Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 23⏐⏐5. Juni 2009 A1207
P H A R M A
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echzig Jahre nach der ersten klinischen Anwendung von Corticosteroiden kommt mit Lodo- tra® ein Medikament auf den Markt, das niedrig dosiertes Prednisolon zeitverzögert freisetzt. Die spät- abendliche Einnahme verringert die Morgensteifigkeit von Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) signifi- kant. Durch eine neuartige Galenik bricht die inerte Hülle der Tablette vier Stunden nach der Einnahme auseinander und setzt dann – anders als eine Retardformulierung – die volle Dosis des Glucocorticoids (5, 2 oder 1 mg) frei. Erfolgt die Appli- kation gegen 22 Uhr, entsteht ein maximaler Wirkstoffspiegel genau zu dem Zeitintervall, in dem die höchsten Konzentrationen von pro- inflammatorischen Zytokinen aus-geschüttet werden. Speziell Inter- leukin-6 wird als eine Hauptursache der Morgensteifigkeit angesehen.
Wie Prof. Dr. med. Frank Buttge- reit (Berlin) ausführte, dauerte es rund elf Jahre vom „proof of prin- ciple“ der nächtlichen Cortisongabe bis zur Entwicklung einer Tablette mit zeitverzögerter Corticoidfreiga- be, die eine chronobiologische The- rapie erlaubt. Das Präparat kann die Morgensteifigkeit bei mäßig bis schwerer aktiver RA um nahezu die Hälfte reduzieren. In einer doppel- blind-randomisierten Studie wurden 288 Patienten entweder mit Stan- dardcorticoid oder aber mit Lodotra therapiert. Bei Einnahme der mo- difizierten Freisetzungsform ver- minderte sich die Morgensteifigkeit nach drei Monaten um 44 Minuten
oder 22,7 Prozent. Der Effekt war bereits nach zwei Wochen signifi- kant. Im Rahmen einer offenen An- schlussphase von weiteren neun Monaten erhielten beide Gruppen die neue Formulierung. Nach einem Jahr war die morgendliche Sym- ptomatik um 47 Prozent geringer als zum Ausgangszeitpunkt.
Für die neuen Prednisolontablet- ten, deren spezielle Hülle durch ein- dringendes Wasser zum Aufbrechen gebracht wird, bieten sich laut Butt- gereit auch andere Indikationen an, etwa die Polymyalgia rheumatica oder Asthma, das mit nächtlichen Attacken einhergeht. I Dr. rer. nat. Renate Leinmüller
Einführungspressekonferenz „Weltneuheit Lodo- tra®, Morgensteifigkeit effektiv behandeln“ in Frankfurt/M. Veranstalter: Merck-Serono, Darmstadt
RHEUMATOIDE ARTHRITIS
Morgensteifigkeit wird deutlich reduziert
Neue Galenik ermöglicht chronobiologische Corticoidtherapie.
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ggressive Chemotherapien mit potenziell kurativer In- tention könnten gar nicht durch- geführt werden, wenn man nicht lebensbedrohlichen knochenmarks- toxischen Effekten wie der febrilen Neutropenie entgegensteuern könn- te. Der granulozytenkoloniestimu- lierende Faktor (GCSF) Filgrastim stimuliert Proliferation, Differen- zierung und Funktion von weißen Vorläuferzellen im Knochenmark und kürzt damit die gefährliche Neutropeniephase nach einer Che- motherapie ab.Beträgt das Risiko für eine le- bensbedrohliche febrile Neutrope- nie 20 Prozent oder mehr, wird prinzipiell eine GCSF-Prophylaxe durchgeführt, wie Prof. Dr. med.
Klaus-Peter Hellriegel (Berlin) aus-
führte. Liegt das Risiko zwischen zehn und 20 Prozent, gilt dies nur bei Vorliegen von zusätzlichen Risiko- faktoren. Sind bei einem Zyklus be- reits neutropenische Komplikationen aufgetreten oder kann die Reduktion der Zytostatikadosis bei kurativer In- tention nicht riskiert werden, ist eine sekundäre Prophylaxe indiziert.
Mit Filgastrim Hexal®als Fertig- spritzen zu 30 und 48 Millionen Einheiten hat das Unternehmen sein zweites komplexes Biosimilar ein- geführt. Für die Zulassung eines Biosimilars in Europa wird anders als bei Generika nicht nur der Nach- weis der Bioäquivalenz gefordert, sondern es bedarf umfangreicher klinischer Studien der Phasen I und III. Die Produktion des Filgastrim- Biosimilars ist nach Angaben des
Herstellers auf allen Stufen mit der des Originals vergleichbar. „Für beide gelten die gleichen Qualitäts- standards“, sagte Dr. med. Bernd Heiny (Rottach-Egern). Dies gelte auch für die dreidimensionale Mo- lekülstruktur, welche die Rezeptor- bindung und die Immunogenität beeinflusse. Im Unterschied zum Original wird das Biosimilar ohne tierische und menschliche Fremd- proteine hergestellt, und das End- produkt weist eine höhere Reinheit auf. Neu ist auch eine Schutzvor- richtung, die nach der Injektion au- tomatisch die Nadel umschließt und damit vor Verletzungen schützt. I Dr. med. Angelika Bischoff
Pressegespräch „Qualität ist kein Zufall: Filgrastim Hexal®, das zweite Biosimilar von Hexal“ in München