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Archiv "Morphologie der koronaren Herzerkrankungen" (12.08.1983)

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Aktuelle Medizin

Heft 32 vom 12. August 1983

ARTERIOSKLEROSE - SERIE

Morphologie der

koronaren Herzerkrankungen

Waldemar Hort

Aus dem Pathologischen Institut

(Direktor: Professor Dr. med. Waldemar Hort) der Universität Düsseldorf

Der koronaren Herzkrankheit liegt fast immer eine hochgra- dig stenosierende Koronar- sklerose zugrunde. Sie bevor- zugt den Anfangsteil der Kranzarterien. Eine auf dem Boden einer koronarskleroti- schen Polsterruptur entstan- dene Thrombose wird beim transmuralen Infarkt außeror- dentlich häufig gefunden. Der Infarkt entsteht genau in dem Versorgungsgebiet hinter der hochgradigen Koronarsteno- se bzw. dem Koronarver- schluß. Beim Herzinfarkt stirbt dieses Areal nicht schlagartig, sondern allmählich innerhalb von Stunden ab. Darauf be- ruht die Chance, bei einer frühzeitigen thrombolytischen Therapie den Infarkt kleiner zu halten. Die Möglichkeit in den ersten Stunden nach In- farktbeginn einen Thrombus wieder aufzulösen, wirft die Frage auf, ob dadurch ein In- farkt kleiner gehalten werden kann als ohne Thrombusauf- lösung. Die bisherigen Erfah- rungen sprechen durchaus dafür, da der Infarkt seine endgültige Größe erst nach 4 bis 6 Stunden erreicht.

Pathologische Veränderungen der Kranzarterien können klinisch zur Angina pectoris, zum plötzlichen Herztod und zum Herzinfarkt füh- ren. Es sollen zuerst die Verände- rungen in den Kranzarterien, dann die Befunde im Myokard bei den verschiedenen Formen der koro- naren Herzkrankheiten beschrie- ben und schließlich für den Infarkt die Veränderungen an den Koro- nararterien und im Myokard mit- einander in Beziehung gesetzt werden.

1. Pathologische Veränderungen

an den Koronararterien

Fast immer liegen einer koronaren Herzerkrankung organisch be- dingte Lichtungseinengungen der Kranzarterien zugrunde. Sie sind ganz überwiegend durch eine Ko- ronarsklerose bedingt.

Dahinter treten Koronarembolien an Häufigkeit weit zurück, und an- dere Ursachen einer Koronarste- nose, wie z. B. eine eigenständige Koronariitis oder eine Mitbeteili- gung der Kranzarterien bei der Panarteriitis nodosa, sind sehr sel- ten. Wir wollen uns deshalb auf die Koronarsklerose beschränken.

1.1 Werdegang der Koronarsklerose

Die frühesten Veränderungen der menschlichen Koronararterien sind dabei bisher unbekannt. Dies hat verschiedene Gründe. Die in- itialen Veränderungen sind diskret und in elektronenmikroskopi- schen Größenordnungen gelegen.

Da sich am Endothel postmortale Veränderungen rasch einstellen, sind elektronenmikroskopische Befunde hier nicht mehr aussage- kräftig. Zudem läßt sich bei der Obduktion nur ein Momentbild ge- winnen, das keine sicheren Aussa- gen über den früheren Verlauf zu- läßt. Tierversuche erlauben dage- gen Verlaufsbeobachtungen und subtile, auch ultrastrukturelle Un- tersuchungen.

Aus einer ganzen Reihe experi- menteller Untersuchungen ist be- kannt, daß am Anfang des Prozes- ses in der Regel geringfügige Ver- änderungen am Endothel stehen (Abbildung 1). Es erfüllt unter phy- siologischen Bedingungen in ei- nem lückenlosen Verband seine Funktion als Wächter der Intima.

