbeit mit klinischen Populationen

In Bezug auf die Integration des Kohärenzgefühls in die klinisch sozialarbeiterische Intervention beschreibt Pauls (2013), dass die soziale Therapie zu Zeiten Antonovskys erst am Anfang stand. Er empfiehlt in einer professionellen Beziehung, dass Personen kein Schaden zugefügt wird, die Begegnungen für die Betroffenen konsistent gestaltet werden sollen und es Menschen möglich sein soll, Erfahrungen zu identifizieren, die ihr Kohärenzgefühl verbessern (vgl. Pauls 2013: 108-109).

In weiterer Folge wird auf einige Studienergebnisse in Bezug auf den SOC bei für die Klinische Soziale Arbeit relevanten Gruppen eingegangen. Grundsätzlich gibt es in der Literatur zahlreiche Belege, dass das Kohärenzgefühl direkte und indirekte Effekte auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität hat und dass diese Beziehung zum Beispiel bei Personen mit einer chronischen Krankheit durch Coping mediiert wird (vgl. Kristofferzon et al. 2018: 1859- 1861).

Ein besonders wichtiger und relevanter Zusammenhang für die Klinische Soziale Arbeit ist jener mit Suizidalität. So konnte gezeigt werden, dass ein niedriger Wert in Bezug auf das Kohärenzgefühl eine spätere Suizidalität vorhersagen kann (vgl. Sjöström et al. 2012: 66).

Die Integration in das Risk-Assessment im psychiatrischen Kontext ist aus diesem Grund relevant und sollte forciert werden (vgl. ebd.: 68).

Ein ebenfalls wichtiger Aspekt wurde bei Asylsuchenden in Deutschland untersucht (vgl.

Bay et al. 2009: 1). Hier konnte gezeigt werden, dass Asylsuchende einerseits über einen signifikant geringeren SOC-Wert verfügen als eine deutsche Normstichprobe und es Zusammenhänge mit dem Geschlecht, dem Alter, dem Bildungsniveau und der Arbeitssituation gibt (vgl. ebd.: 13). Dies macht deutlich, dass gezielte Interventionen und die Anwendung des salutogenetischen Ansatzes in der psychosozialen Beratung notwendig sind (vgl. ebd.: 15).

Auch in der palliativen Betreuung nimmt das Kohärenzgefühl eine wichtige Rolle ein und so wird dessen Erhalt als „das grundlegendste psycho-soziale Bedürfnis der schwerkranken wie auch der sterbenden Patientinnen und Patienten“ (Gerster: 209) beschrieben.

Als letzten Anwendungsbereich soll noch auf jenen der Frauenzufluchtswohnungen eingegangen werden. Auch hier ist das Kohärenzgefühl ein wichtiger Faktor in der Beratung und Betreuung betroffener Frauen vor dem Hintergrund der salutogenetischen Perspektive (vgl. Wahren 2015: 37). In Bezug auf die Gesundheitsförderung im genannten Arbeitsfeld liegt der Fokus auf der Stärkung des SOC durch gezielte Interventionen

(26)

bezüglich der drei Teilkomponenten. Die Verstehbarkeit soll durch Vermittlung konkreter Kompetenzen erhöht werden, während beispielsweise die Ermutigung zum selbstbewussten Handeln die Handhabbarkeit stärkt. Die Bedeutsamkeit kann im Kontext der Arbeit mit von Gewalt betroffenen Frauen mittels Entwicklung von Zukunftsperspektiven und Reflexionsarbeit angestoßen werden (vgl. ebd.: 42.) Im Sinne des salutogenetischen Ansatzes von Antonovsky (1979) können diese gezielten Interventionen dazu beitragen, dass durch äußere Einflüsse belastete Frauen objektiv gesehen gesund bleiben können. In diesem Zusammenhang muss man wieder auf die schon erwähnten generalisierten Widerstandsressourcen zu sprechen kommen. Je höher das Ausmaß an Stressoren beziehungsweise Widerstandsdefiziten ist, umso relevanter ist die Aufrechterhaltung oder auch Aktivierung von Widerstandsressourcen bei Betroffenen in der psychosozialen Betreuung (vgl. ebd.: 42).

Dieses Kapitel gab einen Überblick über das für die vorliegende Masterarbeit zentrale Thema des Kohärenzgefühls. In weiterer Folge wird auf für die Klinische Soziale Arbeit fundamentale Theorien und Konstrukte eingegangen.

