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«Edelbrand ist der Rolls-Royce»

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Vom Schnaps zum Edelbrand

Die Schweizer Spirituosen sind seit Jahren auf dem Rückzug. Nun sollen Edelbrände ein neues Publikum anlocken. Mit Qualität und Vielfalt versuchen lokale Destillerien, dem Whisky den Rang abzulaufen.

eingestellt. Damit sinken Nachfrage und Preis von Brennkirschen. In Jahren mit grosser Brennkirschenern- te lohne es sich inzwischen für die Bauern zum Teil nicht mehr, ihre Brennkirschen abzuernten, bestätigt Rolf Matter vom Schweizerischen Obstverband.

«Edelbrand ist der Rolls-Royce»

Hochwertiges Brennobst – insbesondere spezielle Sorten – erzielt allerdings weiterhin kostendeckende Preise.

«Dank lokaler Initiativen von Brennern und Interessen- gemeinschaften zur Sicherung hochwertiger Rohstoffe werden seit einigen Jahren sogar wieder vermehrt Hoch- stämmer gepflanzt», betont Matter. Trotz solcher Bemü- hungen erweist sich das schlechte Image hiesiger Schnäpse als zählebig. Schnaps sei früher auch zur Des- infektion hergestellt worden, da habe Qualität keine Rolle gespielt, sagt Sonia Petignat-Keller, Destillate-Spe- zialistin der Forschungsanstalt Agroscope Changins- Elias Kopf, LID

kopf@kohlenberg.ch

«Je mehr Brennereien es gibt, desto mehr wird das Bröntz getrunken», wetterte Jeremias Gotthelf vor über 250 Jah- ren angesichts der grassierenden Alkoholsucht. Heute hätte der wehrhafte Landpfarrer seine Freude an den Schweizer Destillerien: Sie gehen eine nach der andern ein. Nur noch 13% der in der Schweiz konsumierten Spi- rituosen stammen aus hiesiger Produktion; vor 30 Jahren lag der einheimische Anteil sechsmal höher. Auch die Zahl der gewerblichen Brennereien ist in den letzen zehn Jahren um zwei Drittel gesunken; zurzeit bestehen noch gut 250 Betriebe. «Die Ursachen sind im Abbau der Im- porthürden für ausländische Spirituosen und in der Angleichung der Steuersätze für in- und ausländische Spirituosen im Jahr 1999 zu suchen», heisst es dazu bei der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. Auch viele Kleinproduzenten und Landwirte haben die Destillation

Mit innovativen Obstbränden aus seltenen Sorten haben auch Schweizer Bren- nereien eine Zu- kunft.

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Neues «Schnaps-Latein»

Durch Aus- undWeiterbildungskurse in Technologie, Pro- duktqualität und Sensorik fördert ACW die Qualität ein- heimischer Brände,Vieilles, Geiste und Liköre. Begleitend führt ACW Konsumententests zu Akzeptanz und Präfe- renz durch. Doch Qualität allein genüge nicht, so Peti- gnat. Man müsse auch die neue Generation von Konsu- menten ans massvolle Geniessen heranführen. Zu diesem Zweck wurde bereits ein spezielles «Schnaps-Latein» zur Beschreibung von Edel-Kirsch entwickelt. Wichtig sind daneben aber auch Show-Elemente wie Schnaps-Bren- nen für spezielle Anlässe oder mobiles Brennen beim Kun- den zuhause. «Damit können wir unser Handwerk und unsere Produkte erlebbar machen» sagt Urs Brunschwiler, der zusammen mit seiner Frau die Mosterei und Brenne- rei Brunschwiler im sanktgallischen Gossau betreibt.

Denn vielen Menschen sei gar nicht bewusst, wie an- spruchsvoll die Auswahl der Früchte und der Herstellpro- zess seien. Zudem habe jeder Edelbrand eine individuelle Herkunft, über die gesprochen werden müsse. Brun- schwiler: «Wir destillieren zum Beispiel einen Edel-Kirsch aus der Bernhardzeller Traubenkirsche, von der weltweit

nur noch wenige Bäume stehen.»

Wädenswil ACW. «Dagegen ist heutiger Edelbrand gera- dezu der Rolls-Royce unter den Destillaten.» Diese an- spruchsvollen Spirituosen sollen nun gezielt als Premi- um-Getränke positioniert werden, die es mit Cognac, Grappa und Whisky aufnehmen können.

Chance für lokale Produzenten

Der besondere Trumpf der Edelbrände ist dabei die enor- me Sortenvielfalt. Allein bei den Kirschen gibt es in der Schweiz über 800 verschiedene Arten: rote, schwarze, braune, gelbe, kleine und grosse, süsse, bittere und saure – darunter auch solche, die man auf dem Markt gar nicht mehr zu Gesicht bekommt, weil sie aus der Norm fallen.

«Genau aus solchen seltenen Früchten lässt sich ein Kirsch mit Charakter brennen – limitiert und mit Jahr- gang versehen», so Petignat. Diese sortenreinen Edel- brände böten neben Spitzenqualität auch ein Stück Kultur, denn man vermarkte sozusagen die Geschichte jedes einzelnen Baums.Vor allem für lokale Produzenten mit kundennahem Service sieht Petignat hier ein viel ver- sprechendes Geschäftsfeld. Damit sich Liebhaber und Kenner allerdings im grossen Stil zur Erkundung dieser

«Edelbrand-Landschaft» aufmachen, muss man der Pro- duktqualität oberste Priorität beimessen, das Preis-Leis- tungs-Verhältnis verbessern und die Vermarktung stär- ken. Petignat: «Es braucht auch vermehrt AOC-Produkte wie beim Wein.»

B R Ä N D E

«Schnaps-Gesetz»

Bereits im letzten Jahr hat der Bundesrat die Brennereien finanziell und administrativ entlastet. Zu den Massnahmen gehören der Verzicht auf das Brennbuch, der Entfall der Plombierung für aktive Brennereien, die Reduktion der Depotleistungen für Steuerforderungen des Bundes sowie die Erhöhung der steuerlich begünstigten Spirituosenmenge für Kleinproduzenten von fünf auf 30 Liter reinen Alkohols. Die nun bevorstehende Totalrevision des Alkoholgesetzes beseitigt zudem das Spirituosen- Produktionsmonopol des Bundes. «Damit sind tief greifende Veränderungen des heutigen Konzessionssystems verbunden.

Auch das Bewilligungsverfahren und die Kontrollmechanismen, die heute existieren, müssen grundsätzlich angepasst werden», sagt Nicolas Rion, Sprecher der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. Um die für die Jugend gefährlichen Billig-Schnäpse wirk- sam zu bekämpfen, prüft der Bundesrat verschiedene Möglichkeiten ohne generelle Verteuerung der Spirituosen. Der Bundes- rat hat am 30. Juni 2010 die Vernehmlassung zur Totalrevision des Alkoholgesetzes eröffnet.

R É S U M É

Le nombre des distilleries et les quantités de spiritu- eux produits en Suisse ont fortement régressé ces dix dernières années. L’abolition des obstacles à l’impor- tation des produits de distillerie étrangers y est évi- demment pour quelque chose, de même que le nivelle-

ment de la taxation des produits suisses et étrangers depuis 1999. Pour conquérir un nouveau public, la branche entend miser sur les distillats de luxe, obte- nus à partir de variétés uniques et rares distillées selon les règles les plus sophistiquées de l’art.

L’eau-de-vie acquiert ses lettres de

noblesse

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