Unter der Einwirkung von Risiko- faktoren kommt es, wahrschein- lich an Stellen, die hämodyna- misch besonders prädestiniert

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Abbildung 1: Rasterelektronenmikroskopisches Bild (PD Dr. W. Lenz, Pathologisches Institut, Universität Düsseldorf) von der Kranzarterie einer Ratte nach 3monatiger experimenteller Hypertonie. In der oberen Bildhälfte liegen vergrößerte und defor- mierte Endothelzellen. 1060 x vergrößert. L = Leukozyten, E = Endothelzellen sind, zu anfangs winzigen, später

umfangreicheren Dehiszenzen und Lückenbildungen, durch die Blutplasma in die Intima einströ- men kann. Die lokale Beschädi- gung des Endothels ermöglicht auch das Haften von Thrombozy-

ten an freigelegten kollagenen Fa- sern. Bei ihrer Degranulierung ge- ben die Blutplättchen ein relativ niedermolekulares Protein ab, das glatte Muskelzellen zur Prolifera- tion anregt (6)*). Sie wandern aus der Media in die Intima ein und bilden den Grundstock eines koro- narsklerotischen Polsters.

Lichtmikroskopisch sind an menschlichen Kranzarterien eine Reihe von Frühformen der Koro- narsklerose bekannt. Ein lntimaö- dem wird in reiner Form an den Koronararterien nur sehr selten beobachtet. Dagegen stellen Li- pidflecken einen häufigen Befund dar (Abbildung 2). Makroskopisch sind sie gelb gefärbt, teils punkt-, teils streifenförmig. Mikrosko- pisch beherrschen Lipidspeicher- zellen das Bild, von denen wir heu- te wissen, daß es sich dabei großenteils um modifizierte glatte Muskelzellen handelt.

Die bindegewebigen Fasern dieser Polster werden offenbar auch von glatten Muskelzellen gebildet, ebenso wie die kollagenen und elastischen Fasern in der norma- len Mediaentwicklung.

Eine eindeutige Beziehung zwi- schen der Ausbildung der Lipid- flecken und den Risikofaktoren der Arteriosklerose hat sich bisher nicht nachweisen lassen.

Aus Tierversuchen ist bekannt, daß Lipidflecken — nicht aber fort- geschrittene arteriosklerotische Polster — sich zurückbilden kön- nen, und Beobachtungen am Men- schen sprechen ebenfalls dafür.

Offenbar können sich aus man- chen Lipidflecken erhabene fibrö- se Intimabeete entwickeln, die oh- ne Zweifel der Arteriosklerose zu- gerechnet werden müssen. Wie oft

*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis

jedoch ein solcher Übergang statt- findet, ist bisher unklar, und die Lipidflecken sind keine obligate Vorstufe arteriosklerotischer Pla- ques.

Unklar ist bisher auch, wie oft nur mikroskopisch sichtbare Throm- ben eine Rolle als initiale Verände- rungen im Werdegang der Koro- narsklerose spielen. Gelegentlich sind parietale Mikrothromben auf einer unveränderten Intima be- schrieben worden (2), ihre Entste- hungsgeschichte und ihr Schick- sal bedürfen jedoch noch weiterer Abklärung.

In ihrer Morphologie gut bekannt und unstrittig sind die erhabenen und fortgeschrittenen koronar- sklerotischen Beete. Überwiegend fibröse stenosierende Intimapol- ster werden bei jüngeren Erwach- senen nicht selten beobachtet. Sie

können zu Atherombeeten mit ba- salen Nekrosen werden, die oft Cholesterinkristalle und Verkal- kungen einschließen. Die Über- schreitung einer kritischen Schichtdicke begünstigt die Ent- stehung der Nekrosen, weil die Er- nährung eines sklerotischen Pol- sters mit zunehmender Intimadik- ke immer schwieriger wird. Die Kranzarterien besitzen, wie ent- sprechend große muskuläre Arte- rien anderer Organe und auch die Arterien vom elastischen Typ, Blutkapillaren nur in äußeren Me- diaanteilen. Erst hier ist der intra- murale Druck so weit abgefallen,