2. Bio-Psycho-Soziales Modell

Als eines der grundlegendsten Theoriegebilde der Klinischen Soziale Arbeit wird in dem folgenden Unterkapitel das bio-psycho-soziale Modell vorgestellt.

Es wurde ursprünglich von Engel entwickelt und entstand vor dem schon weiter oben beschriebenen Verständnis von Gesundheit, das nicht nur als das Fehlen von Krankheit gesehen werden darf (vgl. Brinkmann: 2014: 30). Es beschäftigt sich mit den Zusammenhängen und Wechselwirkungen von drei Komponenten: den biologischen, psychologischen und sozialen Aspekten eines Individuums. Weiters zählt es zu den salutogenetischen Konzepten und gilt als Weiterentwicklung des biomedizinischen Modells, das sich hauptsächlich auf pathogenetische Faktoren in Form von Risikofaktoren konzentriert (vgl. ebd.).

Individuen werden als sogenannte biopsychosoziale Einheit betrachtet und die Krankheitsentstehung wird vor dem Hintergrund der Beeinflussung von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren untersucht. Dem salutogenetischen Ansatz folgend werden Gesundheit und Krankheit im bio-psycho-sozialen Modell nicht als absolute Zustände gesehen, sondern müssen im Sinne einer Dynamik immer wieder hergestellt werden (vgl. ebd.: 31).

(27)

Die bereits erwähnten Komponenten beziehen sich auf die folgenden Unteraspekte (vgl.

ebd. 32):

• Zur biologischen Dimension zählen klassisch medizinische Faktoren, wie beispielsweise physische Verletzungen, Erkrankungen von Organen und Zellen oder genetische Einflüsse.

• Die psychologische Komponente bezieht sich auf kognitive, emotionale, motivationale und behaviorale Prozesse.

• Abschließend werden eine Person und ihre Gesundheit von der sozialen Dimension beeinflusst. Hierzu gehören gesellschaftliche und familiäre Einflüsse, aber auch die individuelle Lebenswelt sowie der sozioökonomische Status zählen dazu. Weiters wirken auch Arbeitsbedingungen als sozialer Einflussfaktor.

Folgende Abbildung soll die Zusammenhänge und Wechselwirkungen der drei genannten Komponenten verdeutlichen.

Die soziale Dimension in Form der weiter oben beschriebenen Faktoren ist entscheidend für den Umgang mit Krankheiten beziehungsweise Störungen. Aufgrund dieser Bedeutung in Bezug auf die Entwicklung, dem weiteren Verlauf und der Überwindung von Erkrankungen sollte die soziale Dimension in der Diagnostik miteinbezogen werden (vgl.

Pauls 2013: 99).

Person

biologische Dimension

soziale Dimension

psychologsiche Dimension

Abb. 4: Bio-psycho-soziales Modell

(28)

Nach Pauls (2013) ist die Ebene der Person maßgeblich für die Erkennung von Störungen beziehungsweise Krankheiten während soziale Prozesse speziell den Umgang damit beeinflussen. Psycho-soziale Prozesse wie beispielsweise Belastungen wirken sich auf die körperliche Dimension aus und können zu Erkrankungen des Organismus führen.

Beispiele hierfür sind Stresserfahrungen in der Kindheit, die Anzahl von sozialen Kontakten oder aber auch Auswirkungen bei Krankheiten wie einem grippalen Infekt oder einer Krebserkrankung (vgl. ebd.: 100-101).

Im Rahmen seines bio-psycho-sozialen Modells der Bewältigung von Belastungen postuliert Pauls (2013), dass es im Rahmen der Diagnosestellung wichtig ist, alle drei Ebenen miteinzubeziehen. Klinische Sozialarbeiter*innen sind demnach jene Berufsgruppe, die sich mit der sozialen Komponente und den damit einhergehenden Problemlagen auseinandersetzen und deren Interventionen ebendort ansetzen. Hier ist es wichtig, die spezifische Lebenswelt eines Individuums zu berücksichtigen (vgl. ebd.: 109).

Im Zuge der Behandlung von Personen sollen Erkrankungen beziehungsweise Störungen nicht auf eine der drei Ebenen reduziert und die jeweils anderen außen vorgelassen werden. Ziel ist eine Synchronisierung der Maßnahmen der jeweiligen Fachkräfte in Form von Mediziner*innen, Klinischen Psycholog*innen und Klinischen Sozialarbeiter*innen (vgl.

ebd.: 111).

Der entscheidende Begriff im Zusammenhang mit diesem Modell ist jener der Passung (vgl. ebd.: 117). Demnach sind Problemlagen auf Unstimmigkeiten hinsichtlich der biologischen, psychologischen und sozialen Ebene des menschlichen Lebens zurückzuführen. Kommt es jedoch zu einem positiven Zusammenwirken der drei Dimensionen, so kann dies zu der Entwicklung von Lösungen führen und einen gesundheitsfördernden Effekt für die jeweilige Person haben (vgl. ebd.).

In weiterer Folge soll wissenschaftliche Literatur dargestellt werden, die sich mit dem bio- psycho-sozialen Modell im Arbeitskontext beschäftigt.

2.1. Bio-psycho-soziales Modell im Arbeitskontext

In dem folgenden Kapitel sollen drei Studien näher vorgestellt werden, die im Kontext des bio-psycho-sozialen Modells und der Arbeitssituation von Personen durchgeführt wurden.

J. Smedley et al. (2013) untersuchten die Wirksamkeit eines Case Management Services, das auf dem bio-psycho-sozialen Modells basiert und für Personen entwickelt wurde, die länger als vier Wochen krankheitsbedingt der Arbeit ferngeblieben sind, was als Einschlusskriterium zur Teilnahme definiert wurde. Das Programm Return2Health (R2H)

(29)

wurde vor einem wirtschaftlichen Hintergrund konzipiert und die Autor*innen machen auf die hohen Kosten durch Langzeitkrankenstände für ein Unternehmen, aber auch die Gesellschaft aufmerksam (vgl. Smedley et al. 2013: 89).

R2H wurde mit dem klassisch arbeitsmedizinischen Ansatz verglichen und daraus sollten Rückschlüsse auf die Effektivität von Case Management vor dem Hintergrund des bio- psycho-sozialen Modells gezogen werden. Kernelemente des Programms sind zielgerichtete und empowernde Ansätze und Gesprächsführungstechniken wie das Motivational Interviewing. Dies wurde durch ein mutliprofessionelles Team aus Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Case Manager*innen, aber auch durch die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern, in denen das Programm durchgeführt wurde, gewährleistet (vgl. ebd.:

90). Es wurden Mitarbeiter*innen, die das Einschlusskriterium erfüllten, aus zwei verschiedenen Krankenhäusern über einen Zeitraum von zwei Jahren miteinander verglichen, wobei in dem einen der klassisch arbeitsmedizinische Ansatz gewählt, während im anderen R2H eingesetzt wurde (vgl. ebd.: 91).

Die Ergebnisse der statistischen Analyse zeigten, dass R2H Langzeitkrankenstände signifikant stärker reduzieren kann, als dies in der Kontrollgruppe der Fall war, in der ein klassischer Ansatz gewählt wurde. Weitere Forschung sollte nach Einschätzung der Autor*innen diese Ergebnisse in einem größeren Rahmen und auch in anderen Branchen beziehungsweise Berufsfeldern untersuchen. Speziell die a posteriori durchgeführte Kosten-Effektivitäts-Analyse sollte in zukünftigen Studien bereits im Vorfeld und im Detail geplant werden. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse die Bedeutung des bio-psycho- sozialen Ansatzes im Arbeitskontext speziell hinsichtlich der Rehabilitation im Rahmen von Langzeitkrankenständen (vgl. ebd.: 93-94).

Eine Studie von Laure Vieux et al. (2019) beschäftigte sich mit jenen Variablen, die eine signifikante Vorhersagekraft in Bezug auf die Rückkehr zur Arbeit nach einer durchgeführten Organtransplantation besitzen. Der Beschäftigungsstatus nach einer solchen Operation ist ein wesentlicher Bestimmungsfaktor für die soziale Integration und die Lebensqualität der betroffenen Person, weshalb die Auseinandersetzung mit den entsprechenden Prädiktoren Relevanz hat (vgl. Vieux et al. 2019: 462).