daß die Kapillaren offenbleiben können. Zudem muß man berück- sichtigen, daß die Intima der Koro- nararterien schon unter physiolo- gischen Bedingungen ein unge- wöhnlich starkes diffuses Wachs- tum aufweist, das schließlich dazu 22 Heft 32 vom 12. August 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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führt, daß bei Männern im Durch- schnitt mit 40 Jahren die Intima so dick wie die Media ist. Das diffuse Intimawachstum ist beim Men- schen stärker ausgeprägt, als bei den untersuchten-Tierarten. Bei Kaltblütern ist die Intima der Kranzarterien sehr schmal, bei Warmblütern breiter und bei_ Säu- gern, die zur Arteriosklerose prä-· disponiert sind, soll sie dicker als bei den anderen Säugetierarten sein. Es ist wahrscheinlich, daß beim Menschen die im Laufe des Lebens ständig zunehmende Inti- madicke die Entwicklung koronar- sklerotischer Polster begünstigt.

~ Atheromatöse Polster laufen Gefahr, daß ihre der Lichtung zu- gewandte fibröse Deckplatte ein- reißt. Dann kann sich Detritus ent- leeren und ein Thrombus auf dem Boden dieser Polsterruptur ent- stehen.

~ Einer obturierenden oder hochgradig stenosierenden Thrombose (Abbildung 3) liegt beim Herzinfarkt so gut wie immer ein derartiger Polsterriß zugrunde.

Arteriosklerotische Polster sind herdförmige Läsionen, und sie sind häufiger exzentrisch als kon-

Abbildung 2: Flaches lipidreiches koronarsklerotisches Polster in einer Kranzarterie ( Sudan-111-Fettfärbu ng)

Abbildung 3: Fast vollständig obturierende Thrombose bei hochgradig stenosieren- der Koronarsklerose (HE-Färbung)

zentrisch angeordnet. An den we- nig veränderten Gefäßwandantei- len könnten dann z. B. noch Phar- maka an der Mediamuskulatur an- greifen, es wird diskutiert, ob in solchen Abschnitten durch einen Spasmus, z. B. bei einer Angina pectoris, eine zusätzliche Lumen- einengunQ bewirkt werden kann.

1.2 Lokalisation der

arteriosklerotischen Polster Arteriosklerotische Polster liegen bevorzugt in den proximalen Kranzarterienabschnitten. ln der rechten Koronararterie verläuft der Gipfel der stärksten Stenose dagegen etwas flacher (Abbildung 4). Die proximale Vorzugslokalisa- tion der Koronarstenosen ermög- licht in der Regel dem Thoraxchir- urgen die Überbrückung durch ei- nen koronaren Bypass und die Im- plantation distal der Stenose in ei- nem nur wenig veränderten Koro- nararterienabsch n itt.

Im Gegensatz zu den Kranzarte- rien scheint den Arteriolen im Myokard bei der koronaren Herz- krankheit keine wesentliche Be- deutung zuzukommen. Beträchtli- che Lichtungseinengungen sind bei ihnen sehr selten, und im Ver- sorgungsgebiet einer eingeengten Kranzarterie ist die Arterioloskle- rose eher geringer ausgebildet als in Vergleichsarealen. Die Arterio- lasklerose nimmt mit zunehmen- dem Alter zu.

2. Myokardbefunde 2.1 Angina pectoris

Es ist das Verdienst von Franz Büchner (1 ), die morphologischen Veränderungen im Myokard nach pektanginösen Anfällen aufge- zeigt zu haben. Sie bestehen aus kleinfleckigen Nekrosen in den ln- nenschichten der linken Kammer- wand, die später in kleine-Narben übergehen. Sie entstehen in jenen Arealen, deren Durchblutung we- gen des hohen intramuralen Druk- kes am meisten gefährdet ist.

C>

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Cm. 2 4 6 8 1040 Coronarsklerose

Entfernung d. stärksten Stenose v. Ostium

Rechts

L.desc.ant.

- L.circ.

30—

20—

10—

g'4d.

Fälle

40—

Abbildung 5: Wenige Tage alter Herzinfarkt mit massiver Ansammlung von Granulozy- ten in den Randpartien und Ausbildung einer Mikroruptur (HE-Färbung)

2.2 Akuter Koronartod

Wegen der Plötzlichkeit des Ereig- nisses kann sich beim akuten Ko- ronartod kein frischer Infarkt mehr entwickeln. Die Patienten verster- ben an den Folgen einer Koronar- insuffizienz, bevor die Wiederbele- bungszeit des Myokards über- schritten ist. Dabei dürfte oft ein elektrisches Herzversagen mit Kammerflimmern oder Asystolie eintreten. Die Kranzarterien dieser Herzen weisen meist eine ausge- prägte Sklerose auf, und im Myo- kard finden sich, als Folgen vor- ausgegangener Episoden von Minderdurchblutungen, in der Re- gel Narben. Manchmal sind sie nur klein, wenn gut ausgebildete Ana- stomosen irreversible Schäden im Myokard verhindert haben.

2.3 Infarkt

Wenn eine Ischämie eines um- schriebenen Myokardabschnittes länger anhält, als es der Wiederbe- lebungszeit entspricht, kommt es zu irreversiblen Veränderungen.

Die Herzmuskelfasern sterben in diesem Areal ab, es entsteht schließlich eine funktionell minder- wertige Narbe. Zunächst wandern in das Nekrosegebiet von den Rän- dern her Granulozyten ein. Die bei ihrem Zerfall freiwerdenden Enzy- me tragen zur Auflösung der abge- storbenen Herzmuskelfasern bei.

Nicht selten bildet sich ein dichter Leukozytenwall, der Mikroruptu- ren in der Infarktrandzone zur Fol- ge haben kann (Abbildung 5). Sie können Wegbereiter einer tödli- chen Herzruptur werden. Am vier- ten Infarkttag beginnt von den Rändern her ein organisierendes Granulationsgewebe mit Kapilla- ren, Fibroblasten und Makropha- gen einzuwandern. Es organisiert in 10 Tagen eine 1 mm breite Zo- ne. Dadurch werden auch größte Infarkte — wegen des allseitigen Einwanderns des Granulationsge- webes, das allerdings von den subendokardialen Partien her ver- zögert erfolgt — in der Regel in

spätestens drei Monaten organi- siert. Das Granulationsgewebe räumt die nekrotischen Herzmus- kelfasern ab, und es entsteht eine zunächst kapillarreiche junge Nar- be, die als Residuen der abgebau- ten Herzmuskelfasern noch ein Jahr lang Makrophagen mit Lipo- fuscingranula einschließt.

Abbildung 4: Entfernung der stärksten Stenosen in den Kranzarterien vom Osti- um. Rechts = rechte Kranzarterie — L.

desc. ant. = linker absteigender Ast — L.

circ. = linke umschlingende Kranzarterie

3. Beziehungen zwischen den Koronararterienveränderungen und dem Infarkt

Über die Bedeutung der Koronar- arterienveränderungen und be- sonders der Thrombose für den Herzinfarkt hat es zahlreiche Kon- troversen gegeben. Manche Auto- ren glauben, daß die Koronar- thrombosen erst nach dem Infarkt entstehen und keine ursächliche Bedeutung für dessen Entstehung haben. Andere Untersucher haben ihnen dagegen eine kausale Be- deutung zugemessen. Auch über die Häufigkeit der Koronarthrom- bosen gab es erregte Debatten.

Wie oft sie gefunden werden, hängt von der Gründlichkeit der Untersuchung und von der Größe der Infarkte ab. Bei der üblichen Sektionstechnik werden die Kranzarterien mit der Schere auf- geschnitten. Dabei kann ein Thrombus durch die Scherenspit- ze zerstört oder weggeschoben werden. Durch Lamellieren der Koronarstenosen läßt sich dieses Mißgeschick vermeiden. Zudem besteht eine Beziehung zwischen der Infarktgröße und der Throm- benhäufigkeit. Bei großen trans- muralen Infarkten kommen sie häufiger vor, als bei den kleineren subendokardialen Infarkten.