Frühere Studien konnten zeigen, dass ein bio-medizinischer Ansatz nicht ausreichend ist, um den Prozess der Reintegration zu erklären. Aus diesem Grund untersuchten die Autor*innen der Studie vor dem Hintergrund des bio-psycho-sozialen Modells zahlreiche Faktoren, die sich den drei Komponenten zuordnen lassen (vgl. ebd.: 463). Zu den sozialen Faktoren zählten beispielsweise Geschlecht, Alter, Beziehungs- und Beschäftigungsstatus, während Depression und die selbsteingeschätzte Gesundheit der

(30)

psychologischen Komponente zugeschrieben wurden. Als biologische Größen wurden unter anderem das betreffende Organ und die Wartezeit auf ebenjenes definiert (vgl. ebd.:

463-464).

Die Stichprobe wurde aus der Swiss Transplant Cohort Study rekrutiert und es wurden Personen untersucht, bei denen eine Nieren-, Leber-, Herz- oder Lungentransplantation durchgeführt wurde. (vgl. ebd.: 463). Zur statistischen Analyse wurde eine logistische Regression eingesetzt, die die signifikanten Prädiktoren in Bezug auf die Rückkehr zur Arbeit identifizieren sollte. Hier zeigte sich der Beschäftigungsstatus vor der Transplantation als jener Faktor mit der stärksten Vorhersagekraft. Weitere signifikante Prädiktoren waren Alter, die selbsteingeschätzte Gesundheit und das transplantierte Organ (vgl. ebd.: 468). Die Studie verdeutlicht, dass biologische, psychologische und soziale Faktoren einen Einfluss auf die Reintegration in den Arbeitsmarkt nach einer durchgeführten Organtransplantation besitzen. Um die soziale Eingebundenheit sowie die Lebensqualität von betroffenen Individuen zu verbessern, sollten gezielte Interventionen vor dem Hintergrund des bio-psycho-sozialen Modells bereits einige Zeit vor dem Eingriff angedacht werden (vgl. ebd.: 471).

Abschließend soll der Review-Artikel von I. D. Ebuenyi et al. (2018) vorgestellt werden.

Dieser beschäftigte sich mit jenen Faktoren, die ein Arbeitsverhältnis bei Personen mit psychiatrischen Störungen fördern oder behindern. Der Beschäftigungsstatus der betroffenen Individuen ist weltweit signifikant geringer als bei Personen ohne vergleichbare Störungen. Aus diesem Grund ist die Auseinandersetzung mit Hindernissen beziehungsweise fördernden Umständen im Sinne einer sozialen Integration relevant (vgl.

Ebuenyi et al. 2018: 1).

Es wurden insgesamt acht Studien aus dem afrikanischen Raum herangezogen, um die Situation in diesem Gebiet näher zu beleuchten. Die geringe Anzahl an Studien verdeutlicht die fehlende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema (vgl. ebd.: 3). Die Analyse der entsprechenden Faktoren wurde vor dem Hintergrund des bio-psycho- sozialen Modells durchgeführt. Barrieren für eine Beschäftigung waren zum Beispiel ein schlechter Gesundheitszustand, Diskriminierung oder eine geringe soziale Unterstützung.

Fördernde Faktoren stellten eine Reduzierung sozialer Stigmata, stabile psychische Gesundheit oder ein erhöhtes Selbstwertgefühl dar (vgl. ebd.: 8).

Implikationen der Studie sind die Relevanz weiterer Forschung und eine bio-psycho- soziale Betrachtungsweise in Bezug auf die berufliche Integration von Personen mit psychiatrischen Störungen (vgl. ebd.: 10).

(31)

Die vorgestellten Studien zeigen die Bedeutung des Konzepts des bio-psycho-sozialen Modells im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsstatus von Personen. Ein ganzheitlicher Ansatz in Bezug auf die Analyse, aber auch in der Durchführung von Interventionen scheint vor diesem Hintergrund essentiell. Im folgenden Kapitel soll auf ein weiteres für die Klinische Soziale Arbeit wesentliches Konzept eingegangen werden – dem Person-in-Environment (PIE)-Ansatz.

3. Person-in-Environment (PIE)

In weiterer Folge wird wie schon erwähnt auf eine weitere für die Klinische Soziale Arbeit fundamentale Theorie eingegangen – den Person-in-Environment (PIE)-Ansatz. Die Auseinandersetzung mit diesem Konstrukt ergab sich auch aus der theoretischen Vorannahme, dass hier mit dem für die vorliegende Masterarbeit relevanten Thema der Arbeit Anknüpfungspunkte bestehen.