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Bei frischen transmuralen Infark- ten finden sich obturierende oder fast obturierende Thrombosen nach den meisten, methodisch einwandfrei durchgeführten neue- ren Untersuchungen in 82 bis 96 Prozent. Sie entstehen auf dem Boden einer vorbestehenden Ko- ronarsklerose (siehe oben). Für die ursächliche Bedeutung dieser

Thrombosen sprechen zwei Beob- achtungen:

4)

Koronarangiographien am le- benden Patienten mit ganz fri- schen Infarkten haben thromboti- sche Verschlüsse etwa in gleicher Häufigkeit ergeben. Diese Throm- ben lassen sich mit Hilfe einer sy- stemischen oder gezielten lokalen thrombolytischen Therapie auflö- sen. Diese Behandlungsmöglich- keit erweckt die Hoffnung, die In- farkte kleiner zu halten als ohne thrombolytische Therapie.

4f) Mit Hilfe postmortaler koronar- angiographischer Methoden und mit Großschnitten durch das Myo- kard bei genauer Bestimmung der Infarktgröße und Lokalisation ha- ben wir in unserem Marburger Ar- beitskreis gemeinsam mit Kalb- fleisch, Frenzel, Köhler und Milz- ner-Schwarz derartige Untersu- chungen durchgeführt und nach einer postmortalen Koronarangio- graphie das Herz in mehreren Ebe- nen geröntgt und hinterher in Scheiben von 8 mm Dicke zerlegt, die ebenfalls geröntgt wurden.

Durch die Kombination dieser Röntgenbilder läßt sich das Ver- sorgungsgebiet hinter der Steno- se bzw. hinter dem Verschluß für jeden beliebigen Ast räumlich ge- nau bestimmen. An den anschlie- ßend angefertigten histologischen Großschnitten wurden die Infarkt- grenzen genau bestimmt.

Bei allen untersuchten Herzen stimmten postokklusives Versor- gungsgebiet sowie Infarktgröße und Infarktlokalisation gut überein (3). Die Abweichungen lagen nur in der Größenordnung von weni- gen Millimetern. Zu gleichen Er- gebnissen kamen, mit einer ganz ähnlichen Methode, Reimer und

Jennings (5). Die transmuralen In- farkte waren in der linken Kam- merwand und im Septum in der Regel kompakt, zumindest im Zen- trum, in der rechten Kammerwand dagegen sehr oft nur fleckförmig, wahrscheinlich wegen des kollate- ralen Blutzuflusses und eines ge- ringeren Sauerstoffbedarfs der rechten Kammerwand.

Diese Befunde sprechen sehr für die ursächliche Bedeutung . der Koronarstenose und Koronar- thrombose bei der Infarktentste- hung. Offen ist bisher noch die Frage, welche Faktoren mit im Spiele sind, um zu einem ganz be- stimmten Zeitpunkt eine Koronar- thrombose in Gang zu setzen, bzw. wodurch zu einem ganz be- stimmten Zeitpunkt eine Polster- ruptur eintritt.

Eine Koronarthrombose auf einem sklerotischen Polster wird nur langsam organisiert. Die Lichtung bleibt durch das organisierende Bindegewebe verschlossen, und die eingesproßten Gefäße bewir- ken nur eine minimale Kanalisie- rung. Im Gegensatz dazu werden Koronarembolien rasch organi- siert. Durch die gesunde Intima dieser Gefäße wächst das organi- sierende Granulationsgewebe schnell in den Embolus ein, und nach mehreren Wochen kann er so weit kanalisiert sein, daß die Lichtung großenteils wieder durchgängig ist. Im Koronarangio- gramm lassen sich die Reste der Organisation dann nur noch schwer oder gar nicht mehr erken- nen. Dadurch kann der Eindruck erweckt werden, daß ein Infarkt ohne Koronarstenose vorgelegen hat. Echte Nichtobturationsinfark- te sind in unserem Beobachtungs- gut eine extreme Rarität. In der Literatur sind wenige Einzelbeob- achtungen eines koronarangio- graphisch belegten, langdauern- den Spasmus mit nachfolgendem Infarkt beschrieben worden.