Der PIE-Ansatz beschreibt vor dem Hintergrund des im vorigen Kapitel erörterten bio- psycho-sozialen Modells, dass eine Person und im Rahmen einer klinisch sozialarbeiterischen Intervention angedachte Veränderungsprozesse in der konkreten Situation betrachtet werden müssen (vgl. Pauls 2013: 64). Daraus resultiert, dass im Betreuungskontext Umgebungsfaktoren und speziell auch die relevanten bio-psycho- sozialen Komponenten Beachtung finden (vgl. ebd.). Demnach müssen Personen-, Situationsvariablen und speziell deren Wechselwirkungen untersucht werden, um die Beziehung zwischen einer Person und ihrer Umwelt in einer spezifischen Situation analysieren zu können (vgl. ebd.: 65).

Der Situationsbegriff kann aus klinisch sozialarbeiterischer und handlungsrelevanter Perspektive in eine objektive und subjektive Situation unterteilt werden (vgl. ebd.: 68). Zu ersterer zählen objektiv und von externen Beobachter*innen feststellbaren Faktoren, während sich letztere auf die von der betroffenen Person subjektiv erlebte Komponenten beziehungsweise deren Erfahrungswelt bezieht (vgl. ebd.).

Pauls (2013) beschreibt, dass es sich bei der Situation aus Sicht der Klinischen Sozialen Arbeit um ein mehrdimensionales Konstrukt handelt. Hierzu zählen die erlebte Situation aus Sicht einer Person, die objektive Situation in Form von physischer und sozialer Umgebung und zusätzlich eine objektivierbare biologische Komponente, die auch ohne entsprechende Repräsentation zur Situation gezählt werden kann (vgl. ebd.: 69).

Die Aufgabe der Klinischen Sozialen Arbeit besteht demnach darin, das Verhältnis der subjektiven Realität mit der objektiv feststellbaren Umgebung zu verbessern und

(32)

aufeinander abzustimmen. Dies soll auf Basis des bio-psycho-sozialen Modells alle drei Komponenten berücksichtigen und macht eine Auseinandersetzung mit der konkreten Situation, in der sich eine Person befindet, sowie eine entsprechende Arbeitsteilung zwischen den jeweiligen Disziplinen nötig (vgl. ebd.: 70-72).

Eine grafische Veranschaulichung des PIE-Ansatzes liefert das Regenbogenmodell von Göran Dahlgren/Margaret Whitehead (1991), das in folgender Abbildung dargestellt ist. Es bezieht sich auf die sozialen Determinanten von Gesundheit und betrachtet eine Person im Rahmen ihrer Umwelten, die sich von der Mikro- bis zur Makroebene erstrecken.

Auf Basis des PIE-Ansatzes entwickelte die National Association of Social Workers (NASW) in den USA in den 1980er Jahren ein Diagnose- und Klassifikationssystem (vgl.

Ehlerding 2015: 20). Die bis zu diesem Zeitpunkt existierenden Systeme waren nicht vollends für Sozialarbeiter*innen geeignet, da sie defizitär orientiert waren und kein Augenmerk auf spezifische Ressourcen von Personen gelegt wurde (vgl. ebd.: 21).

Das PIE-System ermöglichte vor diesem Hintergrund eine bio-psycho-soziale Betrachtung von Personen in ihrer konkreten Umwelt und die aus einer fehlenden Passung entstehenden Probleme. Daraus resultierend wird eine Einordnung ermöglicht und spezifisch angepasste Interventionen können durchgeführt werden (vgl. ebd.).

Das PIE besteht aus insgesamt vier Faktoren, die in weiterer Folge dargestellt werden.

Grundsätzlich soll die subjektive Sicht der betroffenen Personen erfasst werden, allerdings bezieht es sich nicht nur auf Informationen, die für das jeweilige Individuum relevant sind,

Abb. 5: Regenbogenmodell nach Dahlgren/Whitehead (1991)

(33)

sondern erhebt auch Fakten auf Basis dessen Sozialarbeiter*innen weiterarbeiten können (vgl. ebd: 21).