Es gibt eine weitere, ganz einfache Beobachtung, die für die Bedeu- tung der Koronarstenose oder des Koronarverschlusses für die In-

farktentstehung spricht. In einem größeren Beobachtungsgut haben wir gemeinsam mit Kececioglu (4) die Frage geprüft, ob das zum In- farkt hinziehende Gefäß enger ist, als die übrigen Kranzarterien. Dies war in 88,4 Prozent der Fall. Bei den übrigen 11,6 Prozent waren die Differenzen meist nur sehr klein, und es handelte sich oft um alte vernarbte Infarkte mit einer geringen Rekanalisierung und da- durch bedingter Erweiterung der Restlichtung in der Infarktarterie.

4. Möglichkeiten der Infarktbegrenzung

Die Möglichkeit, in den ersten Stunden nach Infarktbeginn einen Thrombus wieder aufzulösen, führt zu der Frage, ob dadurch ein Infarkt kleiner gehalten werden kann als ohne Thrombenauflö- sung.

Im Tierexperiment läßt sich die Frage klären, wie lange ein Infarkt braucht, um seine endgültige Grö- ße zu erreichen. Dabei geht man so vor, daß beim Versuchstier die Koronararterienligatur nach ver- schiedenen Zeiten gelöst und dann die Infarktgröße ermittelt wird. Da das Verteilungsmuster der Kranzarterien stärker schwankt, wird man selbst bei per- manenter Ligatur und Unterbin- dung stets an derselben Stelle In- farkte mit stärkeren Größen- schwankungen erhalten. Wir ha- ben deshalb gemeinsam mit dem Schaperschen Arbeitskreis in Bad Nauheim beim Hund die Infarkt- größe in Abhängigkeit von der Zeit mit Hilfe der oben beschriebenen Methode mit der Größe der post- okklusiven Versorgungsgebiete des unterbundenen Kranzarterien- astes verglichen (7). Dabei zeigte es sich, daß der Infarkt beim Hund seine endgültige Größe nach rund 4 bis 6 Stunden erreicht. Nach Ab- lauf von 4 bis 6 Stunden hat man also beim Hund unter üblichen Versuchsbedingungen keine Mög- lichkeit mehr, den Infarkt kleiner zu halten. Ob für den Menschen gleiche Zeiten gelten, steht bisher

(6)

nicht genau fest, weil bei ihm in der Regel sklerotische Verände- rungen an mehreren Kranzarterien vorliegen. Die bisher vorliegenden Berichte über die thrombolytische Therapie des akuten Infarktes beim Menschen sprechen jedoch dafür, daß ähnliche Größenord- nungen wie beim Hund auch für das Erreichen der endgültigen In- farktgröße des Menschen gelten.

Der sichere Nachweis einer Be- wahrung des Infarktrandgebietes vor dem Untergang dürfte beim Menschen jedoch nur schwer zu führen sein. Das von der Infarzie- rung gerettete Infarktgebiet ist im Tierexperiment nach drei Stunden nicht sehr groß. Es bedarf einer großen Zahl von Beobachtungen, um einen solchen Erfolg exakt zu sichern. Hinzu kommt, daß beim Menschen die Infarkte nicht im- mer so kompakt wie im Tierver- such sind.

Es fragt sich, ob ein Infarkt nach dem Wiedereröffnen des Gefäßes anders abläuft als bei permanen- tem Verschluß. Im Tierversuch ha- ben wir schon vor längerer Zeit zeigen können, daß es anstelle des sonst auftretenden anämischen Infarktes nach dem Lösen der Li- gatur zu einem hämorrhagischen Infarkt kommt, weil nun reichlich Blut in das nekrotische Areal ein- strömt.

Die Organisation verlief dabei ra- scher als bei Dauerligatur, und Verkalkungen der Muskelfasern kamen gehäuft vor. Inzwischen ist bekannt, daß es auch beim Men- schen nach der Wiedereröffnung des Infarktgefäßes zum hämorrha- gischen Infarkt kommen kann.

Über dessen Langzeitschicksal müssen weitere Untersuchungen Aufschluß geben.