• Faktor 1 bezieht sich auf soziale Rollen und unterteilt unter anderem in verschiedene Typen in Bezug auf Schweregrad und Dauer. Weiters liefert der Faktor eine Differenzierung diverser Typologien von Problemen der sozialen Interaktionen (vgl. ebd.: 22).

• Sogenannte Lebensweltprobleme werden auf Faktor 2 erhoben. Hier geht es konkret um die subjektiven Probleme einer Person und nicht um jene des Umfelds.

Diese beziehen sich beispielsweise auf Probleme im Gesundheits-, und Sozialsystem oder im Bildungssystem. Speziell Erfahrungen von Diskriminierungen und deren Schweregrad sind Teil dieser Dimension des PIE (vgl. ebd.).

• Abschließend werden mittels der Faktoren 3 und 4 einerseits psychische Störungen beziehungsweise körperliche Erkrankungen erfasst. Dies wird durch die Klassifikationssysteme „Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (DSM)“ und „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD)“ gewährleistet, soll die beiden oben beschriebenen Faktoren ergänzen und damit ein vollständiges Bild der zu diagnostizierenden Person liefern (vgl. ebd.).

3.1. Person-in-Environment (PIE) im Arbeitskontext

In folgendem Unterkapitel werden vier wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem PIE- Ansatz im Arbeitskontext auseinandergesetzt haben, näher erläutert. Diese befassen sich mit dem sogenannten Person-Environment Fit, also dem Grad der Passung zwischen Person und Umwelt (vgl. Englert 2019: 45).

Benedikt Englert (2019) beschäftigte sich mit dem Person-Environment Fit im Rahmen von Freiwilligenarbeit. Grundsätzlich wird zwischen supplementärem und komplementärem Fit unterschieden. Ersteres steht für eine Übereinstimmung von Überzeugungen der Person und Merkmalen der Umwelt, wohingegen letzteres bedeutet, dass ein Fehlen an Kongruenz durch den jeweils anderen Faktor ausgewogen wird. Insgesamt können so sechs verschiedene Fit-Typen differenziert werden (vgl. ebd.: 45-46).

Die Arbeit von Freiwilligen unterliegt aufgrund der Abgrenzung zu einem bezahlten Angestelltenverhältnis anderen Dynamiken hinsichtlich der Motivation, die Tätigkeiten auszuführen und bereits bestehende Literatur zeigt die diesbezügliche Bedeutung der Passung zwischen Person und Umwelt (vgl. ebd.: 47). Im Rahmen von explorativ

(34)

durchgeführten, narrativen Interviews wurden insgesamt acht Kategorien gefunden, die sich auf verschiedene Bereiche und Inhalte bezogen (vgl. ebd.: 57). Bespiele für entsprechende Themen sind eine den Bedürfnissen der Freiwilligen entsprechende Führung oder die Bedürfnisse nach Autonomie oder Wertschätzung (vgl. ebd.).

Englert (2019) konnte so empirisch zeigen, dass die Passung zwischen einer Person und ihrer Umwelt aus verschiedenen Dimensionen besteht und nicht als ein primärer Faktor betrachtet werden kann. Weiters wurden spezifische Themen im Rahmen von Freiwilligenarbeit festgestellt. So zeigten Freiwillige ein erhöhtes Bedürfnis nach Autonomie und Freiheit und gehen im Vergleich zu bezahlten Mitarbeiter*innen außerdem tiefere Beziehungen zu ihren Kolleg*innen ein (vgl. ebd.: 68). Letzterer Aspekt hängt laut Englert (2019) mit den verschwimmenden Grenzen zwischen Job und dem Privatleben, durch die Freiwilligenarbeit geprägt ist, zusammen. Auf Basis dieser Ergebnisse ist eine entsprechende Mitarbeiter*innenführung indiziert. Hier stehen eine deutliche Kommunikation der Philosophie des Unternehmens, Maßnahmen zum Teambuilding sowie die Ermöglichung von Autonomie und Flexibilität im Zentrum (vgl. ebd.: 69-70).

Zusammenfassend zeigt die Studie die Bedeutung der Passung von Person und Umwelt in Bezug auf Motivationsdynamiken sowie die Spezifika von Freiwilligenarbeit im Vergleich zu bezahlter Arbeit auf (vgl. ebd.: 71-72).