Literatur beim Sonderdruck Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Waldemar Hort Pathologisches Institut der Universität Düsseldorf Moorenstraße 5 4000 Düsseldorf

Natur und Genese der Osteoarthrosis

Es wurden bisher viele Hypothe- sen aufgestellt, um die Natur und den Usprung der Osteoarthrosis zu klären. Nach Meinung des Au- tors müßten chemische.Wirkstoffe entdeckt werden, die es den Chon- drozyten zu Beginn der Osteoar- throsis ermöglichen, die erschöpf- te Knorpelmatrix erneut mit Ma- kromolekülen zu besiedeln.

Das klinische Problem hierbei wird jedoch sein, potentiell Lei- dende zu identifizieren, bevor die Knorpelsubstanz vollständig zer- stört und eine Synthese nicht mehr möglich ist.

Die Möglichkeit, ganze Knorpel- oder Chondrozytenkulturen zu transplantieren, um abgestorbe- nes Gewebe zu ersetzen, wurde ohne Erfolg geprüft, und die gro- ßen Erfolge bei der Arthroplastik bei spät festgestellten Erkrankun- gen haben die Notwendigkeit ei- ner rechtzeitigen effektiven medi- zinischen Behandlung verdeckt.

Intensivere genetische, soziale und epidemiologische Übersich- ten werden eventuell Gruppen, die besonders zu idiopathischer Osteoarthrosis neigen, identifizie- ren. Unter gewissen Umständen können die Auswirkungen eines neuen Lebensstils (z. B. Jogging, Wasserskifahren), einer Diät, eines geeigneten Übungsprogramms und von Arzneimitteln junge Leute dazu ermutigen, mit einer Lebens- führung zu beginnen, die es ihnen oder ihren Nachkommen ermög- licht, die zu Osteoarthrosis führen- den Leiden zu verhüten.

Es könnte — so der Autor — zum ersten Mal notwendig sein, wie bei der Arteriosklerose nicht nur an den individuellen Patienten, son- dern an ganze anfällige Populatio- nen zu denken. Die Osteoarthrosis schafft viel Leiden, und viele der knappen Ressourcen des Health Service zielen auf Behandlung dieser Leiden ab; vielleicht sollte

neuen, bisher unerprobten Wegen zur Prophylaxe mehr Beachtung geschenkt werden. Dpe

Gardner, D. L.: The nature and causes of os- teoarthrosis, British Medical Journal 286 (1983) 418-424, Prof. D. L. Gardner, University Hospital of South Manchester, Manchester M20 8LR, England

Trizyklische

Antidepressiva bei koronarer Herzkrankheit

Trizyklische Antidepressiva (TA) können in therapeutischen Dosen die myokardiale Kontraktilität re- duzieren, bei Überdosierung wir- ken sie kardiotoxisch. Ihre Anwen- dung erfolgt deshalb bei kardio- vaskulären Erkrankungen äußerst zurückhaltend. Daß jedoch für Pa- tienten mit koronarer Herzerkran- kung eine antidepressive Behand- lung mit TA kein erhöhtes Risiko darstellt, zeigten jetzt Untersu- chungen von Herzfunktion und -rhythmus an einem entsprechen- den Patientenkollektiv.

24 depressive, herzkranke Patien- ten (23mal Zustand nach Infarkt, 8mal koronarer Bypass) wurden 4 Wochen doppelt blind mit Imipra- min (Tofranil®), Doxepin (Apo- nal®, Sinquan®) bzw. Placebo be- handelt und die linksventrikuläre Funktion in Ruhe und. unter maxi- maler Belastung bestimmt.

Eine Abnahme der linksventrikulä- ren Pumpfunktion unter TA wurde nicht beobachtet, schwere Rhyth- musstörungen traten nicht auf.

Die Blutdruckwerte sanken mini- mal ab. Die Depressionen der TA behandelten Patienten besserten sich signifikant.

Patienten mit schwerer myokar- dialer Schädigung (Herzinsuffi- zienz) gingen in die Studie nicht ein, hier ist weiterhin Vorsicht ge- boten. Müb

Veith, R. C., et al.: Cardiovascular effects of tricyclic antidepressants in depressed patients with chronic heart disease, N. Engl. J. Med.

306 (1982) 954-9, VA Medical Center, 4435 Beacon Ave. Seattle, -WA 98 108, U.S.A.

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