Oh In-Sue et al. (2014) führten eine kulturübergreifende Metaanalyse vor dem Hintergrund von Einstellungen zur Arbeit und Leistung von Mitarbeiter*innen durch, die insgesamt 96 Studien aus Ostasien, Europa und Nordamerika miteinander verglich. Dazu wurden vier Faktoren des Person-Environment Fit näher untersucht, die sich anhand der Dimension relational und rational voneinander unterschieden (vgl. In-Sue et al. 2014: 108).

Es zeigte sich, dass die beziehungsbezogene Passung in ostasiatischen und die rationale in nordamerikanischen Ländern ausgeprägter ist, was auf kulturelle Unterschiede hinweist (vgl. ebd.: 141). Grundsätzlich kann auf Basis der Ergebnisse der Analyse von In-Sue et al. (2014) geschlossen werden, dass die Passung zwischen Person und Umwelt trotz Unterschieden in verschiedenen Kulturen bedeutsam ist und positive Auswirkungen sowohl für die Person als auch für dessen Arbeitgeber hat.

Die Studie von Pei Liu et al. (2019) setzte sich mit der sogenannten Work-Family-Balance vor dem Hintergrund des Person-Environment Fit auseinander, also der individuellen Zufriedenheit mit Anforderungen und Ressourcen in Bezug auf die Dimensionen Arbeit und Familie. Die subjektive Wahrnehmung der Balance zwischen den beiden Lebensbereichen steht im Zentrum dieses Konstrukts und hat Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Personen (vgl. Liu et al. 2019: 3).

(35)

Die Autor*innen führten eine quantitative Befragung bei Angestellten von sieben chinesischen Unternehmen durch. Einschlusskriterien waren ein Arbeitsverhältnis sowie eine aufrechte Ehe (vgl. ebd.: 5). Die statistische Auswertung wurde im Rahmen einer Regressionsanalyse gewährleistet (vgl. ebd.: 6). Auf Basis dessen zeigten sich dem Person-Environment Fit folgend positive Auswirkungen auf die Work-Family-Balance bei einer Passung zwischen individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen und den bereitgestellten Ressourcen durch die Unternehmen (vgl. ebd.: 7-8).

Die angesprochenen Effekte zeigten sich beispielsweise in einer Verbesserung der Familienfunktion oder der Zufriedenheit in der Ehe (vgl. ebd.: 8). Daraus folgt, dass Unternehmen entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen sollten, um eine Work- Family-Balance bei den Mitarbeiter*innen zu ermöglichen. Dabei ist es allerdings vor dem Hintergrund des Person-Environment Fits wichtig, auf die richtige Passung in Bezug auf die Bedürfnisse der Individuen zu achten (vgl. ebd.: 11). Auch diese Studie verdeutlicht die Bedeutung der Interaktion zwischen Person- und Umweltvariablen im Kontext der Arbeit und anderer Lebensbereiche (vgl. ebd.).

Abschließend soll die Studie von Gary J. Greguras/James M. Diefendorff (2009) vorgestellt werden, die den Person-Environment Fit zusammen mit dem Einsatz von Mitarbeiter*innen und der Self-Determination-Theorie näher untersuchten. Dazu wurde ein Sample von 163 Vollzeitbeschäftigten zu drei Zeitpunkten befragt und deren Daten schließlich quantitativ ausgewertet (vgl. Greguras/Diefendorff 2009: 469-470).

Die Ergebnisse der Untersuchung und in weiterer Folge deren praktische Implikationen zeigten eine erhöhte Anstrengung und Leistung von Mitarbeiter*innen bei einer Passung zwischen dem Individuum und dessen jeweiligem Job sowie bei einer Befriedigung der Grundbedürfnisse nach der Self-Determination-Theorie (vgl. ebd.: 474). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Unternehmen beginnend im Bewerbungsprozess, aber speziell bei einer Aufnahme von Angestellten eine bestmögliche Passung zwischen Person- und Umweltvariablen gewährleisten sollten, um die angesprochenen positiven Auswirkungen zu ermöglichen (vgl. ebd.).

Die vorgestellten Studien verdeutlichen die Relevanz und praktischen Implikationen der Zusammenhänge und Wechselwirkungen von Person- und Umweltvariablen speziell im hier erörterten Arbeitskontext. Das nächste Teilkapitel widmet sich einer weiteren zentralen Theorie der Klinischen Sozialen Arbeit – der sozialen Unterstützung beziehungsweise dem Konzept des Social Supports.

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